AERZTE Steiermark | März 2022

Bereich Ærzte Steiermark || 03|2022 7 Es klemmt an allen Ecken und Enden. Der Ärztemangel trifft (nicht nur) die Steiermark voll. Nicht, dass es hierzulande generell zu wenig Ärztinnen und Ärzte gäbe – nein, sie fühlen sich nur in einem überbürokratisierten, alles andere als wertschätzenden öffentlichen Gesundheitssystem schlecht. Und viele – glücklicherweise nicht alle – verlassen es. Eine große Zahl von Patientinnen und Patienten, die sich die zumeist recht überschaubaren Mehrkosten leisten kann und will, tut es ihnen gleich. Sie fühlen sich im Sanatorium, im privaten Krankenhaus, in der Wahlarztpraxis einfach besser aufgehoben. Und was machen Politik und Verwaltung? Sie verschlechtern die bereits schlechten Rahmenbedingungen für jene, die dem System treu geblieben sind (und weiter treu bleiben wollen), sie beschimpfen diejenigen, die aus guten Gründen das System verlassen haben und sie geben viel Steuergeld für Projekte aus, die wenig bis nichts zur Lösung der akuten Probleme beitragen. Beispiel: An den Landeskrankenhäusern fehlen nach offizieller Lesart gut 150 Vollzeitärztinnen und -ärzte. Das ist ein fundamentales Problem. Einerseits, weil jene, die da sind, in Arbeit ersticken und regelrecht ausgesogen werden, andererseits, weil die Patientinnen und Patienten unter dem Mangel leiden. Nun hat man, um dem akuten Ärztemangel zu begegnen, beschlossen, neun Millionen Euro einer nicht-steirischen Privatuniversität zu geben, damit in sechs Jahren die ersten 20 Absolventinnen und Absolventen in die Steiermark kommen. Damit wird das jetzt bestehende Ärztemangelproblem nicht gelöst, die öffentliche Grazer Med Uni ist verständlicherweise irritiert und die Öffentlichkeit verständnislos. Man kann also sagen: Problem zwar erkannt, aber nicht gelöst und viele „verböst“. Auf diejenigen zu hören, die sich auskennen (und sie rechtzeitig einzubinden), wäre eine politische Tugend, die zu guten und stabilen Lösungen führt. Einsame Entscheidungen in politischen Elfenbeintürmen führen dagegen ins Chaos. Das gilt gerade in den wechselhaften Zeiten, in denen wir uns gerade bewegen. Dr. Herwig Lindner ist Präsident der Ärztekammer Steiermark. Es gibt die Kassenstellen, für die sich trotz intensiven Bemühens keine Bewerbungen finden. Es sind allgemeinmedizinische und fachärztliche Stellen in verschiedenen Regionen der Steiermark. Die Ursachen für das geringe Interesse sind vielfältig: Es hat natürlich etwas mit der an manchen Orten geringen wirtschaftlichen Attraktivität zu tun. Wobei das ja ein generelles Problem ist, dass die steirischen ÖGK-Fallwerte in praktisch allen Fächern teils nur ein wenig, teils aber sehr deutlich unter dem Österreichschnitt liegen. An einer Verbesserung arbeiten wir stetig, aber die berühmte „Harmonisierung“ ist leider noch längst nicht so weit, wie sie sein sollte. Die ÖGK hat das Problem zumindest in der Steiermark erkannt, aber jetzt muss sie es den „Wiener Zentralstellen“ mit der nötigen Eindringlichkeit vermitteln. Mangelnde Wertschätzung und die massive Bürokratie sind weitere Gründe, warum Ärztinnen und Ärzte zögern, sich um Kassenstellen zu bemühen. Was nicht zu vergessen ist: Viele Patientinnen und Patienten gehen auch lieber zu NichtKassenärztinnen und -ärzten, weil sie sich dort besser aufgehoben fühlen. Aber es gibt noch einen Grund: nicht genug Information. Denn es gibt Stellen, die durchaus attraktiv sind, nur das Image ist nicht gut. Daran können und wollen wir sofort arbeiten. Und zwar mit Videokonferenzen, an denen die (nicht) interessierten Ärztinnen und Ärzte authentische Informationen bekommen: von Ärzt*innen der Ärztekammer, von den Gemeinden, von ortskundigen Kolleginnen und Kollegen, aber – das ist zumindest mein dringender Wunsch – auch von der Österreichischen Gesundheitskasse. Information bedeutet, es wird reiner Wein eingeschenkt, es wird nichts beschönigt, aber auch nichts schlechter dargestellt, als es ist. Vizepräsident Dr. Christoph Schweighofer ist Obmann der Kurie Niedergelassene Ärzte. extra Christoph Schweighofer Gute Information für mehr Kassenstellen Standortbestimmung Herwig Lindner Auf diejengen hören, die sich auskennen d batte Fotos: Pacchernegg, Oliver Wolf, Elke Meister, Schiffer, Grafik: Konrad Lindner

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