AERZTE Steiermark | Juli/August 2021

COVER ÆRZTE Steiermark || 07/08 |2021 9 Pläne aus den Regeln und kontrollieren deren Umset- zung. Wobei statt des Begriffs „Kontrol le“ meist der viel schickere der „Evaluierung“ verwendet wird. Kontrolle klingt nach Zwang, Evaluie- rung aber nach rationaler und sachlicher Beurteilung, nach Objektivität und Zweckorien- tiertheit. Die Sache hat aber mehre- re Haken: Die ausgelagerten Planungsstrukturen lösen die behördlichen Strukturen nicht ab. Sie kommen hinzu. Und während es in den prak- tischen Bereichen des öffentli- chen Gesundheitswesens eher Stagnation gibt, wachsen die Planungsinstitutionen stetig. So hat sich die Zahl der Mit- arbeiterinnen und Mitarbeiter im steirischen Gesundheits- fonds in den letzten einein- halb Jahrzehnten mehr als verdreifacht, in der Gesund- heit Österreich GmbH gab es im selben Zeitraum „nur“ eine Verdoppelung. Wobei damit keineswegs ge- sagt ist, dass diese immer mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre Arbeit nicht nach bestem Wissen und Ge- wissen machen. Es geht nicht um deren Kompetenz. Es ist nur die Frage, ob dieser Mix an Planung, Verwaltung, Sonderprojekten und Evaluie- rung überhaupt notwendig ist. Und wer die Sinnhaftigkeit kontrolliert. Die Antwort der Planer kann nur sein: Einrichtungen wie die EPIG GmbH, kurz für Entwicklungs- und Planungs- institut für Gesundheit. Nur zeigt das Beispiel EPIG, wie unübersichtlich (und gleich- zeitig politisch) die Struk- turen sind. Die Mehrheit, nämlich 56 Prozent, der EPIG gehört dem Gesundheits- fonds Steiermark. Weitere 15 Prozent hält die Joanneum Research Planungsgesel l- schaft. Die wiederum steht im Eigentum des Landes Steier- mark, der Kärntner Betriebs- ansiedlungs- und Betei l i- gungsgesellschaft mbH sowie der Landesholding Burgen- land. Zudem sind der Kärnt- ner und der Burgenländische Gesundheitsfonds direkt an der EPIG beteiligt. Beteiligt ist der Gesundheits- fonds Steiermark auch am seit 2019 bestehenden Austrian Institute for Health Technolo- gy Assessment – HTA Austria GmbH (AIHTA). Diese Nach- folgefirma des einschlägigen Ludwig-Boltzmann-Instituts steht im Eigentum des Dach- verbands der Sozialversiche- rungsträger, al ler Landes- Gesundheitsfonds sowie des Bundes. Das AIHTA forscht und entwickelt. „Ziel ist eine unbeeinf lusste, transparent nachvollziehbare, interdiszi- plinäre wissenschaftliche Un- terstützung der Verwaltung des österreichischen Gesund- heitssystems“, heißt es. Die Gesellschafterversammlung besteht aus dem Gesund- heitsminister, dem Leiter des Dachverbandes der Sozialver- sicherungsträger sowie den Landesgesundheitsreferen- tinnen und -referenten oder deren Entsandten, wie etwa dem Geschäf tsführer des Wiener Gesundheitsfonds. Jahresbudget: 1,36 Millionen Euro, finanziert von den Ge- sellschaftern Bund, Länder und Dachverband der Sozial- versicherungsträger. Wie al le anderen Gesund- heitsfonds auch ist der stei- rische Fonds gemeinsam mit Republ ik Österreich und Dachverband ebenfalls einer der Eigentümer der ELGA GmbH. Und dann wäre da noch die GVG Gesundheit sversor- gungs-GmbH. Sie gehört dem Land Steiermark, dem Ge- sundheitsfonds Steiermark und der Österreichischen Gesundheitskasse zu jeweils gleichen Teilen. Die Geschäfte führen die Juristin Petra Zin- nel, vormals Referentin in der PatientInnen- und Pflegeom- budsschaft des Landes Steier- mark, sowie Prim. Klaus Pes- senbacher, Leiter der Notfall- und Katastrophenmedizin des Landes Steiermark. „Ge- sundheitsvorsorge“ ist knapp Gesundheitsbehörden hatten die Kontrolle. Operativ Tätige haben die Gesundheitsversorgung gesichert. Diese einfache Struktur gibt es längst nicht mehr. „Ausgelagerte“ privatrecht- liche Gesellschaften sind die „Dritte Macht“ im Gesundheits­ system. Eigentlich die erste Macht. Sie planen, kontrollieren und machen. Weitgehend unkontrolliert und in enger Nähe zur Politik. „Die ausgelagerten Planungsstrukturen lösen die behördlichen Strukturen nicht ab. Sie kommen hinzu.“

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