AERZTE Steiermark | Jänner 2021

ÆRZTE Steiermark  || 01|2021 27 Foto: VERSORGUNG „Improvisieren, improvisieren, improvisieren – aber es funk- tioniert!“ So fasst der ärzt- liche Leiter Florian Iberer die Abläufe im COVID-19-Spital Hörgas nach rund vier Wo- chen Betrieb zusammen. Am 12. November wurde das Ent- lastungsspital für genesende COVID-19-Patienten aus dem Dornröschenschlaf geküsst. Seitdem werden jeden Tag fünf bis sechs Patientinnen und Patienten aufgenommen, noch COVID-19-positiv, schwach und manchmal noch mit Sau- erstoffbedarf. Bis die Kapazität des wiedererwachten Hauses erschöpft ist. Das Limit liegt derzeit bei 18 bis 20 Patien- tInnen, wobei die Frauen zwei Drittel der Belegschaft stellen. An Betten mangelt es nicht, davon gäbe es 44. Doch die Menschen erreichen Hörgas in schlechtem gesundheitlichem Zustand, da ist der Pflege- aufwand so hoch, dass mit dem vorhandenen Personal keine größere Anzahl von ih- nen versorgt werden kann. Sie kommen aus anderen KAGes- Häusern ebenso wie aus Pri- vatspitälern und bleiben in Hörgas, bis sie fit genug für die Entlassung sind. Ganz selten muss jemand an die Akutklinik retransferiert werden. Aus dem Nichts besetzt Als im Spätwinter 2020 Fern- sehbilder aus den überlasteten oberitalienischen Kliniken ge- sendet wurden, war auch in der Steiermark die Zeit gekom- men, über Reserve-Spitalska- pazitäten nachzudenken. Dazu gehörte das LKH Hörgas, das nach seiner Schließung Ende März 2019 im Sommer des- selben Jahres als Facharztzen- trum wiedereröffnet worden war. Nun pausiert das Zentrum und die ihm zugeordneten Ärztinnen und Ärzte werden in ihrem Stammhaus, dem LKH Graz II Standort West, einge- setzt. Haus und (zumindest grundlegende) Infrastruktur für eine nachbehandelnde CO- VID-19-Station waren vorhan- den, aber das Personal musste erst rekrutiert werden. Aus anderen KAGes-Häusern wur- den Pflegekräfte zusammen- gezogen, Teilzeitkräfte zum Aufstocken ermuntert, Pensi- onierte um Rückkehr gebeten. Auch die ärztliche Besetzung von Hörgas war anfangs über- schaubar: „In der Früh war ich der Turnusarzt, am Vormittag der Oberarzt und am Nach- mittag der Chefarzt, der über Aufnahmen und Entlassungen entscheidet“, fasst es Iberer mit Humor zusammen. Unterstützt wird er nun von Lisa Klasnic, der leitenden Ärztin der haus- eigenen mobiRem, und seit Anfang Dezember auch von einem Turnusarzt. Nacht- und Wochenenddienste überneh- men Ärztinnen und Ärzte aus diversen KAGes-Häusern. „Sie kommen aus allen Fachrich- tungen – einmal ein Pulmologe, dann ein Diabetologe. Damit sparen wir uns so manchen Konsiliararzt und profitieren enorm von diesem breiten Fachwissen“, berichtet Iberer. Loyaler Weggefährte Iberer selbst kam aus der Pensi- on zurück, umdas LKHHörgas zu leiten. Schon im Frühjahr hatte der Chirurg mit seinem ehemaligen Teamkollegen und nunmehrigen KAGes-Vorstand Karlheinz Tscheliessnigg ein informelles Gespräch geführt und seine Hilfe angeboten, wenn sie benötigt würde. Als die zweite Welle anrollte, war sein Einsatz rasch beschlossen. Dass er als Chirurg eine CO- VID-19-Station führt, erscheint ihm nicht ungewöhnlich: „Die chirurgischen Patienten wur- den auf unserer Station ja auch internistisch nachbetreut. Au- ßerdem sind meine Kenntnisse aus der Intensiv- und Notfall- medizin hier nützlich.“ Iberer flog unter anderem 15 Jahre als Notarzt mit dem Hubschrauber. Auch das Aus- maß an Sterilität, das bei CO- VID-19-Patienten vonnöten ist, sei ihm aus der Welt der Chirurgie vertraut. Eine eige- ne Ansteckung befürchtet er nicht, denn er sehe sich vor. „Die COVID-19-Infektion ist die der Distanzlosen“, lautet seine Überzeugung. „Wir hof- fen, dass wir bis zur Impfung durchhalten.“ Spital aus dem Dornröschenschlaf geküsst Ein pensionierter Med-Uni-Professor übernimmt ein niedergefahrenes und zum Facharztzentrum umfunktioniertes Spital. Pflegepersonal aus allen Ecken der Steier- mark wird rekrutiert und wächst zum Team zusammen. Eine Momentaufnahme des wiedererwachten LKH Hörgas. „Keiner meckert“ Unvorstellbares leistet die Pflege – wie an jeder COVID-19-Sta- tion. Angezogen wie Astronau­ ten versorgen sie stundenlang sehr eingeschränkte Menschen, drehen 120-Kilo-Patienten und müssen eigene Grundbedürf- nisse hintanstellen. Offiziell sind alle freiwillig hierhergekommen und Iberer betont das gute Ar­ beitsklima: „Keiner meckert.“ Nach einer Vorbesprechung sei klar gewesen, worauf man sich einlasse – und die meisten seien dabeigeblieben. Wichtig ist für Iberer, dass das Personal durchgehend da arbeitet – für einzelne Wochentage lohne es sich nicht, zu viel sei zu erler- nen. Fluktuation bietet ohnehin die Patientenschaft: „Manche bleiben nur einen Tag, bis ihr PCR-Test wieder negativ ist. Andere sind nach zwei Tagen wieder mobil – das lässt sich bloß nicht vorhersagen.“ Wie- der andere bleiben Wochen. Am 3. Dezember war erstmals kein Patient der Erstbelegung mehr im Haus. „Ich fordere nichts“, betont Iberer, trotz Per- sonalknappheit. Das Spital in Hörgas sei hochgefahren wor- den, um andernorts höherwer- tige Betten freizubekommen und diese Aufgabe erfülle es gut. Chirurg Florian Iberer kam aus der Pension zurück, um Hörgas zu leiten. beigestellt

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