AERZTE Steiermark | Juni 2021
14 Ærzte Steiermark || 06|2021 Ursula Scholz Die Medizin füllt sein Leben so aus, dass Florian Iberer zunächst voller Enthusiasmus über seine neuen Erkenntnisse in der Post-COVID-Betreuung spricht, bevor er von seinem musikalischen Engagement be- richten kann. Aber am 14. Juni wird er nach langer Pause auch wieder einmal auf der Bühne stehen: mit einem Experiment. „Wir starten mit einer neuen Formation, in der nicht ei- ner anschafft und die anderen dann nach seinem Geschmack spielen müssen. Ich will eine demokratische Band“, betont Iberer. Experimentell läuft sein Comeback auf der Bühne ab, weil auf den Brettern des Grazer Zaubertheaters kein Konzert gegeben wird, son- dern eine (für Clubmitglieder) öffentlich zugängliche Probe stattfindet. „Wir spielen, was die Bandmitglieder ins Reper- toire aufnehmenmöchten. Wer einen Song proben will, muss alles Notwendige mitbringen und ihn selbst so gut drauf haben, dass er ihn den ande- ren beibringen kann.“ Gefragt ist auch Flexibilität – denn da keine Anwesenheitspflicht besteht, muss man mit einer stets wechselnden Besetzung operieren können. Hartnäckig zur Chirurgie In den Jahren vor der Pande- mie, als Iberer schon – oder noch – in Pension war, spielte er öffentlich meist als One- Man-Show, im kleinen Café Jeton beim Casino, immer einen Donnerstagabend im Monat. Aber auch schon im Zaubertheater. Iberer, der in seiner Jugend vom Nachbars- buben die Griffe auf der Gi- tarre beigebracht bekommen hat, kehrte erst im Jahr 1999 zur Musik zurück und spielte dann in den verschiedensten Gruppierungen von Johnnys Juke Box über Reloaded, bad eXperience und Die Schwarz- brenner bis zu den friends. Davor hatte er keine Zeit dazu. Eigentlich galt sein Hauptin- teresse nämlich dem Eisho- ckey – und nicht zuletzt der Chirurgie. „Als ich mich von meinen Eltern verabschiedet habe, um zur Inskription auf die Uni zu fahren, schwankte ich immer noch zwischen Physik und Medizin. Im Be- reich der Atomphysik gab es Anfang der 70er-Jahre ja noch viel zu erforschen.“ Es wurde die Medizin. Der Weg zur Chirurgie führte über zahlreiche Vorsprachen bei Professor Julius Kraft- Kinz, in denen Iberer seinen Wunsch ausdrückte, bei ihm in die Lehre zu gehen. Die Hartnäckigkeit war von Er- folg gekrönt: Gleich nach den Gegenfächern wurde sein Idol auch sein Lehrmeister. Dass Ein Leben zwischen Eis, OP und Bühne Transplantationschirurg Florian Iberer kam im vergan- genen Herbst aus dem Ruhestand zurück, um das wieder hochgefahrene LKH Hörgas zu leiten. Mit Mitte Juni ist er auch wieder zurück auf der Bühne: mit seinem Sprechgesang zur Gitarre und als Initiator einer „demokratisch geführten Band“. er sich danach auf die Trans- plantationschirurgie speziali- siert hat, war „reiner Zufall“. „Ich wollte unbedingt Herz- chirurg werden, hab mich das aber beim Vorstel lungsge- spräch nicht zu sagen getraut, das wäre mir für einen An- fänger zu vermessen erschie- nen.“ Trotzdem landete Iberer in der Herzchirurgie – und schließlich beim Transplan- tieren von Herzen (und später noch von Leber, Pankreas und Kindernieren). In der Disco von Bad Tölz Aber zurück zum Jahr 1999: Da fuhr der Eishockeyclub Vikings Mariatrost zu einem Spiel ins bayerische Bad Tölz. Trainer Gerhard Horvath hatte zwei Gitarren mitge- nommen und konnte den mitreisenden Iberer dazu mo- tivieren, seine musikalische Pause zu beenden. Nach ein bisschen Üben im Bus und einer spontan mitgestalteten Nacht in der Disco war Ibe- rers musikalische Begeiste- rung wieder geweckt, der er bis heute treu geblieben ist. Nur von den Bühnen hat er sich zwischenzeitlich verab- schiedet, als er Abteilungslei- ter der Transplantationschi- rurgie geworden war. „Auf der Bühne ist man nicht er- reichbar. Oft wollte ein Arzt im Nachtdienst von mir nur die Bestätigung, dass er das angebotene Spenderorgan an- nehmen soll. Aber in solchen Situationen muss rasch ent- schieden werden und nicht nach zwei Stunden, wenn das Konzert aus ist.“ Im Jahr 2015 beendete Flori- an Iberer mit 62 Jahren sei- ne Karriere als Chirurg und ging vorübergehend in den Ruhestand. Als Teamarzt war er allerdings noch aktiv: im Eishockey, wo seine vier mitt- lerweile erwachsenen Kinder zeitweise als Profis gespielt haben, und im American Football. „Tauchen“ gegen Long Covid Heute zählt Iberer wohl zu der äußerst seltenen Spezies jener österreichischen Beamten, die aus dem Ruhestand wieder in den aktiven Dienst zurück- gekehrt sind. Als das LKH Hörgas zur Nachbetreuung von COVID-19-Patient*innen wieder hochgefahren wurde, übernahm er dort die ärztliche Leitung. „Bis Februar 2021 war der Ein- satz geplant. Aber wir sind nie leer geworden.“ Aus der frei- willig übernommenen Ver- pflichtung ist längst eine Kür geworden: „Ich könnte schon Vorlesungen zu Post COVID halten. Beispielsweise wird so gut wie nie erwähnt, wie Arzt im besonderen dienst
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