AERZTE Steiermark | Mai 2022

42 Ærzte Steiermark || 05|2022 news MEDIA BASED MEDICINE Innere Uhr elektromagnetisch umstellen Nachtschichten bringen die innere Uhr aus dem Gleichgewicht, lassen das Gehirn schneller altern, erhöhen das Krebsrisiko und stören den Sauerstofftransport im Blut. Die Innsbrucker Chronobiologin Margit Egg hat mit ihrem Team gezeigt, dass sich zelluläre Uhren mit einer schwachen Kernspinresonanztherapie nachjustieren lassen, inklusive direkter Ansteuerung des Hypoxie-Signalwegs. Zumindest bei Zebrafischen. Quelle: derstandard.at, 27. März 2022 Täglich bekommen PatientInnen von den Medien neue „Sensationen“ aus der Welt der Medizin aufgetischt: Frisch publiziert Nutrition, Overweight, and Cognition in Euthymic Bipolar Individuals Compared to Healthy Controls. Reininghaus, B; Dalkner, N; Schörkhuber, C; Fleischmann, E; Fellendorf, FT; Ratzenhofer, M; Maget, A; Platzer, M; Bengesser, SA; Tmava-Berisha, A; Lenger, M; Queissner, R; Schönthaler, EMD; Reininghaus, EZ. Nutrients. 2022; 14(6): Doi: 10.3390/nu14061176 [OPEN ACCESS] https://forschung.medunigraz.at/fodok/pub?id=35334832 Forscherinnen und Forscher der Grazer Medizinischen Universität publizieren regelmäßig in internationalen Journalen. Wir bringen jeden Monat aktuelle Beispiele. In ihrer Hypothese gehen Thomas Kroneis (Med Uni Graz), Amy Boddy (University of California, Santa Barbara), Frank Schildberg (Universitätsklinikum Bonn), Michael Eikmans (Leiden University Medical Center) und Henderson Cleaves (Tokyo Institute of Technology und Blue Marble Space Institute of Science) davon aus, dass Mikrochimärismus weiter verbreitet ist als bisher angenommen und dass die mikrochimären Zellen eine adaptive Rolle in ihren Wirt*innen einnehmen. Dadurch können sie positive Effekte für Mütter und Nachkommen bieten, in Form von Stammzellen oder Schlüsselkomponenten und -signalen für das Immunsystem. Allerdings mag das nicht für alle Gewebe gelten, was zu erhöhter Krankheitsanfälligkeit führen kann. Puzzle der Wissenschaft „Die Analyse sehr seltener Zellen, wie es die mikrochimären Zellen sind, war immer schon eine Herausforderung für die Wissenschaft. Das liegt vor allem daran, dass es nur sehr wenige eindeutige Marker gibt, die für eine unkomplizierte Analyse geeignet sind“, so Kroneis. Der am häufigsten verwendete Marker zur Detektion mikrochimärer Zellen war bisher das Y-Chromosom. „Das beschränkte sich dann aber auf die Erkennung von männlichen fötalen Zellen im Körper ihrer Mütter. Einerseits erlaubt es keine Analyse von Mutter-Tochter-Proben, andererseits erschwert es auch die Analyse von maternalem Mikrochimärismus – also von mütterlichen Zellen in ihren Nachkomm*innen.“ Ein Problem, dem sich Kroneis schon in seiner Dissertation widmete. „Um die richtigen Werkzeuge für unsere Untersuchungen zu entwickeln, werden wir tief in die Trickkiste der Molekularbiologie greifen und neueste Techniken für uns adaptieren.“ Spatial Histology zum Beispiel. „Das ist eine Methode, die die Analyse von Einzelzellen mit ihrer Umgebung in Zusammenhang bringt. Es ist wie bei einem Puzzle. Das volle Bild und somit der Inhalt erschließt sich einem nur, wenn die Puzzleteile am richtigen Ort liegen. Das heißt, auch für mikrochimäre Zellen ist entscheidend, in welchen Geweben sie sich befinden, mit welchen Zellen des Immunsystems in ihrer Nähe.“ Verständnis fördern Die Mission des Projekts, von der John Templeton Foundation mit 5,4 Millionen USDollar gefördert, ist klar: Vorantreiben des Verständnisses von Mikrochimärismus – durch Charakterisierung der mikrochimären Zellen und ihrer Interaktion mit dem Immunsystem in Mensch und Maus: durch generierte Daten wie analytische Werkzeuge und durch Ausrichtung von Veranstaltungen für Expert*innen wie Laien. Weitere Informationen und Kontakt Univ.-Ass. Priv.-Doz. Dipl.- Ing. Dr. Thomas Kroneis Medizinische Universität Graz Lehrstuhl für Zellbiologie, Histologie und Embryologie Tel.: +43 / 316 / 385-71904 E-Mail: thomas.kroneis@medunigraz.at Mikrochimärismus beim Menschen: den fremden Zellen in uns auf der Spur Eine internationale Gruppe von Wissenschafter*innen unter der Leitung von Thomas Kroneis von der Med Uni Graz erforscht den Mikrochimärismus. forschung steiermark Fotos: MUG, Creativ Collection Zitat „Es gibt einen gewissen Satz Menschen, denen kann man es nie recht machen. Und das müssen sich auch Politiker viel bewusster machen.“ Professorin Cornelia Betsch (Gesundheitskommunikation), Universität Erfurt AKUT „Sharply divided“ Wie viele COVID-19-Impfungen und in welchen Abständen sind sinnvoll? Die Skepsis – auch – des Nationalen Imopfgremiums in Österreich gegenüber einer vierten Impfung aka dritten „Booster“-Impfung (off label möglich, aber nicht empfohlen) wird auch international geteilt. Die Argumente sind unterschiedlich: Die Weltgesundheitsorganisation WHO gab bereits im Jänner zu bedenken, dass zuerst die vielen ungeimpften Menschen in ärmeren Ländern zumindest die Grundimmunisierung erhalten sollten, bevor in Industrienationen zusätzliche Auffrischungsimpfungen verabreicht würden. Der israelische Forscher Gili Regev-Yochay verwies auf eine Untersuchung, wonach zwar die dritte Impfung (zeitlich richtig gesetzt) eine deutliche Verbesserung brächte, dagegen die vierte eher nicht. Er bezeichnete den Effekt nur als „nett“. Die Erwartungen an eine Booster-Impfung würde die vierte Dosis aber nicht erfüllen. Die Behörden in den USA halten die vierte Impfung dagegen für sinnvoll – sie raten zumindest Personen ab 50 Jahren dazu. Grundsätzlich zeigt sich anhand der „Vierten-ImpfungsDebatte“ nicht zum ersten Mal das Problem, das entsteht, wenn Wissenschafts- und Publikumskommunikation ineinander übergehen. Wissenschaft und Medizin generell seien „sharply divided“, was den Nutzen der Vierten Impfung betrifft, schrieb die New York Times. Ja, so funktioniert Wissenschaft. Univ.-Ass. Priv.-Doz. Dipl.- Ing. Dr. Thomas Kroneis Ærzte Steiermark || 05|2022 43 LKH Hörgas als Fachärzt*innenzentrum wieder geöffnet Grazer Projekt zu Mikroplastik und Darmgesundheit Über eineinhalb Pandemiejahre fungierte das LKH Hörgas unter der ärztlichen Leitung von Florian Iberer als Nachsorge-Klinik für nicht mehr intensivpflichtige COVID19-Patient*innen; das fachärztliche Zentrum an diesem Standort war in der Zeit geschlossen. Mit Ende März 2022 wurde der stationäre Betrieb wieder eingestellt und die Welche Veränderungen verursachen Mikroplastik-Partikel in unserem Organismus? Ein internationales Projekt am Grazer CBmed erforscht bis 2025 die Folgen. Im Schnitt verspeist – unw i s s ent l i ch – j ede /r Österreicher*in fünf Gramm Mikroplastik pro Woche, das entspricht der Menge einer Kreditkarte. Im soeben gestarteten Projekt microONE wird am Grazer Center for Biomarker Research in Medicine (CBmed) unter der Projektleitung von Wolfgang Wadsak der Frage nachgegangen, ob das in den Darm gelangte Mikroplastik dort zu Zukunft des idyllisch gelegenen Krankenhauses war für kurze Zeit wieder unklar. Mit Montag, 4.4.2022, ging das LKH Hörgas jedoch wieder (wie vor der Pandemie) als Fachärzt*innenzentrum einem veränderten Mikrobiom beziehungsweise zu häufigerem oder aggressiverem Dickdarmkrebs führt. In Kooperation mit 20 nationalen und internationalen Partnerorganisationen wie Universitäten, Forschungseinrichtungen und Unternehmen soll bis 2025 eine Antwort darauf gefunden werden; das finanzielle Projektvolumen mit dem Schwerpunkt auf Stoffwechselerkrankungen in Betrieb. In Hörgas durchgeführ t werden ambulante Behandlungen für Erwachsene nach Zuweisung durch einen niedergelassenen Arzt, Montag bis Freitag von 7.30 bis 14.30 Uhr. Neben der allgemeinen internistischen Versorgung finden Magen- und Darmendoskopien, Bauchultraschall sowie Diagnose und Behandlung von Diabetiker*innen statt. beträgt rund vier Millionen Euro. Gefördert wird das Projekt von der Österreichischen F o r s c h u n g s f ö r d e - rungsgesellschaft FFG sowie den Bundesländern Steiermark und Wien. Der Fokus liegt dabei auf dem Dickdarmkrebs, wei l ein Großtei l der Aufnahme dieser Partikel über den Magen-Darm-Trakt erfolgt, wo Dickdarmkrebs die häufigste Krebsvariante darstellt. Durch die Erkenntnisse von microOne könnte sich der Umgang mit Kunststoffen in der Nahrungsverpackung deutlich verändern. Fotos: Shutterstock, KAGes

RkJQdWJsaXNoZXIy NDYwNjU=