AERZTE Steiermark | November 2020
ÆRZTE Steiermark || 11|2020 29 KONGRESS Kosten pro Jahr eingespart werden könnten. Aber „re- mote arbeiten“ ermögliche auch, dass MitarbeiterInnen aus der Quarantäne he- raus produktiv sein können. Künstliche Intelligenz könne dem Arzt lästige Routinear- beiten abnehmen, der Arzt habe dann mehr Zeit für den Patienten. Im Hinblick auf den Datenschutz forderte Schaller eine ethische De- batte: „KI nicht anzuwenden, ist unethisch!“ Künstliche Intelligenz werde aber ohne Daten nicht funktionieren. Die Industrie benötige daher Zugang zu Gesundheitsdaten, denn Fortschritt entstehe auch in den Unternehmen. Die Datenschutzgrundver- ordnung sei gut, aber der Flickenteppich aus weiteren Datenschutzregelungen, „der steht uns im Weg!“ Der kaufmännische Vor- stand des Universitätskli- nikums Mainz, Christian Elsner, hob die Bedeutung „hochwertig getaggter Daten“ hervor, mit denen digitale Systeme „richtig arbeiten“ können. Die Notwendigkeit einer Interoperabilität, die dies gewährleistet, wurde auch von anderen Referent Innen des Europäischen Ge- sundheitskongresses einge- fordert. So gab Katharina Ladewig, Geschäftsführerin von EIT Health Deutschland, zu bedenken, dass bezüg- lich Interoperabilität „die Selbstorganisation im System an ihre Grenzen stößt“. Es bedürfe hier einer „koordi- nierenden Stelle“, denn letzt- endlich müsse man sich auf „einen Standard einigen“. Das könne national geschehen, „im Idealfall wäre es aber wichtig, dass man sich auf europäischer Ebene einigt“. Solche Ansätze gebe es, auch wenn diese noch nicht im nächsten oder übernächsten Jahr spruchreif seien. Andreas Storm, der Chef der drittgrößten deutschen Krankenkasse DAK, mahnte: „Wir müssen bei Digitali- sierung einen Zahn zule- gen!“ Digitalisierung müsse die Versorgung verbessern. Beispielsweise könnten Vi- deosprechstunden ein In- strument sein, doch bislang würden – trotz Corona – erst 4 Prozent der Behandlungs- fälle per Video abgewickelt. Dieser Prozentsatz müsse gesteigert werden. die Wirkungen überwiegen“, so Johna. Ziel müsse es sein, „kooperative, statt kompeti- tive Strukturen“ zwischen den Krankenhäusern zu eta- blieren. Erfolgreich ist, wer hilft Der für Digitalisierung zu- ständige Abteilungsleiter des Bundesgesundheitsministe- riums, Gottfried Ludewig, prognostizierte eine rasante Zunahme der Nutzung di- gitaler Technologien im Ge- sundheitswesen bereits in den kommenden Monaten. Wenn die Digitalisierung durch Te- lematikinfrastruktur, elek- tronische Gesundheitskarte, eRezept oder Gesundheits- Apps erfahrbar werde, wür- den das alle nutzen wollen – sowohl PatientInnen als auch Leistungserbringer. „Google Maps ist nicht deshalb er- folgreich, weil sie eine Auf- klärungskampagne gemacht haben, sondern weil sie uns helfen, schneller von A nach B zu kommen oder leichter ein Restaurant in der Nähe zu finden. Und das haben sie geschafft, weil sie Nutzen gebracht haben, nicht weil sie in irgendwelchen aufwän- digen Kampagnen erklärt ha- ben, warum sie besser als der ADAC-Atlas sind“, so Lude- wig in einer Video-Schaltung beim Europäischen Gesund- heitskongress München. An- gesprochen auf Widerstand gegen den Digitalisierungs- kurs seines Ministeriums, reagierte Ludewig gelassen: „Als das Thermometer einge- führt wurde oder das Röntgen, da gab es auch Widerstand. Auch da wurde gesagt: Behan- deln sei nur mit Handaufle- gen möglich, man muss einen offenen Bruch fühlen – wofür braucht man Röntgengeräte? Trotzdem kann sich heute kaum einer das Röntgengerät wegdenken. Insofern: Das ist normal in einem Transforma- tionsprozess!“ Der Deutschlandchef des Med i zi ntechni kunterneh- mens Siemens Healthineers, Stefan Schaller, sprach von der Digitalisierung als einem „riesengroßen Hebel, um Pro- duktivität zu treiben“. Das ermögliche bessere Qualität bei gleichzeitig niedrigeren Kosten. Neue Versorgungs- modelle würden möglich, etwa zur medizinischen Überwachung von Kardio- patientInnen zu Hause, bei der je PatientIn 7.000 Euro „Google Maps ist nicht deshalb erfolgreich, weil sie eine Aufklärungskampagne gemacht haben, sondern weil sie uns helfen, schneller von A nach B zu kommen.“ Gottfried Ludewig, Deutsches Bundesgesundheitsministerium Foto: Adobe Stock
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