AERZTE Steiermark Jänner2023

Foto: Adobe Stock taten. Diese Wahrnehmung verschärfte sich zusätzlich bei jeweils intensiverer Identifikation mit dem Impfstatus. Unabhängig von ihrer Identifikation mit dem Impfstatus nahmen Geimpfte sich im Alltag als wenig diskriminiert wahr. Bei den Ungeimpften aber fühlten sich jene deutlich mehr diskriminiert, bei denen die VSI stärker ausgeprägt war. Psychologische Experimente („dictator games“), in denen fiktiv Geld an Mitglieder derselben Gruppe verteilt wurde, zeigten ein ähnliches Verhalten bei Geimpften und Ungeimpften. Ging es aber darum, Mitgliedern der jeweils anderen Gruppe etwas zu geben, waren die Geimpften gnadenloser. Daraus schließen die Studienautoren, dass das Empfinden von Alltagsdiskriminierung unter Ungeimpften auch deren tatsächlichem Erleben entspricht. Pflicht schafft Widerstand Ein weiteres Experiment ließ die Proband:innen ihr Verhalten im Falle einer Impfpflicht antizipieren. Bei niedrigem VSI rechneten sowohl Geimpfte als auch Ungeimpfte mit durchaus merklicher eigener Reaktanz. Bei großer Identifikation mit dem Impfstatus war die erwartete Reaktanz bei den Ungeimpften noch deutlich größer, dafür Ærzte Steiermark || 01|2023 29 Prävention bei den Geimpften kleiner. Die Reaktanz korrelierte auch mit der Bereitschaft, sich gegen Impfverpflichtungen zu engagieren, durch Petitionen, Demonstrationen oder Mobilisierung anderer Menschen für den Kampf gegen eine Impfpflicht. Unemotionaler Diskurs Auch wenn die Befragung nur eine relativ kleine Gruppe umfasste, die zudem etwas jünger und gebildeter war als der Bevölkerungsdurchschnitt, leiten die Studienautoren aus den Ergebnissen ab, welch wichtige Rolle die Vaccination Status Identification für individuel le Impfent scheidungen spielt, wie sehr die VSI aber auch Impf kampagnen behindern kann. Ungeimpfte zu diskriminieren könne wiederum zu einer noch stärkeren Identifikation mit deren Impfstatus führen. De e s k a l i e r end w i r k en könnten der faire Umgang mit Ungeimpften sowie ein unemotionaler Diskurs über die Impfung als simple Gesundheitsmaßnahme. Aber auch, so spekulieren die Studienautoren, eine Impfpflicht: Wenn jeder zur Impfung muss, ließe sich aus dem persönlichen Impfstatus kein individuelles Persönlichkeitsmerkmal mehr generieren, das verteidigt werden muss.

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