AERZTE Steiermark | Dezember 2020
BEREICH ÆRZTE Steiermark || 12|2020 7 Alle Studien und Umfragen bestätigen eines ganz klar: Wenn es um medizinische Kompetenz geht, vertrauen die Menschen ih- ren Ärztinnen und Ärzten mit Abstand am meisten. Das gilt in Österreich, aber genauso in anderen europäischen Ländern. Für Institutionen ist das keine gute Nachricht, sie hätten es ger- ne anders. Aber langsam, sehr langsam setzt sich die Erkenntnis durch, dass man die Ärztinnen und Ärzte nicht ignorieren kann, ohne die Menschen, die diesen Ärztinnen und Ärzten ihr Ver- trauen schenken, vor den Kopf zu stoßen. Immer wieder gibt es Rückschläge. Immer wieder wird von Politik und Verwaltung ver- sucht, Planung und Ko- ordination doch ohne Ärztinnen und Ärzte zu schaffen. Aber warum? Um im letzten Augenblick dann doch zu erkennen, dass man die Ärztinnen und Ärzte braucht, um Projekte erfolgreich realisieren zu kön- nen und diese dann – oft sehr widerwillig – einbindet? Klug sind solche Feuerwehraktionen nicht. Denn auch Ärz- tinnen und Ärzte können keine Wunder wirken. Sie anzurufen, um letzten Augenblick die Kastanien aus dem Feuer zu holen, ist zwar besser als es gar nicht zu tun, reduziert aber trotzdem den Erfolg. Egal, ob es um Impfen, Testen, Prävention oder Anderes geht: Die optimale Chancenausschöpfung ist nur dann mit hoher Wahrscheinlichkeit gesichert, wenn frühzeitig die Ärztinnen und Ärzte ins Boot geholt werden. Das nächste große Projekt ist die COVID-19-Impfung. Sie kann uns aus der Krise führen, wenn das Projekt gelingt. Wenn die Impfbereitschaft trotz aller Skepsis ausreichend groß ist, wenn die Logistik funktioniert. All das wird aber nur mit den Ärz- tinnen und Ärzten möglich sein. Die gute Nachricht: Ärztinnen und Ärzte wollen keinen politischen Erfolg, ihnen genügt der medizinische. Dr. Herwig Lindner ist Präsident der Ärztekammer Steiermark. Fotos: Schiffer, Oliver Wolf, Elke Meister, Schiffer, Grafik: Konrad Lindner Es kommt ja nicht so oft vor, dass der Sonderbe- auftragte für Gesundheit im Ministerium, der studierte Philosoph und Politikwissenschafter Clemens Martin Auer, mit der Ärzteschaft ei- ner Meinung ist. Aber seine Philosophie, bei der COVID-19-Impfung auf die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte zu setzen, ist natürlich hun- dertprozentig richtig. „Auf Grundlage der durch die kontinuierliche Arzt-Patientenbeziehung geschaffenen, persön- lichen Vertrauensbasis sind Haus- und Familien- ärzte hierfür die besten Partner“, um die Impfak- zeptanz zu fördern und die höchstmögliche Impfquote zu erzielen, hat auch die Sektion All- gemeinmedizin in einer Resolution festgehalten. Zu ergänzen wäre vielleicht nur, dass auch viele Fachärztinnen und Fachärzte beim Impfen eine wichtige Rolle spielen, und dass Kassen- und WahlärztInnen an einem Strang ziehen können (wenn ihnen, oder vielmehr den Patientinnen und Patienten, nicht die Krankenversicherungen wie beim Testen Steine in den Weg legen). In dieser Corona-Zeit wurde die ärztliche Ver- sorgungsstruktur vielfach ignoriert, unterschätzt oder gar boykottiert. Wenn wir (und wer wollte das nicht?) aus dieser Krise herausfinden sollen, kann das nicht so wei- tergehen. Der Gesundheitssonderbeauftragte im Ministerium hat das erkannt. Jetzt geht es darum, dass auch alle nachgelager- ten und nebengelagerten Stellen der öffentlichen Verwaltung in Bund und Ländern das nicht nur erkennen, sondern es auch leben. Denn Patientinnen und Patienten sind auch Bür- gerinnen und Bürger, sie sind auch Wählerinnen und Wähler. In jeder dieser Rollen verdienen sie die bestmögliche medizinische Versorgung – sie verdienen ihre Ärztinnen und Ärzte. Vizepräsident Dr. Christoph Schweighofer ist Obmann der Kurie Niedergelassene Ärzte. EXTRA Christoph Schweighofer Ärztinnen und Ärzte sind bereit STANDORTBESTIMMUNG Herwig Lindner Das Vertrauen in die Ärzte nützen, nicht ignorieren D BATTE
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