AERZTE Steiermark | Februar 2021

6 Ærzte Steiermark  || 02|2021 Bereich Eiko Meister COVID-Impfung: Wenn ein Plan scheitert Strategien sind gut, wenn sie in der Umsetzung funktionieren. Wenn das nicht der Fall ist, muss man sie ändern. Verhatschte österreichische und steirische Impfstrategien, entscheidende Fehler in der Beschaffungspolitik und die fehlende Selbst- einsicht der politisch und administrativ Verant- wortlichen machen nicht nur die Ärztinnen und Ärzte zornig. Fehler, die in der Vergangenheit gemacht wurden, lassen sich rückwirkend nicht mehr ausbügeln. Wir können aber zumindest jetzt und für die Zukunft weitere Fehler vermeiden. Was heißt das konkret? Alle, die in engem Patientenkontakt stehen, müssen sofort die Chance auf den best- möglichen und raschestmöglichen Impfschutz bekommen. „Da können wir nichts machen“ von Impfkoordinatoren und Gesundheitspolitikern können wir nicht mehr hören. Zu wenig, zu spät, in der falschen Reihenfolge … das muss endlich ein Ende haben. Impfbereite und Konstruktive von Seiten der Verantwortlichen nicht einmal zu ignorieren, ist eigentlich ein Skandal. Be- schönigungen, Verharmlosungen, Verschleppungen und Schulterzucken – diese Ausdrucksformen des Aussitzens von Problemen haben wir schon lange genug erleben und erleiden müssen. Es ist dringend notwendig die Impfstrategie nach- haltig zu verändern und gleichzeitig die Versorgung mit Impfstoffen sicherzustellen. Und es ist auch ein Zeichen von Größe, eigene Fehler einzugestehen. Das erwarten die Ärztinnen und Ärzte von ihren Konzernchefs, Leitungen und ganz im Speziellen von der Gesundheitspolitik. Die Spitalsärzteschaft ist die zentrale Berufsgruppe, wenn es um die Be- handlung von schwerkranken Bürgerinnen und Bürgern geht. Sie weiter mit schlechten Ausreden, Fehlinforma­ tionen und Desinteresse zu behandeln, ist keine gute Strategie. Vizepräsident Dr. Eiko Meister ist Obmann der Kurie Angestellte Ärzte. intra kont a In Deutschland fordern Verfassungsjuristinnen und -ju- risten, dass die Reihenfolge der COVID-19-Impfung auf Grundlage eines eigenen Gesetzes festgelegt werden soll. In Österreich geht man die Sache pragmatischer an. Das war schon bei der Diskussion um eine mögliche Triage von COVID-Erkrankten so, die in Deutschland (ohne Ergeb- nis) vor dem Verfassungsgericht gelandet ist, in Österreich hingegen von medizinischen Fachgesellschaften und in juristischen Zeitschriften diskutiert wurde. Die Entscheidung über die staatliche Verteilung von Impf- stoffen hat nicht nur eine medizinische Dimension, son- dern auch eine rechtliche – so kann sie etwa für das Tempo der Zurücknahme von Beschränkungen eine Rolle spielen. Dennoch benötigt die Impfstoffverteilung bei einer frei- willigen, aber staatlich organisierten Impfkampagne nach unserer Verfassung keine speziellen gesetzlichen Regeln. Sie erfolgt trotzdem nicht im rechtsfreien Raum: Stellt der Staat Impfstoffe für die Bevölkerung zur Verfügung, ist er bei deren Verteilung an den Gleichheitsgrundsatz der Verfassung gebunden und muss daher die Reihenfolge der Verimpfung nach sachlichen Kriterien festlegen. Hier hat man eine „österreichische Lösung“ gefunden, die nur teilweise auf rechtlich verbindliche Vorgaben setzt: Grundsätzlich folgt der Staat bei der Verteilung der Impf- stoffe den Empfehlungen des Nationalen Impfgremiums, die eine rechtlich nicht verbindliche, aber faktisch beacht- liche Sachverständigenmeinung darstellen. Dazu kommt – auch typisch österreichisch – föderales Kolorit, denn jedes Bundesland reiht ein wenig anders. Nur für den niedergelassenen Bereich wurde eine ver- bindliche Verordnung des Gesundheitsministers mit Pri- orisierungsregeln geschaffen (die jedoch etwas Spielraum lassen), um zu verhindern, dass außerhalb der staatlichen Verteilung Personen aus unsachlichen Motiven vorgereiht werden. Hier hat man offenbar aus den ersten Erfahrungen mit besonders impfwilligen Bürgermeistern gelernt: Ein wenig Verbindlichkeit schadet doch nicht. Univ.-Prof. Mag. Dr. Karl Stöger, Mjur, ist seit 2020 Professor für Medizinrecht an der Universität Wien, davor war er an der Universität Graz tätig.   2 d batte Karl Stöger Impfpriorisierung auf österreichisch

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