AERZTE Steiermark | Februar 2021

Ethik & Impfen 22 Ærzte Steiermark  || 02|2021 Foto: Adobe Stock für geimpfte Personen mit dem Fortschreiten des Impf- programms schnellstmöglich aufgehoben werden. 6. Nur soweit der Zugang zu Angeboten privater Anbieter für eine prinzipiell gleichbe- rechtigte, basale gesellschaft- liche Teilhabe unerlässlich ist, ist eine Beschränkung des Zu- gangs auf geimpfte Personen nicht zu rechtfertigen. Noch nicht bekannt Im sechsseitigen Papier kommt der 24-köpfige Ethik­ rat, bestehend aus Wissen- schafterinnen und Wissen- schaftern unterschiedlicher Disziplinen, zum Schluss, dass das „Verhältnis von Symptom- und Infektions- unterdrückung (...) für die Covid-19-Impfstoffe noch nicht bekannt“ sei, es wür- de erst längerfristig in den Nachbeobachtungen erkenn- bar werden. Eine schnellere, systematische Klärung wäre allenfalls durch sogenannte challenge studies mit absicht- lich infizierten zuvor geimpf- ten Probanden denkbar, was aber aus ethischen Gründen nicht infrage käme. Kein Unterschied In der „Ad-hoc-Empfehlung“ rechtfertigt das Gremium sein ‚Nein‘ aber auch mit der begrenzten Verfügbarkeit von Impfstoff und damit Impf- möglichkeiten: „Solange sich nicht alle Personen impfen lassen können, würde ein Teil der Bevölkerung eine indivi- duelle Rücknahme staatlicher Freiheitsbeschränkungen nur für bereits Geimpfte als un- gerecht empfinden. Dieses Empfinden könnte die Soli- darität der Bürgerinnen und Bürger sowie die Bereitschaft zur Regelbefolgung mindern und damit die Maßnahmen zur Pandemieeindämmung unterlaufen, die dem Gesund- heitsschutz aller dienen.“ Fast erleichtert stellt der Ethikrat gleichzeitig fest, dass die Frage der „Bevorzugung“ nicht entschieden werden müsse, solange noch nicht verlässlich abschätzbar sei, in welchem Maße Impfungen gegen Covid-19 die Infektio- sität der geimpften Personen vermindern. Sonderfall Pflegeheime Differenziert beurteilt der Ethikrat jedoch die Situation in Pflegeheimen. Dort wäre die pauschale Aufrechter- haltung der besonders belas­ tenden umfänglichen Kon- taktrestriktionen für alle in solchen Einrichtungen Le- benden mit all ihren Konse- quenzen (Depressionen, Ver- stärkung demenzieller Ver- änderungen, Verlust von Le- benswillen etc.) zum Schutz derjenigen Personen, die nicht geimpft werden kön- nen, nicht mehr angemessen. Stattdessen müssen die nicht geimpften Bewohnerinnen und Bewohner über die wei- ter geltenden allgemeinen In fek t ionsschut zmaßnah- men hinaus mithilfe anderer Maßnahmen (FFP2-Masken, Schutzkleidung für Pf lege- kräfte, Schnelltests etc.) be- sonders geschützt werden. „Die ethisch und rechtlich schwierige Frage, ob und inwieweit diese mittelbaren Folgen es rechtfertigen, gravierende Beschränkungen der Freiheit (auch) von geimpften Personen aufrechtzuerhalten, muss jedoch so lange nicht entschieden werden, wie noch nicht verlässlich abschätzbar ist, in welchem Maße Impfungen gegen Covid-19 die Infektiosität der geimpften Personen vermindern.“ Aus der Ad-hoc-Empfehlung des deutschen Ethikrats

RkJQdWJsaXNoZXIy NDYwNjU=