Ærzte Steiermark || 04|2022 13 Fotos: Nikola Milatovic, beigestellt Ärztin im besonderen dienst Idee für eigenes Tattoo Sich selbst hat ReischiesMeikl noch nicht tätowieren lassen, obwohl sie schon eine Idee im Hinterkopf trägt: Sobald ihr älterer Sohn seinen Namen selbst schreiben kann, würde sie sich diesen in seiner Handschrift tätowieren lassen. „Aber derzeit interessiert er sich ausschließlich für Lego“, erzählt sie. Vor den klassischen Tätowierer*innen und deren Handwerkskunst hat sie ebenso viel Respekt wie vor ihren Lehrmeister*innen in medizinischem und kosmetischem Tätowieren. „Jeder fertig ausgebildete Tätowierer könnte eine Brustwarze tätowieren“, ist sie überzeugt. „Aber Menschen nach so einem grav ierenden medizinischen Eingriff brauchen eine vollkommen andere Atmosphäre als ein Tattoostudio. Sie Risiko-Bias Die medizinischen Aspekte des Tätowierens stehen für Reischies-Meikl selbst aber durchaus im Fokus. „Ich bin nicht unkritisch gegenüber Tätowierungen! Im Bereich der Tattoo-Sicherheit ist noch viel zu tun.“ In den Medienberichten über die gesundheitlichen Risiken von Tattoos ortet Reischies-Meikl einen erstaunlichen Bias: „Eine – übrigens nicht bestätigte – mögliche Kanzerogenität der Farben wird aufgebauscht, ohne ausreichende Belege. Unzureichend behandelt wird hingegen das Risiko einer schweren allergischen Reaktion.“ Diese sei nicht einfach mit zwei Wochen Cortisoncreme zu behandeln, sondern ziehe im Ernstfall ein Entfernen des gesamten Tattoos inklusive Hauttransplantation nach sich. Wo ursprünglich ein ästhetisch gestaltetes Kunstwerk zu sehen sein sollte, präsentiert sich dann eine auffällige Narbe. Deren Aussehen man dann nicht mehr mit einem Tattoo verbessern kann … brauchen einen geschützten intimen Rahmen.“ Diesen finden sie bei Reischies-Meikl in einem ärztlichen Ambiente. Zu den schönsten Erfahrungen von Reischies-Meikl zählen jene Momente, in denen die (zumeist) Frauen ihre neue Brustwarze im Spiegel sehen. „Da kommen manchen schon die Tränen.“ Alle Kund*innen profitieren von Reischies-Meikls ärztlichem Hintergrund. „Ich weiß, was die Frauen hinter sich – und oft noch vor sich – haben. Ich kenne Narben im Zeitverlauf und kann entscheiden, ab wann eine Tätowierung möglich ist“, erklärt Reischies-Meikl. Sie sieht aber auch, wenn der Hautmantel über dem Silikonpolster zu dünn für eine Tätowierung ist oder erklärt Betroffenen überzeugend, warum nach manchen hautonkologischen Operationen keine Narbenkorrektur möglich ist: „Die Narbe muss beurteilbar bleiben, um dermatologische Rezidiv-Kontrollen zu ermöglichen.“ Zweites Standbein Reischies-Meikl sieht es als Privileg, in dieser Nische zu arbeiten und sich die Arbeit selbst einteilen zu können. „Daneben brauche ich nicht viel Entspannung – und wenn doch, finde ich sie im Zeichnen.“ Neben ihrem kreativen Potential sind es Empathie, aber auch Ehrgeiz, die sie selbst als ihre wesentlichen Charaktereigenschaften ansieht. Beim Tätowieren schöpft sie aus dem Vollen ihrer künstlerischen Begabung: vom richtigen Gefühl bei der Auswahl der zum Hauttyp passenden Farbe bis zum Gespür für die Symmetrie im Körperbild. Sie setzt sich aber auch für die Rechte ihrer Patient*innen ein und verhandelt mit den Krankenkassen über die Kostenübernahme ihrer Behandlungen. Und noch ein Lebensziel strebt sie an: „Mittelfristig möchte ich auch in meiner Heimatstadt Berlin medizinisches Tätowieren anbieten.“ Sorgsame Korrektur einer Bauchnarbe: Mit gekonnten Tatoos kann die Lebensqualität klar besser werden. BrustwarzenTattoo (rechtes Bild) nach Rekonstruktion.
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