AERZTE Steiermark | Juni 2021
Ærzte Steiermark || 06|2021 31 Recht Münze nehmen. Schließlich kennen sie ja die Entstehungs- geschichte nicht. Recht und Gerechtigkeit Im Leibnitzer Rechtsanwalt Herbert Emberger fand Bayer einen engagierten Juristen, der die Überzeugungsarbeit gegenüber dem Internet- Giganten aufnehmen wollte. Schließlich geht es hier nicht nur um Recht, sondern auch um Gerechtigkeit. Aber es gab ein Problem: Pati- entendaten sind sehr sensibel und unterliegen einem beson- deren Datenschutz. Was den Beweis, dass es sich um fiktive Personen handelte, äußerst schwierig machte. Wie sollte man den Nachweis liefern, dass es sich um Fake-Profile handelte, ohne nicht auch tatsächliche, real existierende Patientinnen und Patienten, die wirklich in der Ordinati- on des Psychiaters in Behand- lung standen, offenzulegen und so die ärztliche Schwei- gepflicht zu verletzen sowie das Vertrauen dieser echten Menschen zu erschüttern? Recht s anwa l t Emberger schrieb für seinen Mandanten Bayer einen Brief – natürlich per E-Mail an Google. Und fand darin offenbar die rich- tigen Worte. Denn Google reagierte zwar nicht in der sonst üblichen Form – eine Antwort gab es nicht. Aber eine „faktische“ Reaktion – und zwar die erwünschte: Die Rezensionen wurden gelöscht. Was hatte Emberger geschrie- ben? Selbstverständlich sei es schwer den Beweis zu führen, „dass diese Personen niemals Kontakt zu meinem Man- danten hatten“, formulierte der Anwalt. Und argumen- tierte weiter: „Die Vorlage ei- ner Patientenkartei ist aus da- tenschutzrechtlichen Grün- den und insbesondere aus Gründen der ärztlichen Ver- schwiegenheitspf licht nicht möglich. Mein Mandant er- klärt jedoch hiermit an Eides statt, Frau L. B., Herrn T. H., Wie wichtig sind Internet-Rezensionen? Laut Studien lassen sich rund drei Viertel der Internet-Nutzerinnen und -Nutzer von Online- Bewertungen beeinflussen. Mehr positive Rezen- sionen führen auch dazu, in der Google-Suche nach oben gereiht zu werden. Man wird also leichter gefunden. Reine Meinungsäußerungen (guter/schlechter Arzt) von echten Patientinnen und Patienten unterliegen weitgehend der Meinungsfreiheit. Bei falschen Tatsachenbehaup- tungen („Die Ordination hat keinen Lift“, obwohl sie einen hat) ist es aussichtsreich, die Löschung zu verlangen. Die tatsachenwidrige Behauptung und die richtige Tatsache müssen aber bewiesen werden. So lohnend es sein mag, sich um die eigenen Rezensionen zu kümmern, so sehr muss man wissen, dass es mit Auf- wand verbunden ist. Es ist also notwendig, sich darüber Gedanken zu machen, ob man diesen Aufwand (regelmä- ßiges Checken, Reagieren auf Rezensionen …) auf sich neh- men will und wie hoch er sein soll. Es geht ja um investierte Arbeitszeit. Aber einmal die eigene Person zu googeln und sich die Rezensionen anzuschauen, ist jedenfalls sinnvoll. Frau L. V. und Herrn P. S. nie- mals gesprochen, betreut oder behandelt zu haben. Diese fiktiven Personen waren na- turgemäß niemals in der Or- dination meines Mandanten.“ Konsequenz: „Ich habe na- mens meines Mandanten … zur Löschung aller Beiträge der genannten Personen auf- zufordern. Sollte dies nicht geschehen, werden weitere be- hördliche/gerichtliche Schrit- te gesetzt!“ Aber es geschah. Google löschte. Die Fake-Rezensi- onen verschwanden. Die In- tervention des „kleinen An- walts“ aus der südsteirischen Bezirkshauptstadt hatte ge- nau die Wirkung erzielt, die erhofft worden war. Ist das Problem damit ausgestanden? Wir wissen es nicht. Denn natürlich steckt hinter fiktiven Personen die echte „kriminelle Energie“ eines richtigen Men- schen. Und die kann sich im- mer wieder neu manifestieren. Aber der Vorgang zeigt: Es ist keineswegs hoffnungslos, sich gegen derartige Machi- nationen zur Wehr zu setzen. Auch wenn es – das muss der Korrektheit halber dazugesagt werden – mit Aufwand und – ja auch – Kosten verbunden ist. Ein Fachartikel zu diesem Fall wird voraussichtlich in einer der nächsten Ausgaben der Zeitschrift „Recht der Medizin“ (RdM) erscheinen. Autoren: RA Dr. Herbert Emberger und Hon.-Prof. Dr. Johannes Zahrl, Kammeramtsdirektor der Ös- terreichischen Ärztekammer. Illu: Adobe Stock
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