AERZTE Steiermark | Juli/August 2021

ÜBERTRAGENER WIRKUNGSBEREICH 22 ÆRZTE Steiermark || 07/08 |2021 Für die Genehmigung ärztli- cher Ausbildungsstellen war bisher die Österreichische Ärztekammer im Auftrag des Gesundheitsministeriums zu- ständig. Sie hat geprüft, ob in einer Spitalseinheit die entsprechende Ausbildungs- kompetenz vorhanden ist und wie viele Ausbildungsplätze aufgrund der verfügbaren Ressourcen (Fäl le, Ausbi l- dungsverantwortliche) zu ge- nehmigen sind. Die Bundes- länder als wichtigste Spitals­ träger haben das über viele Jahre selbstverständlich ak- zeptiert. Bei einer der letzten Novellen des Ärztegesetzes wurde aber verabsäumt, die neuerliche Zustimmung der Länder zu dieser bewährten Vorgangsweise einzuholen. Statt die formel le Zustim- mung nachzuholen, was ganz einfach mögl ich gewesen wäre, wurde nichts gemacht. Die Konsequenz: Jetzt dürfen die Länder entscheiden, wie viele Ausbildungsplätze sie an welchen Krankenhausabtei- lungen anbieten. „Ein juristischer Formalfehler, der leicht aus der Welt zu ärztliche Betreuung. Das ist nicht von einem Tag zum anderen spürbar. Solange noch jetzt aktive, exzellent ausgebildete Fachärztinnen und -ärzte die Verantwortung tragen, stimmt die Qualität. Aber wenn diese Generati- onen nicht mehr zur Verfü- gung steht, werden die Ver- schlechterungen schleichend eintreten. Bloß wird das nur schwer messbar sein, und es werden sich auch nur wenige die Ursache erklären können, wenn es so weit ist. „Die Zulassung von Ausbil- dungsstätten wird nach ex- akten Kriterien evaluiert und bei Nicht-Erfüllung auch wie- der entzogen. Visitationen haben dabei einen wichtigen Stellenwert. Die ÖÄK hat die Qualitätsstandards sehr hoch gesetzt. Weil eine exzellente Ausbi ldung des ärzt lichen Nachwuchses ein Erfolgsfak- tor für die hohe Qualität der Gesundheitsversorgung ist“, hat der steirische Ärztekam- merpräsident Herwig Lind- ner seinem Entsetzen über die „kalte Machtübernahme“ durch die Länder Ausdruck verliehen. Der Verdacht liegt nahe, dass so manche Verant- wortliche in den Bundeslän- dern (noch) gar nicht begrei- fen, was sie sich damit auch selbst antun. „Die Qualität der ärztlichen Ausbildung kann nur sicher- gestellt werden, wenn sie von Ärztinnen und Ärzten, mit schaffen gewesen wäre, wur- de machtpolitisch für einen Rundumschlag auf die ärzt- liche Selbstverwaltung miss- braucht“, beschrieb der ös- terreichische Ärztekammer- präsident Thomas Szekeres den Vorgang. Die realistische Befürchtung: Nicht die mög- liche Qualität der Ausbildung, wie bisher, ist die Grundlage für die Zuerkennung von Ausbildungsstellen, sondern die Bedürfnisse der Länder als Spitalsträger werden zum entscheidenden Motiv. Die Leidtragenden sind sofort die jungen, in Ausbildung ste- henden Ärztinnen und Ärzte. Sie müssen mit einer schlech- teren Ausbildung vorlieb neh- men, denn es ist damit zu rechnen, dass die Länder über die Zahl der Ausbildungsplät- ze nicht qualitätsorientiert, sondern nach den eigenen Be- dürfnissen entscheiden. Da- mit würden Ärztinnen und Ärzte in Ausbildung zu „Bil- ligarbeitskräften“ degradiert. Mittelfristig sind es dann die Patientinnen und Patienten, die leiden. Denn schlech- tere Ärzteausbildung bedeu- tet zwangsläufig schlechtere ihrem eigenen Wissen und der eigenen Erfahrung, geplant und strukturiert wird. Denn sie wissen selbst am besten, welche Rahmenbedingungen und Inhalte der Ärztenach- wuchs benötigt, um die Pati- entenversorgung in Österreich weiterhin auf hohem Niveau zu halten“, so Szekeres. Was er nicht dazu sagt: Es ist auch zu befürchten, dass Landesbehör- den für politische Zurufe weit anfälliger sind als die Ausbil- dungsgremien in der Österrei- chischen Ärztekammer. Die Österreichische Ärzte- kammer, die sich vor Ge- setzeswerdung intensiv be- müht hat, diesen „Schi ld- bürgerstreich“ aufzuhalten, reagierte Ende Juni mit einem „Trauermarsch“ auf das trau- rige Vorgehen. Subtext: „Ge- storben: Ärzt liche Ausbi l- dung. Wir verabschieden uns von einer unabhängigen, qua- litätsvollen ärztlichen Aus- bildung. In Zukunft soll die Verantwortung für ärztliche Ausbildung bei Politikerinnen und Politikern liegen.“ Nach- satz; „Wollen Sie das?“ „Trauermarsch“ gegen die Allmacht Ein Versehen des Gesetzgebers gab den Ländern die Möglichkeit, sich die Genehmigung ärztlicher Ausbildungsstellen unter den Nagel zu reißen. Sie haben sie genutzt. In „Trauer“: Petra Preiss (Kärnten), Thomas Sze- keres (Wien, ÖÄK), Herwig Lindner, Stmk.), Peter Nieder- moser (OÖ), Brigitte Stein­ inger (Bgld.) Trauerfall „Qualität der ärztlichen Ausbildung“: Die Politik hat die Kontrolle übernommen. Und niemand kontrolliert die Politik.

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