AERZTE Steiermark | Februar 2022
44 Ærzte Steiermark || 02|2022 angestellte Ärztinnen und ärzte Ärzt*innen in Ausbildung GEM/ EINSAM geben Einblick in ihren Alltag Illu und Foto: Adobe Stock Bruttogrundgehältern. Ganz am Anfang der fachärztlichen Ausbildung ist die Steiermark immerhin am achten Platz unter den neun Bundeslän- dern. Das in dieser Gruppe letztplatzierte Oberösterreich zieht aber bis zum dritten Ausbildungsjahr nicht nur an der Steiermark, sondern auch anderen Bundesländern vor- bei. Die vorderen Plätze ha- ben Salzburg, das Burgenland, Niederösterreich und Wien. Fair zu den jungen Ärztinnen und Ärzten ist die Steier- mark im Österreichvergleich also keineswegs. Gut ist das schon, aber leider nicht für die Steirerinnen und Steirer, sondern zum Beispiel für die Burgenländerinnen und Bur- genländer. „Wir brauchen endlich ernst- hafte Verhandlungen zum Dienst- und Besoldungsrecht, um die Steiermark wieder voranzubringen“, sagt folge- richtig auch Ärztekammer- Vizepräsident Eiko Meister, Obmann der Angestel lten Ärztinnen und Ärzte. unmittelbaren Arbeitsbereich einzubringen!“ Minus bei Ärztinnen und Ärzten Von der Dienstgeberseite wird gerne damit argumentiert, dass die tatsächliche Zahl der beschäftigten Ärzt*innen in den KAGes-Spitälern ge- stiegen ist. Was aber nicht stimmt. Im Jahr 2020 waren in den Krankenhäusern der KAGes weniger Ärztinnen und Ärzte tätig als 2019. Bei allen anderen Berufsgruppen gab es dagegen – wenn auch nur geringfügige – Zuwächse. Insgesamt wich die Zahl der tatsächl ich Beschäf t igten (nicht nur Ärztinnen und Ärzte) sowohl 2019 als auch 2020 deutlich vom Stellenplan ab. Nach unten. Schlusslicht in Österreich Für Assistenzärztinnen und -ärzte sind die KAGes-Spitäler auch finanziell ein vergleichs- weise schlechter Boden. Im dritten Ausbildungsjahr ist die Steiermark österreich- weites Schlusslicht bei den Hilft´s nix, schad´s nix!“ Ungeachtet der ständig präsenten Themat ik um Coronaleugner*innen, Pseudowissenschaftler*innen und Impfskeptiker*innen, die es ja leider auch zur Genüge unter Mediziner*innen gibt, beobachte ich in letzter Zeit eine zunehmend wachsende Zahl an Ärzt*innen, die ihr Gehalt mit Nahrungsergänzungspräparaten, Vitalstoffkuren und anderen Produkten aufbessern. Vor ein paar Tagen erstarrte eine Patientin bei dem Vor- schlag, sie erneut zu einem ihr schon bekannten niederge- lassenen Kollegen zu schicken, regelrecht und offenbarte mir: „Bitte schicken Sie mich woanders hin, dort soll ich jedes Mal für 100 Euro Sachen kaufen!“ Die Patientin be- zieht Mindestpension. Natürlich ist die Patientin nicht gezwungen, das Geld aus- zugeben, viele Patient*innen trauen sich aber klarerweise nicht, die Vorschläge ihrer behandelnden Ärzt*innen aus- zuschlagen oder sind verzweifelt und hoffen auf Besserung durch die vorgeschlagenen Mittelchen. Andere wiederum wollen nicht als geizig gelten oder ihre Ärzt*innen durch den Kauf wohlgesonnen stimmen. Die Frage, die ich mir seither immer wieder stelle: Was ist die Motivation dieser Ärzt*innen? Haben sie das Gefühl, die Patient*innen bekommen in der Apotheke ohnehin Präparate angedreht, dann kann ich das als Ärztin oder Arzt auch machen? Hört Evidence-based Medicine beim Geldbeutel auf? Das, was mich und andere daran so ärgert, ist, dass es nicht um Kolleg*innen geht, die offen Alternativmedizin betrei- ben und verkaufen, sondern um Kolleg*innen, die eigent- lich EBM betreiben und somit meist als seriös gelten. Ihren guten Ruf nutzen sie dann für ihr Zusatzgeschäft. Zum Schluss ein aktueller Fall, der mich einfach nur sprachlos zurückgelassen hat: Eine schwer depressive Pa- tientin, die von einer Kollegin/einem Kollegen eine Infusi- onsserie mit „Vitalstoffen“ für mehrere hundert Euro ange- dreht bekommen hat. Ohne vorheriges ärztliches Gespräch. Ohne Evaluierung der Suizidalität. Ohne psychiatrische Anbindung oder das Angebot eine Gesprächstherapie in Anspruch zu nehmen. GEM/EINSAM – schreiben steirische Ärztinnen und Ärzte in Ausbildung über ihren Alltag im Beruf, im Leben und ihren Weg von „wilden Jungen“ zu „alten Profis“. „Uns hat besonders der Mangel an Anerkennung und Wertschätzung betroffen gemacht.“ Aus einem Führungsmail an die Beschäftigten am LKH- Universitätsklinikum Graz
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