AERZTE Steiermark | Juni 2021
42 Ærzte Steiermark || 06|2021 angestellte Ärztinnen und ärzte ÄrztInnen in Ausbildung GEM/ EINSAM geben Einblick in ihren Alltag Illu: Adobe Stock, Foto: Schiffer trag, nämlich rund 250.000 Euro pro Jahr. Da kommt über die vergangenen und die künftigen Jahre doch einiges zusammen. Zur vielbeschwo- renen „Attraktivierung der Allgemeinmedizin“ (die der KAGes aber offenbar nicht so am Herzen liegt) trägt das naturgemäß nicht bei. Dass die Stationsärztinnen und Stationsärzte – eine Gruppe von weiteren rund 220 Personen – ebenfalls kei- nen Anspruch auf ein persön- liches Fort- und Weiterbil- dungsbudget haben, klingt da schon fast logisch. Schließlich stehen sie formell nicht in Ausbildung. Glas „halbvoll“ Für Vizepräsident Eiko Mei- ster, Obmann der angestellten Ärztinnen und Ärzte, ist das Glas dennoch „halbvoll“: Er sei „vorrangig einmal froh darüber, dass die KAGes ihr Versprechen von 2014 einge- löst habe“. „Wenn auch nur tei lweise und mit Verspä- tung“, fügt er allerdings hin- zu. Darüber werde jedenfalls zu sprechen sein … und Ärzte in Fachausbildung durchaus darüber freuen. Es ist ja doch eine Ergänzung des Gehalts. Nicht im Turnus zur Allgemeinmedizin Man kann aber auch – ohne große Mühe – zwei Haare in der Suppe finden: Da dieses Budget eigentlich schon für 2016 geplant war, sind die Ärztinnen und Ärzte in Fach- ausbildung um die Fort- und Weiterbi ldungsbudgets der Jahre 2016 bis 2020 umgefal- len. Das entspricht doch 2,5 Millionen Euro, die sich die KAGes dadurch gegenüber der urprünglichen Konzepti- on erspart hat. Das zweite „Haar“ betrifft die Einschränkung auf Ärztinnen und Ärzte in Fachausbildung. Die etwa 250 Ärztinnen und Ärzte im al lgemeinmedizi- nischen Turnus haben laut Schreiben der KAGes näm- lich keinen Anspruch auf die- sen „Fortbildungszuschuss“. Durch diese Einschränkung erspart sich die KAGes einen durchaus erklecklichen Be- Die schönen Seiten des Turnus Auch wenn wir schimpfen, so gibt es doch auch Positives über den Turnus zu berichten. Wir haben eines der besten Gesundheits systeme der Welt und die Möglichkeit, die Ausbildung zu machen, die wir angestrebt haben. Auch wenn es seit 2015 die Möglichkeit gibt, ohne Turnus eine Facharztausbildung zu beginnen, entschlie- ßen sich doch immer wieder Kolleg*innen vor der Facharztausbil- dung für den Turnus. Dies hat nämlich durchaus auch Vorteile: Man lernt Mentor*innen kennen und findet so Fächer toll, von denen man im Studium nicht sonderlich begeistert war. Oft trägt gerade ein motiviertes Abteilungsteam dazu bei, dass man sich für ein Fach mehr begeistert. Auch habe ich nette Kolleg*innen ken- nengelernt, mit ihnen gelacht und geschimpft, mit einigen bin ich in Kontakt geblieben undmit ein paar mittlerweile sogar gut befreudet. Man kann sich ein Netzwerk für das Arbeitsleben aufbauen. Da- durch, dass man doch einige Abteilungen und verschiedene Häuser kennenlernt, weiß man auch, welche Abteilungen man empfehlen würde oder wo man sich selbst als Patient behandeln lassen würde und wo nicht. Sollte ich irgendwann einmal in meiner eigenen Or- dination sitzen, weiß ich ganz genau, zu welchen Kolleg*innen und/ oder Abteilungen ich überweisen werde. Man arbeitet unter einem geschützten Schirm: Auch wenn niemand gerne Fehler macht, sind sie doch essenziell, um zu lernen und zu wachsen. Niemand ist als Gott in Weiß vom Himmel gefallen, auch wenn es immer wieder Kolleg*innen gibt, die das behaupten. Der Anfang ist für uns alle gleich: Er beginnt mit Fehlern und das ist auch gut so. Natürlich macht man im Turnus oft Arbeiten, für die man kein Medizinstudium benötigt. Dies ist für viele auch ein Hauptgrund, den Turnus nicht zu machen. Hier gehört definitiv nachgebessert, es gibt einen Grund, warum die Ausbildung regelmäßig schlecht evaluiert wird! Wir sind die Zuweiser*innen von morgen: Je besser wir fachlich ausbildet werden, umso besser sind wir dann im nie- dergelassenen Bereich. Wir können dann die Spitalsstruktur sehr gut entlasten, aber dazu muss uns auch etwas zugetraut werden. Dass wir die meisten Abteilungen nur für drei Monate beehren, ist dem jetzigen Ausbildungssystem geschuldet und kein Grund für Aussagen wie „Das ist eh zu kurz, um was zu lernen“. Üblicherweise herrscht unter Turnusärzt*innen kein großes Konkurrenzdenken und keine Ellbogenmentalität, wie unter den Assistenzärzt*innen üblich. Es herrscht größtenteils ein Helfen und Unterstützen. Meistens müssen die „dienstältesten“ Turnus ärzt*innen die neuen einschulen. Man zeigt sich gegenseitig alles, gibt weiter, worauf besonders zu achten ist. Es ist ein Miteinander und kein Gegeneinander. Wir arbeiten gerne GEMEINSAM. GEM/EINSAM – schreiben steirische Ärztinnen und Ärzte in Ausbildung über ihren Alltag im Beruf, im Leben und ihren Weg von „wilden Jungen“ zu „alten Profis“. „Die KAGes hat ein Versprechen eingelöst. Wenn auch verspätet und nicht für alle.“
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