AERZTE Steiermark | September 2021
32 ÆRZTE Steiermark || 09|2021 RECHT Damit ein „selbstständiges Ambulatorium“ genehmigt werden kann, muss der Bedarf gegeben sein. So regelt es das Steiermärkische Krankenanstaltengesetz. Die (positiven) Bedarfsgutachten der Gesundheit Österreich GmbH (GÖG) bzw. der Gesundheit Öster- reich Forschungs- und PlanungsgmbH (GÖFP) sind aber immer wieder fragwürdig. Wunsch-Gutachten? Ein internes Papier der Ärzte- kammer Steiermark listet vier Verfahren seit dem Jahr 2015 auf, bei denen die Gutachten, die zur Genehmigung führten, als juristisch bedenklich ein- gestuft wurden. Bei der Beurteilung geht es nicht zuletzt um die Frage, „ob eine wesentliche Verbesserung des Versorgungsangebots im Einzugsgebiet“ durch ein Am- bulatorium erreicht wird. Beim ersten Fall wurden gleich zwei Bedarfsgutachten (und eine ergänzende Stellungnah- me) abgegeben. Sie waren aber zueinander widersprüchlich, so die juristische Kritik, und befassten sich nur mit einem Teil der beantragten Leistun- gen. „Schlussfolgerungen wur- den undifferenziert und ohne nachvollziehbare Begründung gezogen“, lautete die Beurtei- lung. Im zweiten Fall wurden zwar die nicht-ärztlichen, nicht aber die ärztlichen Leistungen nie- dergelassener Ärztinnen und Ärzte berücksichtigt. Grund- lage der positiven Bewertung waren Leistungen, die mit den Antragsunterlagen gar nicht übereinstimmten. Fall 3: Hier kam es zu einer positiven Bewertung, obwohl die vorhandenen Angebote die Kennzahlen für die Ver- sorgungsdichte erfüllten bzw. in einigen Bereichen sogar übererfüllten. Zu Wartezeiten, dem Inanspruchnahmever- halten der Patientinnen und Patienten und zur Auslastung bestehender Leistungsanbieter (sämtlich gesetzliche Krite- rien) wurden keine Aussagen getroffen. Eine Befragung der Patientinnen und Patienten sei zu aufwändig, hieß es u. a. in der Begründung. Im vierten Fall war im Antrag der konkrete Standort der Ein- richtung gar nicht angeführt. Damit konnte aber auch das Einzugsgebiet als Grundla- ge der Bedarfserhebung nicht eindeutig festgestellt werden. Gleichzeitig stellte das Gutach- ten fest, dass die Versorgungs- dichte im festgelegten Einzugs- gebiet (obwohl gar nicht genau bekannt) für einige Bereiche deutlich über dem Maximal- wert gemäß Soll-Intervall laut ÖSG 2017 und auch deutlich über der durchschnittlichen Versorgungsdichte der Stei- ermark läge. „Das Gutachten ist nicht dem Gesetz entspre- chend ausgeführt“, so die Be- urteilung. Obwohl also das Einzugsgebiet wegen der feh- lenden Standortfestlegung im Antrag gar nicht untersucht werden konnte, kommt das Gutachten zum Ergebnis, dass eine wesentliche Verbesserung des Versorgungsangebotes im Einzugsgebiet erreicht werden könne. Objektive Gutachten? A ngesichts dieser Lücken und Widersprüche ist die Frage unvermeidlich, wie es um die Objektivität der Gutachten bestellt ist. Unabhängig von den Fakten oder dem Fehlen eigentlich notwendiger Fakten kommt es zum erwünschten positiven Ergebnis. Vielleicht unter dem Motto: Der Weg ist egal, wenn nur das Ziel den Wünschen entspricht? Diese Frage müssen sich die Ge- sundheit Österreich GmbH (GÖG) und ihre Flügel stellen. „Das Gutachten ist nicht dem Gesetz entsprechend ausgeführt.“ So lautet die für die Ersteller peinliche juristische Beurteilung durch einen erfahrenen Ärzte- kammer-Juristen. Es geht um die Feststellung des Bedarfs für selbstständige Ambulatorien. Foto: Adobe Stock
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