AERZTE Steiermark | Februar 2021
12 Ærzte Steiermark || 02|2021 ursula scholz Die Wahl zwischen drei Va- rianten, so Psychologe und Verhaltensökonom Dan Ari- eli, soll dem Menschen an- geblich am leichtesten fallen, wobei immer eine Variante rasch ausgeschlossen wird. Bei der Allgemeinmedizine- rin Reingard Glehr war die ausgeschlossene Komponente im Trio der Berufswahl die Musik. Mit etwa zwölf Jahren stand sie vor der Entschei- dung, das Konservatorium zu besuchen oder in der Hartber- ger Musikschule zu bleiben. Sie blieb – und bleibt dem dortigen Kammerorchester bis heute treu. „Ich liebe die Geige, aber ich spiele ein Stück lieber ganz, als 15 Mal dieselbe Stelle herauszuüben. Im Musikstudium muss man aber Details bis zur Perfek- tion spielen. Im Gegensatz dazu darf man sich in der Allgemeinmedizin dem groß- en Ganzen, dem gesamten Menschen widmen.“ Also blieben noch zwei mög- liche Lebenswege: das Wirt- schaftsstudium an der WU und die Medizin. Glehr testete ein Jahr lang beides, bevor sie der Faszination Allgemeinmedizin erlag und sich voll auf die Medizin konzentrierte. „Eines haben Musik und Allgemein- medizin jedenfalls gemeinsam“, resümiert sie: „die Vielfalt“. Die Medizin wurde ihr Beruf, die Musik ihr Ausgleich dazu. Musik mit der Muttermilch Glehr spielt im Kammeror- chester Hartberg, im Streich- quartett Streich4Hartberg, aber auch als Gast in der Sing- und Spielgruppe Hart- berg, hat bei einigen Produk- tionen der Musical-Festspiele im Schloss Hartberg mit- gemacht – und nicht zu ver- gessen: Sie musiziert auch in der familieneigenen Jazz- Sie beherrscht den Doppelgriff Medizin und Musik Reingard Glehr, seinerzeit jüngste steirische Allgemein- medizinerin mit eigener Praxis, heute Testimonial der „Initi- ative Österreich impft“, findet beim Geigen- und Bratschen- spiel ihre Ruhe. Von Klassik bis Jazz, von der Familiencom- bo bis zum Kammerorchester. formation. Der Vater, von dem sie die Leidenschaft für die Allgemeinmedizin vor- gelebt bekommen hat, aber auch die Schattenseiten des Berufes kennengelernt, am Saxophon oder an der Klari- nette. Die Mutter, eine pen- sionierte Musiklehrerin, an der Bassgeige. Glehrs Part- ner spielt Schlagzeug, ihre beiden Brüder, der eine Or- thopäde, der andere Film- produzent, vervollständigen den Klangkörper mit Gesang Gitarre und Klavierspiel. In Zeiten, in denen so etwas wie Gastronomie noch zum Alltagsleben gehörte, trat die Familiencombo in einigen regionalen Lokalen gemein- sam auf. Reingard Glehr beherrscht nicht nur die Violine, sondern auch die Viola – was sie im Orchester und im Streich- quartett zu einer gefragten Frau macht. „Aber mein Hauptinstrument ist schon die Geige“, betont sie. Freude am Bunten Ebenso enthusiastisch wie der Musik widmet sie sich der Allgemeinmedizin, ist neben ihrer Ordination in der ÖGAM aktiv, in der Jun- gen Allgemeinmedizin Öster reich (JAMÖ) und forscht am Grazer Institut für Allge- meinmedizin und evidenzba- sierte Versorgungsforschung (IAMEV). Auch wenn sie nach einer Studienzeit an der Berliner Charité auch die Unfallchirurgie durch- aus gereizt hätte. Wie auch die Gynäkologie. „Aber ich schätze die Selbstbestimmt- heit in der Hausarztpraxis, wo man gemeinsam mit den Patientinnen und Patienten Entscheidungen trifft. Es ist schön, mit so verschiedenen Erkrankungen und so unter- schiedlichen Patienten zu tun zu haben.“ ÄRZTIN im besonderen dienst „Ich liebe die Geige, aber ich spiele ein Stück lieber ganz, als 15 Mal dieselbe Stelle herauszuüben.“ Reingard Glehr
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