AERZTE Steiermark | Juli August 2022

KONGRESS Der 63. Österreichische Chirurgenkongress der Fachgesellschaft für Chirurgie stand heuer unter dem Motto „Bewährtes optimieren – Neues etablieren“. Neu im heurigen Themen-Portfolio war die Sitzung zum Thema „Frauen in der Chirurgie“. Waren um die Jahrtausendwende rund zwölf Prozent der Chirurg*innen weiblich, steigt ihr Anteil seither stetig. „Im Jahr 2019 sind bei der Facharztprüfung Chirurgie erstmals gleich viele Frauen wie Männer angetreten“, berichtet Martina Lemmerer, Chirurgie-Primaria der Privatklinik Villach und Mitglied der Prüfungskommission. Lemmerer ist auch eine der Chairwomen des Frauen-in-der-ChirurgieBlocks am Chirurgenkongress. „Das Thema Frau und Chirurgie war schon sehr lange gewünscht – und ist nun endlich salonfähig.“ Trotz Parität bei der Facharztprüfung werden die chirurgischen Abteilungen und Kliniken selten von Primarärztinnen geführt. Erfolgreiche Chirurginnen sehen den Faktor, der Frauen in ihrer chirurgischen Berufslaufbahn noch immer häufig bremst, in der Reproduktionsphase: in den eingeschränkten Arbeitsmöglichkeiten während der Schwangerschaft und im Problem der Organisation von wirklich bedarfsorientierter Kinderbetreuung. Für Ärzt*innen muss die Betreuungsmöglichkeit nun einmal sehr spezielle Arbeitszeiten abdecken. Dickes Fell, glückliches Naturell Jene Frauen, die es in der Chirurgie ganz nach oben geschafft haben, sehen naturgemäß die Voraussetzungen für einen Aufstieg in der Männerdomäne gegeben. Ein dickes Fell, so könnte man es flapsig formulieren, mussten Frauen in der Chirurgie: „Kein rosa Leiberl!“ Auf dem 63. Österreichischen Chirurgenkongress Mitte Juni in Graz sprachen namhafte Chirurginnen über ihre Erfahrungen in einer (ehemaligen) Männerdomäne. sie sich allemal zulegen. „Ich bin nicht leicht zu beleidigen und ich habe mich schon auch gewehrt“, erklärt etwa Hildegunde Piza-Katzer, die Doyenne der plastischen Chirurgie, erste entsprechende Ordinaria im deutschsprachigen Raum und HauptOperateurin der ersten erfolgreichen Hand-Transplantation in Österreich. „Es gibt sicher blöde Ansagen zu Frauen in der Chirurgie, aber die waren mir immer sowas von egal“, betont FreyjaMaria Smolle-Jüttner, Leiterin der Abteilung für Thorax- und hyperbare Chirurgie am Uniklinikum Graz im AERZTE Steiermark-Interview. „Ich habe diesbezüglich wahrscheinlich ein glückliches Naturell.“ Smolle-Jüttner sieht die Chirurgie generell als ein Fach, das von Ärztinnen und Ärzten besonderes körperliches wie geistiges Durchhaltevermögen und psychische Stabilität erfordert. „Da geht es rau zu, wir gehen nicht immer liebevoll miteinander um. Aber in Notsituationen arbeiten wir wieder Schulter an Schulter.“ In der Chirurgie sei es wie beim Fußball – mit Fouls sei zu rechnen. „Da kann ich mir als Frau kein rosa Leiberl anziehen, auf dem ,bitte nicht foulen´ steht und mich beim ersten Anzeichen von Müdigkeit vom Platz stehlen. Wer nicht voll mitspielt, wird beim nächsten Turnier nicht aufgestellt – und braucht sich darüber nicht zu wundern.“ ÆRZTE Steiermark || 07_08|2022 23 „Im Jahr 2019 sind bei der Facharztprüfung Chirurgie erstmals gleich viele Frauen wie Männer angetreten.“ Prim. Dr.in Martina Lemmerer „Ich bin nicht leicht zu beleidigen und ich habe mich schon auch gewehrt.“ Univ.-Prof.in Dr.in Hildegunde PizaKatzer „Es gibt sicher blöde Ansagen zu Frauen in der Chirurgie, aber die waren mir immer sowas von egal.“ Univ.-Prof.in Dr.in Freyja-Maria Smolle-Jüttner Fotos: Schiffer, beigestellt

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