AERZTE Steiermark | März 2022

Pandemie & Schule Lockdowns Opfer von Gewalt zu werden. Das Risiko ist dann besonders erhöht, wenn Heimquarantäne vorliegt, finanzielle Sorgen (z. B. aufgrund von Kurzarbeit) bzw. der Verlust des Arbeitsplatzes eines der Elternteile den Alltag beeinträchtigen oder eine Partnerin/ein Partner oder beider Partner*innen an psychischen Erkrankungen leiden. Haushalte, in denen kleine Kinder (unter 10 Jahren) leben, sind ebenfalls überproportional von Fällen häuslicher Gewalt betroffen. Eine wesentliche Empfehlung der Studie von Steinert und Ebert ist die Verbesserung der Bewerbung einschlägiger Hilfsangebote in der Öffentlichkeit, da viele befragte Frauen angaben, nicht zu wissen, wo sie Hilfe erhalten könnten. Auch für Kinder und Jugendliche ist es wesentlich, über Hilfs- und Unterstützungsangebote Bescheid zu wissen. Für Kinder und Jugendliche können Lehrer*innen (bzw. pädagogisches Personal in Kindergärten etc.) oder Trainer*innen in Vereinen (Sportvereine, Chöre etc.) Vertrauenspersonen darstellen. Auch Akteur*innen des schulischen Supportsystems können wichtige Ansprechpersonen sein. A. Huber-Stuhlpfarrer Kinder und Jugendliche haben seit Beginn der Pandemie durch Lockdowns und Schulschließungen den Wegfall eines prägenden Teiles ihrer Lebenswelt und der Strukturierung ihres Al ltags erfahren. Zudem haben Covid-Maßnahmen auch die Freizeitgestaltung der Kinder und Jugendl ichen verändert: Neben sozialen Einschränkungen konnten Schü ler*innen ihren gewohnten Freizeitaktivitäten beispielsweise in Sport- und Musikvereinen nur mehr eingeschränkt oder gar nicht mehr nachgehen. Umso mehr kommt der Aufrechterhaltung des Schulbetriebes in Präsenz eine wichtige Bedeutung zu, um für Kinder und Jugendliche „ein Stück Normalität” zu ermöglichen. Auswirkungen auf die psychische Gesundheit der Schüler*innen Über Ergebnisse einer Studie der Donau-Universität Krems in Kooperation mit der Medizinischen Universität Wien (mit rund 3000 befragten Schüler*innen ab 14 Jahren) berichtet Irene Brickner im Standard (2021): Mehr als die Hälfte der befragten Schüler*innen geben an, unter einer depressiven Symptomatik zu leiden, die Hälfte gab an unter Ängsten zu leiden und ein Viertel der befragten Schüler*innen litt unter Schlafstörungen. 16 Prozent der Befragten gab gar das Vorhandensein von suizidalen Gedanken an. In den vergangenen Monaten der Pandemie sind neben Schulpsycholog*innen auch zunehmend Schulärzt*innen mit suizidalen Krisen von Schüler*innen konfrontiert. Schulärzt*innen sind oftmals vor Schulpsycholog*innen vor Ort, führen Entlastungsgespräche und leiten betroffene Schüler*innen und ihre Familien gezielt an weiterführende professionelle Unterstützungs- und Behandlungsangebote weiter. Das allgegenwärtige Thema Corona mit seinen Auswirkungen auf die tägliche Lebensgestaltung von Kindern und Jugendlichen kann auch ein Gefühl von Ausgeliefertsein erzeugen. Je nach sozialen und psychischen Ressourcen der Familien kann sich dies unterschiedlich auswirken. Karl Vavrik, Neuropädiater, Sozialpädiater und Psychotherapeut in einem Gespräch mit Heinz Wagner im Kurier erklärt, wie Kinder und Jugendliche in der aktuellen Situation unterstützt werden können. Es kann sich positiv auf Kinder und Jugendliche auswirken und zu einer geringeren Verunsicherung führen, wenn sie in einem guten sozialen Netz eingebettet sind, sich auch sonst im eigenen Leben weitgehend sicher fühlen und Antworten auf ihre Fragen bekommen und sich mit den eigenen Sorgen und Nöten aufgehoben fühlen können (vgl. Wagner 2020). Dass sich sozioökonomische Verhältnisse auf Gesundheit auswirken, ist seit längerem bekannt. Richard Wilkinson & Richard Marmot (2004) haben ausführlich die Zusammenhänge von sozioökonomischem Status und Krankheit analysiert und wiederholt auf diese hingewiesen. Besonders stark betroffen scheinen Kinder und Jugendliche aus sozial schwächer gestellten Familien. Aktuell sind laut Daten der EU-SILC 2020 knapp 22 Prozent der unter 18-Jährigen in Österreich armutsgefährdet (vgl. Allinger & Lichtenberger 2021, S. 5). Zunahme an Gewalt … Auch häusliche Gewalt im Rahmen der Corona-Pandemie muss als Problem in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt werden. Auch wenn Gewalt an Frauen und Kindern in al len gesel lschaftlichen Schichten vorkommt, konnte in einer aktuel len Studie von Janina Steinert und Cara Ebert (2021) gezeigt werden, dass es Risikofaktoren für Frauen und Kinder gibt, während eines 24 Ærzte Steiermark || 03|2022 … ein schulärztlicher Blick Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf die Schüler*innengesundheit „Die COVID-19-Pandemie hat insbesondere zu einer deutlichen Zunahme an psychischen Belastungen und Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter geführt.“ Angela Huber-Stuhlpfarrer Foto: Opernfoto

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