Das Magazin der Ärztekammer Steiermark November 2022 Haie. Kinder- und Jugendpsychiaterin Daliah Schmidt ist eine ambitionierte Haitaucherin. Hausarzt. Marie-Christin Klöckl hat den Turnusärztepreis gewonnen. Aus der Praxis heraus. Hass. Medienfrau Ingrid Brodnig hat bei der Enquete „Gegen Hass im Netz“ informiert. Österreichische Post AG MZ 02Z033098 M Ärztekammer für Steiermark, Kaiserfeldgasse 29, 8010 Graz, Retouren an PF555, 1008 Wien STEIERMARK Foto: Adobe Stock Arztgebühr-Plus. S. 38 Mehr Chancen. S. 43 Jubiläum Am 19. November vor 300 Jahren wurde der Arzt Leopold Auenbrugger in Graz geboren. Er war einer der wichtigsten Erneuerer der Medizin. Er gab dem Auenbrugger- platz den Namen Zeitgenössische Darstellung (ca. 1780)/unbekannter Künstler/leicht verfremdet
WELTÄRZTEBUND Deklaration von Genf DAS ÄRZTLICHE GELÖBNIS Als Mitglied der ärztlichen Profession gelobe ich feierlich, mein Leben in den Dienst der Menschlichkeit zu stellen. Die Gesundheit und das Wohlergehen meiner Patientin oder meines Patienten wird mein oberstes Anliegen sein. Ich werde die Autonomie und die Würde meiner Patientin oder meines Patienten respektieren. Ich werde den höchsten Respekt vor menschlichem Leben wahren. Ich werde nicht zulassen, dass Erwägungen von Alter, Krankheit oder Behinderung, Glaube, ethnische Herkunft, Geschlecht, Staatsangehörigkeit, politische Zugehörigkeit, Rasse, sexuelle Orientierung, soziale Stellung oder jegliche andere Faktoren zwischen meine Pflichten und meine Patientin oder meinen Patienten treten. Ich werde die mir anvertrauten Geheimnisse auch über den Tod der Patientin oder des Patienten hinaus wahren. Ich werde meinen Beruf nach bestem Wissen und Gewissen, mit Würde und im Einklang mit guter medizinischer Praxis ausüben. Ich werde die Ehre und die edlen Traditionen des ärztlichen Berufes fördern. Ich werde meinen Lehrerinnen und Lehrern, meinen Kolleginnen und Kollegen und meinen Schülerinnen und Schülern die ihnen gebührende Achtung und Dankbarkeit erweisen. Ich werde mein medizinisches Wissen zum Wohle der Patientin oder des Patienten und zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung teilen. Ich werde auf meine eigene Gesundheit, mein Wohlergehen und meine Fähigkeiten achten, um eine Behandlung auf höchstem Niveau leisten zu können. Ich werde, selbst unter Bedrohung, mein medizinisches Wissen nicht zur Verletzung von Menschenrechten und bürgerlichen Freiheiten anwenden. Ich gelobe dies feierlich, aus freien Stücken und bei meiner Ehre. Verabschiedet von der 2. Generalversammlung des Weltärztebundes, Genf, Schweiz, September 1948 und zuletzt revidiert von der 68. Generalversammlung des Weltärztebundes, Chicago, Vereinigte Staaten von Amerika, Oktober 2017 www.wma.net MEDIZINÐIK
Bereich themen Ærzte Steiermark || 11|2022 3 BUCHTIPP Medizinisches Intervallfasten: Die sieben Stufen zum Gleichgewicht Von: Babak Bahadori, Erwin Ditsios, Iris Pestemer-Lach Verlagshaus der Ärzte ISBN 978-3-99052-251-6 EUR 19,90 Vor 20 Jahren entwickelte Babak Bahadori, Facharzt für Innere Medizin und Leiter eines Ärztezentrums in Schladming, eine Methode zum medizinischen Intervallfasten, kombiniert mit orientalischer und chinesischer Medizin. Sein Ratgeber (inklusive Rezeptteil) fasst diese Methode in aktualisierter Form zusammen. Die sieben Stufen zur Gewichtsreduktion nach Bahadori bestehen aus dem Einhalten eines Biorhythmus, moderater Bewegung, ausgewogener Ernährung, ausreichender Wasserzufuhr, Entspannung und Selbstfindung. Co-Autoren des Buches sind Erwin Ditsios (Stressreduktion) und Iris Pestemer-Lach (Eigenerfahrung). DATUM 28. Jänner 2023 Zum ersten Mal seit Beginn der Pandemie geht in der Wiener Hofburg wieder ein Ärzteball – der 71. – über die Bühne und bietet im festlichen Rahmen eine Auszeit vom Krisenmodus. Von 20.00 Uhr bis fünf Uhr in der Früh. Mehr unter www.ärzteball.at. LINK: https://bit.ly/alkoholatlas Ein Glaserl in Ehren …? Der aktuelle Alkoholatlas aus Deutschland fasst gesundheitliche wie gesellschaftliche Auswirkungen des Alkoholkonsums zusammen und informiert über den Beitrag der Abstinenz zur Krebsprävention. Auch österreichische Daten finden sich darin: So liegen wir etwa beim Bierkonsum nach der Tschechischen Republik und vor Polen europaweit an unrühmlicher zweiter Stelle. Zahl 100 Millionen Ärzt*innen könnten laut WHO-Report um jenes Geld ausgebildet werden, das die Behandlung der weltweit erwarteten fast 500 Millionen Menschen kosten wird, die von 2020 bis 2030 infolge von Bewegungsmangel erkranken werden. Illu: Verlagshaus der Ärzte Fortbildungstipp Am 13. Dezember 2022 findet online via Zoom von 13 bis 16 Uhr das 8. Wiener Forum Gesundheitskompetenz statt, unter dem Motto „Kritische Gesundheitskompetenz zwischen Anspruch und Wirklichkeit“. Veranstalter sind die ÖGK sowie das Institut für Frauen- und Männergesundheit. Detailinformationen und Anmeldung unter www.fem-men.at/veranstaltungen/8-wiener-forumgesundheitskompetenz/. IMPRESSUM: Medieninhaber (Verleger): Ärztekammer für Steiermark, Körperschaft öffentlichen Rechts | Redak- tionsadresse: 8010 Graz, Kaiserfeldgasse 29, Tel. 0316 / 8044-0, Fax: 0316 / 81 56 71, E-Mail: presse@aekstmk. or.at | Chefredaktion: Martin Novak | Koordination: Mag. Ursula Scholz | Redaktionelle Betreuung und Produktion: CONCLUSIO PR Beratungs Gesellschaft mbH, Schmiedgasse 38, 8010 Graz | Gestaltung: Konrad Lindner | Anzeigen: Gernot Zerza, Tel.+43 664 2472673, E-Mail: Zerzagernot@gmail.com; Mit „Promotion“ gekennzeichnete Texte sind entgeltliche Veröffentlichungen im Sinne § 26, Mediengesetz. | Druck: Stmk. Landesdruckerei GmbH, 8020 Graz | Abonnements: Eva Gutmann, Ärztekammer Steiermark, Tel. 0316 / 804440, Fax: 0316 / 81 56 71. Jahresabonnement (11 Ausgaben) EUR 25,–. Gedruckt nach der Richtlinie „Druckerzeugnisse“ des Österreichischen Umweltzeichens, Medienfabrik Graz, UW-Nr. 812 Klimakompensierte Produktion www.climate-austria.at Ident-Nr Klimakompensierte Prod www.climate-austria Kennzeichnu für vorbildlic Waldwirtscha HCA-COC-100 Förderung nachhaltiger Waldwirtschaft PEFC/06-39-22 PEFC zertifiziert r ckt nach der Richtlin e „Druckerzeugnisse“ ster eichischen Umweltzeichens, ienfabrik Graz, UW-Nr. 812 Klimakompensierte Produktion www.climate-austria.at Ident-Nr. A Klimakompensierte Produk www.climate-austria.a Kennzeichnung für vorbildliche Waldwirtschaft HCA-COC-10029 Förderung c lti er l i ft - PEFC zertifiziert update im November Schlagzeile Der steirische Obmann Dietmar Bayer unterstützt den Vorstoß der Bundeskurie der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte in Richtung vermehrte Abgabe von Arzneimitteln durch die Ärzteschaft: „Ärztinnen und Ärzte wissen, welche Medikamente ihre Patientinnen und Patienten in einer bestimmten Situation brauchen, sie sollten sie ihnen deswegen gleich geben können, in der Ordination, aber auch bei einem Hausbesuch.“ meinbezirk.at, 3. November 2022
Bereich themen 4 Ærzte Steiermark || 11|2022 Fotos: Adobe Stock Themen Cover. Johann Leopold Auenbrugger: Erste Adresse in Europa 8 Ärztin im besonderen Dienst. Daliah Schmidt. Hai über Kopf verliebt 14 Substitutionsmedizin. Eine andere Art, Leben zu retten 16 Turnusärzt*innen-Preis. Hausmittel, Halsschwellung und SGLT-2-Hemmer 18 Kongress. Lebensstil oder Genetik? Was uns gesund altern lässt 21 Kommunikation. „Hass im Netz“ wirkungsvoller bekämpfen – Klarnamen nötig 23 Gesunder Genuss – Alles im grünen Bereich 24 Symposium. Information geben, Angst nehmen: Wie man Chronifizierung von Schmerz vorbeugt 26 Service Neu im Informations- und Mitgliederservice 31 Wirtschaft&Erfolg. Angehörige abgesichert 32 Wirtschaft&Erfolg. Ordinationsassistent*innen effizienter entwickeln 33 Rat&Daten. VoIP statt ISDN 33 Expertentipp. Karenz und Co: Ausnahmen vom Erlöschen der Berechtigung zur Berufsausübung 35 CIRS. Mangelndes Sign-In: Unnötige Narkose 35 Forschung. Grazer Forscher*innen zählen Nanopartikel in Echtzeit 36 Angestellte Ärztinnen und Ärzte KAGes-Sonderklasse: Gebühren werden klar erhöht 38 Gem.Einsam. Schön sterben 42 Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte Steirerinnen und Steirer dürfen nicht länger im Nachteil sein 43 Serie. Praktisch Täglich. Nie wieder geh ich zum Arzt! 45 Debatte 6 News 37 Planstellenausschreibung 45 Referate 46 Kleinanzeigen 47 Personalia 50 Karikatur 53 Ad Personam 54 Leben. Die Betreuung und Behandlung durch niedergelassene Ärztinnen und Ärzte rettet das Leben opiatabhängiger Menschen 2023 startet wieder eine Ausbildung. Seite 16 Lernen. Das Tückische an chronischen Schmerzen ist, dass die Patientinnen und Patienten sie gleichsam „lernen“. Eine gute Schmerztherapie wirkt dem entgegen. Seite 26
Ærzte Steiermark || 11|2022 5 Bereich themen Die niedrigen ÖGK-Tarife ärgern die steirischen Ärzt*innen am meisten: Fast 40 % wollen laut aktueller Frage des Monats eine Anhebung. Kein Wunder, sind doch die steirischen ÖGKTarife im Österreichvergleich besonders bescheiden. Von ähnlich großer Bedeutung sind für die Befragten aber die Abschaffung von Limiten und Degressionen, die diese Tarife weiter schmälern, und die Modernisierung des ÖGK-Leistungskatalogs. Hier erweisen sich die Ärztinnen und Ärzte als Anwält*innen ihrer Patient*innen. Von vergleichsweise geringer Bedeutung ist laut Umfrage ein Energiekostenausgleich, also die Abgeltung der Teuerung in diesem Bereich. Nicht wenige hätten am liebsten alle Punkte angekreuzt. Das gilt zumindest für Tarife, Limite und Degressionen sowie die Möglichkeit, moderne Leistungen rascher verrechnen zu können. epikrise Kurze Nachrichten aus der Redaktion Soziale Medien: Twitter: www.twitter.com/ AERZTE_NEWS Facebook: www.facebook. com/aerztekammer.stmk/ und Facebook-Gruppe für steirische Ärztinnen und Ärzte Youtube: AERZTE_NEWS ÖGK: Hauptärgernis Tarife – aber nicht das einzige Foto: Land Steiermark/Robert Frankl bild des monats. Herwig Lindner, Präsident der Ärztekammer Steiermark von 2012 bis 2022 und nunmehriger Präsidialreferent, erhielt dieser Tage das Große Ehrenzeichen des Landes Steiermark aus den Händen von Landeshauptmann Christopher Drexler und Landeshauptmann-Stellvertreter Anton Lang. Drexler würdigte dabei Lindners Verdienste um das steirische Gesundheitswesen. Ausgezeichnet wurden in der Alten Universität u. a. auch Rotkreuz-Landesrettungskommandant Peter Hansak, der langjährige Direktor der Caritas Steiermark, Peter Beiglböck, und die langjährige Leiterin der Abteilung Schloss Eggenberg und Alte Galerie am Universalmuseum Joanneum, Barbara Kaiser. n=296 AERZTE Steiermark Frage des Monats: Welcher Verhandlungspunkt zwischen Ärztekammer und ÖGK hat für Sie oberste Priorität? Anhebung der Tarife Abschaffung Limite, Degressionen Modernisierung Leistungskatalog Energiekostenausgleich Anderes/Weiß nicht 24,3 % 28,0 % 2,7 39,5 % 5,5
6 Ærzte Steiermark || 11|2022 Bereich Gerhard Posch Ein Vorbild für andere Verhandlungen Für die Sonderklasse innerhalb der KAGes wurde nun ein sehr ordentlicher Verhandlungsabschluss erzielt. Die Arztgebühren für die Hauptbehandler steigen ab 1. Jänner 2023 um 8,9 Prozent. Dieses Ergebnis wurde ohne öffentliches Getöse erzielt. Weil der Verband der Privaten Krankenversicherungen ganz genau weiß, dass es attraktive Rahmenbedingungen braucht, damit die privaten Krankenversicherungen funktionieren. Weil die KAGes sich bewusst ist, dass die Sonderklasse hohes Engagement der behandelnden Ärztinnen und Ärzte braucht, damit sie florieren kann. Und dass sie floriert, ist auch im Interesse des Unternehmens KAGes. Vieles ließe sich ohne die Sonderklasse für das Unternehmen nicht oder nur mit großer Mühe finanziell stemmen. Die Ärztekammer hat sich als Mitverhandler für die Interessen der Kolleginnen und Kollegen stark gemacht. Nur deshalb liegt der Abschluss für die Hauptbehandler über der prognostizierten hohen Inflationsrate 2022 und bringt daher den Ärzt*innen viel. Nicht nur wirtschaftlich. Ich sehe in dem Ergebnis auch ein Zeichen der Wertschätzung für die ausgezeichnete ärztliche Arbeit in den steirischen Landeskrankenhäusern. Natürlich ist die Sonderklasse nur ein kleiner Teil der ärztlichen Arbeit. Aber die Art, wie es hier zu einem konsensuellen Resultat kam, ist als Vorbild sehr gut geeignet. Nicht der mediale Kampf mit dem Bihänder führt zu einem guten Abschluss. Es ist das einvernehmliche Bemühen, das zum Ziel führt. Das Ergebnis dieser Sachpolitik stimmt uns optimistisch, dass auch die Landesspitäler in ruhigere Fahrwässer gebracht werden können – im Sinne der Ärzteschaft, der Landespolitik und der Patient*innen. Vizepräsident Dr. Gerhard Posch ist Obmann der Kurie Angestellte Ärzte. intra kont a Wenn Akutprobleme der Gesundheitspolitik angesprochen werden, gibt es immer jemanden, der darauf hinweist, dass diese Probleme durch eine politische Fehlentscheidung entstanden sind, die vor zehn, 15, 20 Jahren oder noch längerer Zeit getroffen wurde. Das mag ja in manchen Fällen durchaus zutreffen, nur leider hilft es nicht. Die Feststellung, eine Politikerin, ein Politiker sei vor Jahrzehnten falsch abgebogen, trägt nicht das Geringste zur Bewältigung eines aktuellen Problems bei. Und gegenwärtige Politik hat nun einmal die Aufgabe, gegenwärtige politische Probleme anzugehen. Wenn jemand mit dem Auto einen anderen Kurs nimmt, als das Navigationsgerät mitteilt, berechnet das Navi den Kurs einfach neu, ohne der Fahrerin, dem Fahrer mit Vorwürfen zu kommen. Klar, es wäre vielleicht besser gewesen, halblinks statt links einzubiegen. Nur hilft es nicht dabei, das Ziel zu erreichen. Was für die Navigation von Fahrzeugen stimmt, ist auch für die Gesundheitspolitik richtig. Hätte eine Ministerin, ein Minister früher anders agiert, träfe uns der Ärzte- und Pflegemangel nicht mit derartiger Wucht, wären die Krankenkassen besser aufgestellt, könnte die Gesundheitsversorgung in einer Region einfacher aufrechterhalten werden … nur vor langer Zeit gefasste Entscheidungen lassen sich nicht einfach korrigieren. Wir leben im Jetzt und müssen in der Gegenwart das möglichst Richtige tun. Sowohl in den Spitälern als auch im niedergelassenen Bereich gibt es, große Herausforderungen. Die Probleme lassen sich nicht innerhalb einer Woche aus der Welt schaffen. Aber ich verspreche, dass ich alles beitragen werde, um kurz-, mittel- und langfristig zu stabilen Lösungen zu kommen. Was ein simples Navi kann, nämlich sich auf die gegenwärtige Situation einzustellen und den Kurs neu zu berechnen, statt nostalgisch zurückzublicken, sollten intelligente Menschen auch tun. Daran, dass sie es können, habe ich keinen Zweifel. Sie müssen es aber auch wollen. Dr. Karlheinz Kornhäusl ist Facharzt für Innere Medizin am LKH Graz II/West, Abgeordneter zum Bundesrat und seit November 2022 Obmann des ÖAAB Graz. 2 d batte Karlheinz Kornhäusl Kurs neu berechnen, statt nostalgischer Fehlersuche Foto: Barbara Nidetzky
Bereich Ærzte Steiermark || 11|2022 7 Es sind nur zwei kleinere Baustellen, die jetzt keine Baustellen mehr sind: Zuerst ist es gelungen, die Honorierung der Notärztinnen und Notärzte gemeinsam mit dem Land Steiermark neu und gut zu regeln. Seither sind die Klagen über nicht besetzbare notärztliche Dienste verstummt. Jetzt wurden die Sondergebühren mit dem Verband der Privatkrankenkassen (PKV) und der KAGes für das Jahr 2023 verhandelt. Das Plus von 8,9 Prozent für die Hauptbehandler ist nicht nur ein beachtliches Ergebnis, sondern auch eines, das im Konsens erzielt wurde. Es gab keinen Konflikt, sondern eine einvernehmliche Lösung. So wollen wir weitermachen. Nicht Probleme wälzen und ausbreiten, sondern zu stabilen Lösungen finden. Und zwar gemeinsam. So dass alle mit dem gemeinsam erzielten Ergebnis zufrieden sein können. Ich scheue Auseinandersetzungen nicht. Sie dürfen nur nie zum Selbstzweck werden. Wenn Auseinandersetzungen nicht notwendig sind, um zu guten Ergebnissen zu kommen, ist das für alle besser. Sich unschöne Dinge über Medien auszurichten, mit den Muskeln zu spielen, mag zwar schick sein, lösungsorientiert ist es aber in den meisten Fällen nicht. Ich appelliere an alle unsere Partnerinnen und Partner im Gesundheitssystem, diesen Weg der Gemeinsamkeit zu beschreiten. Denn wir haben ein gemeinsames Ziel: die gute Gesundheitsversorgung für die Steirerinnen und Steirer. Und ich verspreche: Die Ärztekammer steht für gemeinsame, gute Lösungen. Und für faire Partnerschaften mit allen, die sich um die gute Gesundheitsversorgung in der Steiermark bemühen. Dr. Michael Sacherer ist Präsident der Ärztekammer Steiermark. Natürlich sind wir niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte sehr gut in der Lage, unsere Patientinnen und Patienten so zu versorgen, dass die Spitäler und die Kolleginnen und Kollegen in den Spitälern entlastet werden. Wir können das. Aber dürfen wir es auch? Das liegt nicht an uns. Das ist Sache der ÖGK. Leider haben wir in der Steiermark die geringsten Fallwerte aller Bundesländer. Schuld daran sind die vergleichsweise bescheidenen Tarife, die durch ÖGK-Limite und -Degressionen weiter heruntergezogen werden. Zur Benachteiligung der Steiermark trägt auch bei, dass die Versicherten keinen Anspruch auf wichtige spitalsersetzende Leistungen haben. Daher dürfen Vertragsärztinnen und Vertragsärzte diese Leistungen im Rahmen ihres Kassenvertrages nicht erbringen. Es heißt aber auch, dass die Kasse keinen Rückersatz für Patientinnen und Patienten von Wahlärztinnen und -ärzten leistet. Die ÖGK hat es in der Hand, diesen Zustand zu ändern, endlich Fairness gegenüber ihren Versicherten und ärztlichen Vertragspartnern an den Tag zu legen. Wir Ärztinnen und Ärzte sitzen – egal wo und wie wir ärztlich arbeiten – im selben Boot. Mit den Patientinnen und Patienten. Wir rudern, so gut wir dürfen. Aber es sollten endlich die Segel gesetzt werden. Das können wir alleine nicht. Dazu braucht es eine Kasse, die genauso zukunftsorientiert und modern denkt und auch handelt wie wir. Am 9. Dezember – vorerst bewusst an einem Fenstertag – gibt es einen ersten Online-Informationstag dazu. Der Teilnahmelink ist unterwegs. Das Ziel ist einfach: Es muss gelingen, die Benachteiligung der Steirerinnen und Steirer durch die ÖGK zu beenden. Die der Patientinnen und Patienten und die der Ärztinnen und Ärzte. Vizepräsident Prof. Dr. Dietmar Bayer ist Obmann der Kurie Niedergelassene Ärzte. extra Dietmar Bayer Keine Benachteiligung der Steiermark mehr Standortbestimmung Michael Sacherer Faire Partnerschaften – gute Lösungen d batte Fotos: Ludwig Schedl, Schiffer, Grafik: Konrad Lindner
8 Ærzte Steiermark || 11|2022 Cover Foto: Schiffer Oben: Das einzige zeitgenössische Gemälde Leopold Auenbruggers mit seiner Gattin Marianne von Priesterberg. Heute befindet es sich im orthopädischen Institut Rizzoli in Bologna. Alle anderen Abbildungen Auenbruggers sind von diesem Werk abgeleitet. Unten: Das OriginalTitelblatt der Publikation, die Leopold Auenbruggers medizinischen Weltruhm begründete: „Inventum novum ex percussione thoracis humani ut signo abstrusos interni pectoris morbos detegendi“ aus dem Jahr 1761. 1912 übertrug sie der Grazer Medizinhistoriker und Landeskrankenhausdirektor Viktor Fossel ins Deutsche.
Ærzte Steiermark || 11|2022 9 Cover Johann Leopold Auenbrugger: Erste Adresse in Europa Harald Salfellner Es ist das Paradebeispiel eines Analogieschlusses: Leopold Auenbrugger, geboren am 19. November 1722 in der Grazer Murvorstadt, sieht in jungen Jahren seinen Vater Sebastian, einen Schankwirt am nachmaligen Südtiroler Platz 5, mit den Fingerknöcheln die Fässer im Weinkeller abklopfen. Das Bild vom pochenden Vater, der die Füllung der Gebinde prüft, lässt den künftigen Mediziner nicht mehr los. Als junger Arzt überträgt Auenbrugger die väterliche Methode auf den Brustkorb, um etwa Hinweise auf die leidige Brustwassersucht , stärkere Empyeme oder Blutextravasate zu erhalten. So oder so ähnlich lässt sich die Geburtsstunde der segensreichen, bis heute geübten Perkussion (von lat. percussio für Schlag, Stoß) denken. Erkenntnisse erklopft Um die Mitte des 18. Jahrhunderts bedeutet die physikalische Untersuchungsmethode Auenbruggers eine überaus nützliche Erweiterung des noch sehr eingeschränkten diagnostischen Repertoires. Hilfsmittel wie Stethoskop, Spekula oder Kehlkopfspiegel sind Zukunftsmusik, die dem Seziermesser zu überprüfen. Auenbrugger injiziert Flüssigkeit in Leichenbrustkörbe, füllt Wasser in Fässer und erklopft sich die nötigen Kenntnisse auf verschiedene experimentel le Weise. In rastlosen Versuchen lernt er den tympanitischen Schall (sonus altior) vom gedämpften Schall (sonus obscurior) und diese wieder vom leeren Fleisch- oder Schenkelton (sonus percussae carnis) zu unterscheiden. So gelingt ihm in gewissenhaften und gründlichen Untersuchungen der Aufbau eines stattlichen Lehrgebäudes. Zur Zeit der Ersten Wiener Medizinischen Schule zeigen bisher festgefügte medizinische Dogmen erste Sprünge, an die Seite der antiken Humoralpathologie, die das Denken der Ärzte über Jahrtausende geprägt hat, tritt ein zunehmend organbezogenes Krankheitsverständnis. Anatomen jener Tage wie Giovanni Battisti Morgagni oder John Hunter tragen das ihrige zu diesem Paradigmenwechsel bei. Ihnen zur Seite stellt sich Auenbrugger mit seiner auf anatomischen und physikalischen Gegebenheiten begründeten Perkussionsmethode und wird damit zu untersuchenden Ärzte haben kaum mehr Rüstzeug als ihre fünf Sinne. Sie horchen auf Geräusche und Regelmäßigkeit der Atmung, inspizieren Gesicht, Augen, Haut und den Zustand der Zähne, verkosten den Patientenharn nach seinem Zuckergehalt, fühlen die Qualität des Pulses und versuchen aus dem Bouquet der menschlichen Gerüche den Gestank des Wundbrandes herauszuschnüffeln. Eine körperliche Untersuchung, wie wir sie heute kennen, ist wohl nur die Ausnahme. Nach eingehender anamnestischer Befragung und Beobachtung muss der Medicus jener Tage seine Schlüsse ziehen und die Diagnose wie Prognose stel len. Mit Auenbruggers Methode ist es erstmals möglich, noch zu Lebzeiten des Erkrankten klinisch bedeutsame Informationen aus dem Thoraxinneren zu gewinnen. Unermüdlich übt Auenbrugger seine Klopfmethode an Patienten, wozu er zwischen 1751 und 1762 als Sekundararzt und bald auch Ordinarius am Spanischen Hospital am Wiener Alsergrund reichlich Gelegenheit hat. Was am Krankenbett durch Klopfen am nicht selten Moribunden zu erfahren ist, bemüht er sich in der Prosektur mit einem der Geburtshelfer der modernen Medizin. Scharfer medizinischer Verstand Nach sieben Jahren des Forschens und Erkundens tritt Auenbrugger 1761 mit einer kleinen Schrift an die Öffentlichkeit, in der er die neue Verfahrensweise kurzgefasst und verständlich darlegt: Inventum novum ex percussione thoracis humani ut signo abstrusos interni pectoris morbos detegendi. Der Grazer Medizinhistoriker und Landeskrankenhausdirektor Viktor Fossel wird die grundlegende, 95 Seiten starke Schrift 1912 ins Deutsche übertragen und veröffentlichen: Neue Erfindung, mittelst des Anschlagens an den Brustkorb, als eines Zeichens, verborgene Brustkrankheiten zu entdecken. Ist der Titel auch sperrig – Auenbruggers Inventum novum erweist sich als Muster eines wissenschaftlich klaren, knappen und inhaltlich gehaltvollen Werkes, als Beleg eines scharfen medizinischen Verstandes. In 14 schlicht und verständlich formulierten Beobachtungen und 48 Leitsätzen breitet der Autor seine Gedanken aus, erläutert den Ein kurzes Medaillon zum 300. Geburtstag des Grazer Arztes und Namensgebers für den Auenbruggerplatz.
10 Ærzte Steiermark || 11|2022 cover Einschätzung, dass es bei Erfindern und erfolgreichen Männern der Wissenschaft niemals an „Genossen des Neides, der Eifersucht, des Hasses, der Missgunst und selbst der Verleumdung“ fehle, erweist sich bald als berechtigt. Seine Entdeckung wird etwa von seinem Lehrer, dem Reformator an der Wiener Universität und Leibarzt Maria Theresias, Gerard van Swieten, in keiner Weise zur Kenntnis genommen, wiewohl ihn Auenbrugger in seinem Werk als maßgebliche Koryphäe gewürdigt hat. In einer 1764 veröffentlichten Schrift referiert van Swieten weitläufig die Brustwassersucht und die Lungenschwindsucht, nicht mit einem Wort erwähnt er jedoch Auenbrugger. In eisiges Schweigen hüllt sich auch Anton de Haёn, der Vorstand der Ersten Medizinischen Klinik der Universität Wien. Wieder andere verleumden den Österreicher oder reden seine Leistung klein. Auenbrugger habe gar nichts Neues gebracht, streut der Göttinger Gelehrte Gottfried Ernst Baldinger aus, die Perkussion sei schon Hippokrates bekannt gewesen – den Beweis freilich bleibt er schuldig. Regelmäßig wird die Perkussionsnatürlichen Klopfschall der menschlichen Brust und wie dieser an verschiedenen Stellen wahrgenommen wird, erklärt die Einzelheiten der nötigen Prozedur und referiert über die Krankheiten, die mit Hilfe seiner Technik diagnostiziert werden können. Noch heute lässt sich das Werk mit Genuss und Belehrung lesen. Anders als in unseren Tagen üblich setzt Auenbrugger bei der Perkussion kurze, harte Stöße mit ausgestreckten, konisch zusammengelegten Fingerspitzen unmittelbar auf Brust und Rücken oder perkutiert auch mit der flachen Hand. Später erweist sich der Einsatz des perkutierenden Mittelfingers als vorteilhaft, der wie beim Klavierspiel mit federnder Elastizität aus dem Handgelenk heraus bewegt werden muss. Die „mittelbare Perkussion“ auf einem zum Widerlager bestimmten Finger der anderen Hand, so wie wir sie heute üblicherweise lernen, übt erst ab 1837 Adam Stokes in Dublin. Im 19. Jahrhundert kommen dann auch Perkussionshammer und Plessimeter zum Einsatz. Verwechslung & Kabale Die in Auenbruggers Vorrede zu seiner Arbeit geäußerte Anti-Mobbing-Burn-outSupervisions-Stelle (AMBOSS) Telefon-Sprechstunde: jeden Donnerstag von 17.00 bis 18.00 Uhr ☎ 0664 / 96 577 49 Anonyme Meldungen sind möglich Montag bis Freitag 9.00 bis 13.00 Uhr Kontakt: Christine Straubinger per E-Mail amboss@aekstmk.or.at per Telefon (0316) 8044-41 per Fax (0316) 815671 Die Ombudsleute der Ärztekammer bieten Hilfe bei: Berufsbedingten Beschwerde- oder Belastungssituationen von Ärzt*innen • Mobbing • Burn-out • ZwischenmenschlichenProblemen • Konfliktsituationen mit Patient*innen, Kassen, Versicherungsträgern, Vorgesetzten oder Ärzt*innen • Fällen, bei denen erwartet wird, dass sich Patient*innen an externe Stellen – etwa die Patient*innenombudschaft, Medien oder das Gericht – wenden werden Ombudsstelle für steirische Ärzt*innen Wir haben ein offenes Ohr für Ihre Probleme, kontaktieren Sie uns! „ “ Seine Entdeckung wird etwa von seinem Lehrer, dem Reformator an der Wiener Universität und Leibarzt Maria Theresias, Gerard van Swieten, in keiner Weise zur Kenntnis genommen, wiewohl ihn Auenbrugger in seinem Werk als maßgebliche Koryphäe gewürdigt hat.
Ærzte Steiermark || 11|2022 11 cover Fotos: Creative Commons, Harry Schiffer methode mit der Succussio Hippocratis verwechselt, dem plätschernden Geräusch beim Hydropneumothorax, zu hören, wenn der Arzt den an den Schultern gepackten Erkrankten rüttelt. Zahlreiche Zeitgenossen missverstehen Auenbruggers „Erf indung“, andere wieder schlachten seine Erkenntnisse ohne Namensnennung aus. „… völlig neue Erfindung“ Das Interesse der Leserschaft an dem Büchlein lässt sich schon aus der Tatsache ableiten, dass es 1763 in zweiter Auflage gedruckt werden kann. Die erste wissenschaftliche Rezension liefert der Schweizer Physiologe Albrecht von Haller, einer der berühmtesten Gelehrten seiner Zeit: „Des Dr. Leopold Auenbrugger, der den spanischen Spital zu besorgen hat, Inventum novum ist aller Aufmerksamkeit würdig, und, soviel wir wissen, eine völlig neue Erfindung“, heißt es in den Göttingischen gelehrten Anzeigen 1762. Der Leipziger Professor für Anatomie, Chirurgie, Pathologie und Therapie Christian Gottlieb Ludwig nennt die Schrift „eine lichtbringende Fackel in der Finsternis, die über den KrankEhren für Auenbrugger An der Fassade der Allgemeinen Poliklinik (Mariannengasse 10, 1090 Wien) prangt eine Gedenktafel (Bild oben), in Wien gibt es so wie auch in Feldkirchen bei Graz eine Auenbruggergasse, ins Grazer Geburtshaus ist sinniger Weiser die Weinbar Auenbrugger eingezogen. Deren Nachbar, Mohrenapotheker Christian Müller, führte bei der Wiederaufführung von Salieris „Rauchfangkehrer“-Singspiel mit Auenbrugger-Text Regie. Anlass war im Jahr 2011 das 300-jährige Bestehen der Apotheke, die damit um wenige Jahre älter ist als der Namensgeber des Auenbruggerplatzes. Die „Wieder-Uraufführung“ (Müller) wurde nur möglich, weil sich ein Experte fand, der die wiederaufgefundene alte Partitur in die moderne Notenschrift übertrug. Gedenktafel für den berühmten Arzt an der der Allgemeinen Poliklinik in Wien. Alles AuenbruggerPlatz, seit 1948 – das weitläufige Gelände des LKHUniversitätsklinikums Graz in einer Luftaufnahme aus dem Jahr 2006. Seit der Erbauung in der Zeit des Jugendstils hat sich natürlich vieles verändert – und verändert sich weiter.
12 Ærzte Steiermark || 11|2022 cover heiten der Brusthöhle lagere“, freilich ohne die Klopftechnik auch selber zu üben oder diese später gar in seinen Institutiones chirurgicae zu erwähnen. Einen Fürsprecher findet die Auenbruggersche Methode in dem Wiener Anain Wien findet die Invention Auenbruggers jedoch erst mit Maximilian Stoll, dem Nachfolger von de Haёn. „Klopferei“ Trotz der Bekanntmachung des Klopfens selbst in Laitomen Johann Lorenz Gasser – man kennt seinen Namen vom Ganglion Gasseri –, der die Ergebnisse der Perkussion durch Nachschau an der Leiche überprüft. Ihren endgültigen Durchbruch und erstmaligen klinischen Unterricht enkreisen durch Blätter der populären Literatur, wie etwa dem Vademecum für lustige Ärzte und lustige Kranke, wird es zur Jahrhundertwende hin immer stiller um die Perkussion. Auenbrugger ist da längst einer der gesuchtesten Ärzte von Wien, 1784 gar zum Edlen von Auenbrugg nobilitiert. Denn nicht mit der „Klopferei“ allein ist sein Name verbunden, sondern auch mit einigen weiteren medizinischen Beiträgen, etwa über Lungenkrankheiten der Steinbrucharbeiter, den Selbstmord, die Inf luenza und die Ruhr. Eine besondere Rolle im Siegeszug der Perkussionsmethode kommt französischen Medizinern zu. Schon 1770 übersetzt ein Rozière de la Chassagne Auenbruggers Schrift, jedoch findet die in einem Werk über Lungenkrankheiten veröffentlichte Abhandlung wenig Widerhall. Ob der bedeutende Pariser Kliniker Jean-Nicolas Corvisart, der spätere Leibarzt Napoleons, diese frühe Übersetzung gelesen oder doch eher bei Maximilian Stoll von der Perkussion erfahren hat, wissen wir nicht. Corvisart greift Auenbruggers Entdeckung auf, stellt eigene UnOben: Österreichische LeopoldAuenbrugger-Briefmarke aus dem Jahr 1937. Mitte: Titelblatt von Joseph Škodas Abhandlung über Perkussion und Auskultation, 1844. Unten: Auenbruggers Inventum novum in der Übersetzung von Viktor Fossel, 1912. Fotos: Harald Salfellner
Ærzte Steiermark || 11|2022 13 cover tersuchungen an und spinnt den Faden fort. Überzeugt vom Nutzen der Perkussionsmethode übersetzt er das Inventum novum und bringt es 1808 mit umfangreichen Anmerkungen in Umlauf. In seiner Vorrede bekennt Corvisart ohne Einschränkung, dass die Perkussion ein Verdienst Auenbruggers sei, dessen Schrift er der Vergessenheit entreißen wolle. Mit Corvisart gewinnt die Methode rasch allgemeine Beachtung und Anerkennung. Im letzten Jahr seines Lebens wird Auenbrugger die Genugtuung zuteil, daß seine Entdeckung in der ganzen medizinischen Welt ihren verdienten Anklang findet. „Bescheiden und liebevoll“ Ein schönes, im Original im Istituto Ortopedico Rizzoli in Bologna aufbewahrtes Ölgemälde zeigt das gütige Antlitz des geadelten Arztes, mit barockem Haarteil und durch die wachsende Leibesfül le aufgesprungenem Wams. Die Gattin Marianne an seiner Seite hält zärtlich den Unterarm ihres Angetrauten, der mit seiner Linken das Inventum novum präsentiert. Als Schöpfer dieser Schrift und Erfinder der PerkussionsmeLustspiels Der Rauchfangkehrer oder Die unentbehrlichen Verräter ihrer Herrschaften aus Eigennutz, ein „elendes Originalstück“, wie Mozart seinen Vater wissen lässt. Napoleon kam, Auenbrugger starb Am 18. Mai 1809, mit fast 87 Jahren, beschließt Leopold Auenbrugger am Neuen Markt Nummero 9 zuWien sein reich erfülltes Leben, das auf rätselhafte Weise verbunden ist mit Corvisart, dem Leibarzt Napoleons. Im Mai 1809 steht die Grande Armée des gefürchteten Korsen vor den Toren der Residenzstadt, und der greise Arzt hört noch das Donnern französischer Geschütze. Wenige Tage vor Auenbruggers Sterbestunde zieht Bonaparte als Sieger ein in Wien. Als René Laёnnec anno 1819 mit der zweiten großen phythode kennt ihn die Nachwelt – die Breite seiner sozialen und biographischen Dimension verblasst jedoch vor der überragenden medizinischen Großtat. Nur in Bruchstücken ist sein Lebenslauf bekannt. Er sei der Typus des philanthropischen Arztes gewesen, „der bescheiden und liebevoll seinen Mitmenschen diente und Tag und Nacht für seine Patienten bereit war“, weiß Erna Lesky zu berichten. Und er habe in seinem Haus musikalische Matineen veranstaltet, zu denen auch Mozart und der eng befreundete Haydn gekommen seien. Letzterer widmet Auenbruggers musikalisch hochbegabten Töchtern Marianne und Franziska gar einige Klaviersonaten. Für Antonio Salieri, dessen Trauzeuge Auenbrugger gewesen ist und der des Doktors Töchter in der Musik unterweist, schreibt er den Text des sikalischen Untersuchungsmethode an die Öffentlichkeit tritt, ist Auenbrugger schon zehn Jahre tot. Zusammen mit der Perkussion erobert die Auskultation Wien im Sturm. Der aus Böhmen stammende Kliniker Joseph Škoda, Primararzt am Wiener Allgemeinen Krankenhaus und gerühmter Internist der Zweiten Wiener Medizinischen Schule, greift Auenbruggers und Laёnnecs Neuerungen auf. Mit der mehrfach aufgelegten Abhandlung über Perkussion und Auskultation gibt Škoda im Juni 1839 der physikalischen Untersuchungsmethode den Feinschliff und krönenden Abschluss. Dr. Harald Salfellner ist Mediziner und Medizinhistoriker. Der gebürtige Grazer lebt in Prag. Die „Rauchfangkehrer“- Partitur von Antonio Salieri. Das Libretto hatte der Amateur Leopold Auenbrugger beigesteuert. Die Uraufführung fand 1781 in Wien statt. 2011 wurde das Werk auf Initiative des Grazer Apothekers Christian Müller – stark gekürzt – im Grazer Minoritensaal aufgeführt. Foto: Creative Commons
ärztin im besonderen dienst Ursula Scholz Eine Famulatur in Australien war die Keimzelle für Daliah Schmidts Leidenschaft für das Haitauchen. Um Haie ging es damals noch gar nicht. „Ich dachte mir, wenn wir schon einmal hier sind – ich war mit einem Kollegen in Australien –, sollten wir auch tauchen gehen.“ Gesagt, getan. Das Meer war unruhig, die Sicht war schlecht, aber die angehende Ärztin fühlte sich in der Unterwasserwelt sofort wohl. Erst Jahre später stieß sie auf der Suche nach einer lohnenden Tauchdestination für ihren Urlaub auf den Zürcher Biologen und Haiforscher Erich Ritter – der mit den Haien schwamm und die Sharkschool® gegründet hat. Schmidt traf Ritter noch vor dessen frühem Tod persönlich und lernte von ihm sein Mensch-Ha i-Interakt ionskonzept. Also den richtigen Umgang mit Haien, ihre Körpersprache zu deuten und das eigene Verhalten so zu kontrollieren, dass man nicht mit einem Beutetier verwechselt wird. Denn eigentlich sind Menschen den Haien ziemlich egal. „Reagiert man im Wasser allerdings so zappelnd wie ein sterbender Fisch, weckt man das Interesse des Hais und dann kann es schon sein, dass er einmal einen Probebiss macht, ob man ihm schmecken würde“, erklärt Schmidt. In die Erinnerung eintauchen In Ruhe beobachten, feine nonverbale Signale deuten und vorsichtig darauf reagieren – was Daliah Schmidt beim Haitauchen praktiziert, sind auch Interaktionsmuster, die in der Kinder- und Jugendpsychiatrie helfen können. Selbst aufgefallen sind ihr diese Parallelen noch nicht, vielmehr nutzt sie die Erinnerung an ihre Erlebnisse unter Wasser zum Runterkommen nach herausfordernden beruflichen Situationen. Dann kehrt sie in ihre Foto- und Videowelt der Unterwasseraufnahmen zurück und taucht im Geist in die Stille unter Wasser ein. Nach dem ersten, mehr zufälligen Tauchgang absolvierte sie ihre erste Tauchprüfung auf den Malediven. Auch im Roten Meer war sie von Fauna und Flora angetan – aber „am spektakulärsten war es auf den Bahamas“. Dorthin fuhr sie mit Dr. Ritters Sharkschool® ganz speziell zum Haitauchen, in Begleitung ihres Vaters, denn sonst konnte niemand ihr Interesse für die verrufenen Riesen nachvollHai über Kopf verliebt Haitauchen zählt zu den Lieblingsbeschäftigungen der Kinder- und Jugendpsychiaterin Daliah Schmidt. Bevor sie ihre erste Face-to-FaceBegegnung erlebt hat, investierte sie viel Zeit, um sich über das Verhalten dieser 400 Millionen Jahre alten Wesen schlau zu machen. ziehen. „Auch ich hatte als Kind der 80er-Jahre den Film ,Der weiße Hai´ gesehen und danach eher Angst vor diesen Tieren.“ Die echten Haie sind allerdings sehr scheu und müssen daher erst angelockt werden, damit sie sich den Menschen überhaupt zeigen. Dann sollte man sie allerdings gut im Auge behalten, um auf ihre Signale adäquat reagieren zu können. Auch die Haie ihrerseits beobachten die Menschen: „Selbst wenn der Kopf über Wasser ist, wissen Haie, wo beim Menschen vorne und hinten ist. Keiner weiß warum.“ So alt wie Krokodile „Angstination“ nannte Ritter jene angstdurchwobene Faszination, die Haie auf manche Menschen ausüben. Daliah Schmidt zählt eindeutig zu ihnen. In natura hat sie bereits Tigerhaie, Riffhaie, Zitronenhaie, Weiß- und Schwarzspitzenhaie und Hammerhaie beobachtet. „Einen Walhai würde ich noch gerne sehen“, sagt sie. Bemerkenswert findet sie, dass die Haie zu den ältesten noch lebenden Spezies gehören – „von der Evolution her sind sie so alt wie die Krokodile“, also seit rund 400 Millionen Jahren auf diesem Planeten. Wichtig ist Daliah Schmidt auch, die Bedeutung der Haie für das Ökosystem Erde hervorzuheben: „Ohne Haie stirbt das Meer. Ohne Meer stirbt der Mensch.“ Der Mensch, so Schmidt, sei aber nur bereit, das zu schützen, was er liebt. Und die Haie kämpfen da mit einem gröberen ImageProblem. Kommt es zu einem der ohnehin seltenen HaiUnfälle – „schuld ist immer der Mensch“ –, verfestigen die Medienberichte darüber diese negative Einstel lung. Haie werden gejagt, gemordet, zu Tierfutter verarbeitet und das Squalen aus Haif ischlebertran sogar Kosmetika beigemengt. „Dabei sterben mehr Menschen durch herabfallende Kokosnüsse oder durch Angriffe von Flusspferden, aber nur das Image der Haie ist so schlecht“, gibt Schmidt zu bedenken. Zum Vergleich: Flusspferde zerfleischen im Schnitt jährlich 500 Menschen, 150 sterben nach Kopfverletzungen durch fallende Kokosnüsse – und laut Global Shark Attack File von 2010 bis 2019 gibt es jährlich weniger als zehn tödliche Haiunfälle – weltweit. 14 Ærzte Steiermark || 11|2022 Haie sind individualistisch, Schmidt ist es auch. Das beweist sie etwa mit einem Rücken-Tatoo. Ärztin und Haitaucherin Daliah Schmidt: … es gibt jährlich weniger als zehn tödliche Haiunfälle – weltweit.
Fotos: beigestellt ärztin im besonderen dienst allerdings retrospektiv durchaus als „eine Art von Expositionstherapie“. Denn zunächst schwammen ihr noch die Hai-Bilder des Tier-Thrillers durch den Kopf. Doch dann kam die alles verändernde Begegnung „mit den GigaHailadys“, wie sie sie nennt, auf den Bahamas. Hai und Mensch sind individuell Die Haidamen kennen mittlerweile das Boot der Sharkschool® und wissen, dass es ohne Jagdanstrengung zu genießenden Köderfisch bringt – ebenso wie ein paar schwarzgewandete Gestalten. „Keiner weiß, wo die Männchen zu den Hailadys sind; an diesem unterirdischen Riff treffen sich jedenfalls immer nur junge Weibchen, oft auch Trächtige“, erzählt Schmidt. Eines davon ist Emma, erkennbar an ihrer lädierten Schwanzflosse. „Haie haben sehr spezifische Merkmale, man kann sie wirklich gut auseinanderhalten.“ Individualität im Erscheinungsbild ist auch Daliah Vom Käfig aus beobachten Dal iah Schmidts nächste Haibegegnungen wünscht sie sich vom Käfig aus, mit weißen Haien, wobei der Käfig den Menschen als Schutz dient. „Der beste Platz dafür ist das französische ÜberseeDépartement Guadeloupe, aber heuer haben die dortigen Unruhen das Reisen in die Region unmöglich gemacht.“ Stattdessen ging es zur Familien-Tauchsafari auf die Malediven. Schmidts elfjährige Tochter war zunächst mehr als skeptisch. „Aber mittlerweile ist klar: Für die Nachfolge in der Familie ist gesorgt“, berichtet die Mutter stolz. Schmidt selbst hat von ihrem Vater seinerzeit die erste Schnorchel-Ausrüstung geschenkt bekommen, um die heimatlichen Kärntner Seen zu erkunden. Sie selbst sei noch nie in eine stressige Situation mit einem Hai geraten, betont Schmidt. Stress kenne sie nur aus der Über-Wasser-Welt. Die ersten Hai-Begegnungen sieht sie Schmidt wichtig – ob es sich dabei um ihr Rückentattoo handelt oder die schwarzen Band-T-Shirts, die sie auch bei der Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen lieber trägt als den weißen Arztmantel. Ihr Fach würde sie auf jeden Fall wieder wählen, auch wenn sie zwischendurch scherzt, ob sie nicht doch besser Meeresbiologin geworden wäre. Daliah Schmidt arbeitet mittlerweile sowohl in der kinder- und jugendpsychiatrischen Ambulanz in Hartberg als auch in freier Praxis in Graz. An der Arbeit mit den jungen Menschen schätzt sie deren geradlinige Art, die Neugier und das Gefühl, „dass man in diesem Alter noch viel richten kann. Für ein Kind in einer schwierigen Umgebung reicht oft ein einziger Mensch, dem es vertraut, um das Ruder herumzureißen.“ Grundsätzl ich ist Dal iah Schmidt nicht leicht aus der Ruhe zu bringen, aber geht es im Job doch einmal turbulent zu, findet sie anschließend verlässlich Ruhe in ihrer inneren Unterwasserwelt. Ærzte Steiermark || 11|2022 15 Seit einer Famulatur in Australien taucht die Kinder- und Jugendpsychiaterin Daliah Schmidt regelmäßig mit Haien. Stress habe sie dabei noch nie erlebt, sagt sie, den kenne sie nur über Wasser. Hai-Dame Emma mt lädierter Schwanzflosse: „Haie haben sehr spezifische Merkmale, man kann sie wirklich gut auseinanderhalten.“
16 Ærzte Steiermark || 11|2022 Die suchtmedizinische Behandlung und Begleitung drogenabhängiger Menschen verlangt eine Portion Idealismus, das betonen auch jene, die ihren Beruf mit Enthusiasmus ausüben. Auf der anderen Seite erleben Ärztinnen und Ärzte im Rahmen des Substitutionsprogrammes durchaus ermutigende Erfolge. Wie im Fall einer jungen Steirerin, die, durch eine toxische Partnerschaft und eine schmerzhafte Autoimmunerkrankung belastet, nur mehr das Bedürfnis verspürte „mich zu betäuben“. Der ständige Stress, zu neuem Stoff zu kommen, wurde ihr schließlich zuviel. „Ich bin dann im Internet auf die I.K.A. (die Interdisziplinäre Kontakt- und Anlaufstelle, Anm. d. Red.) gestoßen“, erzählt sie. „Wir sind zu dritt hingefahren und haben eine halbe Stunde auf der anderen Straßenseite gewartet, bevor wir uns hineingetraut haben.“ Der schwierige Schritt war der richtige: Nach zwei Jahren im Substitutionsprogramm besucht sie das Abendgymnasium, ist gerade beim Ausschleichen der Ersatzdroge und hat ein festes Ziel vor Augen: zu studieren und an einem Früherkennungstest für ihre Autoimmunerkrankung mitzuforschen. „Geht nicht ohne Hilfe“ „Man muss es selber wollen“, betont ein I.K.A.-Klient, der geboten geschaffen. Rund 350 Menschen pro Jahr werden dort mit Respekt durch ihren Alltag begleitet. „Viele öffnen sich bei uns, weil sie merken, dass sie hier wertfrei empfangen werden“, erzählt Ordinationsassistentin Christina Neuhold, die seit zehn Jahren im Team mitarbeitet. Erst im heurigen Frühjahr stieß die ärztliche Leiterin Elke Steinecker dazu; über ihre Lehrpraxis bei Michael Adomeit, der neben seiner Tätigkeit als Hausarzt auch Obmann der Wissenschaftlichen Akademie für Vorsorgemedizin WAVM ist, dem Trägerverein der I.K.A. „Manche kommen nur wegen des Substitutionsrezeptes zu mir, viele haben aber auch hausärztliche Themen, die sie mit mir besprechen“, erzählt sie aus ihrem Berufsalltag. „Die Arbeit ist sehr vielseitig – man weiß in der Früh nie, was einen an diesem Tag erwartet. Viele zeigen ihre Dankbarkeit für unsere Unterstützung, das gibt mir gute Energie für die herausfordernde Arbeit.“ Mit der Suchtmedizin müsse man sich identifizieren können und dürfe sich nicht von der Bürokratie abschrecken lassen, rät sie zukünftigen Substitutionsärztinnen und -ärzten. Ressourcen identifizieren Die Psychologin Elisabeth Weingartmann sucht in der Substitutionsmedizin Eine andere Art, Leben zu retten Opiatabhängige Menschen im Substitutionsprogramm sind auch abhängig von der Behandlung und Betreuung durch entsprechend ausgebildete Ärztinnen und Ärzte – die in der Steiermark derzeit rar gesät sind. Im März 2023 startet neuerlich eine Basisausbildung zur Substitutionsbehandlung. bereits Anfang 50 ist. „Rückfallgedanken kommen schon häufig, da muss man sich dann selbst motivieren können.“ Er hatte in Jugendjahren mit dem Konsum von Haschisch begonnen, daraus wurden Ecstasy und schließlich Heroin. Es folgte der totale Absturz. Freunde und Familie brachten ihn zur I.K.A.. „Manchmal geht es nicht ohne Hilfe, auch wenn das damals für mich schwer einzusehen war.“ Die Wahl des Substitutionspräparates wurde gemeinsam besprochen, was ihm sehr wichtig war. Nun senkt er die Dosis bereits ab und will in einem Jahr „ganz raus sein“. „Ich nehm es, damit ich arbeiten gehen kann“, erzählt ein weiterer I.K.A.-Klient. Er hatte nach der Scheidung seiner Eltern mit dem Drogenkonsum begonnen, einen Entzug geschafft und nach einem Unfall, auf den eine Schmerztherapie mit Morphium folgte, einen Rückfall erlitten. Vor gut einem Jahr wandte er sich an die I.K.A. Seitdem bemüht er sich mit professioneller Unterstützung, auch noch von der Ersatzdroge wegzukommen. Mit Respekt begleiten In der I.K.A. in Graz wird niederschwellig ein kostenloser Zugang für opiatabhängige Menschen zu medizinischen, pflegerischen, psychologischen und sozialarbeiterischen AnI.K.A. mit den Klient*innen deren Ressourcen und stärkt ihr Selbstbewusstsein: „Zu uns kommen Menschen in einer akuten Notlage, die etwas in ihrem Leben ändern möchten. Da braucht es den Blickwinkel verschiedener Professionen – und das decken wir gut ab.“ Ärztinnen und Ärzten, die erwägen, eine Substitutionsausbildung zu machen, rät sie, einmal zum Schnuppern in die I.K.A. zu kommen, um Berührungsängste abzubauen. „Ein Mensch in Not ist oft schwierig im Umgang, lauter, ungeduldiger. Dafür muss man Verständnis entwickeln.“ Auch Sozialarbeiter Bernhard Hatzl leistet vielfältige Hilfe: Er kümmert sich um Antragstellungen, Wohnungssuche, Schuldnerberatung, Arbeitssuche oder Unterbringung in einer Tagesstruktur. Begleitung zu Behörden und Haftbesuche gehören ebenfalls zu seinem Bereich – und mittlerweile die Unterbringung im Alter. „Viele Einrichtungen trauen sich nicht drüber, obwohl der oder die Betroffene schon jahrelang stabil eingestellt im Programm ist.“ Da ist noch viel Bewusstseinsarbeit notwendig. Dringend gesucht S u b s t i t u t i on s ä r z t i n n e n und -ärzte verhelfen ihren Patient*innen im besten Fall zu einem „normalen“ stabilen Leben. Sie holen sie aus dem gefährlichen Bereich der Illegalität heraus und begleiten sie oft über Jahre. „Die Subst itut ionstherapie und Betreuung durch die I.K.A. wirken sich auf das gesamte Leben der Menschen positiv
Ærzte Steiermark || 11|2022 17 Substitutionsmedizin aus“, betont Michael Adomeit, Obmann der WAVM. „So hat sich die Erwerbstätigkeit der Betreuten ab Beginn des Betreuungsverhältnisses bis zum 4. Quartal 2021 um über 14 Prozent erhöht. Und war zu Betreuungsbeginn noch jeder und jede Zehnte in einer ungesicherten Wohnsituation, waren es Ende 2021 weniger als sechs Prozent.“ Reloaded: Online-Ausbildung für Substitutionsmedizin Die Ärztekammer Steiermark, das Zentrum für Suchtmedizin am LKH Graz II, Standort Süd, sowie die WAVM bieten am Freitag, 10. März und Samstag, 11. März 2023 ein Webinar zur Substitutionsbehandlung an (9.00 bis 19.00 Uhr). Die Kursleitung liegt bei Primar Johann Sailer, die Kursorganisation bei OÄ Christina Pillich und WAVMObmann Michael Adomeit. Das Basismodul umfasst neben den 20 Präsenz- oder Webinar-Einheiten weitere 20 Einheiten E-Learning. Neben Basiswissen zu illegalen Substanzen werden die Aufgaben des Amtes, psychiatrische Grundlagen, Behandlungsmöglichkeiten sowie Grundlagen zur ambulanten Behandlung Opiatabhängiger und die praktische Durchführung unter Beachtung der Begleiterkrankungen gelehrt. Anmeldung zur Ausbildung: vorsorgemedizin.st/anmeldung-basismodul-substitution Suchtmedizin ist viel mehr als Substitution. Im nächsten Frühjahr startet wieder eine Ausbildung. Foto: Adobe Stock Derart erfreuliche Entwicklungen sind nur mit tatkräft iger Unterstützung al ler helfenden Berufe möglich. „Im Frühling 2023 startet die nächste zweitägige Basisausbildung für Substitutionsbehandlung. Wir suchen dringend Ärztinnen und Ärzte, die diese verantwortungsvolle Aufgabe übernehmen wollen“, appelliert Adomeit. Die Interdisziplinäre Kontakt- und Anlaufstelle I.K.A. in Graz sucht ab sofort eine/n Arzt/Ärztin für Allgemeinmedizin bis 30 Wochenstunden Die Arbeitsfelder der I.K.A. • Indikation, Einstellungsbegleitung, Rezeptur und Therapieführung im Rahmen der Substitutionstherapie • Allgemeinmedizinische & Suchtmedizinische Grundversorgung • Pflegerische Betreuung & Gesundheitsvorsorge • Klinisch-psychologische Diagnostik & Behandlung • Sozialarbeiterische Beratung & Betreuung • Case- und Care-Management Wir suchen eine Ärztin/einen Arzt mit ... • Interesse an der Arbeit mit suchtkranken Menschen • Interesse an interdisziplinärer Teamarbeit • Jus Pract icandi und Subst i tut ionsdiplom bzw. der Bereitschaft dieses Diplom zu absolvieren • Erwünscht: Berufserfahrung in der Arbeit mit suchtkranken Menschen Wir bieten ... • bis 30-Wochenstunden-Anstellung • Geregelte, familienfreundliche Arbeitszeiten – ohne Journal- und Nachtdienste • Mindesteinstufung EUR 6.098 brutto/Monat (Vollzeit 37 Wst.; Einstufung lt. KV-SV) zzgl. anzurechnender Vordienstzeiten • Externe Supervision & aktives Fortbildungs- management in einem multiprofessionellen Team Bei Interesse senden Sie bitte die Bewerbungen an: Margit.Pufitsch-Weber@ika.or.at Gefördert durch: Medizinische und psychosoziale Suchtkrankenversorgung Projektträger: Wissenschaftliche Akademie für Vorsorgemedizin Wissenschaftliche Akademie für Vorsorgemedizin
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