AERZTE Steiermark | Juli/August 2021
BEREICH ÆRZTE Steiermark || 07/08 |2021 7 Die Gesundheitsversorgung ist gut in Österreich – noch. Dank sich persönlich aufopfernder Ärztinnen und Ärzte in der Nie- derlassung und in den Spitälern. Dank auch der anderen Ge- sundheitsberufe mit einem hohen Ethos. Aber sie leiden. Sie leiden unter Kürzungen, Personalanspannung, Kontrolle und übermäßiger Belastung. Es gibt nur ein Segment im Gesund- heitsbereich, das nicht leidet. Das ist die Gesundheitsplanung in diversen ausgelagerten Gesellschaften, die der Politik zuarbeitet und sich dabei eines ungebrochenen Wachs- tums erfreut. Die Menschen, die in dieser Gesundheitspla- nung arbeiten, wollen nichts Böses. Sie bemü- hen sich auch redlich. Sie sind nur weit weg von der operativen Ar- beit, sie sitzen in ihren geschützten Bereichen und unterliegen nur wenig systematischer, objektiver Kontrolle. Das ist eine gefährliche Entwicklung. Wir wissen, dass die kassenärztlichen Stellen sta- gnieren und mit dem Bevölkerungswachstum nicht mithalten. Wir wissen, dass die Zahl der Spitalsbediensteten im patien- tennahen Bereich nur sehr langsam zunimmt, weit langsamer jedenfalls als das administrative Personal. Und die administrativ Tätigen erfinden – nicht aus Böswilligkeit, dies sei nochmals betont – immer neue Kontrollmechanismen und -einrichtungen, die Ärztinnen und Ärzte quälen. Das ist das Wesen des Pakinson‘schen Prinzips, dem die Verwaltung, wenn sie eine bestimmte kritische Größe erreicht hat, nicht mehr ent- kommt. Wie es scheint, gar nicht mehr entkommen kann. Die GÖG (Gesundheit Österreich GesmbH) ist ein Beispiel dafür. Eine ambitionierte und radikale Bürokratieentrümpelung und die damit verbundene Rückführung der Verwaltung auf das notwendige und sinnvolle Maß ist das Gebot der Stunde. Das würde allen im Gesundheitssystem helfen. Nur nicht den Bürokraten. Dr. Herwig Lindner ist Präsident der Ärztekammer Steiermark. Sind Ärztinnen und Ärzte Gegner der Primärver- sorgungseinheiten? Natürlich nicht. Ärztinnen und Ärzte betreiben sie. Ist die Ärztekammer gegen PVE? Natürlich auch nicht. Sie ist nur für eine faire Behandlung. Das beginnt einmal damit, dass die Politik und die von ihr abhängigen Verwaltungsleute gerne freihändig entscheiden wollen, was und wie eine Primärversorgungseinheit zu sein hat. Dabei gibt es eine klare rechtliche Grundlage. Zum Zweiten muss klar sein, dass PVE nur dann funktionieren, wenn die Betreiberinnen und Be- treiber – also Ärztinnen und Ärzte – sie tatsäch- lich medizinisch wollen und nicht nur deswegen zustimmen, weil sie mit viel Geld gelockt oder mit Worten genötigt werden. Primärversorgungseinheiten können viel, aber nicht alles. Sie können kein Spital ersetzen, aber in einigen Fällen tun Politiker so, als ob sie das täten. Sie sind in der Regel nur dann möglich, wenn einzelne Kassenstellen aufgegeben werden. Sie sind also keine Ergänzung, sondern ein Er- satz. Das ist manchmal sinnvoll. Manchmal aber auch nicht, wenn die Anfahrtszeiten für die Pa- tientinnen und Patienten dadurch massiv länger werden. Einzelärztinnen und -ärzte, die ähnliche Leis- tungen wie eine PVE erbringen, können zu Recht nicht akzeptieren, wenn den PVE für Personal und Leistungen, die es auch in den Einzelpraxen gibt, zusätzlich viel Geld angeboten wird, das den Einzelpraxen nicht zugänglich ist. Nein, niemand ist gegen PVE. Im Gegenteil: Es wäre wünschenswert, auch Fachärztinnen und Fachärzte in diese zu integrieren. Vor allem geht es aber um eines: um faire wirt- schaftliche und rechtliche Gleichbehandlung. Dafür ist die Politik zuständig. Vizepräsident Dr. Christoph Schweighofer ist Obmann der Kurie Niedergelassene Ärzte. EXTRA Christoph Schweighofer Ja zur Fairness für alle, auch für „PVE“ STANDORTBESTIMMUNG Herwig Lindner Verwaltung reduzieren heißt mehr Zeit für das Ärztliche D BATTE Fotos: IQWiG/ Ralf Baumgarten, Oliver Wolf, Elke Meister, Schiffer, Grafik: Konrad Lindner
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