Krebsreport Zehn medizinische Fachgesellschaften, die Österreichische Krebshilfe, Gesundheit Österreich GmbH (GÖG), Statistik Austria: Expert*innen aus den verschiedensten Bereichen haben ihr Fachwissen und ihre Daten zum Krebs und zur Versorgung an Krebs erkrankter Menschen im ersten Österreichischen Krebsreport zusammengeführt. Leitthema war „COVID-19 und Krebs“; zählen doch Patient*innen in laufenden onkologischen Therapien in der Pandemie zur Hochrisikopopulation. Ihre Mortalität von 16,5 Prozent liegt deutlich über jener der Allgemeinbevölkerung. Und es geht dabei um eine beachtliche Gruppe: In den vergangenen 10 Jahren stieg die Anzahl der jährlichen Neuerkrankungen von rund 39.000 auf über 42.000 – weil mehr Menschen ein höheres Lebensalter erreichen und weil aufgrund verbesserter Diagnostik mehr Früherkennung möglich wurde. Derzeit erleiden 35 Prozent der österreichischen Bevölkerung im Laufe ihres Lebens eine Krebserkrankung. Finanziell unabhängig Finanziert wurde das knapp 70-seitige Kompendium, das bewusst werbefrei erstellt wurde, von den Initiatoren, der Österreichischen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (OeGHO) und von der Österreichischen Krebshilfe. Ein elfköpfiges Redaktionsteam, in dem auch OeGHO-Präsident Wolfgang Hilbe und der Präsident der Österreichischen Krebshilfe Paul Sevelda vertreten sind, hat unter den erschwerten Bedingungen der Pandemie für die Zusammenführung der Informationen gesorgt. Die wissenschaftliche Leitung des Österreichischen Krebsreports, der nun alljährlich zum Weltkrebstag am 4. Februar erscheinen soll, liegt in den Händen von Armin Gerger, der als Assoziierter Professor an der Med Uni Graz sowie an der Klinischen Abteilung für Onkologie des Grazer LKHUniversitätsklinikums tätig ist. Gesamtschau, Multidisziplinarität, Innovation Die drei wichtigsten Kernaussagen des Österreichischen Krebsreports sieht Gerger in den folgenden Punkten: Zunächst darin, dass es erstmals möglich war, eine derartig umfassende Gesamtschau über Krebs in Österreich zu erstellen, unter Mitwirkung verschiedener Institutionen und Berufsgruppen. Teils konnten unabhängig voneinander erhobene Zahlen zum ersten Mal in einen Zusammenhang gebracht werden. So hat sich aus der Zusammenführung von Datenquellen zeigen lassen, wie sich der Einbruch der Brustkrebs-Screenings im Frühling 2020 in einer deutlichen Reduktion von Brustkrebs-Operationen im Frühsommer abgebildet hat. Weiters führt der Krebsreport die Multidisziplinarität der Versorgung vor Augen, sowohl im medizinischen Bereich, wo mittlerweile unter anderem internistische Onkologie, Pathologie, Chirurgie und Radioonkologie Hand in Hand agieren, als auch durch Einbringung der Expertise anderer Berufsgruppen – von der Diätologie über die Physiotherapie bis zur Psychoonkologie. Und schließlich zieht sich durch alle Kapitel die Erkenntnis, wie innovativ und dynamisch das Feld Krebsdiagnostik und -therapie ist – von der Grundlagenforschung bis zur Etablierung neuer Behandlungsmöglichkeiten. Mit 913 wissenschaftlichen Arbeiten in onkologischen Fachjournalen und 622 Publikationen in anderen Fachjournalen allein im Jahr 2020 ist der ebenfalls im Krebsreport dokumentierte Forschungsoutput enorm. Kommt beim Patienten an „Die Statistiken zeigen auch, dass Patienten mit Tumorerkrankungen mittlerweile länger leben, das heißt, all diese Anstrengungen kommen beim Patienten an“, betont Gerger. Insbesondere in den Bereichen Magen- und Lungenkarzinom sowie bei der CAR-T-Zelltherapie zeigt der Report große Fortschritte auf. Zahlreiche Patient*innen sind zudem in klinische Studien eingeschlossen. Die Betreuung fokussiert sich aber nicht nur auf medizinische Aspekte; gerade im Bereich der psychosozialen Beratung konstatierte die Krebshilfe in Zeiten der Pandemie einen deutlich erhöhten Bedarf. Der Österreichische Krebsreport 2023 wird den Fortschritten in der Versorgung von Menschen mit Krebs gewidmet sein. ht tps://www.krebshilfe.net/ information/krebs-in-oesterreich/oesterreichischer-krebsreport 46 Ærzte Steiermark || 04|2022 „Innovatives und dynamisches Feld“ Der erste Österreichische Krebsreport führt umfassend Daten zusammen und zeigt die Multidisziplinarität der Versorgung von an Krebs Erkrankten auf. Neben innovativen Behandlungsansätzen beeindruckt, wie rasch sich die Krebsvorsorge in der Pandemie wieder erholt hat. Screenings auf der Achterbahn Die Früherkennung des Mammakarzinoms, mit jährlich rund 5.500 Neuerkrankungen die häufigste Tumorart bei Frauen, erlitt zu Beginn der Pandemie einen dramatischen Einbruch: minus 56 Prozent Screening-Fälle im März 2020, minus 86 Prozent im April 2020. Durch Bewusstseinsarbeit und umfassende Sicherheitskonzepte erholte sich die Screening-Bereitschaft jedoch so weit, dass der große Lockdown im Herbst keinen Einbruch mehr brachte und übers Jahr gesehen lediglich ein Minus von 12,75 Prozent im Vergleich zu 2019 festzustellen war. Bei den Vorsorgekoloskopien war eine ähnliche Entwicklung zu verzeichnen, wobei sich im Jahresvergleich ein Minus von 14,82 Prozent ergeben hat.
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