AERZTE Steiermark | September 2021

26 ÆRZTE Steiermark || 09|2021 TRANSPLANTATIONSMEDIZIN Foto: Adobe Stock wand für die Aufrechterhal- tung der Organfunktionen am Spender ist es naturge- mäß nicht getan. Weitere Kosten fallen bei Einsatz des mobilen Hirntod-Teams an (wenn benötigt), für das Ex- plantationsteam, den Organ- transport, die Implantation sowie für die Nachbetreuung. Während eine Nierentrans- plantation mit 50.000 bis 70.000 Euro zu Buche schlägt – inklusive Vorbereitung, chi- rurgischer Maßnahmen und postoperativer Versorgung –, sind es bei der Leber schon 120.000 bis 150.000 Euro. Ohne Folgemedikation, die abgesehen von der Immun- suppression sehr individuell zu veranschlagen ist. Denn mit t lerwei le können bei- spielsweise auch Hepatitis- C-positive Lebern transplan- tiert werden, im Nachhinein erfolgt dann eine medika- mentöse Hepatitis-Therapie. Den exorbitanten Ausgaben stehen allerdings im Falle einer erfolgreichen Trans- „Die Transplantationsmedi- zin ist sowohl für die Chi- rurgie als auch für die Innere Medizin das, was die Formel 1 für die Autoindustrie ist“, sagt Peter Schemmer, Lei- ter der Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirur- gie am LKH-Universitätskli- nikum in Graz. Das sowohl in Bezug auf den Innova- tionsschub, der von diesen beiden High-End-Bereichen ausgeht, als auch auf die Kos­ tenentwicklung. Der größte Kostentreiber der Transplan- tationsmedizin besteht in jüngster Zeit vor allem in der Maschinenperfusion. So en- orm das innovative Potential der Maschinenperfusion, so prekär ist auch ihre Finan- zierung: In Österreich ist sie (wie auch in Deutschland) gar nicht dotiert. Derzeit stemmen in der Steiermark die Med Uni Graz und die KAGes als Spitalserhalter freiwillig Anschaffung und Betrieb der bisher drei ent- sprechenden Geräte. „Ein beeindruckendes Commit- ment“, betont Schemmer. Im- merhin kostet eine derartige Maschine beim Kauf zwi- schen 100.000 und 300.000 Euro und pro Verwendung weitere 5.000 bis 50.000 Euro. Teams verstärken Ein zusätzlicher Kostenfaktor sind die Human Resources rund um das Transplantati- onswesen. Gerade vom Enga- gement der Ärzt*innen hängt das Angebot an Spenderor- ganen ab. Es würde jedoch, so Schemmer, an jeder Intensiv- station zusätzliche ärztliche Kapazitäten benötigen, um potentielle Organspender zu erkennen und zu betreuen. „Im Zuge der Abklärung einer Spendemöglichkeit ist sehr viel zu untersuchen und zu organisieren – das ist bei der derzeitigen Arbeitsdichte ein- fach nicht zu leisten.“ In Österreich wird die Betreu- ung von Organspender*innen in der Krankenhausfinanzie- rung zudem nicht gesondert abgegolten. Stattdessen vergibt die ÖBIG-Transplant eine För- derung von 2.800 Euro pro Spenderbetreuung im Fall ei- ner nachfolgenden Transplan- tation und 1.400 Euro, wenn es letztlich zu keiner Organspen- de kommt. ZumVergleich: Ein Intensivbett kostet, so Schem- mer, zwischen 1.800 und 2.500 Euro pro Tag. „Wir schichten um“ Mit dem f inanziellen Auf- Kostentreiber und Motor für Innovation Die Transplantationsmedizin oszilliert zwischen Machbarkeit und Finanzierbarkeit. Das heurige 4. Grazer Transplantationssymposium hat sich eben diesem Spannungsfeld gewidmet. Spanien führt Im europaweiten Vergleich steht Österreich – wohl durch seine Widerspruchsregelung – mit der Anzahl der Spender*innen pro Million Einwohner*innen gar nicht so schlecht da: Vor dem Corona-Ausnahmejahr verzeichnet Eurotransplant hierzulande 20,3 hirntote Spender*innen pro Million Einwohner*innen. In Deutschland waren es nicht ganz 11. Innerhalb der Eurotransplant-Gemein- schaft führte im Jahr 2019 Kroatien mit 31,4, gefolgt von Belgien mit 27,2. Die Coronakrise hat sich sehr unterschiedlich ausgewirkt: Während in Österreich und Deutschland die Zahlen relativ stabil geblieben sind, fielen sie in Kroatien und Belgien deutlich ab. Europas unangefochtene Spendernation Nummer 1 ist allerdings Spanien: Sogar in der COVID-19-Krise wurden hier pro Million Einwohner*innen 38 Spender*innen gezählt, 2017 waren es 46,9 gewesen. Die Differenz zwischen Österreich und Deutschland lässt sich aus der Gesetzeslage erklären, aber was machen die Spanier*innen anders? „In Spanien funktioniert die Erkennung eines potentiellen Spenders besser, weil das Personal dafür vorhanden ist“, erläutert Schemmer. „Die Transplantationsmedizin ist sowohl für die Chirurgie als auch für die Innere Medizin das, was die Formel 1 für die Autoindustrie ist.“ Peter Schemmer

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