Kongress Möglichst alt werden, aber dabei nur langsam altern – so sieht für viele Menschen die ideale Zukunftsperspektive aus. Helena Schmidt, Professorin für Genetische Epidemiologie und Suszeptibilitätsdiagnostik, fordert, wenn man sie danach fragt, welchen Anteil Lebensstil und Genetik jeweils am Altern haben, zunächst eine klare Definition: „Altern ist ein multidimensionaler Begriff mit biologischen, sozialen, kulturellen und anderen Komponenten. Die Antwort hängt daher davon ab, welchen Aspekt des Alterns wir betrachten. Unser Team untersucht das biologische Altern anhand von strukturellen und funktionellen Veränderungen in verschiedenen Organsystemen oder mit Hilfe von Biomarkern des Alterns wie Telomerlänge oder epigenetischen Veränderungen.“ Der Einfluss von Genetik auf das Altern liege grundsätzlich, so Schmidt, bei 40 bis 60 Prozent, der Rest sei Lebensstil-bedingt. „Je höher das Alter eines betagten Menschen ist, desto stärker dominiert allerdings der genetische Faktor.“ Das Durchschnittsalter von 80 bis 85 Jahren erreichen die meisten Menschen hingegen durch einen gesunden Lebensstil: durch Nichtrauchen, Alkoholabstinenz, viel Bewegung, das Einhalten des Normalgewichts, aber auch durch ihre Persönlichkeit, ihre Herangehensweise ans Leben. „Wer sich beim Aufstehen das Ziel setzt, einen Beitrag zu leisten, für die Familie oder Lebensstil oder Genetik? Was uns gesund altern lässt Beim 4. Jahreskongress des Netzwerks Altersmedizin Steiermark referierte Helena Schmidt, Professorin für Genetische Epidemiologie und Suszeptibilitätsdiagnostik an der Med Uni Graz, zum Thema gesundes Altern: „Wieviel ist Lebensstil, wieviel Genetik“. AERZTE Steiermark sprach im Vorfeld mit ihr über verschiedene Aspekte des Alterns. die Gesellschaft, hat eine höhere Chance, länger zu leben.“ Altern als Target der Therapie Die Lebenserwartung in Europa hat sich im letzten Jahrhundert von rund 45 Jahren auf rund 80 Jahre erhöht. Diese Entwicklung war auf bessere medizinische Versorgung, Hygiene und soziale Unterstützung zurückzuführen. Zu einer Verlangsamung des Alterungsprozesses selbst haben diese Maßnahmen nicht geführt. Das hat zur Folge, dass der Anteil an Jahren, die Menschen mit chronischen Erkrankungen oder Behinderung verbringen, sich innerhalb von nur 20 Jahren von 20 Prozent auf 40 Prozent verdoppelt hat. Zahlreiche experimentel le Studien in Modellorganismen und Beobachtungsstudien bei Menschen weisen drauf hin, dass das Altern plastisch ist und eine Verlangsamung des Prozesses auch bei Menschen potentiell möglich ist. „Statt sich auf einzelne, im Alter häuf ige, Erkrankungen zu konzentrieren, sollte das Altern selbst als Target der Therapie ins Auge gefasst werden, um damit in weiterer Folge altersassoziierte Krankheiten zu verhindern oder deren „Je höher das Alter eines betagten Menschen ist, desto stärker dominiert allerdings der genetische Faktor.“ Helena Schmidt Fotos: Wiesner, Adobe Stock Ærzte Steiermark || 11|2022 21
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