AERZTE Steiermark | Oktober 2020

42 ÆRZTE Steiermark  || 10|2020 ANGESTELLTE ÄRZTINNEN UND ÄRZTE ÄrztInnen in Ausbildung GEM/ EINSAM geben Einblick in ihren Alltag Früher war alles besser ... Teil 1 Will man den Worten von manch älterem Kollegen Glauben schenken, war früher alles besser: Früher hat man noch richtig gelitten – 15 Dienste im Monat waren durchaus im Normalbe- reich, nach den Diensten gab es kein „außer-Dienst-Gehen“ und täglich wurde einem der Kopf vom Oberarzt gewaschen. Ope- rieren oder selbstständiges Arbeiten gab es ohnehin nur, wenn man in den Ambulanzen oder bei sämtlichen Hilfstätigkeiten der gesamten Abteilung seine Leidensfähigkeit und vor allem auch ausreichend Demut bewiesen hatte. Uns Jungen wird heute vorgeworfen, nur mehr auf die „Work- Life-Balance“ zu achten, grundsätzlich zu wenig Engagement zu zeigen – und: Der vermeintlich obligate Respekt gegenüber den älteren Oberärzten lässt auch zu wünschen übrig. War früher wirklich alles besser oder scheint die Zeit hier den Blick auf die Vergangenheit verklärt zu haben? Bei der ge- naueren Recherche relativiert sich der Blick auf früher doch deutlich: Man hört von wunderschönen Grillfeiern am Hub- schrauberlandeplatz, Bier und Wein im Dienst waren noch nicht verpönt und die Dokumentationspflicht war quasi noch nicht „geboren“. Das Patientenaufkommen war deutlich geringer und der Gang ins Spital den wirklichen Notfällen vorbehalten. Natürlich wollen wir nicht die Leistungen der Generationen vor uns diffamieren. Der Stress war damals groß – und ist es heute. Es ändern sich nicht nur die Zeiten, sondern auch die Menschen: Die Situation der Ärztinnen und Ärzte in Ausbildung ist jetzt deutlich anders. Heutzutage kommen zum Beispiel Patienten mit einem „Zeckenbiss“ um 2:00 Uhr morgens in die Ambulanz. Ein handgeschriebener Befund reicht nicht mehr aus – es muss nicht nur eine „umfassende“ Abklärung inkl. Labor durchge- führt werden, sondern auch eine vollständige Ambulanzkarte erstellt werden – Dauer: 1–2 Stunden. Der Gedanke an eine potenzielle Klage ist sowieso immer im Hinterkopf. Früher hatte man eine Handvoll Medikamente zur Auswahl. Heute ist es quasi unerlässlich, die neuesten Guidelines jederzeit parat oder zumindest „googelbar“ zu haben. Der Druck immer und überall auf dem neuesten Stand zu sein steigt stetig, denn schließlich soll es ja nicht so aussehen, als ob in der persönlichen „Work-Life-Balance“ das „Life“ dominiert. To be continued ... GEM/EINSAM – schreiben steirische Ärztinnen und Ärzte in Ausbildung über ihren Alltag im Beruf, im Leben und ihren Weg von „wilden Jungen“ zu „alten Profis“. Illu: Adobe Stock, Fotos: Meister „Die Stimmung in den Spitälern ist extrem aufgeheizt, eine Null­ lohnrunde im Sog des Landes würde das Fass zum Überlaufen bringen.“ Eko Meister Nulllohnrunde? Seitens der BetriebsrätInnen wird nun eine faire Gehaltser- höhung als Ausgleich für das Belohungsdilemma verlangt. Allein: Sowohl Landes- als auch Gemeindebediensteten wird von der Dienstgeberseite eine ‚Nulllohnrunde‘ in Aus- sicht gestellt. Und es ist wohl damit zu rechnen, dass die KAGes, die ja finanziell auch nicht allzu viel Spielraum hat, dieser Idee ebenfalls einiges abgewinnen kann. Damit würden aber diejenigen, die schon um eine Geldprämie umgefallen sind, nochmals durch die Finger schauen So sieht es auch Mei- ster: „Das Land will es billig. Aber mit einer Nulllohnrunde für Mitarbeiterinnen und Mitar- beiter, die schon keine Prämie bekommen haben, würde die angebliche Wertschätzung für jene, die sich an der Coro- na-Front tagtäglich selbst- aufopfernd bewährt haben, zum reinen Lippenbekennt- nis verkommen.“ Das würde „zu einem mehr als heftigen Widerstand führen“. Es sei dann wohl als Reaktion da- rauf mit einer entsprechenden „Maßnahmen-Welle“ der Be- troffenen zu rechnen. „Die Stimmung in den Spitälern ist extrem aufgeheizt, eine Null- lohnrunde im Sog des Landes würde das Fass zum Überlaufen brin- gen“, ist Meister überzeugt.

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