AERZTE Steiermark | September 2021

VERSORGUNG „sucht-hilfe“. Unter diesem mehrfach zu deutenden Na- men vereint der neu gegründe- te Dachverband vorerst sechs Trägerorganisationen, die in den steirischen Regionen am- bulante Beratung und Betreu- ung für Suchtkranke anbieten. Obmann Michael Truschnig vom Psychosozialen Netzwerk in Judenburg erklärt, dass es zwar keine ganz weißen Fle- cken mehr auf der steirischen Versorgungslandkarte gebe, „aber die Personalausstattung ist regional sehr unterschied- lich. Je weiter man sich von Graz entfernt, desto dünner werden die Personalressour- cen.“ Daher besteht eine der ersten Forderungen des neuen Dachverbands in der Aufsto- ckung der Mitarbeiter*innen in den Beratungsstellen. Sucht als Krankheit begreifen Ein weiteres Ziel geht in Rich- tung Bewusstseinsarbeit, den Umgang mit suchtkranken Menschen jenem mit soma- tischen oder anderen psychi- schen Erkrankungen anzu- gleichen. „Wenn jemand in einer Stresss­ ituation einen Herzinfarkt erleidet, begegnet ihm das Umfeld ganz anders, als wenn er in derselben Situation eine Suchterkrankung entwickelt. Dem Süchtigen wird Schwä- che unterstel lt, aber auch, dass er sich einfach nicht beherrschen kann.“ Schuldge- fühle, Schuldzuschreibungen und Scham, so Truschnig, seien immer noch häufig mit Suchterkrankungen verbun- den und oftmals der Grund, keine Hilfe zu suchen (oder zu erhalten). Sucht müsse enttabuisiert werden, aber auch Verständnis für die spe- zielle Situation Suchtkranker geschaffen werden: „Wenn ein trockener Alkoholkranker im Gasthaus nein zu einem Glaserl sagt, ist das zu akzep- tieren.“ In die Planung einbinden Ziel des Dachverbands ist es auch, eine gute Gesprächsba- sis zu sämtlichen planenden und finanzierenden Stellen zu pflegen – vom Gesundheits- fonds über die Landes-Fach- abteilungen 8 und 11 und das Gesundheitsministerium bis zum Justizministerium. „Wir sehen uns als diejenigen, die das, was in puncto Bera- tung und Betreuung sucht- kranker Menschen geplant wird, in den Regionen umset- Die ambulanten Suchtberatungseinrichtungen der Steiermark haben kürzlich einen Dachverband gegründet. Seine Ziele: mehr Personal, Gleichstellung der Suchtkranken mit anderen Erkrankten und eine fundierte Gesprächsbasis mit allen planenden und finanzierenden Institutionen. Suchtberatung: Dachverband ambulanter Einrichtungen „Dem Süchtigen wird Schwäche unterstellt, aber auch, dass er sich einfach nicht beherrschen kann.“ Michael Truschnig 20 ÆRZTE Steiermark || 09|2021 Fotos: PSN Judenburg, Shutterstock

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