AERZTE Steiermark | Dezember 2020
42 ÆRZTE Steiermark || 12|2020 ANGESTELLTE ÄRZTINNEN UND ÄRZTE ÄrztInnen in Ausbildung GEM/ EINSAM geben Einblick in ihren Alltag Kleine Momente der Freude Neben all dem Stress und den Sorgen in der Krise steht nun die besinnliche Zeit des Jahres vor der Tür. Zu diesem Anlass wollen wir an kleine Momente der Freude erinnern. An Mo- mente, die uns daran erinnern, warum wir Ärztinnen/Ärzte geworden sind. In denen wir die so große Faszination der Medizin wieder erleben und uns daran erfreuen. Es sind Momente des Zusammenseins mit Kolleginnen und Kollegen, in denen man gemeinsam herzlich lacht und sich Geschichten erzählt. Besonders schön, wenn man zu Weih- nachten oder Silvester im Dienst ist. Wenn ein Patient einem nach vielen Stunden Arbeit einen Coffee to go aus der Cafe- teria mitbringt, weil „Sie sich so nett um alle kümmern“ oder wenn man Schokolade geschenkt bekommt, dafür, dass man sich in der Ambulanz schnell eines schmerzgeplagten Patien- tens angenommen hat. Wenn eine Patientin einem unbedingt „Kaffeegeld“ zustecken möchte, weil man ihre Wünsche an die erste Stelle gestellt hat und sie so ihre Dankbarkeit aus- drücken möchte. Das innige „ Danke für die Auskunft“ einer Angehörigen, die in großer Sorge ist um ein schwerkrankes Familienmitglied, das im Moment nicht besucht werden darf. Wenn ein Patient nach Hause entlassen werden kann, der sterbenskrank war und für den man sich kaum Chancen ausgerechnet hat. Wenn man das Krankenhaus nach einem langen Tag mit dem Gefühl verlässt, wirklich etwas bewirkt zu haben. Dass es einen Unterschied gemacht hat, dass genau ich genau heute in diesem Moment für diesen Menschen da war. Und wenn es nur mit ein paar aufmunternden Worten war oder einem offenen Ohr, das derjenige gebraucht hat. Dann gibt es noch diese Momente, in denen man auf einmal realisiert, dass man fachlich oder auch in seiner persönlichen Entwicklung weiter- gekommen ist. Wenn man merkt, dass ödes Literaturstudium und Nachschlagen sich letztendlich auszahlen. Besonders liebe ich diese Momente, die mir meistens auf Fortbildungen oder Kongressen passieren, in denen man alles unglaublich spannend findet und wieder ein Gefühl von Neugier und Wis- sensdurst empfindet. Vor kurzem schlenderte ich um 3 Uhr morgens in einem Moment der Ruhe den Flur entlang, atmete tief durch und genoss die Stille. In diesem Moment empfand ich Dankbarkeit: Ich bin da, wo ich immer hin wollte. Ich bin letztendlich Arzt geworden. Vor einigen Jahren habe ich mir Momente wie diese so sehr gewünscht. GEM/EINSAM – schreiben steirische Ärztinnen und Ärzte in Ausbildung über ihren Alltag im Beruf, im Leben und ihren Weg von „wilden Jungen“ zu „alten Profis“. Illu: Adobe Stock, Fotos: Meister mehr junge Medizinerinnen und Mediziner, als das jetzt schon der Fall ist, ihre Aus- bildung gleich ins Ausland verlegen. Die wäre dann zwar vielleicht nicht so billig zu ha- ben wie in einem Bundesland, das um Ärztinnen und Ärzte ringt, dafür aber gut. Keine Fragmentierung Das Gesundheitsministerium „will auf jeden Fall verhindern, dass es im ohnehin schon stark von Kompetenzzer- splitterungen geprägten Ge- sundheitswesen zu weiteren Fragmentierungen kommt“ – und hat einen Diskussions- vorschlag vorgelegt, der die Vollziehung der Ärzteausbil- dung bei der Ärztekammer beließe, die Länder aber mit Anhörungsrechten ausstatten würde. Dieser Kompromiss- vorschlag setzt die Einigkeit aller Länder voraus, denn jedes einzelne muss zustim- men“, fassten die Salzburger Nachrichten die Situation zu- sammen. Auch Meister hofft darauf, „dass die Vernunft sich durch- setzt und die Aufsplitterung der ärztlichen Ausbildungs- kompetenz gestoppt wird, noch bevor sie bedrohliche Realität wird“. Denn, so der Experte für ärztliche Ausbil- dung, in einem Bundeslän- dersystem gäbe es nur Verlie- rer, „auch wenn das manche jetzt noch nicht sehen wollen.“ Der Appell im Offenen Brief der Ärztekammer: „Gefähr- den Sie nicht die Patienten- sicherheit in diesem Land und bekennen Sie sich zur bestmöglichen, österreichweit einheitlichen Qualität in der heimischen Ärzteausbildung in der Selbstverwaltung der Ärzteschaft unter den zwin- genden Vorgaben des Ge- sundheitsministeriums. Wir Ärztinnen und Ärzte sorgen zuverlässig und kompetent für den Goldstandard – we- niger haben die Österreiche- rinnen und Österreicher auch in Zukunft nicht verdient.“ Nur haben die Österreiche- rinnen und Österreicher bei der Entscheidung wenig mit- zureden – es ist nur zu hoffen, dass den Politikerinnen und Politikern deren Interesse wichtiger ist als bestenfalls kurzfristiger Terraingewinn. „Ich hoffe, dass die Aufsplitterung der ärztlichen Ausbildungskompetenz gestoppt wird, noch bevor sie bedrohliche Realität wird.“ Eiko Meister
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