AERZTE Steiermark | Jänner 2022
40 Ærzte Steiermark || 01|2022 angestellte Ärztinnen und ärzte ÄrztInnen in Ausbildung GEM/ EINSAM geben Einblick in ihren Alltag Illu und Foto: Adobe Stock lich sanfte Medienkampagne in den steirischen Tageszei- tungen, im Radio und in den sozialen Medien ist dieser Tage jedenfalls angelaufen. Das Ziel sind substanzielle Verhandlungen über die Ar- beitsbedingungen der Ärz- tinnen und Ärzte in den stei- rischen Landeskrankenhäu- sern. Die lassen sich nämlich nicht mehr länger hinhalten. endlich ernsthafte Gespräche und Verhandlungen aufneh- men zu können, die bisher vom Land verweigert wur- den. Sollte das aber nicht ausreichen, werde man noch deutlicher werden müssen. „Wir sind dazu bereit, aber ich hoffe doch sehr, dass die- se harten Maßnahmen nicht nötig sein werden.“ Die – vorerst noch – ziem- Blackout Bis vor kurzer Zeit waren Verschwörungstheoretiker eine nicht fassbare Gruppe. Eine unsichtbare kleine Community, die sich im so genannten Dark Net (wo auch immer das ist) herumtrieb und die Schuld an allem Übel dieser Welt bei Bill Gates, George Soros und deren Freunden suchte. Im realen Leben hatte ich bis- her einen einzigen Anhänger solcher Ideen kennengelernt: einen Schulkollegen, der seine Parolen gerne im Schulhof kundtat. Gut, der arme Kerl hatte eine allseits bekannte Affinität zu Drogen und wahrscheinlich auch einige psychiatrische Diagnosen im Gepäck. Seit Beginn der Pandemie stelle ich fest, dass auch in meinem Umfeld, liebgewonnene Menschen teilweise abstruse Gedan- ken aufgreifen und sogar völlig davon überzeugt sind. Was mir wirklich Sorge bereitet, ist das Faktum, dass völlig gesunde, „normale“ Menschen von diesen Ideen fanatisch ergriffen sind. Früher wäre ich als glühender Verfechter der Wissenschaft sofort in jede Diskussion gezogen. Heute bin ich von all dem, was mir so erzählt wird, so müde, dass ich diese Themen aus Liebe und um der Freundschaft willen ignoriere und mühevoll vermeide. Ich habe mich nach so langer Zeit an den sinnlosen Gesprächen „abgerieben“. Vermutlich ist es auch dieser Erschöpfung geschul- det, dass sogar meine eigene Resistenz brüchig wird. Viele dieser Ideen – insbesondere die Vorstellung, dass Demonstranten durch Kanaldeckel oder mittels Hubschrauber-Sinkflugimpfung immunisiert werden –, sind so verrückt, dass es ohnehin schwer- fällt, diesbezüglich einen ernsten Gedanken zu verschwenden. Allerdings ertappte ich mich unlängst dabei, wie ich nach einem Gespräch über das Thema „Blackout“ ganz panisch über so ei- nen Fall nachgedacht habe. Wir sind völlig unvorbereitet – wenn der Blackout länger als ein paar Tage dauern würde, kann ich maximal noch meine kümmerlichen Topfpflanzen verkochen. Zumindest wäre meine Suppe dann nicht nur „vegan“, sondern auch „regional“ und „saisonal“. Aber was wird mit diesen Men- schen nach der Pandemie passieren? Werden sie alle zur Tages- ordnung zurückkehren (können)? Oder ist der Bund mit den Verschwörungstheoretikern ein ewiger? Wird es bald eine neue fragwürdige Ideologie geben, für die es sich zu demonstrieren lohnt? Gedanklich gehe ich meinen Freundeskreis durch und es wird mir bewusst, dass nicht alle meiner Freundschaften diese Pandemie überdauern werden. Auf der einen Seite ist es schade um langjährige gute Freundschaften, aber dadurch werden auch Energien frei werden. Nämlich die Energien, die ich seit zwei Jahren in nicht fruchtende Überzeugungsarbeit gesteckt habe. GEM/EINSAM – schreiben steirische Ärztinnen und Ärzte in Ausbildung über ihren Alltag im Beruf, im Leben und ihren Weg von „wilden Jungen“ zu „alten Profis“. Klar will ich meine Ärztin, meinen Arzt hier haben, aber … … wenn Ärztinnen und Ärzte in anderen nahen Bundesländern besser behandelt werden, gehen viele weg aus der Steiermark. Das ist schlecht für die Spitalsversorgung der steirischen Bevölkerung. Fair zu den Ärztinnen und Ärzten. Gut für die Steirerinnen und Steirer. www.aekstmk.or.at Sujet_aus_Patientensicht_neu.indd 1 17.01.2022 12:18:19 „Das Land Steiermark muss der Wirklichkeit endlich ins Auge schauen und die Gegenwart planen, statt nur vage Zukunftsvisionen zu spinnen.“ Vizepräsident Eiko Meister
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