AERZTE Steiermark | November 2022

28 Ærzte Steiermark || 11|2022 Foto: Adobe Stock Symposium ist oft entscheidend“, betont Dieber. Wichtig sei auch die Kommunikation mit dem Patienten in positiver Sprache und zur Aktivität motivierend. „In dieser Phase ist es wichtig, bewusst negative Beispiele zu vermeiden, denn Ängste treiben die Chronifizierung voran.“ Während Ärzt*innen die Vorgeschichte der Patient*innen nicht beeinf lussen können, haben sie wohl die Möglichkeit, deren Spirale von Angst und Vermeidung zu durchbrechen. Resultiert aus einer Schmerzerfahrung negative Affektivität, verändert sich die Grundeinstellung des Betroffenen und eine neue Schmerzerfahrung beginnt schon auf dem nächsthöheren Bewertungslevel; es entsteht ein Teufelskreis. Die Angst vor neuerlichem Schmerz führt zu Vermeidungsverhalten, zu Beeinträchtigung, Inaktivität und möglicherweise auch noch zu Depressivität. Gerade beim unspezifischen Rückenschmerz, anhand dessen Dieber in ihrem Vortrag Empfehlungen zu Diagnostik und Therapie gab, sei es unbedingt notwendig, den heilenden Wert der Bewegung zu kommunizieren. In der Diagnostik sollte, wenn die Wahrscheinlichkeit einer gefährlichen Erkrankung gering ist (red flags sind auszuschließen), auf Bildgebung und Labor verzichtet werden, um den Fokus nicht zu stark auf den Schmerz zu legen. Worte wie „Ich habe nichts Gefährliches gefunden. Es ist normal, dass es so wehtut, und der Schmerz kann auch noch andauern. Versuchen Sie, so gut es geht, Ihren Alltag weiterzuführen“ können beruhigen. Wird ein Medikament verordnet, muss klar kommuniziert werden, wie oft und wie lange es anzuwenden ist – und wenn es bis dorthin nicht hilft, möge der Patient wiederkommen. Dieber rät von unklaren Empfehlungen wie „bei Bedarf einnehmen“ explizit ab. Cut-off-Wert 6 Wochen Kommt der Patient innerhalb von sechs Wochen wieder – sie sind der Cut-off-Wert für die Chronifizierung –, steht eine noch detailliertere Schmerzanalyse an. Bei Verbesserung der Situation, jedoch noch ohne Heilung, ist keine weitere Diagnostik nötig, wohl aber, wenn der Patient von progredientem Schmerz berichtet oder von starker Aktivitätseinschränkung. Dann sollte re-evaluiert werden, ob es sich wirklich um einen unspezifischen Rückenschmerz handelt. Frühzeitig ist auch die psychosoziale Diagnost ik zu beginnen. Erklärt sich der Schmerz aus Risikofaktoren wie einem kranken Kind oder einer eigenen schwierigen Lebensphase? „Diese yellow flags sind die Hauptindikatoren für Chronifizierung.“ In jeder Phase heilen die aufklärenden Worte, auch soll mit den Betroffenen über einen möglichen Zusammenhang mit psychischen Faktoren gesprochen werden. Beim unspezifischen Rückenschmerz ist weiterhin die Motivation zur körperResultiert aus einer Schmerzerfahrung negative Affektivität, verändert sich die Grundeinstellung des Betroffenen und eine neue Schmerzerfahrung beginnt schon auf dem nächsthöheren Bewertungslevel; es entsteht ein Teufelskreis. Die Angst vor neuerlichem Schmerz führt zu Vermeidungsverhalten, zu Beeinträchtigung, Inaktivität und möglicherweise Depressivität.

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