Ärztekammer Steiermark – Leistungsbericht 2020

’2 10 kus Müller, Rektor der MedUni Wien, schloss sich dem im Juni in einem Be- richt der „Wiener Klinischen Wochen- schrift“ an, monierte aber den späten Start der Coronaschutzmaßnahmen in Österreich. Als die WHO bereits eindringlich gewarnt hatte und es be- reits alarmierende Berichte aus Asien und den COVID-19-Ausbruch gegeben habe, hätte die österreichische Politik noch nicht reagiert, sondern gehofft, dass COVID-19 ohne große Auswir- kungen bleiben würde. In Österreich hätte zu Beginn der Pandemie auch eine „verletzliche Lage“ geherrscht: Die neue türkis-grüne Regierung war erst seit Jänner im Amt, der alte Sanitätsrat war außer Funktion, der neue noch nicht bestellt, der Gesundheitsbereich somit ohne routinierte Führung und auch noch ein überalterter Pandemie- plan gültig. Erst Ende Februar kammit der ersten breiten Besprechung mit Entscheidungsträgern und der Eta- blierung eines Krisenstabs die Wende. Eine Erhöhung der Testkapazitäten, das System der Heimquarantäne und das Contact-tracing wurden in die Wege geleitet, die Testung von Pneu- monie-Patient*innen auf COVID-19 fixiert. Anfang März machten rasant steigende Infektionszahlen klar, dass man wenig wusste und auch die Da- ten aus China nicht auf die hiesige Situation umlegbar waren. Der strenge österreichische Weg habe dann sowohl die Todesfälle um die Hälfte gesenkt als auch die Infektionen in der Bevöl- kerung reduziert, so Müller. Teststrategien Bei den SARS-CoV-2-Tests traten 2020 nicht nur bezüglich der Treffsicherheit und der Dauer der Gültigkeit deutliche Differenzen auf, auch die Zählweise war in den Bundesländern alles an- dere als gleich. Das ergab auch eine Abfrage der offiziellen Stellen durch AERZTE Steiermark. Dahinter mochte stecken, dass bestimmte Ereignisse unterschiedliche regionale Testaktivi- täten ausgelöst haben. Aber auch die Zählweise konnte das Ergebnis miter- klären: Wien etwa zählte „alle durch- geführten Tests“, Kärnten „nur die be- hördlich angeordneten Verdachtsfall- meldungen“. Die Frage war auch: Wer kann einen Test veranlassen? Zwar tes­ teten alle Bundesländer Personen, die laut Definition Verdachtsfälle waren oder einen COVID-Kontakt hatten. Die spezifischen Entscheidungen trafen weitgehend Amts- bzw. Epidemieärz- tinnen und -ärzte. Optimistisch war 200 300 400 500 600 700 800 900 Wien Tests pro 100.000 Einwohner*innen zwischen 20. und 26. Juli 2020 Oberösterreich Salzburg Steiermark Burgenland Tirol Niederösterreich Kärnten 100 Tests Quellen: Informationsstellen der Bundesländer – einmalige E-Mail-Anfrage, keine Antwort aus Vorarlberg; Bevölkerungsdaten: Statistik Austria; eigene Berechnungen von AERZTE Steiermark. Die Daten sind aufgrund der unterschiedlichen Zählweisen nur begrenzt vergleichbar.

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