AERZTE Steiermark | Dezember 2021
BEREICH ÆRZTE Steiermark || 12|2021 7 Nicht alle sind für eine Impfpflicht. Und es gibt auch ernstzu- nehmende Argumente, zwar klar für die COVID-19-Impfung, aber dennoch gegen eine Impfpflicht zu sein. Studien und Un- tersuchungen zeigen kein klares Bild. In Österreich existiert ein harter Kern von rund 15 Prozent, der die COVID-19-Impfung (und damit logischerweise auch die Impfpflicht) ablehnt. Die Zahlen haben sich seit April 2021 laut einer Studie der Universi- tät Wien kaum verändert. Eine Mehrheit ist für die Impfpflicht– aber in unterschiedlicher Intensität. Das ist nicht erstaunlich. Ist doch die überwiegende Zahl der Menschen selbst geimpft, und der Mei- nung, dass es die ande- ren auch sein sollten. Die Impfpflicht kann uns zwar als Ärztinnen und Ärzte beschäftigen. Es gibt aber keine aus ärztlicher Sicht evidente Antwort auf die Frage, ob eine Impfpflicht die Erhöhung der Impfquote bringt oder nicht. Hier sind Ärztinnen und Ärzte ganz normale Staatsbür- gerinnen und Staatsbürger, die das glauben können oder auch nicht. Eine klare ärztliche Antwort gibt es aber auf die Fragen, ob die Impfung sinnvoll ist und ob eine hohe Impfquote wichtig ist. Die Antwort lautet ganz klar ja. Die überwältigende Mehrheit der nationalen und internationalen Untersuchungen lässt keinen Zweifel daran. Von einzelnen abweichenden Meinungen dürfen wir uns als Ärztinnen und Ärzte nicht beirren lassen. Wer einer Patientin, einem Patienten nicht eindeutig zur CO- VID-19-Impfung rät, verlässt den Boden der Wissenschaftlich- keit, der Ärztlichkeit. Da kann es auch keine Neutralität geben. Menschen von einer Impfung abzubringen, ist eine Verletzung der ärztlichen Berufspflicht. Seien wir also Ärztinnen und Ärzte und sagen unseren Patien- tinnen und Patienten, was uns die Wissenschaft lehrt: Die Imp- fung ist hilfreich. Die Impfung schützt. Dr. Herwig Lindner ist Präsident der Ärztekammer Steiermark. Fotos: Schiffer, Oliver Wolf, Elke Meister, Grafik: Konrad Lindner Dass niedergelassene Ärztinnen und Ärzte in der derzeit so aufgeheizten Stimmung nicht diejeni- gen sein müssen, deren Gutachten zur Befreiung von der Impfpflicht führen kann, ist eine legitime Forderung. Militanten Impfgegnern, die eine Impf- befreiung nicht wünschen, sondern einfordern, standzuhalten ist für eine Ärztin/einen Arzt, der eine Auseinandersetzung mit Patientinnen und Pa- tienten nicht wollen kann, alles andere als einfach. Tatsache ist aber auch, dass niedergelassene Ärz- tinnen und Ärzte über den Gesundheits- und Krankheitszustand ihrer Patientinnen und Pati- enten viel mehr wissen als Amts- oder gar Kon- trollärztinnen und -ärzte bei den Krankenkassen. Dieses ärztliche Wissen, das nur die behandeln- den Ärztinnen und Ärzte haben können, darf also nicht ignoriert werden. Deswegen verursacht mir die Idee, dass mit oben genanntem Hinweis auf die aufgeheizte Stimmungslage, nur „amt- liche“ Ärztinnen und Ärzte Gutachten zur Impf- barkeit ausstellen sollen, auch erhebliche Kopf- schmerzen, auch wenn ich die Intention dahinter natürlich verstehen kann. Es muss also einen konsensuellen Ausweg ge- ben. Den kann es auch geben. Da sind einerseits die Amtsärztinnen und Amtsärzte mit ihrer behördlichen Funktion. Da sind andererseits die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte mit ihrer medizinischen Kompetenz. Warum diese beiden Sphären nicht verbinden? Die niedergelassene Ärztin, der niedergelassene Arzt sind für Diagnose und Befund zuständig. Das ist deren ureigenste Kompetenz. Amtsärztin oder Amtsarzt stellen dann rechtlich einwandfrei fest, ob sich daraus eine Impfbefreiung ableiten lässt. Das nimmt den Druck von uns niedergelas- senen Ärztinnen und Ärzten. Aber es stellt unsere ärztliche Kompetenz und Expertise nicht infrage. Vizepräsident Dr. Christoph Schweighofer ist Obmann der Kurie Niedergelassene Ärzte. EXTRA Christoph Schweighofer Trotz Krise ärztlicher Sachverstand STANDORTBESTIMMUNG Herwig Lindner Die COVID-19-Impfung schützt. Das lehrt uns die Wissenschaft. D BATTE
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