Ærzte Steiermark || 05|2022 13 12 Ærzte Steiermark || 05|2022 cover cover ebenfalls umgesetzt werden. Mou s s a nennt die „Attraktivierung der Al lgemeinmedizin/ PV („Fach“-Ärztin/-Arzt für Allgemeinmedizin), Zusammenarbeitsformen und Honorarmodelle ohne Limite und Degressionen, Definition des Leistungsspektrums sowie moderne medizinische Leistungen – etwa Sonographie und POC-Diagnostik – als notwendige Schritte in der Al lgemeinmedizin. Zudem verlangt er „Schwerpunktmaßnahmen bei den primärversorgenden Fächern Gynäkologie und Kinder- und Jugendheilkunde sowie dringliche Tarifanpassung der Impf- und MKP-Tarife“. Vor allem für die hausärztliche Primärversorgung wäre eine bessere Honorierung entscheidend, ist Brodnig überzeugt. Derzeit würden „nicht einmal alle essentiell notwendigen Untersuchungen – EKG, Blutbild, CRP, D-Dimer – zur Notfalldiagnostik oder zur gezielten Antibiotikatherapie österreichweit einheitlich vergütet“. Sacherer verlangt „eine national wettbewerbsfähige und marktkonforme Bezahlung“ – im Spital genauso wie in der Niederlassung. Lindner hält die bessere Honorierung bzw. Entlohnung ebenfalls für „dringlich“. Und ergänzt: „Jeder Gesundheitsökonom weiß, jeder Politiker ahnt, dass unkoordiniert im System umherirrende Patienten teuer und belastend sind.“ Eine PatientenstromUND Ä r z t e und s icher ein hoher Attraktivitätsfaktor für einen Standort“. Ebenso betrachtet Posch eine angemessene Kinderbetreuung als notwendig. Für Sacherer sind an die Arbeitszeit angepasste Kinderbetreuungsangebote ebenfal ls „unbedingt“ erforderlich. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie werde in Zukunft eine deutlich größere Rolle spielen, ergänzt Meister. Viele europäische Staaten würden bereits zeigen, wie es gehe. „Der Aufholbedarf in Österreich ist diesbezüglich enorm“, sagt er. Online-Angebote Hier geht es einerseits um die auch telemedizinische Versorgung von Patient*innen und andererseits um Online-Fortbildungsangebote. Für Smolle sind mehr Online-Angebote zwar wünschenswert, aber sie würden die Probleme „nicht entscheidend lösen können“. Harb und Harrer sind dagegen der Meinung, dass Digitalisierung in der ärztlichen Versorgung in der Zukunft forciert werden müsse. Erste Beispiele der ÖGK seien die telemedizinische Behandlung (visit-e) und das Pilotprojekt Teledermatologie in den Bezirken Liezen und Leibnitz. Diese dienten sowohl dem Service an den Patient*innen als auch der Entlastung der s teuerung sei daher u nu mg ä n g - lich. Nachsatz: „Jedoch fehlt der Politik der Mut, dieses Problem anzupacken.“ Eine Verbesserung der Rahmenbedingungen ist – wenig überraschend – für alle sinnvoll. Aber was ist darunter zu verstehen? Flexiblere Arbeitszeiten Flexiblere Arbeitszeiten sind für Rabady und Poggenburg „insbesondere im Hinblick auf Work-Life-Balance und Familien“ wesentlich. Sie würden aber auch „für ältere Kolleg*innen zunehmend interessant“. Höhere Flexibilität halten sie „bei der Gestaltung neuer Zusammenarbeitsformen im Primärversorgungsbereich abseits der strikten Modelle von PVEs und Netzwerken“ für wünschenswert. Dafür sollte es auch „deutlich mehr Unterstützung seitens der Sozialversicherungsträger in der Umsetzung und Ermöglichung solcher an die regionalen Gegebenheiten und Versorgungsnotwendigkeiten angepassten bottom-up-gestalteten Modelle geben“. Dazu sollte auch die Schaffung einer eigenen Anlaufstelle für interessierte Kolleg*innen gehören. Für den Bereich der Landeskrankenhäuser und sonstigen Fonds-Spitäler verlangt Sacherer nur mehr „freiwillige Nachtdienste“ ab dem Alter von 60 Jahren. Als BetriebsÄrzt*innen. „Der Aus - bau von EHealthangeboten müsse nicht zwingend zu einer Attraktivierung führen, sondern könne auch einen ‚aufreibenden’ Mehraufwand bringen“, wendet Schweighofer ein. Spezifische Angebote wie die Kontrolle des Zucker-Tagesprofils, BlutdruckProtokoll o. ä. auf Anfrage zu jeder Tages- und Nachtzeit würden eine Rund-um-die Uhr-Verfügbarkeit für die Patient*innen suggerieren. Online-Angebote müssten jedenfalls „qualitätsgesichert und zertifiziert“ sein, verlangt Lindner. Jedes Online-Angebot, das von der Öffentlichen Hand oder der Sozialversicherung bezahlt werde, müsse „einen Nutzen-Nachweis erbringen, wie es bei Medikamenten der Fall ist“. „Mehr Online-Angebote bei überregionalen Fortbildungen der Ärztekammer“ wi l l Zweiker als Service für die Ärzt*innen. Postpromotionelle Ausbildung Der Ausbau gezielter postpromotioneller Ausbildung ist für Zweiker „jedenfalls sinnvoll und wichtig“ und eine spezifische Ausbildung für die angestrebte spätere berufliche Position „definitiv notwendig“. Als Beispiele nennt sie für den Bereich der niedergelassenen Al lgemeinmediziner*innen Praxismanagement und -organisation, Anforderungen im Rahmen eines Hausberatsvorsitzender hat er das im Bereich der Medizinischen Universität Graz bereits erreicht. Es ist also möglich. Ein unbedingtes Ja zu mehr Flexibilität kommt auch von Gerhard Posch. Ebenso sieht Smolle darin eine Chance „in erster Linie als f lexible Kooperat ionsmodel le im niedergelassenen kassenärztlichen Bereich: Anstellung von Ärzt*innen bei Ärzt*innen, Gruppenpraxen, Jobsharing, Teilzeitlösungen, Primärversorgungszentren und -netzwerke“. Für Glehr ist das „sicher sinnvoll“, es wären aber Organisationsprobleme zu lösen. Insbesondere sei die Arbeitsleistung im stationären Bereich neu zu denken: „Dass alle Arbeit am Vormittag zu verrichten ist, könnte sicher hinterfragt werden.“ Harb und Harrer halten viele Probleme für bereits gelöst: „Einzelkämpfertum in einer Kassenpraxis muss nicht mehr sein.“ Mittlerweile gebe es verschiedene Modelle: Gruppenpraxen, Primärversorgungseinheiten, Erweiterte Stellvertretung, Jobsharing, Nachfolgepraxen. Seit Oktober 2021 sei in der Steiermark auch die Anstellung von Ärzt*innen in Ordinationen möglich. Somit sei eine Kassenpraxis mit Familienleben und Teilzeittätigkeit vereinbar. Diese Modelle müssten in Zukunft bedarfsgerecht weiterentwickelt und angepasst werden. Erreichbarkeit Harb/Harrer verweisen auf bereits Erreichtes: Die Verlegung suchs, Nutzung des orientierenden Ultraschalls, POCTLabordiagnostik, Risikostratifizierung von Patient*innen, Vermeidung der Polypharmazie bei gleichzeitiger Verhinderung der therapeutic inertia, eventuell Hausapothekenmanagement, diverse Ansuchen, Dokumentationen und vieles mehr. Bewährt hätten sich die Hybrid-Formate der Fortbildung. Das Interesse für Allgemeinmedizin müsse „schon im Studium geweckt und das Image der Allgemeinmedizin vor allem bei fachärztlichen Kollegen verbessert werden“, sagt Schweighofer. Lindner will den Ausbau der Lehrpraxis und Mentoring-Programme. Posch verlangt die Förderung von Pflichtfortbildungen durch die Träger im Spitalsbereich. Schweighofer weist auch auf die Unterstützungsmöglichkeiten der Gemeinden „in allen Bereichen“ hin wie leistbare Ordinationsräumlichkeiten, adäquate Arbeitsplätze für Partner*innen, KinderBetreuungsplätze, das Angebot von Wohnmöglichkeiten, etwa durch die Zurverfügungstellung eines Baugrundes und Hilfe beim Eigenheimbau, um Ärzt*innen an eine Region zu binden und dort zu halten. Meister adressiert „die Wertschätzung des Arztberufes bei den Systempartnern“. Solange Ärzt*innen a ls Kostenverursacher*innen gesehen werden und nicht als unersetzbarer Beruf im Gesundheitswesen, werde sich an der Abwanderung nichts ändes Lebensmittelpunktes sei keine Voraussetzung für die Führung einer Kassenpraxis. Auch die meisten Orte in peripheren Regionen wären vom Großraum Graz verkehrsmäßig gut erreichbar. Rabady und Poggenburg wenden dagegen ein, dass es „gerade in abgelegenen Gebieten Österreichs, von denen es eine große Anzahl gibt“, sicher notwendig sei, Maßnahmen zu setzen, die die Erreichbarkeit des Arbeitsplatzes erleichtern. Zu bedenken sei aber auch, dass eine zunehmende Zentralisierung medizinischer Versorgung (Zusammenlegung von Krankenhäusern, größere ambulantere Einheiten) auch dazu führte, „dass unsere Patient*innen – besonders ältere und sozial Schwächere – uns nicht mehr ausreichend gut erreichen können“. Auch Sacherer hält Erreichbarkeitsprobleme für relevante Hemmnisse und ist davon überzeugt, dass es konkreter Lösungen vor Ort bedürfe. Kinderbetreuung Für Smolle ist eine arbeitszeitkonforme Kinderbetreuung „ein wichtiger Punkt zur Attraktivierung der Arbeit, nicht nur für Frauen, sondern auch für Männer, die sich zunehmend ebenfalls ihrer familiären Aufgaben bewusst werden“. Auch für Rabady und Poggenburg ist die Lösung des Kinderbetreuungsproblems „immens wichtig für Ärztinnen dern. Abseits aller Probleme bemüht Smolle sich um einen positiven Zugang: „Ärztin/ Arzt ist ein wunderbarer, verantwortungsvoller, höchst angesehener Beruf mit in der Regel sicherem Arbeitsplatz, verlässlichem Einkommen und guter Zukunftsperspektive. Wir sollen und werden alle unseren Teil dazu beitragen, das berufliche Umfeld weiter positiv zu entwickeln.“ Um Ärzt*innen nach dem Studium für die Gesundheitsversorgung zu erhalten, sei es auch wichtig, „die Jüngsten zu entlasten“, etwa dadurch, dass die Arztprüfung günstiger wird, sagt Sacherer. Moussa nennt ganz grundsätzlich die „engere Kooperation zwischen intra- und extramuralem Bereich sowie ergänzenden medizinischen Angeboten (Rettungs- und Ärztenotdienst, Sanitätsbehörden, NGOs …), um eine optimale entlastende Verschränkung in allen Bereichen und mehr Arbeitszufriedenheit und Resilienz zu erzielen“, als Mittel gegen den Ärztemangel. Posch sagt aus spitalsärztlicher Perspektive, dass es notwendig sei, „Ambulanzen durch Stärkung des niedergelassenen Bereiches zu den Randzeiten und Wochenenden zu entlasten“. Lindner forder t generel l „mehr Kooperation und Ehrlichkeit in der Gesundheitspolitik“. Dazu gehöre auch eine „ehrliche Einbeziehung der Systempartner in die Entscheidungsprozesse“. Weniger Bürokratie Bessere Arbeitsbedingungen „Derzeit werden nicht einmal alle essentiell notwendigen Untersuchungen … österreichweit einheitlich vergütet.“ Richard Brodnig „Zu bedenken ist, dass eine zunehmende Zentralisierung medizinischer Versorgung … auch dazu führt, dass unsere Patient*innen – besonders ältere und sozial Schwächere – uns nicht mehr ausreichend gut erreichen können.“ Susanne Rabady, Stephanie Poggenburg
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