AERZTE Steiermark | Mai 2021

14 Ærzte Steiermark || 05|2021 GRüner „Pass“ Grafiken: EU, WHO Die Freiheit des Reisens und Urlaubens, des Treffens in der Gastronomie und die mehr oder minder uneinge- schränkte Teilnahme an Ver- anstaltungen soll er zurück- bringen – der „Grüne Pass“. Damit werden Genesene und Geimpfte ganz ohne zeitnahe Tests (aber auch mit Test) auf- atmen können. Das ist die Hoffnung und die politische Ankündigung. Nämlich, dass ein europä- isches Zertif ikat mit QR- Code ohne großen Kontroll­ aufwand diese neue Freiheit möglich macht. Kontostand auf der Kreditkarte Aber, das ist die große Sorge, im Überschwang der Freiheits- gefühle könnte diese „Sesam öffne dich“-App zur Büchse der Pandora werden. Wenn sie nämlich Informationen preisgibt, die kontrollierende Security-Leute, Polizist*innen und Gastwirt*innen oder Hotel-Mitarbeiter*innen nicht benötigen, aber gerne wissen wollen könnten: Ist jemand deshalb zugangsberechtigt, weil er geimpft ist, und wenn ja, wann wurde er mit wel- chem Impfstoff geimpft? Oder hat er eine COVID-19-Infek- tion hinter sich? Diese zutiefst privaten Informationen sind zwar irrelevant, aber interes- sant. Um einen Vergleich zu ziehen: Auf einer Kreditkarte könnten nicht nur die eindeu- tige Zuordnung zum Inhaber sowie das Ablaufdatum (und damit die Gültigkeit), sondern auch der genaue Kontostand vermerkt sein. Das Zuviel an Informati- on könnte auch deshalb im QR-Code dieser Applikati- on landen, weil es eine Art Wettbewerb der Länder gibt, welches als erstes eine solche Lösung in die Ausrollung gebracht hat. Was angesichts der notwendigen internatio- nalen Gültigkeit einer Reise- erlaubnis-App zwar absurd klingt, aber dennoch Realität ist. Dazu kommt, dass Länder wie Ungarn auch deswegen vorpreschen wollen, weil sie quer über Europa gar nicht zugelassene Impfstoffe (vor allem Sputnik V) in das Pro- jekt integriert sehen möchten. Auch Österreich gehört zu den „Vorpreschern“. Obwohl es dafür keine reale Not- wendigkeit gibt: Denn die Kontrollmöglichkeit auf Pa- pier (etwa als Voraussetzung für den Besuch beim Friseur oder anderen „körpernahen Dienstleistern“) besteht ja be- reits – auf Papier halt. Wobei auch eine neue Lösung ohne Papier nicht überall funktio- nieren wird. Denn weder an der slowenisch-kroatischen Grenze, noch bei einem ein- schichtigen Buschenschank in der Südweststeiermark ist mit einer ausreichenden Internet-Anbindung fix zu rechnen … Die Österreichische Gesell- schaft für Telemedizin, die Österreichische Ärztekam- mer, der Fachverband Ubit der Wirtschaftskammer Ös- terreich und der Fachverband der Elektro- und Elektronik­ industrie haben deshalb in einem gemeinsamen Posi- tionspapier genau auf diese Ticket in die Freiheit oder „Büchse der Pandora“? Der „Grüne Impfpass“ soll das Ticket in die Freiheit für Corona-Gene- sene, Geimpfte und Getestete werden. Fachleute warnen aber davor, im Überschwang der „Freiheitsgefühle“ Fragen der Privatsphäre, internationa- len Gültigkeit und technischen Machbarkeit zu verdrängen. Die EU spricht immerhin nur von einem Zertifikat und nicht von einem „Pass“. Aber auch das Muster dieses Zertifikats enthält Wissen, das „Zugangskontrolleure“ nichts angeht. Nämlich wann die betreffende Per- son mit welchem Impfstoff geimpft wurde. Es müsste reichen, wenn die Unbedenklichkeit aus dem Zertifi- kat hervorgeht. Schließlich ist einer Kreditkarte auch nicht der genaue Kontostand zu entnehmen, nur die Gültigkeit und die Inhaber-Identität.

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