AERZTE Steiermark | Dezember 2020
COVER 10 ÆRZTE Steiermark || 12|2020 Impfung bei 50+Jährigen noch ein Stück höher als bei Jüngeren. Gefragt wurde auch, wel- che Art von Impfstoff die höchste Zustimmung fin- det: Die meisten bevorzu- gen einen Totimpfstoff (73,3 Prozent insgesamt; 44,7 Prozent sofort). Es folgt der RNA-Impfstoff (68,6 %; 34,3 % sofort), dann ein Vek- tor-basierter Impfstoff (64,8 %; 26,7 % sofort). Das einzige Problem dabei: Es sind zwar auch einige Totimpfstoffe in Entwicklung, sie sind aber nicht ganz vorne mit dabei. Wenn also nichts Überra- schendes passiert, werden sie nicht so schnell verfügbar sein. Die Nase vorne dürften wohl RNA-Impfstoffe haben. Seit der schnellen Zulassung des Pf izer/BioNTech-Vak zins in Großbritannien kennen wir auch den dortigen Preis: rund 16 Euro 50 pro Do- sis. Zum Vergleich: Der Mo- derna-Impfstoff soll fast das Doppelte, der AstraZeneca- Vektor-Impfstoff aber nur etwa ein Fünftel des Pfizer- Produkts kosten. Fast 57 Prozent befürworteten Vorteile für Geimpfte – z. B. den Besuch größerer Kon- zerte, eine Impfpflicht gegen Corona für medizinisches Personal wollen dagegen nur 47,4 Prozent, bei den 50+Jäh- rigen waren es jedoch mehr als 55 Prozent. Fast 79 Prozent der Impftag- Teilnehmerinnen und -Teil- nehmer gaben auch an, in diesem Jahr bereits gegen Influenza geimpft zu sein bzw. sich dagegen impfen zu las- sen. Die „Stopp-Corona-App“ verwendet aber nur knapp ein Viertel der Befragten. Das war aber, bevor Prominente wie „Tatort-Kommissar“ Harald Krassnitzer, Fußball-Trainer Franco Foda, TV-Moderato- rin Barbara Stöckl und an- dere Prominente einer App- Kampagne als Testimonials dienten. „Ich bin mir nicht sicher, ob ich der Umfrage trauen kann“, reagierte der steirische Apo- thekerkammerpräsident Ger- hard Kobinger in der an- schließenden Diskussion auf die Ergebnisse. Und damit meinte er wohl, dass die Er- gebnisse zu rosig seien – ob- wohl knapp 47 Prozent, die sich sofort im impfen lassen wollen (und ebenso viele, die es vorziehen, ein Jahr zu- zuwarten) sowie fast 7 Pro- zent, die nein zur COVID- 19-Impfung sagen, kein allzu positives Ergebnis sind. Denn immerhin handelte es sich bei den Befragten um fachlich In- teressierte bei einem Impftag. Der niedergelassene Allge- meinmed iziner Michael Adomeit, er ist auch Obmann der Wissenschaftlichen Aka- demie für Vorsorgemedizin, wies darauf hin, dass andere Krankheiten wegen Corona leider vernachlässigt worden seien. Vor allem aufgrund der begrenzten zeitlichen Kapazi- täten der Amtsärztinnen und Amtsärzte sei mit dem Auf- treten von Impflücken im Be- reich der Schulimpfungen zu rechnen. Maria Paulke-Ko- rinek, die Leiterin der Impf- abteilung im Gesundheits- ministerium, stimmte dieser Beurteilung ausdrücklich zu. Der internationale Impfex- perte Ottfried Kistner erläu- terte Fragen zur Impfstoffent- wicklung und wies darauf hin, dass die Geschwindigkeit, mit der die COVID-19-Impfstoffe verfügbar gemacht würden, keineswegs zu Lasten der Si- cherheit gingen. Für alle im weit fortgeschrit- tenen Stadium befindlichen Impfstoffe würden „Plattform- technologien“ verwendet, die normalerweise für die Her- stellung von Impfstoffen gegen unterschiedlichste Erreger zur Impfstoffproduktion oder für Immuntherapien in der Krebs- forschung benützt werden. Bei den Behörden gebe es also schon entsprechende Dossiers dazu. Diese Plattformen hätten in der Vergangenheit bereits be- wiesen, dass die hergestellten Impfstoffe verträglich sind und eine schützende Immun antwort produzieren können. Außerdem könne die Mög- lichkeit der Verdichtung von Studienphasen zur Anwen- dung kommen. Das sei aber kein Mechanismus, der bei SARS-CoV-2 zum ersten Mal eingesetzt würde. Die Stu- dienprotokolle würden in so einem Fall von Anfang an so aufgesetzt, dass es die Mög- lichkeit zur Erweiterung gibt. „Das bedeutet, dass, wenn die Sicherheit bewiesen ist und genügend Probanden zur Verfügung stehen, weitere Personen in die Studie auf- genommen werden können. Das sind dann zum Beispiel Personen aus Risikogruppen wie ältere Menschen oder Personen mit sogenannten Grunderkrankungen“, sagte Kistner. Zudem könne der Zulas- sungsprozess ohne Qualitäts- verlust beschleunigt werden. „Hierfür steht der sogenannte ‚Rolling Review‘-Prozess zur Verfügung, bei dem die Arz- neimittelbehörden bei viel- versprechenden Kandidaten schon während der noch lau- fenden Entwicklung parallel zu begutachten beginnen“, sagte dazu Christa Wirt- humer-Hoche, Leiterin der AGES Medizinmarktaufsicht in einer Presseaussendung. Das nachfolgende „eigentliche Zulassungsverfahren“ könne > S. 12
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