Das Magazin der Ärztekammer Steiermark März 2022 Realität. Allgemeinärztin Rosemarie Gössler ist Amtsärztin und Vizebürgermeisterin. Risiko. Schulärztin Angela Huber-Stuhlpfarrer macht sich Sorgen um die Kindergesundheit. Rekord. Professorin Wiedermann-Schmidt leitete den Österreichischen Impftag. Österreichische Post AG MZ 02Z033098 M Ärztekammer für Steiermark, Kaiserfeldgasse 29, 8010 Graz, Retouren an PF555, 1008 Wien STEIERMARK Foto: Adobe Stock Foto: Katharina Fröschl-Rossb th Christoph Grabenwarter, Präsident des Verfassungsgerichtshofs, über Entscheidungen, die Ärztinnen und Ärzte unter Druck setzen, die Mehrbelastung durch die Corona-Pandemie … „Mit Qualität und Sorgfalt“ Wahvorschlägen Mit allen
Wir haben die Wahl. Wenn wir wählen. Adobe Stock Briefwahl Bitte verwenden Sie nur die per Post übermittelten Wahlunterlagen. Die Rücksendung der Wahlunterlagen mit dem voradressierten Rückkuvert muss so rechtzeitig erfolgen, dass diese bis 7.April 2022, 12 Uhr, bei der Wahlkommission einlangen. Sie können das Rückkuvert auch persönlich oder via Boten abgeben: am 7.April 2022 von 8.00 bis 12.00 Uhr bei der Wahlkommission in den Offenen Räumen in der Ärztekammer für Steiermark, 8010 Graz. Persönliche Wahl Bitte bringen Sie die per Post übermittelten Wahlunterlagen mit und wählen damit am 07.04.2022, 8 bis 12 Uhr im Wahllokal in den Offenen Räumen der Ärztekammer für Steiermark, Kaiserfeldgasse 29, 8010 Graz (Eingang über Innenhof). Das Wahllokal wird um 12 Uhr geschlossen. Bei persönlicher Stimmabgabe müssen Sie Ihre Identität durch eine Urkunde oder sonstige Bescheinigung nachweisen.
Bereich themen Ærzte Steiermark || 03|2022 3 BUCHTIPP Deine Schilddrüse. Wie sie Gesundheit, Charakter und Beziehungen prägt Von: Armando Farmini Verlagshaus der Ärzte ISBN 978-3-99052-234-9 EUR 19,90 Der Salzburger Gynäkologe mit den Fachschwerpunkten Onkologie und Endokrinologie, Armando Farmini, gibt eine Einführung in die Schilddrüse, ihre Funktion sowie ihre Hormone. Er erklärt Laborwerte und schildert mögliche Erkrankungen der Schilddrüse. Ein weiteres Kapitel ist der Therapie gewidmet, wobei Farmini auf bioidente Hormone setzt. Herkömmliche Schilddrüsen-Medikamente bezeichnet er als „trojanisches Pferd“ und gibt Ratschläge, „Was unsere Schilddrüse glücklich macht – Dos und Don´ts“. Eine kleine Geschichte der Schilddrüsenforschung und Berichte seiner Patient*innen (er behandelt auch Männer) runden Farminis Ratgeber ab. DATUM 2. Mai 2022 An diesem Tag beginnt die Eintragungswoche für sieben Volksbegehren, wovon drei medizinische Themen behandeln: Zwei richten sich gegen die Impfpflicht; das „Mental Health Jugendvolksbegehren“ fordert Maßnahmen zur Förderung der psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen. LINK: www.gegenwirkstoffverschreibung.at Die Bundeskurie niedergelassene Ärzt*innen und der Verband der pharmazeutischen Industrie argumentieren gegen die geplante Wirkstoffverschreibung, die Ärzt*innen nur mehr ermöglichen soll, einen Wirkstoff zu verordnen, nicht aber explizit ein Medikament. Informationen über mögliche „Nebenwirkungen“ einer derartigen Regelung, die als Maßnahme gegen Lieferengpässe gedacht ist, finden sich unter diesem Link. Zahl 43 Mandate sind im Rahmen der steirischen Ärztekammerwahlen 2022 zu vergeben, davon entfallen 29 auf die Kurie der angestellten Ärzt*innen, 14 auf die Kurie der Niedergelassenen. Foto: Verlagshaus der Ärzte Fortbildungstipp Vom 12. bis 14. Mai findet im Congress Schladming der Netzwerkgipfel des Austrian Health Forums statt. „Etablierte Systemkenner*innen und innovative Vordenker- *innen“ entwickeln im Rahmen dieser Veranstaltung Ideen für ein zukunftsfähiges österreichisches Gesundheitssystem. Mehr Information und Anmeldung unter: www.austrianhealthforum.at IMPRESSUM: Medieninhaber (Verleger): Ärztekammer für Steiermark, Körperschaft öffentlichen Rechts | Redak- tionsadresse: 8010 Graz, Kaiserfeldgasse 29, Tel. 0316 / 8044-0, Fax: 0316 / 81 56 71, E-Mail: presse@aekstmk. or.at | Chefredaktion: Martin Novak | Koordination: Mag. Ursula Scholz | Redaktionelle Betreuung und Produktion: CONCLUSIO PR Beratungs Gesellschaft mbH, Schmiedgasse 38, 8010 Graz | Gestaltung: Konrad Lindner | Anzeigen: Johann Grasser, Mediaberatung 8010 Graz, Wittenbauerstraße 77b T 0699/12 80 18 28 grasser.med@gmail.com; Mit „Promotion“ gekennzeichnete Texte sind entgeltliche Veröffentlichungen im Sinne § 26, Mediengesetz. | Druck: Stmk. Landesdruckerei GmbH, 8020 Graz | Abonnements: Eva Gutmann, Ärztekammer Steiermark, Tel. 0316 / 804440, Fax: 0316 / 81 56 71. Jahresabonnement (11 Ausgaben) EUR 25,–. Gedruckt nach der Richtlinie „Druckerzeugnisse“ des Österreichischen Umweltzeichens, Medienfabrik Graz, UW-Nr. 812 Klimakompensierte Produktion www.climate-austria.at Ident-Nr Klimakompensierte Prod www.climate-austria Kennzeichnu für vorbildlic Waldwirtscha HCA-COC-100 Förderung nachhaltiger Waldwirtschaft PEFC/06-39-22 PEFC zertifiziert r ckt nach der Richtlin e „Druckerzeugnisse“ ster eichischen Umweltzeichens, ienfabrik Graz, UW-Nr. 812 Klimakompensierte Produktion www.climate-austria.at Ident-Nr. A Klimakompensierte Produk www.climate-austria.a Kennzeichnung für vorbildliche Waldwirtschaft HCA-COC-10029 Förderung c lti er l i ft - PEFC zertifiziert update im März Schlagzeile „Die steirischen Spitalsärztinnen und -ärzte schauen ins Burgenland, nach Niederösterreich oder nach Wien und stellen fest, dass dort die Bedingungen längst besser sind.“ Mit diesem Argument fordert Ärztekammerpräsident Herwig Lindner vom Land Steiermark die umgehende Aufnahme substanzieller Gehalts- und Dienstrechtsverhandlungen. Woche Steiermark, 2.2.2022
Bereich themen 4 Ærzte Steiermark || 03|2022 Fotos: beigestellt, Stieber/KAGes Themen Cover. Interview: VfGH will keinen Druck ausüben 8 Ärztin im besonderen Dienst. Rosemarie Gössler „Langeweile erschöpft mich“ 12 Jubiläum. 20 Jahre AERZTE Steiermark in 220 Titelblättern 14 Jubiläum. Feldbach: Sanfte Geburt einer frauenzentrierten Geburtshilfe 17 Omikron-Impftag mit Hoffnung auf Besserung 19 Ambulante Reha. Psychische Stütze in Zeiten der Pandemie 22 Pandemie & Schule. Auswirkungen der Covid-19 Pandemie auf die Schüler*innengesundheit 24 Gesunder Genuss. Frisches Grün für die Küche 28 Ärztekammer-Wahl. Informationen zur Ärztekammerwahl 30 Kurz-Information zur Wahl der Fachgruppenobmänner, Spitalsärztevertreter*innen und Bezirksärztevertreter*innen 32 Ärztekammerwahl 2022. Kundmachung der Wahlvorschläge 33 Ausbildung. Online checken 44 Wirtschaft&Erfolg. Die Krankenbeihilfe bei Kur- oder Rehabilitationsaufenthalt für niedergelassene Ärzt*innen 45 Wirtschaft&Erfolg. Gert Kollegger. Die besten Jahre 46 Wirtschaft&Erfolg. Was Ärzt*innen besser als Algorithmen und Dr. Google können 48 Rat&Daten. Ab 14.5.: GINS statt GINA 49 Expertinnentipp. Meldung von Angehörigendaten 51 CIRS. Kommunikationschaos nach Infektionsgefahr 51 Forschung. Fasten gegen Krebs: Wege zur Bekämpfung des Leberkarzinoms 52 Angestellte Ärztinnen und Ärzte 152 Vollzeitärztinnen und -ärzte fehlen in den steirischen LKH 54 GEM/EINSAM. Cavete, Hänsel & Gretel! 56 Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte Authentische Informationen zu freien Kassenstellen per Video 57 Sonderrichtlinie Lehrpraxisförderung 58 Serie. Praktisch Täglich. Time to say good bye 59 Debatte 6 News 53 Planstellen 60 Referate 62 Kleinanzeigen 63 Personalia 66 Karikatur 69 Ad Personam 70 Geschichte. Seit 2002 sind 220 Ausgaben von AERZTE Steiermark erschienen. Das ist nicht nur ein stolzes Jubiläum. Die Cover bieten auch einen Überblick der Gesundheitsgeschichte. Seite 14 Geschick. Algorithmen können viel, Dr. Google weiß viel. Aber in vielen Belangen können und wissen „echte“ Ärztinnen und Ärzte mehr. Seite 44
Ærzte Steiermark || 03|2022 5 Bereich themen Die Argumente gegen die so genannte „Wirkstoffverschreibung“ (keine konkreten Arzneimittel auf denRezepten, sondern nur der Wirkstoff) sind bekannt: Kosten lassen sich damit nicht sparen, weil es für Kassenmedikamente eine strenge Preisregelung gibt. Und weil Medikamente mehr sind als ihr Wirkstoff, droht Compliance-Verlust. Deswegen wollen gut 46 Prozent die Wirkstoffverordnung gar nicht und rund 34 Prozent halten ein mögliches Abweichen für notwendig. Diesen gut 80 Prozent stehen 19,1 Prozent gegenüber, die keine Probleme sehen. Bloß 0,8 Prozent haben keine Meinung dazu. Apotheker*innen wurden nicht befragt, die könnten dank Wirkstoffverschreibung bei der Lagerhaltung kräftig kürzen. Ob die Politik Ärzt*innen empören, Patient*innen verwirren und dafür Apotheker*innen erfreuen will? Wir bleiben am Thema dran. Versprochen. epikrise Kurze Nachrichten aus der Redaktion Soziale Medien: Twitter: www.twitter.com/ AERZTE_NEWS Facebook: www.facebook. com/aerztekammer.stmk/ und Facebook-Gruppe für steirische Ärztinnen und Ärzte Youtube: AERZTE_NEWS „Wirkstoffverschreibung“: Mehrheit sagt nein Foto: Conclusio bild des monats. Ende der zweiten Februarwoche flatterte den österreichischen Haushalten ein Brief der Österreichischen Bundesregierung ins Haus. Die „Information zur COVID-19-Impfpflicht“ war ja schon zuvor medial angekündigt worden. Gleichzeitig konnten die Menschen in der auflagenstärksten Zeitung Österreichs die Schlagzeile „Impfpflicht: Breite Front dagegen“ lesen – illustriert mit Fotos der Landeshauptfrau von Niederösterreich und des Landeshauptmanns von Oberösterreich. Tags zuvor hatte selbige Kronenzeitung bereits getitelt: „(Der Salzburger Landeshauptmann) Haslauer rudert bei Impfpflicht zurück“. Allerdings nur in der Salzburger Ausgabe der Krone. n=366 AERZTE Steiermark Frage des Monats Wie stehen Sie zur angedachen Wirkstoffverordnung? Sie darf auf keinen Fall umgesetzt werden. Es muss in Ausnahmefällen die Möglichkeit geben, sie zu umgehen. Ich sehe kein Problem darin. Weiß nicht/Anderes. 0,8 % 33,9 % 19,1 % 46,2 %
6 Ærzte Steiermark || 03|2022 Bereich Eiko Meister Entlasten, nicht immer mehr aufbürden Die Gerüchte verdichten sich: Die Notaufnahmen der heimischen Krankenhäuser sollen zusätzlich zu allen anderen Aufgaben auch die Infusionstherapien für Corona-Patientinnen und -Patienten übernehmen. Dagegen gibt es aus mehreren Gründen schwerste Bedenken: Die internistischen EBAs gehen jetzt schon mit „normalen“ Patientinnen und Patienten über. Eine zusätzliche Belastung durch Infusionspatientinnen und -patienten brächte das Fass endgültig zum Überlaufen. Eine „Infusionstherapie“ ist zwar eine notwendige therapeutische Maßnahme (falls die Indikation vorhanden ist), aber sie ist geplant – und daher auch kein Notfall. Das heißt, die Notaufnahmen sind jedenfalls der falsche Ort. Zumal die ja auch über keine Logistik verfügen, um die anderen Patientinnen und Patienten – die echten Notfälle – vor einer Infektion zu schützen. Diese Logistik herzustellen, wäre ein zusätzlicher massiver Aufwand. Für die Indikationsstellung gibt es zwar allgemeine Grundlagen in Form einer Leitlinie, aber eine zusätzliche persönliche Untersuchung samt Aufklärung ist zweifellos notwendig. Dass alles auf die Notaufnahmen abgeschoben werden soll, wofür sich andere nicht so richtig zuständig fühlen, ist völlig absurd und den dort Arbeitenden ebenso wenig zumutbar wie den dort Hilfe Suchenden. Wesentlich naheliegender wäre es wohl, zum Beispiel die teilweise verwaisten Impfstraßen für diese Infusionstherapien heranzuziehen. Da müsste nicht viel (zusätzlich) getan werden. Dort kämen die Patientinnen und Patienten (wenn entsprechende Zeit-Slots angeboten werden) auch nicht mit anderen in Kontakt. Vielleicht gibt es eine noch bessere Lösung. Die Notaufnahmen sind jedenfalls keine gute. Vizepräsident Dr. Eiko Meister ist Obmann der Kurie Angestellte Ärzte. intra kont a Beim Blick auf die Hospitalisierungszahlen sehen wir, dass es in der Omikron-Welle zu einem Anstieg der stationären Belastung gekommen ist. Auf den Intensivstationen verläuft die Belastung durch Covid-19 aber weiterhin horizontal, und das ist entscheidend. Der Anteil an Covid-Patientinnen und -Patienten in Relation zum Gesamtbelag der Intensivstationen liegt bei niedrigen 7 bis 8 Prozent. Bei den Neuinfektionen ist derzeit eine Plateauphase erreicht. Für Unsicherheit sorgt die Frage, ob die Omikron-Subvariante BA.2, die sich immer mehr durchsetzt, dafür sorgen wird, dass wir bei den Hospitalisierungen einen Anstieg erleben. Aktuell sieht es so aus, dass jeder 125. Infizierte den Bedarf einer stationären Versorgung hat, im Sommer 2021 war das noch jeder 30. Erkrankte. Die Relation lag vor einigen Wochen aber auch schon einmal bei nur jedem 200. Infizierten, der hospitalisiert werden musste. Bei den Neuinfektionen liegt weiterhin eine sehr starke Gewichtung in der Altersgruppe der Kinder und Jugendlichen. Mehr Sorge bereitet mir die Altersgruppe zwischen 40 und 55 Jahren: Bei erhöhtem Risiko für schwere Verläufe sehen wir in dieser Altersklasse eine schleppende Impfmoral. Wir müssen in den kommenden Wochen und Monaten die Basis für einen infektiologisch sicheren Herbst und Winter legen. Für alles, was wir jetzt nicht machen, werden wir ab Herbst „bezahlen“. Der Status ,Genesen‘ ist im Vergleich zur Impfung nur ein sehr brüchiger Schutz. Die wissenschaftlichen Daten zeigen, dass ab 90 Tagen nach der Infektion die Wahrscheinlichkeit für eine neuerliche Infektion für Genesene signifikant höher ist als für Geimpfte, vor allem mit Booster. Wie in einigen Ländern bereits geschehen, wird es wohl auch in Österreich zu einer Empfehlung für die vierte Impfung kommen. Vor allem für höhere Altersgruppen und Risikogruppen schätze ich, dass wir langfristig zum jährlichen Auffrischen kommen werden. Ob es im Sommer oder Herbst bereits einen Varianten-Impfstoff gibt, halte ich für weniger relevant: Es sollte vor allem niemand auf einen solchen warten. Wer die Grundimmunisierung und den Booster noch nicht abgeschlossen hat, sollte das jetzt tun. Umso mehr Impfungen wir haben, desto mehr reift unser Immunsystem und desto größer ist der Schutz. Soll der Test etwas kosten? Aus meiner Sicht: Ja. Wen sollen wir in Zukunft noch testen? Das Testen von Asymptomatischen, insbesondere asymptomatischen Geimpften macht auf Dauer keinen Sinn. Prim. DDr. Klaus Vander ist Ärztlicher Direktor des Instituts für Hygiene und Mikrobiologie am LKH-Univ.-Klinikum Graz. 2 d batte Klaus Vander Jetzt die Basis für einen sicheren Herbst legen
Bereich Ærzte Steiermark || 03|2022 7 Es klemmt an allen Ecken und Enden. Der Ärztemangel trifft (nicht nur) die Steiermark voll. Nicht, dass es hierzulande generell zu wenig Ärztinnen und Ärzte gäbe – nein, sie fühlen sich nur in einem überbürokratisierten, alles andere als wertschätzenden öffentlichen Gesundheitssystem schlecht. Und viele – glücklicherweise nicht alle – verlassen es. Eine große Zahl von Patientinnen und Patienten, die sich die zumeist recht überschaubaren Mehrkosten leisten kann und will, tut es ihnen gleich. Sie fühlen sich im Sanatorium, im privaten Krankenhaus, in der Wahlarztpraxis einfach besser aufgehoben. Und was machen Politik und Verwaltung? Sie verschlechtern die bereits schlechten Rahmenbedingungen für jene, die dem System treu geblieben sind (und weiter treu bleiben wollen), sie beschimpfen diejenigen, die aus guten Gründen das System verlassen haben und sie geben viel Steuergeld für Projekte aus, die wenig bis nichts zur Lösung der akuten Probleme beitragen. Beispiel: An den Landeskrankenhäusern fehlen nach offizieller Lesart gut 150 Vollzeitärztinnen und -ärzte. Das ist ein fundamentales Problem. Einerseits, weil jene, die da sind, in Arbeit ersticken und regelrecht ausgesogen werden, andererseits, weil die Patientinnen und Patienten unter dem Mangel leiden. Nun hat man, um dem akuten Ärztemangel zu begegnen, beschlossen, neun Millionen Euro einer nicht-steirischen Privatuniversität zu geben, damit in sechs Jahren die ersten 20 Absolventinnen und Absolventen in die Steiermark kommen. Damit wird das jetzt bestehende Ärztemangelproblem nicht gelöst, die öffentliche Grazer Med Uni ist verständlicherweise irritiert und die Öffentlichkeit verständnislos. Man kann also sagen: Problem zwar erkannt, aber nicht gelöst und viele „verböst“. Auf diejenigen zu hören, die sich auskennen (und sie rechtzeitig einzubinden), wäre eine politische Tugend, die zu guten und stabilen Lösungen führt. Einsame Entscheidungen in politischen Elfenbeintürmen führen dagegen ins Chaos. Das gilt gerade in den wechselhaften Zeiten, in denen wir uns gerade bewegen. Dr. Herwig Lindner ist Präsident der Ärztekammer Steiermark. Es gibt die Kassenstellen, für die sich trotz intensiven Bemühens keine Bewerbungen finden. Es sind allgemeinmedizinische und fachärztliche Stellen in verschiedenen Regionen der Steiermark. Die Ursachen für das geringe Interesse sind vielfältig: Es hat natürlich etwas mit der an manchen Orten geringen wirtschaftlichen Attraktivität zu tun. Wobei das ja ein generelles Problem ist, dass die steirischen ÖGK-Fallwerte in praktisch allen Fächern teils nur ein wenig, teils aber sehr deutlich unter dem Österreichschnitt liegen. An einer Verbesserung arbeiten wir stetig, aber die berühmte „Harmonisierung“ ist leider noch längst nicht so weit, wie sie sein sollte. Die ÖGK hat das Problem zumindest in der Steiermark erkannt, aber jetzt muss sie es den „Wiener Zentralstellen“ mit der nötigen Eindringlichkeit vermitteln. Mangelnde Wertschätzung und die massive Bürokratie sind weitere Gründe, warum Ärztinnen und Ärzte zögern, sich um Kassenstellen zu bemühen. Was nicht zu vergessen ist: Viele Patientinnen und Patienten gehen auch lieber zu NichtKassenärztinnen und -ärzten, weil sie sich dort besser aufgehoben fühlen. Aber es gibt noch einen Grund: nicht genug Information. Denn es gibt Stellen, die durchaus attraktiv sind, nur das Image ist nicht gut. Daran können und wollen wir sofort arbeiten. Und zwar mit Videokonferenzen, an denen die (nicht) interessierten Ärztinnen und Ärzte authentische Informationen bekommen: von Ärzt*innen der Ärztekammer, von den Gemeinden, von ortskundigen Kolleginnen und Kollegen, aber – das ist zumindest mein dringender Wunsch – auch von der Österreichischen Gesundheitskasse. Information bedeutet, es wird reiner Wein eingeschenkt, es wird nichts beschönigt, aber auch nichts schlechter dargestellt, als es ist. Vizepräsident Dr. Christoph Schweighofer ist Obmann der Kurie Niedergelassene Ärzte. extra Christoph Schweighofer Gute Information für mehr Kassenstellen Standortbestimmung Herwig Lindner Auf diejengen hören, die sich auskennen d batte Fotos: Pacchernegg, Oliver Wolf, Elke Meister, Schiffer, Grafik: Konrad Lindner
8 Ærzte Steiermark || 03|2022 Cover „Der Verfassungsgerichtshof möchte keinen Druck ausüben“ AERZTE Steiermark: Wie stark muss sich der Verfassungsgerichtshof mit medizinischen Rechtsfragen befassen? Grabenwarter: Der Verfassungsgerichtshof muss sich in den letzten beiden Jahrzehnten vermehrt mit Fragen des Medizinrechts beschäftigen. Anfechtungen von Gesetzen mit zentraler gesellschaftspolitischer Bedeutung implizieren oft Sachfragen, die im medizinischen Bereich beheimatet sind. Denken Sie an die Frage der Fortpflanzungsmedizin, an die Frage der Beihilfe zum Suizid, an den Datenschutz im Zusammenhang mit der elektronischen Gesundheitsakte oder, seit 2020, an die vielfältigen Fragen in der Bekämpfung der Pandemie. Es gibt den Vorwurf, der Verfassungsgerichtshof würde mit seinen Entscheidungen tiefgehend in die Gesellschaftspolitik eingreifen – man denke nur an die Entscheidungen zur Sterbeverfügung oder zum Recht unverheirateter Paare, Kinder zu adoptieren. Was antworten Sie auf solche Vorhaltungen? Wie bereits angesprochen: Der Verfassungsgerichtshof entscheidet Fragen mit gesellschaftspolitischer Relevanz, er entscheidet aber nicht nach politischen Maßstäben, sondern am Maßstab des Rechts, genauer gesagt der österreichischen Bundesverfassung. Man kann also sagen, der Verfassungsgerichtshof entscheidet Fragen mit Auswirkungen auf die Gesel lschaftspolitik, er macht aber nicht selbst Politik. Sein Maßstab ist und bleibt das Recht. Ist der Verfassungsgerichtshof in seinen Entscheidungen zu offensiv? Offensiv oder defensiv sind Kategorien des Mannschaftssports. Es gibt aber doch Entscheidungsmaximen, die ein Verfassungsgericht zur Zurückhaltung gegenüber der Politik mahnen. Dazu gehört die Anerkennung eines rechtspol it ischen Gesta ltungsspielraums, die in der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes seit Jahrzehnten unbestritten ist. Gibt es VfGH-Entscheidungen, die Sie persönlich nicht mögen? Zu allen Entscheidungen, an denen ich mitgewirkt habe, habe ich das gleiche Verhältnis: Ich bin froh, dass die Entscheidung getroffen wurde, und ich hoffe, dass sie bei denen, die von ihr betroffen sind, möglichst hohe Akzeptanz findet. Ob ich in allen Fällen mit dem Ergebnis hundertprozentig einverstanden bin oder ob mir die eine oder andere Formulierung mehr oder weniger gut gefällt, ist dabei völlig unerheblich. Wird der VfGH in letzter Zeit mehr gefordert als früher? Falls ja, wie gehen Sie damit um? Ja, der Verfassungsgerichtshof ist heute sicher mehr gefordert als im Jahr 2005, als ich in das Kollegium des Gerichtshofes eingetreten bin. Das hat einerseits quantitative Gründe, im Jahr 2005 sind knapp 4.000 Beschwerden und Anträge eingegangen, im Jahr 2020 waren es fast 6.000. Zum anderen sind aber auch die Fragen und Sachverhalte schwieriger geworden. Dazu gehört die zunehmende Bedeutung des Europarechts, die Komplexität der Lebenssachverhalte und die Anforderungen neuer Zuständigkeiten wie jene über Untersuchungsausschüsse. Wir gehen damit so um, wie das ein Gericht tun muss. Zum einen wurden die Ressourcen vom Gesetzgeber vermehrt, insbesondere auch, um den gestiegenen Bedarf im Asylrecht abzudecken. Zum anderen haben wir in die Qualität der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter investiert; ohne deren Hilfe wäre die Bewältigung dieses Arbeitspensums nicht möglich. Mit wie vielen zusätzlichen Prüfungen war der VfGH während der Corona-Pandemie befasst? Wie konnte das abgefangen werden? Der Verfassungsgerichtshof war seit Beginn der Pandemie mit mehr als 600 Fällen befasst, die Maßnahmen zur Bekämpfung von COVID- 19 betroffen haben. Knapp 500 davon haben wir erledigt (Stand Mitte Februar, Anm.). Im Augenblick sind etwa 150 Fälle anhängig. Wir haben zusätzliche Sitzungsperioden eingeschoben, mehrere Richterinnen und Richter haben Zusatzaufgaben übernommen, wir haben die Erledigung beschleunigt. Rechnen Sie mit vielen Beschwerden aufgrund des Impfpflichtgesetzes? Was werden Sie tun, um die Belastung in Grenzen zu halten? Wir rechnen durchaus mit einer größeren Anzahl von Beschwerden. Eine genaue Zahl Nicht nur die Sterbeverfügungs-Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes aus dem Jahr 2020 hat direkte Auswirkungen auf den ärztlichen Beruf. VfGH-Präsident Christoph Grabenwarter betont im AERZTE Steiermark-Gespräch, dass der Gerichtshof sich seine Fälle nicht aussuchen könne. „Der Verfassungsgerichtshof war seit Beginn der Pandemie mit mehr als 600 Fällen befasst, die Maßnahmen zur Bekämpfung von COVID 19 betroffen haben.“ Christoph Grabenwarter
Ærzte Steiermark || 03|2022 9 Cover zu nennen, wäre nicht seriös. Eine zügige Behandlung der eingegangenen Beschwerden ist die wirksamsteMaßnahme, um die Belastung in Grenzen zu halten. Was sagen Sie zum Vorschlag der Möglichkeit eines sichtbaren Sondervotums, wenn DDr. Christoph Grabenwarter wurde 1966 in Bruck/Mur geboren. Die Schule besuchte er in Graz. Nach der Matura studierte er in Wien Rechtswissenschaften (1988 Mag. jur.; 1991 Dr. jur.) und Handelswissenschaft (1989 Mag. rer.soc.oec., 1994 Dr. rer.soc.oec.). Er war an den Universitäten Wien, Heidelberg (Habilitation 1997), Bonn, Linz, Graz und der WU Wien tätig. Als Richter an den Verfassungsgerichtshof wurde Grabenwarter 2005 berufen. Von 23. Februar 2018 bis 18. Februar 2020 war er dessen Vizepräsident. Seit 19. Februar 2020 ist Christoph Grabenwarter Präsident des Verfassungsgerichtshofes. ein Mitglied mit einer Entscheidung nicht einverstanden ist? Der Vorschlag eines Sondervotums ist gar nicht neu. Es gibt international Beispiele, wo das gut funktioniert. Für Österreich hat man das zuletzt im vergangenen Jahr diskutiert und viele, die sich Foto: Daniel Novotny
10 Ærzte Steiermark || 03|2022 cover an der Diskussion beteiligt haben, sind aus guten Gründen zum Ergebnis gekommen, dass diese Einrichtung zum System der österreichischen Verfassungsgerichtsbarkeit einfach nicht passt. Wichtig ist es, dass ein Gericht mit einer Stimme spricht, damit die staatlichen Behörden, die Gesetzgeber und Regierungen auf Bundes- und Landesebene verlässlich wissen, an welchen Ausspruch des Gerichts sie sich zu halten haben. Erleben Sie in letzter Zeit mehr Versuche der politischen Vereinnahmung? Tun Sie etwas gegen solche Versuche? Versuche einer politischen Vereinnahmung waren in letzter Zeit ebenso wenig erfolgreich wie in den weiter zurückliegenden Zeiten. Am besten ist es, wenn solche Versuche im politischen Feld erledigt werden. Nach meiner Auffassung geschieht das, auch die kritische und wachsame Begleitung der Verfassungsgerichtsbarkeit durch unabhängige Medien ist hier sehr wichtig. Verstehen Sie, dass sich Ärztinnen und Ärzte durch VfGHEntscheidungen unter Druck gesetzt fühlen? Der Verfassungsgerichtshof möchte mit keiner seiner Entscheidungen auf irgendwen Druck ausüben. Insbesondere in den Entscheidungen über Pandemiebekämpfungsmaßnahmen hat der Verfassungsgerichtshof seine bisherige Linie in der Grundrechtsprechung konsequent verfolgt. Er bringt die Nachteile von Maßnahmen für die Freiheit des Einzelnen in einer Abwägung mit den öffentlichen Interessen zum Ausgleich, insbesondere mit dem Gesundheitsschutz. Bei dieser Abwägungsentscheidung hat er die Interessen aller Betroffenen zu berücksichtigen, dazu gehören gerade in einer Pandemie auch die Angehörigen der Gesundheitsberufe, nicht nur die Ärztinnen und Ärzte und die Assistentinnen und Assistenten in den Spitälern und im niedergelassenen Bereich, sondern auch die Menschen, die in Pflegeberufen arbeiten. „Versuche einer politischen Vereinnahmung waren in letzter Zeit ebenso wenig erfolgreich wie in den weiter zurückliegenden Zeiten.“ „Der Verfassungsgerichtshof möchte mit keiner seiner Entscheidungen auf irgendwen Druck ausüben.“ Christoph Grabenwarter
Ærzte Steiermark || 03|2022 11 cover Was antworten Sie diesen kritischen Ärztinnen und Ärzten? Wenn dennoch Kritik an den Konsequenzen der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes bleibt, so kann dieser Kritik nicht im Einzelnen begegnet werden. Der Verfassungsgerichtshof kann sich nicht aussuchen, welche Fälle an ihn herangetragen werden. Er kann nur mit höchstmögl icher Qual ität diese Anträge entscheiden, und zwar mit Qualität und Sorgfalt. „Eine unpolitische Verfassungsgerichtsbarkeit gibt es nicht.“ Dieter Grimm, deutscher Bundesverfassungsrichter a. D. bei einer Veranstaltung zum 100-jährigen Bestehen des österreichischen Verfassungsgerichtshofes im Jahr 2020 Der österreichische Verfassungsgerichtshof behandelt nur Fälle, die an ihn herangetragen werden. Aber so manche Entscheidungen haben große Auswirkungen auf Gesellschaft und Politik. Foto: Katharina Fröschl-Roßboth
12 Ærzte Steiermark || 03|2022 Foto: Ärztin im besonderen dienst ursula scholz „Mein Medizinstudium war eigentlich eine Trotzreaktion“, erzählt Rosemarie Gössler verschmitzt. „Ich wollte in Wien Kunst studieren, da haben mir meine Eltern die finanzielle Unterstützung verweigert. Also habe ich mir stattdessen das längste Studium ausgesucht.“ Um sich ihrer Sache sicher zu sein, jobbte sie im Sommer vor Studienbeginn auf der Chirurgie in Graz – eine harte Lehrzeit. „Das Studium hat mir dann aber richtig Spaß gemacht, vor allem der klinische Bereich.“ Zunächst schwebte Gössler eine Fachausbildung in plastischer Chirurgie vor. „Ich wollte keine SchönheitsOPs machen, sondern Verbrennungs- und Unfallopfern helfen. Vielleicht war das meine Verbindung zur Kunst …“ Nach der Promotion im Jahr 1989 begann die schier endlose Suche nach einem Turnusplatz. Gegen Studienende hatte sie ein Jahr lang im Sanatorium Hansa bei OPs assistiert und die Stationen betreut. Diese Vorerfahrung ließ sich erstaunlich gut nutzen, denn als sie sich dann in einer Klinik in KwaNdebele, einem Homeland mitten im Busch im Nordosten Südafrikas, bewarb, wurde ihr diese Zeit als praktisches Jahr anerkannt und sie konnte als Ärztin zu arbeiten beginnen. „Wir haben am Areal des Krankenhauses gewohnt, gut bewacht, und waren sozusagen 24 Stunden im Dienst, wann immer wir gebraucht wurden. Unsere Patienten reichten vom unreifen Neugeborenen bis hin zu psychiatrischen Fällen. Die Notfälle waren allerdings zumeist Kaiserschnitte“, erzählt sie von ihren intensiven Erfahrungen in Afrika. Viel Wodka Wieder zurück in Österreich konnte Gössler den Turnus absolvieren und strebte danach eine gynäkologische Fachausbildung an. Sie, die reichlich eigenständige Sectio-Erfahrung gemacht hatte, bekam hierzulande nirgendwo eine gynäkologische Assistenzarztstelle. Aufgeben war und ist allerdings so gar nicht ihre Art, und so half sie beim Aufbau des Notarztsystems in Rottenmann mit, Rettungshubschraubereinsätze bei der Staffel in Aigen inklusive. „Die waren sowieso das „Langeweile erschöpft mich“ Rosemarie Gössler ist Amtsärztin des Bezirkes Voitsberg. Aber auch Vizebürgermeisterin der Marktgemeinde Stallhofen, fünffache Mutter und Dirndl-Fan. Seit ihren ersten Arbeitsjahren im südafrikanischen Busch sucht – und findet – sie die Herausforderung. Tollste!“ Die angebotene Anästhesie-Fachstelle erschien ihr nicht passend – und als der Notarztdienst nach drei Jahren zur Routine geworden war, bewarb sich Gössler beim Internationalen Roten Kreuz. Direkt vom Aufnahmetest weg wurde sie für ein Impfprogramm am Baltikum rekrutiert, mit Homebase in Genf. Die Politik, die sie heute selbst mitgestaltet, lernte sie zu diesem Zeitpunkt von der anderen Seite her kennen: „Meine Gegenüber waren oft die jeweiligen Gesundheitsminister dieser Staaten, aber auch die örtlichen RotkreuzPräsidenten. Da musste ich viel Wodka trinken, um mich als Verhandlungspartnerin auf Augenhöhe zu beweisen.“ Als kritische Stimme geholt Das „Ende einer medizinisch hochinteressanten Zeit“ und die Rückkehr nach Österreich ergaben sich aus der folgenden ebenso dichten Fami l ienphase : Rosema r ie Gössler wurde Mutter von weiteren vier Kindern. Ihr beruf liches Engagement endete damit allerdings nicht, sondern verlagerte sich nur. Es folgten eine Stelle in der L a nde s s a n i t ä t s d i r ek t i on sowie ein Sidestep in das politische Büro des damaligen Gesundheitslandesrates Günter Dörflinger samt umfassendem Einblick in die Welt der Politik. Der Grund für ihren eigenen Einstieg in die Volksvertretung wurde allerdings nicht im Büro des Landesrates gelegt, sondern beim Einkauf im Stallhofener Ortskaufhaus. Als frisch zugereiste Häuslbauerin ging sie regelmäßig dorthin, um Jause zu besorgen. Gössler trug das Herz auf der Zunge und so kam es beim Einkaufen immer wieder zu lebhaftem Meinungsaustausch. „Kommen´S einmal zur Fraktionssitzung“, lautete die Reaktion des politisch aktiven Kaufmannes. „Nach ein paar Jahren, in denen ich mich immer wieder in Diskussionen eingebracht habe, hat mich dann der Bürgermeister gefragt, ob er mich für die Gemeinderatswahl aufstel len darf. Sie haben mich sozusagen als kritische Stimme geholt“, so Gössler. Pionierin der Nachmittagsbetreuung Ein Herzensanliegen war Gössler von jeher die Kinder- Erwin Lesky „Ich hab es mir langweilig vorgestellt, als Beamtin am Schreibtisch zu arbeiten. Dabei ist die Tätigkeit einer Amtsärztin hochinteressant und äußerst vielfältig.“ Rosemarie Gössler
Ærzte Steiermark || 03|2022 13 Fotos: Binder/Land Steiermark, beigestellt Ärztin im besonderen dienst Umweltausschuss: „Da geht es um unsere Zukunft! Wir sind eine wachsende Gemeinde, wir müssen zum Beispiel die Wasserversorgung sicherstellen.“ Auch die ärztliche Versorgung liegt ihr naturgemäß am Herzen. Eine allgemeinmedizinische Kassenstel le gäbe es seit fast einem Jahr zu besetzen, in der Gemeinde sind in zwei Bauprojekten bereits die Räumlichkeiten dafür vorgesehen. Der Wille des Volkes Als sie selbst im Herbst 2004 die Stelle als Amtsärztin angenommen hat, war der Job nur als Übergangslösung gedacht, solange die Kinder klein waren. „Ich hab es mir langweilig vorgestellt, als Beamtin am Schreibtisch zu arbeiten. Dabei ist die Tätigkeit einer Amtsärztin hochinteressant betreuung im Ort. Mit dem Halbtagskindergarten als einzigem Angebot für die Kleinen könne sie den ausgeschriebenen Job als Amtsärztin des Bezirkes nicht annehmen, erklärte Gössler dem Bürgermeister. Für die Implementierung einer Nachmittagsbetreuung waren nur fünf Kinder nötig – vier davon brachte sie gleich selbst mit. Somit verfügte Stallhofen als eine der ersten Gemeinden im Bezirk über eine ganztägige Betreuung für Vorschul- und Schulkinder. Im Laufe der Zeit engagierte sich Gössler in mehreren schulischen Elternvereinen – und steht noch heute, wo ihre Kinder erwachsen sind, dem Volksschulausschuss der Gemeinde vor und ist Schriftführerin im Musikmittelschul-Ausschuss. Neben einigen anderen Ausschüssen … Besonders wichtig ist ihr der und äußerst vielfältig: von Impfungen über das Management meldepf lichtiger Krankheiten, die sanitäre Einschau in Krankenanstalten, umweltmedizinische Gutachten und Führerscheinuntersuchungen bis zu Untersuchungen von Prost ituier ten, Behinder ten, Suchtkranken, Jägern etc. Man lernt dabei das ganze Spektrum der Bevölkerung kennen“, schwärmt sie nach mehr als 17 Jahren. „Und das Team ist sowieso wunderbar.“ Zehn Jahre nach ihrem Eintritt als Amtsärztin nahm Gössler ein weiteres, völlig anderes Amt an: jenes der Vizebürgermeisterin. „Eigentlich wollte ich das ja nicht. Aber der Altbürgermeister hatte ein Jahr vor der Wahl eine inoffizielle Umfrage im Ort durchgeführt, wen sich die Bevölkerung als Nachfolger wünschen würde. Dabei wurde unser jetziger Bürgermeister als solcher genannt – und ich als Vizebürgermeisterin. Und meine damals pubertierenden Kinder haben zu mir gesagt, wenn die Menschen das wollen, sei ich quasi dazu verpflichtet.“ Gössler stimmte zu – und trat erst zu diesem Zeitpunkt der ÖVP bei. Torte, Tracht und Träume Sobald Gössler sich bereit erklärt, eine Rolle anzunehmen, füllt sie sie mit größtem Engagement aus. So auch jene der Vizebürgermeisterin und Vorsitzenden der Frauenbewegung. Gemeinsam mit diesen Frauen des Ortes hat sie beim Marktfest tatkräftig mitgearbeitet, eine Stallhofener Torte kreiert – und zuletzt in Kooperation mit dem Heimatwerk eine Stallhofener Sonntagstracht entworfen, die dann gleich im Nähkurs umgesetzt wurde. Die Frage, wobei sie sich entspannt, kann Rosemarie Gössler gar nicht ad hoc beantworten, sorgt sie doch neben ihren vielfältigen Aufgaben auch noch gemeinsam mit ihren Schwestern für die schwerkranke Mut ter. „Laufen, lesen, stricken“, fällt ihr dann doch ein. Ebenso lang ist die Liste ihrer Zukunftsprojekte: „Ich möchte einen langen Jakobsweg gehen, mit dem Rad durch ganz Italien bis Sizilien fahren – und Sprachen lernen. Mir taugen die Herausforderungen. Langewei le erschöpft mich viel mehr als anzupacken und etwas zu schaffen.“ „Nach ein paar Jahren, in denen ich mich immer wieder in Diskussionen eingebracht habe, hat mich dann der Bürgermeister gefragt, ob er mich für die Gemeinderatswahl aufstellen darf. Sie haben mich sozusagen als kritische Stimme geholt.“ Amtsärztin Rosemarie Gössler als Vizebürgermeisterin im klassischen „politischen Einsatz“ – da gehören Spatenstiche natürlich dazu.
Jubiläum 14 Ærzte Steiermark || 03|2022 Seit März 2002 erscheint das Magazin der Ärztekammer Steiermark unter dem Titel AERZTE Steiermark. Seine Titelblätter zeigen auch die gesundheitspolitischen Ereignisse zweier Jahrzehnte. 20 Jahre AERZTE Steiermark in 220 Titelblättern 2006 2008
Jubiläum Ærzte Steiermark || 03|2022 15 2013
16 Ærzte Steiermark || 03|2022 Jubiläum 2021 2022 Landem volestias maximint latum quiduci isquia dolor simus aut officiunt, et, omnihillab ipsaniatem etur? Aximet lit optatur acestiae aut venimusa estis adist laut exceribusci blab inus seque qui ut et volectet il ipsuntiorrum doluptae et es di arum dit a sundenimi, volupis ut provit quiberibero quossum dolore la nonseque et eat dia si nobitaestium eum fuga. Nam res nobis moluptat. Picati anducilla cum as doluptatur? Adit officab int et vel ipidundaes debis apid ero voluptatia non natus eatibusandus as comnis esequi nonsequiant faccum faccum restor audi quaeriae. Perorion ex et, et ipit as volesen tiaspita aspelibusa es videnti qui adipiduntem voluptat. Eceria consenis conse core sequi aut et fuga. Luptasitia ditas desciis re, sinctus acea apidit, volecepratum fugitat. 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Umenduci beariti to ipsum faccuptus qui iur, sequia con rehenditiae porest omnienimodi ut earumquam rerfera tisint, que sanihiliquas rest, officid ut idesto mi, etur, omnias cumquatus, cus, sim quis aborror autempor se pa quibus enis etur magnatqui nis explita tentestrum esciate mporerro bla incta aut facerum in exerum dolo id quam es nullaute conseru ptatent que comni consed que numquis niendam rae. Ut od quo eos eatior mo blaccae optateture nullitas ut faceperibus, officaerepel is consed exerovitatis rehenim ipident il id molores trunt. Totatur rerum nis magnam excerfe rspedis qui cusamus mod ut laborro quatende nonsequam repe pores simaionesed eatus sus volorem ad exerios molo od quibus esequam as magnis aut quam, offic te nusa estibus debis ut quis ditibus, same milluptatem nonsequam, volores del il mod eaquis volor acius apid quo tes doluptas milicillam, ius rem vendis debit adit audae iunt la plandus tiusam quis ipsumquia que qui none di temod quunt re vent, sust int, sedit moluptae conectat. Optibus maximinctem laut Seit dem März 2002 rschei t das Mag zin der Ä ztekammer S e erm rk unter dem Titel AERZTE Steiermark. Zum Auftakt gab e ein a sführlich s Interview mit de amals frisch gekü ten Sprecher der Geschäftsfüh ung im Hauptverband der S zialversich r ngsträger, Josef Kandlhofer. Ein markig r Satz Kandlhofers brachte AERZTE Steiermark gleich z m Start in die Tagespresse. Maske 2003 Das ers e Cover-BILD eine Arztes mit Gesichtsmaske (die es dank COVID-19 zu weltweiter „Be ühmtheit“ gebracht hat) erschien dann 2003 – nicht weil die Re akti o über hellseherische Fähigkeiten verfügt, sondern weil die d mals a sgebrochene SARS-Epidemie viele M nschen bew gte. Das Virus SARS-CoV – s it es SARS CoV-2 gibt, außerhalb d r wissenschaftlichen Co mu nity gerne als SARS-CoV-1 b zeichnet – hat übrigens ie erste Pandemie des 21. Jahr h nderts verurs cht. Innerhalb eines halben Jahres starben mehr als 770 Me schen am Schweren Akute Ate - we ssynd om (SARS), auß rhalb Chinas – laut WHO cho d mals Herkunftsland des Virus und der Krankh it – ab r „nur“ 45. Im Mai 2004 erklärte di W tgesundheitsorganisati n die SARS-Pan demie dan auch für beende . ärztinnen und -ärzten nicht möglich ist. Ohne diese Ein beziehu g wird es auch mäßig ble ben“, hat der damalige Obmann der Kurie Niederg - lassene Ärzte, Jörg Pruckner, nicht grundlos prognostiziert. Und Herwig Lindner, heu te Ärztekammerpräsident, damal Obmann der Ang - stellten Ärz nnen und Ärzte, sagte: „Die Ambulanz n sind ein wirtschaftliche Klotz am Bein der Spitals halter, vieles, was dort getan werden uss, hat mit den e gentlichen A f gaben der Spitäler sehr wenig z tun.“ Diese Analyse stimmt heu e gen uso wie vor mehr als 15 Jahren – vielleicht sogar mehr. Zum l der poli tische Wille zum A sl g rn nicht sehr ausgeprägt ist, um es fre ndlich zu formulier n. Wobei Ges ndheitsland - rätinnen und -räte gen uso wie -min st rin en und -minister dem Auslagern auch in AERZTE Stei rmark durchaus das Wort redeten. Aber richtig ist wohl die Beur ilung, die der damal g KAGes-Person ldirektor Johann Than er im AERZTE Steiermark-Gespräch 2004 abgab: „Es werden imme mehr Leist gen v all m im ambulanten Bereich ver langt, die Pa ienten fordern und bra chen es, nd die schöne Saga, da s das i nieder lass n n Bereich passieren oll, funktioniert in der Realität nicht.“ Dass sie überhaupt en stehen konnte, l egt nach Expertenmeinung d ran, dass schon damals ein W ldt er (konkret eine Schl ichkatze) im dicht b siedelten Südchina von einem Ma kt weg für di Verb itu g des Virus sorgte, dass dessen Infektio tät nterschätzt wurde und das Virus sich dank globaler Rei setätigkeit rasch auf andere K ntinente ausbreiten konnte. Wobei ein Blick über die 220 Cover, die von Mä z 2002 bis Februar 2022 ersch enen, überhaupt einen gute Überblick der Gesundheitspolitik dieser ersten zwei Jahrzehnte mit inem 2er m Anfang bringt. Da ist die Gründung der Medizinisch n U iv rs ät Graz (die deren Rektoren auf das Titelblatt brachte, darunter auch den oberösterreichischen Tropen mediziner Em l C. Reisinger, der zwar no ini rt wurde, abe das Amt nie antrat). Da ist di ELGA-Werdung, die a ch AERZTE Steiermark imm r kriti ch, ab r auch differenziert begleitet hat. Da ist d s zunehmende B dürfnis nach T amwork auch im niederg lassenen Bereich. 2005 gab es gleich zwei Titel dazu, einen zur Gruppe praxis i Ärztehaus Weiz (Oktober) und einen Überblick im Monat darauf. „Gru dsätzl ch st es groß, d r Praxis wird es aber dadurch gedämpft, dass die Einbeziehung von WahlEinmal haben wir uns gründlich geirrt. Als wir nämlich im September 2012 Karlhei z Tschelies n gg in den Ruhe sta begleiteten. Aber nicht einm l der kurz vor der Emerit erung stehende Universitätsprofessor und Chirurgie hef hat damals geahnt, dass er nur wenige Monate später als KAGes-Vorstands vors tzender (gemeinsam mit Finanzvorstand Ernst Fartek) wieder eine Spi zenf nktion in der steirischen Gesundheitslandschaft einnehmen sollte – und d s für fast ein Jahrz hnt. Die Jungen Immer wieder haben wir auch den j ngen Ärztinnen und Ärzten breit n Rau gegeben. Als Angestellte m Spital, ab r auch als Lehrpraxisärzti n n und -ärzte in der Niederlassung haben sie es immer wieder auch auf die Titelseite gebracht. Wobei wir bei der Ge egenheit g rn auf eine Kolumne verwe sen, di zwar nie Co er-Thema war, aber seit Langem zu AERZTE Steiermark gehört: Sie heißt GEM/EINSAM. Hier erzäh len Ärztinnen und Ärzte i Ausbildung anonym und vermutl ch gerade deswegen ng mein ehrlich, eloquent und wertschätzen , wie sie ihren Arbeitsallt g erleben, was s e stört und was sie gut finden. Bitte unbedingt lesen. Martin Novak
JubIläum „Ich konnte bereits die Baumaßnahmen begleiten und an der Gestaltung der Abteilung mitwirken“, erinnert sich Hannes Hofmann, Gründungsprimar der Abteilung und bis Ende 2018 im Dienst. Seiner umsichtigen Art, Geburtshilfe zu gestalten, verdankt die Feldbacher Abteilung für Frauenheilkunde und Geburtshilfe ihren guten Ruf, der weit über die Region hinausreicht. 26 Jahre lang war Hofmann zudem Tag und Nacht erreichbar; in der Anfangszeit, als er mit nur einem Oberarzt die Abteilung führte, hat er selbst allmonatlich 20 Dienste gemacht. Mittlerweile werden 16,5 Dienstposten von 21 Ärzt*innen besetzt; 20 Hebammen und rund 60 weitere Mitarbeiter*innen vom Pflegehelfer über das diplomierte Personal bis zur Psychologin komplettieren das Team. „Bis zur Eröffnung der Abteilung im November 1991 war es üblich, dass die Geburtshilfe in den peripheren Häusern von der Chirurgie mitbetreut wurde“, erzählt Hofmann von den Voraussetzungen, die er seinerzeit vorgefunden hat. Seine Visionen für eine moderne Geburtshilfe gingen jedoch in eine gänzlich andere, möglichst nicht-chirurgische Richtung: Er wollte den Frauen – und Kindern – eine sanfte, selbstbestimmte Geburt ermögl ichen, die trotzdem die Sicherheit eines Geburt nach Feldbach“, berichtet Kurt Resetarits, zehn Jahre lang erster Oberarzt in Feldbach und von 2018 bis 2021 Hofmanns Nachfolger als Primar. Nur ungefähr die Hälfte der Gebärenden kommt aus dem Bezirk; mitversorgt wird teils auch der Gleisdorfer Raum und das Südburgenland. Seit Jahresbeginn 2021 leitet Gunda Pristauz-Telsnigg die Abteilung. „Als ich eine Führungsposition angestrebt Krankenhauses bietet. 35.500 Geburten fanden in den Jahren statt, in denen er die Abteilung geführt hat. Graz, Gleisdorf, Güssing Die Geburtenspitze mit 1.656 Geburten wurde im Jahr 1996 erreicht, mittlerweile sind es im Schnitt 1.200, womit Feldbach zumeist auf dem zweiten Platz der steirischen Spitäler rangiert (etwa gleichauf mit Leoben). „Sicher 200 bis 300 Frauen mit Hauptwohnsitz in Graz fahren jährlich zur habe, gab es nur ganz wenige Häuser, wo ich hinwollte. Feldbach war eines davon. Die Abteilung hier hat eine optimale Größe, um das ganze medizinische Spektrum abzubilden, die Frauen aber noch persönlich betreuen zu können“, erklärt PristauzTelsnigg, die auch amtierende Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe ist. „Ich möchte die Region auf dem neuesten wissenschaftlichen Stand versorgen und dabei die Frauen individuell betreuen. Gleichzeitig ist es mir wichtig, Rahmenbedingungen zu erhalten und zu schaffen, dass mein Team mit Freude zur Arbeit kommt.“ Zu Wasser, zu Lande, in der Luft Die Mitarbeiter*innen der Feldbacher Geburtshilfe waren Pioniere darin, auch im Setting eines öf fent lichen Spitals die Bedürfnisse der Frauen so weit medizinisch möglich, in den Vordergrund zu stellen. Zu Wasser, zu Lande und in der Luft können sie in jener Position ihr Kind bekommen, die ihnen entspricht – sofern keine medizinische Einschränkung besteht. Als erstes steirisches LKH stellte Feldbach eine Badewanne für Wassergeburten zur Verfügung, mittlerweile auch mit Unterwasser-CTG. „Zu Lande“ etablierte Primar Hofmann seinerzeit die MatSanfte Geburt einer frauenzentrierten Geburtshilfe Die Geburtsstunde der Abteilung für Frauenheilkunde und Geburtshilfe des LKH Feldbach-Fürstenfeld jährt sich zum 30. Mal. Der exzellente Ruf der Abteilung, der nicht nur auf ihren sanften wie sicheren Geburten fußt, sondern auch das Brustgesundheitszentrum wie die Inkontinenzchirurgie umfasst, reicht weit über das südoststeirische Hügelland hinaus. Foto: Shutterstock Ærzte Steiermark || 03|2022 17
Jubiläum 18 Ærzte Steiermark || 03|2022 Fotos: beigestellt tengeburt, aber auch Gebärhocker und Sprossenwand gehören zur Standard-Ausstattung der Kreißsäle mit dem romantischen Panoramablick. Und wer unter den Wehen Bewegung braucht, nutzt dazu die Terrasse. Eine Zeitlang konnten die Frauen im Romarad schwebend gebären; heute können sie es noch am Seil hängend. Geburtsvorbereitung im Haus, Stillberatung und Babymassage runden das Angebot ab und erinnern an das Portfolio von Sanatorien. Der „Geist“ von Feldbach Den speziellen „Geist“ der Feldbacher Geburtshilfe, der die Beliebtheit des Hauses ausmacht, führt Kurt Resetarits auf drei Faktoren zuheit darin, dass Betreuung und Überwachung der Gebärenden in erster Linie in der Hand der Hebammen liegen. Viele seiner Träume konnte er verwirklichen; offen geblieben ist der Wunsch nach einer eigenen Kinderabteilung. Brustzentrum und Inkontinenzchirurgie Die Feldbacher Abtei lung punktet nicht nur mit geburtshilflicher Exzellenz. „Wir haben das zweite Brustgesundheitszentrum in der Steiermark aufgebaut, das kürzlich mit extrem positiven Rückmeldungen rezertifiziert wurde“, so Hofmann. Inzwischen gibt es vier derartige Zentren in der gesamten Steiermark (die beiden LKH Graz, Leoben); Feldbach hat im Jahr rück: „Werte leben, sich ums Personal kümmern und die Bedürfnisse der Frauen in den Mittelpunkt stellen.“ Sein Ziel als Primar war es, die Errungenschaften seines Vorgängers zu bewahren und punktuell zu verbessern: „Ich habe mich bemüht, die Bürokratie zu vereinfachen, den Ansturm auf die Ambulanz gleichmäßiger zu verteilen und die Stillberatung auszubauen. Bei meinen Plänen für die Geburtsvorbereitung hat mir dann allerdings Corona dazwischengepfuscht.“ Auch im Bereich der Team- und Organisat ionsentwick lung hätte Resetarits gerne noch mehr eingebracht. Gründungsprimar Hofmann sieht eine weitere Besonder2020 mit 178 Primärfällen einen deutlichen Zuwachs verzeichnet. Mit der Bestellung der MammakarzinomSpezialistin Pristauz-Telsnigg zur Primaria wird der onkologische Fachschwerpunkt neuerlich gestärkt. Resetarits nennt zudem die Entwicklung der Inkontinenzchirurgie und das Etablieren laparoskopischer Eingriffe als herausragende Kompetenzen der Feldbacher Abteilung. All diese Errungenschaften der vergangenen 30 Jahre hätten zu Jahresbeginn im Rahmen einer großen Jubiläumsveranstaltung gefeiert werden sollen, die jedoch der vierte Lockdown verunmöglicht hat. Der gute Ruf der Abteilung entschädigt für entgangene Festreden. Bereits mit November 1991 wurde Hannes Hofmann zum Primar der Feldbacher Abteilung für Frauenheilkunde und Geburtshilfe bestellt; ab 2004 war er bis 2018 auch Ärztlicher Direktor des LKH Feldbach (später Feldbach-Fürstenfeld). Hofmann kam vom Grazer LKH-Uniklinikum nach Feldbach und hatte sich mit einer Arbeit zu Diabetes und Schwangerschaft habilitiert, seine Habilitationsvorlesung jedoch zur Volumensbestimmung des Zervixkarzinoms mittels MR gehalten. Einer seiner weiteren Schwerpunkte lag im Bereich der Fehlbildungsdiagnostik. Nach Hofmanns Pensionierung übernahm Kurt Resetar its das Primariat. Er war bereits von 1994 bis 2003 Oberarzt in Feldbach gewesen, avancierte danach zum Primar der Hartberger Gynäkologie und zum Ärztlichen Direktor des LKH Hartberg, bevor er im Burgenland mehrere Häuser geführt hat. Von 2018 bis 2021 stand er der Abteilung in Feldbach vor. Resetarits verfügte neben seiner ärztlichen Expertise über besondere Fachkenntnisse im Bereich der Organisationsentwicklung und des Risikomanagements. Gunda Pristauz-Telsnigg, die aktuelle Primaria, hat sich 2010 zum Thema Lymphknotenuntersuchung beim Endome t r i umk a r z i nom habilitiert und ihre Habilitationsvorlesung über die „H i s t omor pho l og i s c hen Untersuchungen genetisch bedingter Gynäkologischer Malignome“ gehalten, war Ausbi ldungsoberärztin an der Frauenklinik LKH-Universitätsklinikum Graz und hat dort den Schwerpunkt Brusterkrankungen sowie die Gynäkologische Genetikambulanz geleitet. Pristauz-Telsnigg ist Fachgutachter in der Osterreichischen Zertifizierungskommission fur Brustgesundheitszentren und Zentren für Gynäkologische Tumore und hat derzeit die Präsidentschaft der Österreichischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe inne. Drei Generationen, drei Schwerpunkte
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