AERZTE Steiermark | Jänner 2022
wirtschaft & Erfolg Praxis-Übergabe mit Gewinn Illu: Adobe Stock; Montage 32 Ærzte Steiermark || 01|2022 Walter Hoch Der Dezember 2018 war ein „Stichtag“ der besonderen Art: Von diesem Zeitpunkt an – so zeigten die Berechnungen der Ärztekammer – gingen bzw. gehen innerhalb von nur 10 Jahren die Hälfte der nie- dergelassenen Ärzt*innen in Pension. Damit stellt sich in absehbarer Zeit für die Hälf- te der Niedergelassenen die heikle Frage: Übergabe oder Schließung der Ordination? „Eine Übergabe ist finanzi- ell immer die bessere Ent- scheidung als die Schließung“, sagt Mag. Jürgen Schwai- ger, Leiter der Bundeskurie Niedergelassene Ärzte in der Österreichischen Ärztekam- mer. Bei der Suche nach ei- ner Nachfolgerin oder einem Nachfolger sind – bei Kassen- praxen – Ärztekammer und Krankenkassen jedenfal ls einzubinden. Bei wahlärztlichen Ordi- nationen empfiehlt sich eine Einbindung der Ärztekammer. Im Leit- faden zur Praxisauf- und -übergabe , herausgegeben von der Ärztekammer Stei- ermark, werden die vielen einzelnen Schritte behandelt: Beginnend mit dem Rückzug bzw. Beendigung der ärzt- lichen Tätigkeit über Kün- digung der Kassenverträge, Streichung aus der Ärzteliste, Aufbewahrung der Kranken- akten bis zur staatlichen Pen- sion und dem Wohlfahrts- fonds sowie versicherungs- und steuerrechtlichen Fragen. Wert der Praxis = Summe aus Substanz- und Firmenwert Besteht die fixe Absicht eines Verkaufs, sollte eine Frist bis zum Abschluss ins Auge ge- fasst werden, also meist bis zum Beginn der Pension. Zu- gleich sollte hochgerechnet werden, wann ein finanzielles Ziel erreicht wird, ab dem ein gesicherter Ruhestand mög- lich ist. Dann stellt sich die wichtigste Frage für ein Gelingen der Übergabe: Wie attraktiv und wertvoll ist die Ordination? Welchen Preis sich der Über- geber erwarten kann, hängt von der Summe aus Substanz- wert und ideellem Wert (auch Firmenwert genannt) der Pra- xis ab. Ersterer errechnet sich aus sämtlichen Gegenstän- den der Praxis bzw. den Inves t i- tionen w i e M o - b i - l i a r , Was ein Leben lang aufgebaut wurde, soll in beste neue Hände übergehen. Die Übergabe einer Ordination ist meist der letzte Meilenstein einer ärztlichen Karriere. Eine Fülle von Aspekten ist dabei zu berücksichtigen. Welche sind die wich- tigsten? EDV-System, sanitären und elektrischen Installationen, medizintechnischen Appara- ten etc. Ausschlaggebend sind das Alter und die Höhe der Investitionen. Die „Richtlinie über das Ver- fahren zur Bewertung einer Kassenpraxis“ der Ärztekam- mer Steiermark informiert im Detail darüber. So sind Investitionen in der Höhe von 5.000 Euro am Beginn eines Jahres jeweils um 20 % abzuwerten, mit Beginn des 5. Benutzungsjahres gelten sie als wertlos. Auch Investi- tionen zwischen 5.000 und 10.000 Euro sind vorerst pro Jahr um 20 % weniger wert, aber zwischen Beginn des 5. und jenem des 10. Jahres halten sie einen Restwert von 20 %. Danach ist ihr Wert 0. Über 10.000 Euro teure Inve- stitionen sowie Mobiliar, au- ßer Antiquitäten und Kunst- gegenstände, werden auf 10 Jahre abgewertet, stehen am Beginn des 10. Jahres also bei 0. EDV-Anlagen sind bereits zu Beginn des 4. Jahres auf 0 Euro abgewertet. Der über- gabewillige Ordinationsinha- ber (bzw. Gesellschafter einer Gruppenpraxis) muss auf ei- gene Kosten einen Steuerbera- ter oder Wirtschaftsprüfer be- auftragen, die Substanzwerte aufzulisten und zu bewerten, sowie die Kennzahlen des Fir- menwertes bekanntzugeben. Verschiedene Berechnungsmethoden In den ideellen Wert f lie- ßen der Patientenstock und -struktur sowie der Standort (Lage, Infrastruktur, Einzugs- gebiet, Ärztedichte), das Pra- xisgebäude (Eigentum, Miete) und der dort zu erzielende Gewinn ein. Das mitüber- gebene Personal mit seiner Kenntnis der Ordinationsab-
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