AERZTE Steiermark | Februar 2021

Ærzte Steiermark  || 02|2021 13 Glehr bald wieder auftauchen möchte, war also nicht nur dem Virus, sondern auch der kleinen Tochter geschuldet, die mitten in diese schwierige Zeit hineingeboren wurde. In der Frühschwangerschaft COVID- 19-Patient*innen zu betreuen hat Reingard Glehr nicht im- mer ein gutes Bauchgefühl be- schert. Umso mehr Hoffnung setzt sie nun auf die Impfung, für die sie sich landauf, landab stark macht. Auch wenn sie die Impfnebenwirkungen – Kopf- und Gliederschmerzen, Mü- digkeit und Fieber – nach der zweiten Teilimpfung am eige- nen Leib zu spüren bekommen hat. Als Forscherin am IAMEV einerseits und als Praktikerin in der Ordination andererseits war sie prädestiniert, die Auf- gabe eines Impftestimonials in der Kampagne „Österreich impft“ zu übernehmen. „Ich wurde dem Bundeskanzleramt von der ÖGAM vorgeschlagen – da kann man fast nicht nein sagen“, erzählt sie. Zugesagt hat sie trotzdem erst nach Be- ratschlagung mit ihrem Part- ner; immerhin ist die gemein- same Tochter erst drei Monate alt. Ganz pragmatisch haben sie dann entschieden, dass ein Termin, der aus familiären Gründen unmöglich ist, eben Die Freude am Bunten, Viel- fältigen hat sie während des Studiums und nochmals im Turnus nach Afrika geführt: nach Tansania. „Ich habe viele wertvolle Erfahrungen gemacht. Und nach der Zeit in einem Krankenhaus von Sansibar wusste ich das öster- reichische Gesundheitssystem wieder so richtig zu schät- zen“, erzählt sie. Letztlich konnte sie nach dem Turnus und einer kurzen Zeit als Vertretungsärztin mit Okto- ber 2018 die Hausarztpraxis ihres Vaters in der Hartberger Michaeligasse übernehmen, wo ihr Vater noch an einem Vormittag pro Woche arbeitet und Bruder Mathias neben seiner Grazer Ordination als Orthopädie-Wahlarzt. Mit Anfang März geht ihre Ba- bypause zu Ende; dann wird sie die Ordination zusammen mit ihrem Partner, einem Internisten, managen. Um die Tochter kümmern sich während ihrer Arbeitszeit die Omas. Praxisvertretung und Kinderbetreuung bleiben so- zusagen in der Familie. Ambivalentes Bauchgefühl Die musikalische Pause des Jahres 2020, aus der Reingard abgesagt werden muss. Aber was geht, wird gemacht. Eine Art unbewusstes Lebensmotto von Glehr … Open Air-Vision Trotz klarer Priorität für das Familienleben visiert Glehr schon den konkreten Wieder- einstieg in das musikalische Leben an. Orchesterproben, minimal besetzt, bei maxi- malem Abstand, sollen schon im Frühling beginnen. Am Programm stehen Ludwig van Beethovens 3. Sinfonie in Es-Dur, die Eroica, und Max Bruchs Violinkonzert in g-Moll. „Wir hoffen, dass wir dieses Programm dann im Juni als Open Air-Konzert spielen können.“ Reingard Glehrs musikalische Vorlieben variieren je nach Gemütslage: Johann Sebas­ tian Bach, Franz Schubert, Pjotr Iljitsch Tschaikowski – aber auch Rockmusik oder die britische Band „Muse“ begleiten sie durch den Alltag, auf Fahrten zu Hausbesuchen oder ins Institut nach Graz. Gefragt nach ihren musika- lischen Zielen und Träumen, zögert sie. Zu vermessen er- scheint ihr der Traum. Also beginnt sie mit den Zielen, die sich kompakt zusammen- fassen lassen: „Ich möchte mir die Fertigkeiten, bei einer Beethoven-Sinfonie mitzu- spielen, auch neben dem for- dernden Beruf erhalten.“ Das verlangt ein gewisses Maß an regelmäßiger Übung. „Aber ich kann erfreulicherweise noch von den vielen Übestun- den aus meiner Zeit vor dem Berufseinstieg zehren.“ Diese vielen Stunden hartes Training haben ihr musika- lische Highlights wie einen solistischen Auftritt bei der „clariarte“ in Hartberg, das Mitmusizieren bei Antonín Dvořáks e-Moll-Sinfonie „Aus der Neuen Welt“ sowie die familiären Jazz-Auftritte ermöglicht. Am Schluss des Interviews verrät sie doch noch ihren musikalischen Traum: „Eigentlich wäre er, Tschaikowskis Violinkonzert im Wiener Konzerthaus zu spielen, aber in Zeiten, in den viele Profimusiker Existenz- sorgen plagen, wäre das wohl vermessen“. Daher träume sie lieber davon, „dass die Pan- demie rasch vorbei ist und alle musikalischen Erlebnisse wieder möglich werden“. https://www.oesterreich- impft. at/sprecherinnen/ ÄRZTIN im besonderen dienst Fotos: beigestellt, Bergmann Reingard Glehr (zweite von links) enga- giert sich in der ÖGAM, ist eines der Gesichter der österreichwei- ten COVID- 19-Impfkampa- gne … und sie spielt Violine und Viola in mehreren For- mationen in ihrer Heimat- stadt Hartberg, wo sie auch ihre Praxis hat.

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