AERZTE Steiermark | Oktober 2021

ÆRZTE Steiermark || 10|2021 11 Foto: COVER Schilddrüse. Kloepfer hat die- sem Pionier seines Faches in seiner Selbstbiographie dank- bare Worte zugedacht. Unterbrochen von einigen Praxismonaten bei seinem Vater, verblieb Kloepfer bis 1893 im Grazer Allgemeinen Krankenhaus. Schwachstellen seiner Ausbildung trachtete er als Gast an Wiener Kliniken auszumerzen, wo er so be- deutenden Persönlichkeiten wie dem Gynäkologen Ru- dolf Chrobak oder dem böh- mischen Chirurgen Eduard Albert begegnete. Werksarzt für 3.000 Patienten Dann ging alles sehr schnell – die Generaldirektion der Österreichisch-Alpinen Mon- tangesellschaft suchte einen Werksarzt für Köflach. Ein Handschlag und Dr. med. Kloepfer trat 1894 seinen Dienst bei der ÖAMG an. Mehr als 3.000 Patienten wa- ren nun dem noch wenig er- fahrenen Neuling anvertraut, etwa die Bergleute des Pendel- tagbaues in Maria Lankowitz, die Arbeiter der Gradenber- ger Schraubenfabrik oder im Ferdinandschacht der GKB, samt ihren Familien. In al- len medizinischen Fächern hieß es nun beschlagen sein, denn bei durchschnittlich 30 Konsultationen und oft bis zu 15 Krankenbesuchen im Umkreis wurde er „im Laufe eines Tages durch alle Gebiete der Heilkunde gejagt“. Dazu gesellten sich Einstellungs- untersuchungen bei neuen Knappen und die Versorgung von Gruben- und Arbeitsun- fällen. Den meisten Verlet- zungen, Brüchen, Quetschun- gen und Prellungen war mit Hilfe kleiner chirurgischer Maßnahmen beizukommen – der Werksarzt schiente, näh- mordversuche mit Dynamit und Quetschungen durch herabstürzende Gesteinsbro- cken folgten nach der Schicht Wirtshausraufereien, Messer- stiche, Hufschläge und Mo- torradstürze. Zwar wurde im Dezember 1900 im benachbarten Voits- berg ein modernes Spital mit einer chirurgischen Abtei- lung eröffnet, die bald auch über ein erstes Röntgengerät verfügte, aber immer noch gab es keine Möglichkeit, die schwerstverletzten Köflacher Knappen und Arbeiter rasch in die Klinik zu bringen. Da- mals lag die Rettung und Bergung der Verletzten weit- gehend in Händen der Feu- erwehren, die kaum über die nötige Ausstattung verfügten. Eine erste reguläre Rettungs- abteilung in der Steiermark wurde 1897 im Feuerwehrbe- te, operierte und renkte ein. „Aber ab und zu kam doch ein ganz schwerer Fall, eine Maschinenverletzung, zu de- ren Versorgung auf der Klinik doch stets zwei oder mehr Ärzte bereit waren. Noch aber war das heutige, klinisch ge- leitete große Krankenhaus in Voitsberg nicht gebaut, es gab kein Rettungsauto wie heute, das den Schwerver- letzten in zehn Minuten vom Schachte auf den Operations- tisch bringt. Im Walzwerk riß beim Drahtzug eine glühende Eisenschlinge einem jungen Schmiererbuben den Fuß so glatt ab, daß er im Schuh stecken blieb. Ich mußte mit meinem Diener die Amputa- tion machen, während ein äl- terer Ortskollege narkotisier- te.“ Auf Verschüttungen, Ab- stürze, Sprengverletzungen, Schlagwet terverpuf fungen, Schlammeinbrüche, Selbst- Hans Kloepfers Geburts- haus im weststeirischen Eibiswald. Das Haus ist heute ein Museum. Hans Kloepfer als junger Arzt in Graz (ca. 1890).

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