AERZTE Steiermark | Dezember 2021
ÆRZTE Steiermark || 12|2021 41 ANGESTELLTE ÄRZTINNEN UND ÄRZTE Illu: Adobe Stock, Fotos: Meister ÄrztInnen in Ausbildung GEM/ EINSAM geben Einblick in ihren Alltag Erfolg ist nur eine Frage der Zeit Weihnachten ist die Zeit des Wünschens und des Schenkens. Wir erinnern uns an die Kindheit zurück, wo dem Wünschen keine Grenze gesetzt war. Wir haben uns unter Kolleginnen und Kollegen umgehört und geben hier einen Teil ihrer Wün- sche wieder: Wir hören immer wieder, dass in der Ausbildung dies oder jenes geändert wurde, jedoch ändert sich in unserem Arbeitsalltag nichts. Die langersehnten Verbesserungen gibt es nicht oder sie kommen in den Abteilungen nicht an. Wir hören davon, dass die Frage nach den Gründen für den Ärztemangel ständig diskutiert wird – aber keiner spricht mit uns. Warum fragt man nicht die steirischen Jungärztinnen und Jungärzte, was die Gründe für Abwanderung sind? Wir wünschen uns eine offene Diskussion mit Verantwortlichen der Ärztekam- mer und Turnusärzt*innen bzw. deren Vertreter*innen über den Ärztemangel und die Abwanderung. Damit sind übrigens keine offiziellen Vertreter der Kammer gemeint, sondern Turnusärzt*innen, die sich aktuell in Ausbildung zur Allge- meinmedizin oder anderen Fächern befinden. Aktuell sind dies in der Steiermark gut 900 Personen, ein guter Teil davon würde sich gerne offen austauschen. Voraussetzung dafür ist aber ein ehrliches Interesse an der Thematik und auch der Wille, daraus Änderungen abzuleiten. Bei Problemen und Ungerechtigkeiten sollten wir uns doch an die Kammer wenden können. Jedoch hat sich unter uns Jungärztinnen und Jungärzten überwiegend die Meinung entwickelt, die Kammer würde nur etwas für ei- nen tun, wenn man in der Hierarchie aufgestiegen ist, ansons ten gibt es eher die Furcht vor Problemen. Man bezahlt brav seinen Beitrag, weil man dazu verpflichtet ist, als Interessenver- tretung wird die Ärztekammer aber nicht gesehen, geschweige denn als Gewerkschaftsersatz. Letztendlich ist der Zyklus eines Mediziners vorgegeben: lernen, lehren und irgendwann muss das Lebenswerk in jüngere Hände gelegt werden. Wir befinden uns im ersten Stadium des medizinischen Lebenszyklus und brauchen Bedingungen, die uns ermöglichen, gut weiterma- chen zu können, gute Arbeit zu leisten und auch unseren Bei- trag zur Verbesserung des Systems umsetzen zu können. Wie in der Kindheit erscheinen die Wünsche fast zu groß, um sie zu äußern. Dennoch bringen wir sie zu Papier: Schaffen wir gemeinsam ein Forum, wo wir die aktuelle Lage diskutieren können. Laden Sie die steirischen Jungärztinnen und Jungärzte ein – wir stehen mit Ideen parat. Geben Sie uns die Möglichkeit, offen und miteinander Lösungen zu suchen. Denn wenn Alt und Jung Hand in Hand arbeiten können, ist der Erfolg nur eine Frage der Zeit! GEM/EINSAM – schreiben steirische Ärztinnen und Ärzte in Ausbildung über ihren Alltag im Beruf, im Leben und ihren Weg von „wilden Jungen“ zu „alten Profis“. Allgemeinmedizin besonders betroffen Der Aderlass in der Medizin betrifft nicht nur die univer- sitäre Ausbildung, sondern in unterschiedlicher Intensität auch den postgradualen Be- reich. Denn während die Ge- samtzahl der Turnusärztinnen und -ärzte von 2016 bis 2020 um 1.700 zugenommen hat (+27 Prozent), ist die Zahl der Allgemeinmedizin-Turnusärz- tinnen und -ärzte im gleichen Zeitraum um 536 gesunken, ein Minus von 33 Prozent. Dazu kommen noch jene, die von der Allgemeinmedizin- Ausbildung in ein Sonderfach gewechselt sind. Eine erfreuli- cherweise deutliche Zunahme von 44 Prozent gab es dagegen in der Kinder- und Jugend- psychiatrie, während die Er- wachsenenpsychiatrie nur um 2 Prozent zulegte. Immerhin 22 Prozent waren es dagegen in der Kinder- und Jugend- heilkunde. Was zwar unter dem Gesamtschnitt liegt, aber immer noch ein beachtlicher Wert ist. Der Obmann der angestell- ten Ärztinnen und Ärzte in der Ärztekammer Steiermark, Vizepräsident Eiko Meister, ist angesichts dieser Zahlen nicht überrascht, aber betrof- fen: „Jahrelang haben Bund, Länder und Spitalsträger die Zügel schleifen lassen, sie dürfen sich über die Auswir- kungen nicht wundern.“ Er verlangt „international konkurrenzfähige Einkom- men“ und für die Steiermark auch eine „im Vergleich zu den Nachbarbundesländern faire Bezahlung“ sowie or- dentliche Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen. Das gel- te natürlich nicht nur für die Ärztinnen und Ärzte in Aus- bildung, sondern ebenso für Fach- und Oberärzt*innen. „Nur wenn es für alle Ärz- tinnen und Ärzte, aber auch die anderen Gesundheits- berufe passt, passt es auch für die Patientinnen und Patienten“, fasst Meister zu- sammen. „Nur wenn es für alle Ärztinnen und Ärzte, aber auch die anderen Gesundheitsberufe passt, passt es auch für die Patientinnen und Patienten.“ Eiko Meister
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