AERZTE Steiermark | Oktober 2021
PANDEMIE & PSYCHE 24 ÆRZTE Steiermark || 10|2021 Inzidenz nach Geimpften und Ungeimpften sowie zu Erklä- rungen zu Impfdurchbrüchen. Mehr Information wünschen sich Eltern, die für ihre Kinder eine Impfentscheidung zu tref- fen haben (werden). 61 Prozent vermissen Aufklärung zu Lang- zeitfolgen, Nebenwirkungen, Dauer des Schutzes und der Wirksamkeit der Impfung. Das COSMO-Team regt an, Infor- mationsmaterial für Eltern und Jugendliche zur Verfügung zu stellen, „das sie im Gespräch miteinander unterstützt“. Aus vorangegangenen Fragerunden sei bekannt, dass „der Wunsch nach einer Impfung bei Ju- gendlichen oft größer ist als bei deren Eltern“ und die Impfent- scheidung zumeist gemeinsam getroffen werde. COSMO ist ein Projekt von Universität Erfurt, Robert- Koch-Institut, Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Leibniz-Institut für Psycho- logie, Science Media Center, Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin und Yale Insti- tute for Global Health. Seit Juli 2021 gehen in den regelmäßigen deutschland- weiten Befragungen des Pro- jektes COSMO (COVID- 19-Snapshot-Monitoring) die jeweils rund tausend Befragten davon aus, dass sich die CO- VID-19-Fallzahlen erhöhen werden. Trotz dieser Erwar- tung und ihrer Erfüllung in der Realität steigt das wahrge- nommene Risiko zu erkranken nicht an. Was sogar abnimmt, ist das eigene Schutzverhalten – und zwar nicht unbedingt bei den Geimpften. Paradoxerwei- se gehören gerade die Unge- impften zur Gruppe mit der ge- ringeren Risikowahrnehmung (auch bezüglich Long COVID) und weniger Bereitschaft, sich vor großen Events testen zu lassen. Oder auch nicht para- dox: Sie halten COVID-19 ja für harmlos. Neben gut ver- ständlichen und bundesweit einheitlichen Regeln empfiehlt das COSMO-Konsortium, mit jeder verordneten Maßnahme eine klare Erklärung zu deren Wirksamkeit mit zu liefern. Vertrauen in die Wissenschaft Unter den Teilnehmenden an den drei bisher letzten Frage- runden (Juli bis September) herrscht mehr Vertrauen in die Wissenschaft als in die Po- litik, wenn es um das Manage- ment der Pandemie geht. Den höchsten Vertrauenswert er- zielt das Robert-Koch-Institut; Gesundheitsämtern gegenüber wird mehr Skepsis geäußert. Die Zustimmung zu Verschwö- rungsnarrativen liegt um die 20 Prozent, allerdings bei stei- gender Tendenz. Gut die Hälfte der Befragten hält die aktuellen Maßnahmen für angemessen; ein Drittel lehnt sie komplett ab. Die Studienautor*innen raten zu einer stärkeren Einbeziehung von Wissen schafter*innen in die Gesund- heitskommunikation, aber auch dazu, Ärzt*innen, die er- wiesenermaßen hohes Vertrau- en genießen, mit gut verständ- lichem Informationsmaterial auszustatten. Gegen Regierung protestieren An der COSMO-Studie betei- ligen sich überdurchschnittlich viele Geimpfte, weshalb die Ergebnisse um diesen Faktor bereinigt werden müssen. Un- ter den teilnehmenden Un- geimpften lehnt mehr als die Hälfte die Impfung prinzipiell ab, 20 Prozent erklären sich als impfbereit und 24 Prozent zö- gern. Impfbereite sind zumeist unter 60 Jahre alt, weshalb An- gebote aufsuchenden Impfens besonders auf diese (ziemlich inhomogene) Gruppe zuge- schnitten sein sollten. 18 Pro- zent der Impfunwilligen sehen in der Verweigerung der Imp- fung übrigens eine Gelegenheit, ihre Unzufriedenheit mit der Regierung auszudrücken. Sicherheitsbedenken formu- lieren Impfzögerer in den Be- reichen unzureichende For- schungslage, schnelle Impf- stoff-Zulassung und mögliche Spätfolgen. Die Mehrzahl der Ungeimpften erklärte, die Imp- fung käme für sie gar nicht in Frage. Der Rest kann sich eine Impfung nach einer längeren Testphase vorstellen oder wür- de sich impfen lassen, wenn es weniger Nebenwirkungen gäbe oder die Impfung verpflichtend wäre. Junge Frauen im Fokus Als wichtige Zielgruppe nennt das COSMO-Team junge Frauen, die über proaktive ärzt- liche (v. a. gynäkologische) Beratung erreicht werden sol- len, aber auch Mütter im Zuge von Kinderimpfungen. An den Orten, an denen geimpft wird, sollte stets auch die Möglich- keit einer Aufklärung ohne an- schließende Impfung angebo- ten werden. Neben dem indivi- duellen Impfschutz möge dort auch der Gemeinschaftsschutz thematisiert werden. Groß ist die Bereitschaft der Befragten zur Drittimpfung, wenn sie ärztlich empfohlen wird – sie liegt bei 83 Prozent. 73 Prozent der Geimpften stört es, dass an- dere ungeimpft bleiben wollen. Eltern unterstützen Die Studienautor*innen raten zur getrennten Darstellung der Das Gemeinschaftsprojekt COSMO der Universität Erfurt mit namhaften Partnern wie dem RKI oder der deutschen Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung erhebt regelmäßig die psychologische Lage der Nation in der Pandemie. Das weite Land der Pandemie-Seele Die Zustimmung zu Verschwörungsnarra tiven liegt um die 20 Prozent, allerdings bei steigender Tendenz. Die Studienautor*innen raten (...) auch dazu, Ärzt*innen, die erwiese nermaßen hohes Ver- trauen genießen, mit gut verständlichem Informationsmaterial auszustatten.
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