Impfen 20 Ærzte Steiermark || 03|2022 Foto: Österreichische Akademie der Ärzte klassischen Totimpfstoffen (Sinovac, Sinopharm, Bharat Biotech). Probleme in der Impfstoffentwicklung bereite die intrinsische Instabilität des Spikeproteins. Heinz berichtete vom Status quo bei Subunit-Impfstoffen, wovon Novavax in Kürze erhältlich sein sollte. Die Impfung enthalte das Spike-Protein, in Nachtfalterzellen gentechnisch produziert und aufwendig extrahiert, und läge in der Schutzwirkung gleichauf mit mRNA-Impfstoffen. In Entwicklung (und in Indien mit Corbevax sowie auf Kuba mit Soberana auch bereits in Verwendung) befänden sich Subunit-Impfstoffe, die lediglich die rezeptorbindende Domäne verwenden. Sämtliche Impfstoffe kämpften mit der nachlassenden Schutzwirkung sowie häufigen Mutationen am Spikeprotein. „Was uns etwas enttäuscht hat“, so Heinz, sei die Tatsache, dass die Impfung nur wenig Wirkung auf die Virusausscheidung und Übertragbarkeit habe. Hier könnten intranasale Impfstoffe Abhilfe schaffen. Mehr Schmerz, weniger Erythem Michael Kundi, Leiter der Abteilung für Umwelthygiene und Umweltmedizin am Zentrum für Public Health der MedUni Wien, gab einen Überblick über Nebenwirkungen der COVID-Impfstoffe. Im Gegensatz zu anderen Impfungen käme es Immunsupprimierte impfen! Ursula Wiedermann-Schmidt gab Einblick in die Impfstrategien bei immunsupprimierten Personen, immerhin rund 250.000 Personen in Österreich. Sie zählen in puncto COVID-19 zu den Hochrisikopatienten, zudem sei bei dieser Personengruppe die Transmissionsrate in beide Richtungen erhöht und es käme häufiger zu Durchbruchsinfektionen. „Es handelt sich um eine sehr heterogene Gruppe, bei der in Einzelfällen oder für bestimmte Gruppen ein stratifiziertes oder personalisiertes Impfen angebracht ist“, erläuterte Wiedermann-Schmidt. Ausschlaggebend für den Impferfolg sei weniger die Krankheitsentität als die Therapieform und Medikamentendosis (auch Abstand zur Gabe). Wegen der höheren Antigenmenge sei bei dieser Patientengruppe die Impfung von Moderna angeraten. Wiedermann-Schmidts Team hat untersucht, inwieweit sich Rituximab (für Onkologie- und Rheumapatient*innen), Tacrolimus (nach Transplantationen) sowie Fingolimod (bei MS) auf den COVIDhäufiger zu Schmerzen an der Einstichstelle, dafür seltener zu einem Erythem. Einen Image-Bias ortet Kundi bei Vaxzevria, das vorwiegend an Gesundheitspersonal verimpft wurde, das von Berufs wegen – und daher vermutlich häufiger – Nebenwirkungen melde. Die Reaktogenität der COVID-Impfstoffe sei relativ hoch, die meisten Reaktionen verschwänden aber innerhalb von drei Tagen. Generell sei die Immunreaktion auf eine Impfung nach sechs Wochen abgeschlossen, überhaupt bei den COVID-Impfstoffen, deren Bestandteile komplett verstoffwechselt würden. Die derzeit übliche passive Surveillance eigne sich gut zur Detektion seltener schwerer Nebenwirkungen. Die gemeldeten Fälle würden dann mit der Hintergrundinzidenz abgeglichen. Anaphylaxien wurden selten beobachtet (1–5 Fälle pro 100.000 Dosen), Thrombozytopenien ebenfalls. Nun werde immer wieder auch eine aktive Surveillance gefordert, die es aber noch nie für alle Geimpften gegeben habe. Weiters berichtete er, dass sich die jährlich gemeldeten (nicht anerkannten!) Impfschäden von rund zehn vor der COVID-Impfung auf 431 im Jahr 2021 gesteigert haben (407 zur COVID-Impfung). Dabei zeigt sich, dass sich plötzlich auch die Meldung für längst etablierte Impfungen mehr als verdoppelt hat. 19-Impfer folg auswi rken. Dabei kristallisierte sich Rituximab als besonders problematisch heraus, da es die B-Zellen eliminiert. Die zelluläre Impfantwort finde jedoch trotzdem statt. Wiedermann-Schmidt empfiehlt als Prädiktor für das Impfansprechen eine Lymphozytentypisierung vor der Impfung sowie ein 3+1-Impfschema für alle Immunsupprimierten. Bei Non-Respondern oder nach drei erfolglosen Impfungen sei eine präexpositionelle Behandlung mit monoklonalen Antikörpern empfehlenswert. Die Vermessung der Impfskepsis Einen Beitrag zum Thema Impfskepsis aus verhaltenswissenschaftlicher Perspektive lieferte Robert Böhm, Professor für Sozialpsychologie der Universität Wien. Zur Klassifizierung der Gründe für das (Nicht-)Impfen stellte er das 7-C-Modell vor: Entscheidend seien Confidence, Complacency, Constraints, Calculation, Collective Responsibility, Compliance und Conspiracy. „Unsere Fragebögen zeigen normalerweise eine Differenz zwischen Geimpften und Ungeimpften „ … die COVID-19-Pandemie habe zu einer ‚Revolution in der Impfstoffherstellung und -entwicklung’ geführt …“
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