AERZTE Steiermark | Dezember 2021

ÆRZTE Steiermark || 12|2021 11 COVER MARTIN NOVAK Rein formal hätte Karlheinz Tscheliessnigg noch einige Zeit KAGes-Vorstandsvorsit- zender bleiben können. Aus- gelaufen wäre sein (zweiter) Vertrag noch lange nicht. Al- lerdings rumorte es innerhalb und außerhalb der KAGes seit seinem Mitarbeiterbrief zu Weihnachten 2020 schon län- ger. Der Auslöser für Tsche- liessniggs überraschenden, vorzeitigen Rückzug war ein aktuelles Interview in der Kleinen Zeitung, das die Spe- kulationen über seine Ein- stellung zur Corona-Impfung neuerlich befeuerte. Obwohl er darin sagte: „Ich bin dabei, mich impfen zu las- sen. Werden die Totimpfstoffe nicht rechtzeitig zugelassen, nehme ich noch im heurigen Jahr den mRNA-Impfstoff.“ Und: „Die Impfung schwächt die Erkrankung ab, es sind weniger Geimpfte auf den Intensivstationen. Das alleine sollte es wert sein, uns impfen zu lassen.“ In einem neuerlichen Brief an die KAGes-Beschäftigten be- gründete er seinen Rückzug so: „Nachdem ich in einem Interview gezwungen war, meinen Impfstatus öffentlich zu machen, habe ich mich wegen der massiven und ir- rationalen Reaktionen noch am selben Tag entschlossen, sitätsklinikum zurückgelegt. Der „Vater der Grazer Trans- plantationschirurgie“ hatte zuvor als Vizerektor der Me- dizinischen Universität Graz den Neubau und die umfas- sende Sanierung des beste- henden Chirurgiegebäudes gegen hinhaltende Lethargie durchgesetzt. 2012 gab es aber erst den Rohbau. Weil Tscheliessnigg aber 2013 als Vorstandsvorsitzender der KAGes wieder aus dem Ruhe- meinen Rücktritt bekanntzu- geben. Es war mir klar, dass eine anhaltende Diskussion über meine Person in dieser aufgeheizten Situation viel Schaden am Unternehmen angerichtet und letztlich auch Ihre Arbeit in Mitleidenschaft gezogen hätte.“ Seiner kritischen Haltung zur Impfpf licht gab Tscheliess- nigg in diesem Brief aber auch Ausdruck: „Selbst wenn die Impfung vielleicht wichtig genug für einen Impfzwang (sic!; Anm. der Redaktion) ist, so wäre doch die Über- zeugung der bessere Weg. Ich erinnere mich an Zeiten, in denen Nachdenken und Dis- kussion in der Wissenschaft noch Geltung gehabt haben, unterschiedliche Meinungen und verschiedene Denkansät- ze kein Sakrileg waren.“ Und schloss versöhnl ich: „Von Herzen danke ich allen, die mich in diesen Jahren mit professioneller Arbeit und guten Ideen, Zu- und Wider- spruch unterstützt haben. Ich wünsche Ihnen alles Gute, möglichst einige Tage der Er- holung und Entspannung und ein frohes Weihnachtsfest.“ Erster Rückzug 2012 Es ist zumindest der zwei- te Rückzug von Karlheinz Tscheliessnigg. 2012 hatte er seine Funktion als Leiter der Chirurgie am Grazer Univer- stand zurückkehrte, konnte er „seine“ Chirurgie einige Jahre später doch noch miteröffnen. Zurückgetreten ist er jetzt wenige Wochen vor seinem 75. Geburtstag, den er am 24. Dezember feiert. „Ko- mischerweise sterben die Kämpfer eher aus“, hatte er 2012 im AERZTE Steiermark- Gespräch gesagt. Auf ihn be- zogen stimmt das nicht: Der „Kämpfer“ Tscheliessnigg geht nur in Pension. Foto: Schiffer 2012 trat Karlheinz Tscheliessnigg erstmals zu- rück – als Chef der Grazer Chirurgie. Die war zu dem Zeitpunkt noch eine Baustelle. Aber eine, die es ohne Tsche- liessnigg wohl nicht gegeben hätte. Über ihr prangte das Zeichen HELP, das der Grazer Medienkünstler Richard Krie- sche als Hilfe- ruf erfunden hatte. Karlheinz Tscheliessnigg hat seinen Vertrag als KAGes-Vorsitzender vorzeitig aufgelöst. Wegen der COVID-19-Impfung, die er lange kritisch gesehen hat. Und ironischerweise zu einem Zeitpunkt, wo er seine Sicht- weise öffentlich revidierte. Der rasche Rückzug eines kämpferischen Chirurgen

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