AERZTE Steiermark | Oktober 2021

46 ÆRZTE Steiermark || 10|2021 ANGESTELLTE ÄRZTINNEN UND ÄRZTE ÄrztInnen in Ausbildung GEM/ EINSAM geben Einblick in ihren Alltag Illu: Adobe Stock, Foto: Schiffer die Steirerinnen und Steirer nicht ihre Ärztinnen und Ärzte verlieren. Es sei aber genauso auf akzepable Rah- menbedingungen zu achten. Dazu gehöre etwa eine auf die Arbeitszeit abgestimmte Kinderbetreuung oder die gute Erreichbarkeit des Ar- beitplatzes. Diese so genann- ten ‚Soft-Faktoren‘ wären aber nicht nur für die Ärztinnen wichtig, sondern genauso für andere Gesundheitsberufe in den Krankenhäusern, etwa die Pflege. „Wir wollen, dass die Steire- rinnen und Steirer stolz auf ihre Gesundheitsversorgung bleiben können – und das auch in den nächsten Jahren und Jahrzehnten“, sagt Meis­ ter, „und das nicht nur auf dem Papier, sondern in der Wirklichket“. Bereits in Kürze würde die Kurie die Kolleg*innen auch zu einem informellen Gedan- kenaustausch einladen. Meis­ ter: „Wir wollen nicht klagen, wir wollen, dass es besser wird. Und zwar für alle.“ gionale Kompetenzen aus- schalten. Eines der immer wieder gehörten Probleme sei zum Beispiel, dass regionale Abteilungen regelrecht ausge- hungert würden, und damit der Zwang für Ärztinnen und Ärzte entstehe, zur voll- ständigen Ausbildung regel- recht durch die Steiermark zu ‚hoppen‘. „Ist es jungen Müttern und Vätern zumut- bar, in kurzen Abständen den Arbeitsplatz wechseln zu müs- sen, um die Ausbildung ab- zuschließen?“, fragt Meister rhetorisch. Da werde Qualität gesagt und Billigmedizin ge- meint. Davon wüssten auch Patientinnen und Patienten ein Lied zu singen, wenn sie für eine Diagnose oder einen kleinen Eingriff stundenlang durch das Land gekarrt wür- den. Ein zumindest mit den Nachbar-Bundesländern ver- gleichbares und damit kon- kurrenzfähiges Einkommen sei selbstverständlich zu ge- währleisten, damit den Ärz- tinnen und Ärzten nicht die Steiermark vergällt werde und Erregte Gemüter Üblicherweise gibt es kaum Themen, die alle Teammitglieder gleichermaßen und vor allem gleichzeitig aufregen. Am 3. Sep- tember ist dieser unwahrscheinliche Fall dennoch eingetreten: Ein Artikel in der Kleinen Zeitung, wo es um mangelnde Aus- bildungsplätze und die Offenlegung von Zahlen ging, erregte zunächst unser Interesse und beim Lesen die Gemüter, sodass eine Kollegin fast ihren morgendlichen Kaffee aspiriert hätte. Es ist lange genug bekannt, dass wir auf einen Ärztemangel zu- steuern. Im Rahmen der Ursachenforschung sollen die Zahlen offen gelegt werden, das ist an sich ein begrüßenswerter Umstand. Allerdings haben wir den Eindruck, dass hier die Realität ein bisschen verzerrt wird. Das Zitat: „Man (Anm.: die Kages) habe sich ummehr Ausbildungsstellen beworben, damit man ‚flexibler’ sei, die ‚Ärzte mehr rotieren’ können und es zu keinen Stehzeiten, etwa bei der Ausbildung ‚Allgemeinmediziner’, kommt“, ist aus unserer Sicht nicht korrekt. Stehzeiten gibt es glücklicherweise keine, sondern das Gegenteil ist der Fall: Turnusärzte fehlen an allen Ecken und Enden. Es gibt genügend Abteilungen, wo Diensträder schwer bzw. zeitweise kaum besetzt werden. Manche können den Mangel noch mit Fremddienstlern besetzen. Die Re- cherche des Artikels hätte durch einen kurzen Anruf beim Ärzte- service doch deutlich verbessert werden können – der Mangel an Turnusärzten ist bekannt! Vor allem in der Urlaubszeit macht sich die Erschöpfung unter den Kolleginnen und Kollegen breit. Ausbildung wird der Besetzungsnot untergeordnet, bis auch die motiviertesten unter uns vom System verbrannt werden. Auch der Satz „Aber man (Anm.: die Kages) erklärt auch, dass es bei Facharztstellen keine eigenen Dienstposten für die Ausbildung gebe – diese seien in die Stammarztdienstposten integriert“, ist für uns fragwürdig. Will man die Zahlen nicht offenlegen? Fakt ist, dass in der Steiermark nur 41 % der 1.800 bewilligten Ausbil- dungsplätze belegt sind. Am gleichen Tag erschien auch ein Ar- tikel in der Kleinen Zeitung, der sich mit dem Ärztemangel und der Recherche des Rechnungshofes beschäftigte. Ins Auge sticht eine Tabelle, die das durchschnittliche Alter der steirischen Ärz- teschaft darstellt: 83 % der Kassen-Chirurginnen und Chirurgen sind über 60 Jahre. Bei den Urologinnen und Urologen sind es 67 %. Wird dieser bereits in naher Zukunft absehbare Mangel mit einem Besetzungsgrad von 40 % bewältigbar sein? Wohl kaum. Was wir uns noch fragen: Wird es eine Klarstellung der Turnus­ ärztevertreter geben? Auch hier lautet unsere Antwort: Leider wohl kaum, sind die Turnusarztvertreter doch bereits der Facharzt(!)-Ausbildung entwachsen. GEM/EINSAM – schreiben steirische Ärztinnen und Ärzte in Ausbildung über ihren Alltag im Beruf, im Leben und ihren Weg von „wilden Jungen“ zu „alten Profis“. „Wir wollen, dass die Steirerinnen und Steirer stolz auf ihre Gesundheitsversorgung bleiben können. Nicht nur auf dem Papier, sondern in Wirklichkeit.“ Eiko Meister

RkJQdWJsaXNoZXIy NDYwNjU=