AERZTE Steiermark | April 2022

40 Ærzte Steiermark || 04|2022 Foto: Adobe Stock Buch ursula scholz Unbestritten zählt das Management der COVID-19-Pandemie in Österreich nicht zu den Glanzleistungen der Krisenbewältigung. Aber wäre die Performance automatisch besser gewesen, wenn das Krisenmanagement ausschließlich in die Hände von Frauen gelegt worden wäre, wie es die beiden Autor*innen Ruth Reitmeier und Alexander Foggensteiner in ihrem Vorwort andeuten? Frauen seien auf der Suche nach sachlich sinnvollen Lösungen gewesen, wo Männer getobt hätten, nicht immer zugehört, quergeschossen und grobe Fehler gemacht und diese auch noch wiederholt? Es gibt nur eine Chance für die Realität – wir werden also nie erfahren, inwieweit überwiegend männliches Machtgehabe oder inwieweit Hilflosigkeit angesichts einer unerwarteten Herausforderung die schlechte Performance geprägt haben. Diversität – in jede Richtung Unternehmen profitieren von Diversität. Diversität in puncto Geschlechtervertei lung ebenso wie in puncto kultureller und sozioökonomischer Hintergründe. Das gilt sicher auch für das Gesundheit ssys tem und rechtfertigt ganz klar den Ruf der Autor*innen nach stärVerteilungskämpfe sind vorprogrammiert. Aus einer fragwürdigen Performance männlich dominierter Entscheidungsgremien automatisch abzuleiten, dass der Beitrag der Männer zur Problemlösung prinzipiell weniger wert kerer weiblicher Präsenz in diesem lebensnotwendigen Bereich, der noch dazu in den unteren Rängen deutlich weiblich dominiert ist. Einer anzustrebenden weiblichen Präsenz werden naturgemäß auch Männer weichen müssen; ist, könnte jedoch als umgekehrte Geschlechterdiskriminierung eine künftige konstruktive Zusammenarbeit von Männern und Frauen untergraben. Weibliche Mehrheit, männliche Macht In ihren Vorbemerkungen zu den 20 vielfältigen und teils sehr einfühlsam gestalteten Frauenportraits liefern Reitmeier und Foggensteiner eine stabile Datenbasis für ihre Forderung nach stärkerer weiblicher Vertretung in entscheidenden Posit ionen des Gesundheitssektors: Während Frauen unter den Absolvent*innen des Medizinstudiums bereits mehr als die Hälfte stellen, sind nur 11,9 Prozent der Primarärzt*innen weiblich. Es gibt nur eine einzige Landesärztekammer-Präsidentin, die zudem die erste Frau in dieser Funktion ist. Hingegen umfasste das nichtärztliche Personal in Österreichs Spitälern Ende 2020 rund 98.000 Beschäftigte, wovon mehr als 80.000 Frauen waren und auch unter den angestel lten Ärzt*innen stellen die Frauen mittlerweile (knapp) die Mehrheit. Der Überhang an Männern in führenden Positionen lässt sich daher absolut nicht mit mangelnder Auswahl an geeigneten Kandidatinnen erklären. Heilende Frauenhände? Die gewagte These, unter weiblicher Führung wäre das Pandemiemanagement besser (gewesen), stellt das Autorenteam von „Medizin in Frauenhand. So retten Frauen das Gesundheitssystem“ in den Raum. Ruth Reitmeier und Alexander Foggensteiner haben 20 „Superheldinnen“ der österreichischen Gesundheitsszene portraitiert, die sich selbst jedoch in ihrer menschlichen Begrenztheit präsentieren. „Während Frauen unter den Absolvent*innen des Medizinstudiums bereits mehr als die Hälfte stellen, sind nur 11,9 Prozent der Primarärzt*innen weiblich.“

RkJQdWJsaXNoZXIy NDYwNjU=