AERZTE Steiermark | September 2021

WIRTSCHAFT & ERFOLG Die Hoffnung, Corona-Viren schon in der Luft abzufangen, hat für einen Boom bei Luftreinigern gesorgt. In Gastbetrieben, Schulen und vor allem in Ordinationen wird zunehmend über Luftreinigung diskutiert. Anhand einiger wichtiger Kriterien lässt sich ein Überblick über das rasch wachsende und variierende Angebot geben. Mikrobiologisch reine Luft WALTER HOCH Klimaanlagen, Fensteröffnen und eventuell ein Ventilator waren in Vor-Corona-Zeiten Mittel einer ausreichenden Durchlüftung einer Ordinati- on. Dauerlüften wird aber im Winter unmöglich. Außer- dem wurde in Studien darauf verwiesen, dass sich Viren bis zu drei Stunden in der Luft halten und insbesondere Coronaviren in geschlossenen Räumen noch in fünf Meter Entfernung von einem Infi- zierten schweben können. All das führte zu einem Schub bei der Entwicklung verschie- dener Technologien für die mikrobiologische Luftrein- heit. Bei der Angabe von Leis­ tungskennzahlen sind die ver- schiedenen Hersteller noch großzügig und uneinheitlich. Die meisten Luftreiniger las- sen sich der Gruppe mit me- chanischer Zerstörung bzw. Filterung von Krankheitser- regern zuordnen. Hier findet die Entkeimung etwa durch eine Mikro- und Ultrafiltrati- on, Homogenisierung und Ul- traschall statt. Sie durchläuft mehrere Filter: Verschmutzte Luft wird vom Ventilator an- gesaugt, der Vorfilter fängt große Fusseln wie Hausstaub ab. Danach fängt ein Filter aus feinen Fasern bzw. ein Aktivkohle-Filter Feinstaub (< 1 millionstel Meter) oder Haare (ca. 1 zehntausendstel Meter) ab oder bindet Ge- rüche und gasförmige Ver- bindungen. Ein Hepa-Filter (Hepa = High Efficiency-Par- ticulate Air) sorgt schließlich für die hocheffiziente Entkei- mung der Luft von Bakterien und Viren. Die gereinigte Luft gelangt über den Luftauslass des Gerätes wieder in den Raum. Filterklassen von grob bis ultrafein Zum Qualitätskriterium wer- den die Filterklassen, sie wer- den nach der Norm EN1822 in Partikelfilterklassen von 1 bis 17 eingeteilt. Je höher die Zahl, desto größer der Abscheidegrad. In die EPA- Klasse (Efficient Particulate Air) fallen sowohl Grobfilter G1 bis G5 als auch Feinfil- ter von F5 bis F9. Letztere filtern Pollen und Sporen, aber auch Wirtpartikel von Bakterien und Keimen aus der Luft. In der Klasse der Schwebstofffilter bzw. HEPA- Klasse sind Filter von H10 bis H14 vertreten, sie filtern Viren, Keime, Bakterien. H13 oder H14 müssen laut Stif- tung Warentest bei einem einzigen Durchgang der Luft 99,95 Prozent bzw. 99,995 Prozent der Schwebstoffe in der Luft binden. U15 bis U17 sind Hochleistungs-Schweb- stofffilter der ULPA-Klasse (Ultra-Low Penetration Air, Abscheidegrad um 99,999 95 Prozent). Dass manche Her- steller M5 und M6 statt G5 und G6 (bzw. E10, E11, E12 statt H10, H11, H12) angeben, unterstreicht, wie sehr dieser Markt noch in Bewegung ist. In der moderaten Klasse (H10, H11, H12, Abscheidegrad 95 bis 99,5 Prozent) sind Luftrei- niger ab ca. 150 bis 400 Euro zu haben, anspruchsvollere kosten um die 1.000 Euro. Für Ordinationen, Warte- und Büroräume sind diese Geräte durchaus geeignet. Sie kön- nen durch Einbau von soge- nannten Ion-Hepa-Systemen noch optimiert werden. Bei ihnen kommt es zu einer ak- tiven Keim-Elimination, der gegenüber rein mechanische Luftfilter nur eine passive Wirkung ausüben. In Ion-He- pa-Systemen wird der Filter durch ein spezielles Verfahren elektrostatisch polarisiert. Er wirkt wie ein Magnet, der Eisenpartikel anzieht. Luft- partikel werden gegenpolig geladen, es entsteht ein Ma- gneteffekt. Viren, Bakterien oder Pollen werden förmlich angezogen und nachhaltig festgehalten. Die Hülle des Virus wird destabilisiert, so- lange, bis das Virus unschäd- lich ist. Und das geschieht relativ leise. Luftreiniger mit H14 besit- zen eine äußerst dichte Fil- terstruktur, die einen ent- sprechend hohen Widerstand gegen die Luft darstellt. Des- wegen bedarf es starker Ven- tilatoren, um ausreichend Luft anzusaugen. Die Folge hö- herer Ventilatorleistungen ist ein höherer Geräuschpegel. H13- und H14-Geräte werden bevorzugt in großen Räumen eingesetzt, die an sich schon einen gewissen Geräuschpegel aufweisen, so etwa in Kli- niken oder Schulen. Sie sind an die zwei Meter hoch und kosten mehrere tausend Euro. Eine andere Technologie wen- den Geräte mit einer Desin- Foto: Heinz M. Fischer 30 ÆRZTE Steiermark || 09|2021 „Die meisten Luftreiniger lassen sich der Gruppe mit mechanischer Zerstörung bzw. Filterung von Krankheitserregern zuordnen.“

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