ÆRZTE Steiermark || 09|2022 33 NACHFOLGE ziegel über die EDV bis zum Mitarbeiter-Krankenstand alles im Griff haben zu müssen. Eignung abklären Für den Hausarzt-Alltag benötige man eine spezielle Eignung. Michael Wendler hält die Hospitation für die beste Vorbereitung auf eine eigene Ordination. „Nur in der Praxis kann man klären, ob man für diesen Job geeignet ist oder nicht.“ Maria, eines von vier Kindern des Ärzte-Ehepaares Wendler, war zunächst nicht unbedingt medizinisch orientiert. Fasziniert war sie hingegen vom Engagement der NGOs und wäre gerne in die Welt hinausgezogen, um zu helfen. Über das Hineinschnuppern bei Vinzimed gelangte sie zur Erkenntnis, dass soziales medizinisches Engagement auch vor Ort möglich ist. Der Vater hingegen war schon früher von Marias Eignung für die Medizin überzeugt, betont aber, dass die Nachfolge ganz allein ihre Entscheidung gewesen sei: „Ich habe sie nie aktiv gefragt.“ Gerne erzählt er eine Anekdote aus der Zeit, als sie 15 war: Als Mannschaftsarzt der Orientierungsläufer hatte er bei der WM in Finnland einen kleinen operativen Eingriff zu tätigen; die Gastgeber hatten ihm Personal und Infrastruktur zugesichert. Als Wendler konzentriert operierte, wurde ihm verlässlich von hinten das jeweilige Instrument zugereicht. Stutzig wurde er erst, als die Finnen gekichert haben. Da realisierte er, dass seine Tochter die OP-Assistentin gewesen war. Auf die Probe gestellt Die Patient*innen haben ihre eigene Strategie, um die Kompetenz der jungen Ärztin auf die Probe zu stellen. „Es hat schon ein paar gegeben, die mit demselben Anliegen bei uns beiden vorstellig geworden sind“, erzählt Maria Wendler. „Es hat schon ein paar gegeben, die mit demselben Anliegen bei uns beiden vorstellig geworden sind.“ Maria Wendler Sie erntet aber auch viel Lob. In schwierigen Fällen nutzt sie das „Rote Telefon“ und kontaktiert ihren Vater (wie er es schon bei seinem Vater praktiziert hat). „Sind wir uns einig, beruhigt das die Patienten sehr.“ Ihr Vater vertritt sie auch noch in der Praxis und als Maria Wendlers Sohn kürzlich einen hartnäckigen Infekt hatte, kamen Vater und Tochter überein, dass sich besser die Mutter um das Kind und der Opa um die Ordination kümmern. „Ich bewundere Maria dafür, dass sie eine Praxis im Vollbetrieb übernommen hat“, so Michael Wendler. Davon, dass ihre ärztlichen Fähigkeiten ausreichen, ist er ausgegangen. „Ich habe in meiner Lehrpraxis mehr als 30 junge Ärzte ausgebildet, ich weiß, was die können.“ Und so wie er, in dessen Familie in zwei Generationen 15 Ärzte waren, hat auch Maria von klein auf den ärztlichen Alltag kennengelernt. Loslassen lernen Für den Vater war das Loslassen anfangs nicht einfach. Obwohl nur mehr Wahlarzt, nahm er an jeder Teambesprechung teil. „Inzwischen bin ich gelassen geworden und fühle mich wohl in der Rolle des losen Partners.“ Nun hat auch Zeitaufwendiges Platz in seinem ärztlichen Alltag, sein „Case Café“ findet großen Anklang und auch auf der Med Uni möchte er wieder Veranstaltungen leiten. Dass seine Tochter so unaufgeregt auf die „organisatorischen Knüppel“ reagiert, die ihr die Krankenkassen vor die Beine werfen, findet er toll. Zum Teil muss sie um Medikamentenbewilligungen kämpfen, die über den Vater seit Jahren reibungslos gelaufen sind. Er selbst kann gut mit ihr auf Augenhöhe arbeiten. „Es ist schön zu sehen, wie die Patienten sie lieben.“ Besonders stolz ist er auf ihr Engagement in der JAMÖ und der ÖGAM. Auch derartige Aktivitäten, regt er an, sollten Punkte für die Reihungsliste bringen. Nachfolge rechtzeitig klären Auch wenn Maria Wendler eine klassische Einzelordination übernommen hat, ist sie auch für andere Modelle offen. Schon jetzt arbeitet sie mit einem weiteren Kollegen als Vertretungsarzt zusammen. Ob sie eine familieninterne Ordinationsübergabe weiterempfehlen würde? „Ich kann das nicht generell empfehlen – so etwas wächst von selbst. Ich empfehle nur, rechtzeitig einen Nachfolger ,großzuziehen’.“ Und was schätzt der Vater an seinem neuen Status als Wahlarzt? „Ich habe keinen Termindruck mehr. Wenn ich unterwegs jemanden treffe, bleibe ich stehen und kann in Ruhe reden.“
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