Das Magazin der Ärztekammer Steiermark März 2023 Weg. Internist Bernd Haditsch wandert. Und motiviert auch Patient:innen dazu. Wissen. Der ukrainische Arzt Ivan Lehkodukh konnte in Graz sein Wissen erweitern. Wagnis. HNO-Facharzt Peter Potzinger wagte die Kassenmedizin – und ist froh darüber. Österreichische Post AG MZ 02Z033098 M Ärztekammer für Steiermark, Kaiserfeldgasse 29, 8010 Graz, Retouren an PF555, 1008 Wien STEIERMARK Arztgebühr-Plus. S. 38 Mehr Chancen. S. 43 Der Biologe Stefan Sabutsch ist seit 1. Jänner 2023 offiziell ELGA-Geschäftsführer. Und als IT-Experte stolz darauf, dass das ELGA-System im letzten Jahr zu 99,9 Prozent verfügbar gewesen sei. Mehr sei nicht möglich. Foto: Wilke 99,9 Prozent Evaluierung gestartet Viel besserer ÖGK-Vertrag
21. SEMINARE IM MÄRZ D E R Ä R Z T E K A M M E R F Ü R S T E I E R M A R K 24. März bis 1. April 2023 I Graz Kurse, Seminare und Vorträge für Ärztinnen und Ärzte www.seminareimmaerz.at Ärztekammer Steiermark, Fortbildungsreferat, Haus der Medizin, Kaiserfeldgasse 29, 8010 Graz Telefon: 0316/8044-37, Fax: 0316/8044-132, fortbildung@aekstmk.or.at
Bereich themen Ærzte Steiermark || 03|2023 3 BUCHTIPP Meine Darmgesundheitskur Gesunder Darm – gesunder Körper Von: Alexandra Knauer Verlagshaus der Ärzte ISBN 978-3-99052-260-8 EUR 21,90 Die Wiener Allgemeinmedizinerin Alexandra Knauer befasst sich seit Jahren mit komplementärmedizinischen Methoden, unter anderem war sie an der Wiener Schule für TCM Lehrgangsleiterin für TCM-Ernährung nach den Fünf Elementen. In ihrem Ratgeber beschreibt sie eine Darmgesundheitskur zur Wiederherstellung der Darmgesundheit, die sich als alltagstaugliche Darmsanierung eignet. Diese Kur soll nicht nur den Verdauungstrakt wieder in Form bringen und gastrointestinale Beschwerden beheben. Knauer versteht die Darmgesundheit als Teil der umfassenden Gesundheitsvorsorge und stützt sich dabei ebenso auf die Wissenschaft wie auf die Erfahrungsheilkunde. DATUM 21. März 2023 Zum 18. Mal wird der Welttag des Down-Syndroms begangen, der 2012 von der UNO anerkannt wurde. Das Datum – 21.3. – symbolisiert die Trisomie 21. Mit einer individuellen Poster-Aktion ermutigt der Verein Down Syndrom Österreich (DSÖ) auch heuer wieder, auf den Welt-DS-Tag aufmerksam zu machen. LINK: lebexund.jetzt Auf diesem Webportal, das von der Kleinen Zeitung betrieben wird, finden Leser:innen journalistische Beiträge zu Gesundheit, Vorsorge und Balance im Leben. Daneben enthält es die Möglichkeit, sich als niedergelassene/r Arzt oder Ärztin in die Adressliste einzutragen und so von den Nutzer:innen gefunden zu werden. Für Besucher:innen und Ärzt:innen ist das Portal kostenlos. Zahl 25 % von 1.000 im Auftrag der Pharmafirma MSD befragten Österreicher:innen gaben an, noch nie eine Krebsvorsorgeuntersuchung in Anspruch genommen zu haben. 24 Prozent fühlen sich zu gesund dazu, 22 Prozent zu jung. Foto: Fotolia; Illu: Verlagshaus der Ärzte Fortbildungstipp Im Sommersemester 2023 kann in Wien ein von der gemeinnützigen Organisation MED4HOPE zusammengestelltes Curriculum für „Niederschwellige Medizin“ absolviert werden, in dem es unter anderem um die besonderen Herausforderungen von Straßenmedizin geht. Nähere Informationen unter: www.med4hope.org/ausbildungen/zam-curriculumniederschwellige-medizin-2023-15 IMPRESSUM: Medieninhaber (Verleger): Ärztekammer für Steiermark, Körperschaft öffentlichen Rechts | Redak- tionsadresse: 8010 Graz, Kaiserfeldgasse 29, Tel. 0316 / 8044-0, Fax: 0316 / 81 56 71, E-Mail: presse@aekstmk. or.at | Chefredaktion: Martin Novak | Koordination: Mag. Ursula Scholz | Redaktionelle Betreuung und Produktion: CONCLUSIO PR Beratungs Gesellschaft mbH, Schmiedgasse 38, 8010 Graz | Gestaltung: Konrad Lindner | Anzeigen: Gernot Zerza, Tel.+43 664 2472673, E-Mail: Zerzagernot@gmail.com; Mit „Promotion“ gekennzeichnete Texte sind entgeltliche Veröffentlichungen im Sinne § 26, Mediengesetz. | Druck: Stmk. Landesdruckerei GmbH, 8020 Graz | Abonnements: Eva Gutmann, Ärztekammer Steiermark, Tel. 0316 / 804440, Fax: 0316 / 81 56 71. Jahresabonnement (11 Ausgaben) EUR 25,–. Gedruckt nach der Richtlinie „Druckerzeugnisse“ des Österreichischen Umweltzeichens, Medienfabrik Graz, UW-Nr. 812 Klimakompensierte Produktion www.climate-austria.at Ident-Nr Klimakompensierte Prod www.climate-austria Kennzeichnu für vorbildlic Waldwirtscha HCA-COC-100 Förderung nachhaltiger Waldwirtschaft PEFC/06-39-22 PEFC zertifiziert r ckt nach der Richtlin e „Druckerzeugnisse“ ster eichischen Umweltzeichens, ienfabrik Graz, UW-Nr. 812 Klimakompensierte Produktion www.cl mate-austria.at Ident-Nr. A Klimakompensierte Produk www.climate-austria.a Kennzeichnung für vorbildliche Waldwirtschaft HCA-COC-10029 Förderung c lti er l i ft - PEFC zertifiziert update im märz Schlagzeile „Ein Arzt weiß, was er gerade in seiner Hausapotheke hat und kann bei Lieferengpässen von gewissen Medikamenten – individuell auf jeden Patienten angepasst – ein alternatives Mittel verschreiben“, erklärt Ärztekammer-Präsident Michael Sacherer. Das erspare dem Patienten ein lästiges Hin und Her zwischen Arzt und Apotheke und verhindere auch Verzögerungen bei der Einnahme wichtiger Medikamente. Kronen Zeitung, 23. 2. 2023
Bereich themen 4 Ærzte Steiermark || 03|2023 Fotos: Adobe Stock, Conclusio Themen Cover. Stefan Sabutsch: Wir brauchen einen schnellen Überblick 8 Arzt im besonderen Dienst. Bernd Haditsch. „Es geht mit mir“ 14 2. Österreichischer Krebsreport Innovation kommt in der Klinik an 16 Ukraine. „Wir haben so viel gelernt“ 19 Fortbildung. Polypharmazie: „Ab neun Verschreibungen leiden alle“ 21 Patientenlenkung. Zuerst zur Hausärztin, zum Hausarzt 23 Serie. Darum bin ich Arzt. „Neue Lebensqualität“ 25 Ärztemangel: Die Steiermark kann nur besser werden 26 Geriatrie: App Brainmee evaluiert 28 Gesunder Genuss. Achtung Eier! 30 Wirtschaft&Erfolg. Die Krankenbeihilfe bei Kur- oder Rehabilitationsaufenthalt für Niedergelassene Ärzt:innen 32 Wirtschaft&Erfolg. Wo die medizinischen Fäden zusammen- und zurücklaufen 33 Rat&Daten.CODES in der Medizin 34 Expertentipp: Meldung von Angehörigendaten 35 CIRS. Relaxans statt Analgetikum verabreicht 35 Forschung. Wissenschafter:innen der Med Uni Graz identifizieren Biomarker für frontotemporale Demenz 36 Angestellte Ärztinnen und Ärzte Eine Frage der Ausbildung 38 Anonyme Evaluierung lief an 41 Gem.Einsam. Hommage an meine Lehrpraxis 42 Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte Medikamente aus der Arztpraxis 43 ÖGK-Vertrag: Die Steiermark holt kräftig auf 44 Verlängerung Gültigkeit DFP-Diplome und notärztliche Diplome aufgrund COVID-19-Pandemie 48 Serie. Praktisch Täglich. Check – Recheck – Doublecheck 49 Debatte 6 News 37 Planstellenausschreibung 46 Referate 50 Kleinanzeigen 51 Personalia 54 Karikatur 57 Ad Personam 58 Reform. Das Burgenland hat avisiert, die höchsten Spitalsärztegehälter Österreichs zu bezahlen. Damit wird das LKH Oberwart anziehender als Hartberg – trotz Dachgarten. Seite 26 Ruf. Eier haben keinen guten Ruf, auch nicht zu Ostern. Ist das schlechte Image gerechtfertigt? Antworten gibt es im „Gesunden Genuss“. Seite 30
Ærzte Steiermark || 03|2023 5 Bereich themen „Sollen Chatbots zur Beantwortung medizinischer Routinefragen als Unterstützung der Ärzt:innen eingesetzt werden?“ Klare Antwort: Nein. Zumindest ist das die Antwort von rund 61 Prozent in unserer letzten Frage des Monats. Weitere knapp 21 Prozent können sich zwar die Einbeziehung künstlicher Intelligenz zur Beantwortung medizinischer Routinefragen vorstellen, aber nur wenn „echte“ Ärzt:innen dahinterstehen. Bescheidene 10,4 Prozent meinen, Chatbots könnten Ärzt:innen entlasten. 8 Prozent enthalten sich einer Meinung. Die Skepsis gegenüber ChatGPT und Co. ist also groß. „Der persönliche Arzt-Patienten-Kontakt, ist durch nichts zu ersetzen“, fasst eine freie Antwort die Kritik zusammen. Ein Antwortender fürchtet auch, dass Suggestivfragen von Patient:innen digitale Systeme zu falschen Antworten bringen könnten. epikrise Kurze Nachrichten aus der Redaktion Soziale Medien: Twitter: www.twitter.com/ AERZTE_NEWS Facebook: www.facebook. com/aerztekammer.stmk/ und Facebook-Gruppe für steirische Ärztinnen und Ärzte Youtube: AERZTE_NEWS Nein zu Chatbots anstelle vonÄrzt:innen Foto: Oliver Wolf bild des monats. Niemand wartet gerne – auch nicht in der Arztpraxis. Das Grazer Startup Quickticket (Gründungsteam Katharina Feiertag und Armin Dax-Sinkovits in der Bildmitte) hat ein ausgeklügeltes System entwickelt, um das Warten abzukürzen bzw. die Wartezeit sinnvoll nutzen zu können. Ob der Mix aus Zeit-Prognose, SMS-Benachrichtigung und anderen Features die Versprechen erfüllt, muss man selbst testen. Für Quickticket gab es jedenfalls den Startup-Award. Spirit of Styria-Herausgeber Siegmund Birnstingl (links) und Sponsorvertreter Hannes Meixner von der Raiffeisen TATEN-Bank (rechts) überreichten den Preis und einen (übergroßen) Scheck. n=201 AERZTE Steiermark Frage des Monats: Sollen Chatbots für medizinische Routinefragen als Unterstützung von Ärzt:innen eingesetzt werden? Nein. Ja, aber nur, wenn sie von Ärzt: innen programmiert wurden. Ja. Anderes/Weiß nicht. 20,9 % 8,0 % 60,7 % 10,4 %
6 Ærzte Steiermark || 03|2023 Bereich Gerhard Posch Ausbildung:Evaluierung statt Blindflug Die Ausbildungsevaluierung hat begonnen. Unser Partner, die ETH Zürich, sollte die Fragebögen allen ausbildenden Abteilungen zugeschickt haben. Primariae bzw. Primarii verteilen die Fragebögen an die Turnusärztinnen und Turnusärzte/Ärztinnen und Ärzte in Ausbildung in ihrem Bereich. Die ausgefüllten Fragebögen gehen aber nicht mehr an die Ausbildungsverantwortlichen zurück, sondern können in einem vorbereiteten Kuvert direkt an die ETH Zürich geschickt werden. Damit ist die Anonymität der Antworten hundertprozentig gewährleistet. Das ist für die Qualität der Evaluation ganz wichtig. Um diese Anonymität auch bei sehr kleinen ‚Abteilungen‛ zu garantieren, gibt es eine zusätzliche Sicherheitsmaßnahme: Liegen nur drei (oder weniger) ausgefüllte Fragebögen vor, werden die Daten auf Ausbildungsstellenebene nur mit ausdrücklicher Zustimmung der Ausfüller:innen verwendet. Dass die Ärztekammer keine Einzelergebnisse sieht, versteht sich von selbst. Die Eidgenössische Technische Hochschule ETH Zürich garantiert den Datenschutz. Zu den grundlegenden Ausbildungsfragen kommen noch aktuelle Module: Sie betreffen die Themen Teilzeitarbeit und Vereinbarkeit von Beruf und Familie – also „heiße Eisen“, die fast alle betreffen … Also bitte mitmachen: Je mehr Antworten in das Gesamtergebnis einfließen, desto höher ist dessen Qualität. Desto glaubwürdiger kann damit argumentiert werden. Desto mehr haben auch die Ausbildungsstellen davon. Die erfahren aus positiven Rückmeldungen, was sie gut machen, und lernen aus negativen, was sie besser machen können, um als Ausbildungsstellen attraktiv zu sein. Und darum geht es: Die Grundlagen für die bestmögliche ärztliche Ausbildung zu schaffen. Das ist in Zeiten des Ärztemangels besonders wichtig. Einen Blindflug können sich Ausbildungsstellen einfach nicht leisten. Vizepräsident Dr. Gerhard Posch ist Obmann der Kurie Angestellte Ärzte. intra kont a Körper, Geist und unsere Gesundheit sind unsere wertvollsten Besitztümer. Ohne sie können wir das Leben nicht genießen. Leider neigen wir dazu, uns um diese kostbaren Ressourcen zu wenig zu kümmern und vernachlässigen sie oft. Zahlreiche Studien zeigen uns, was der Schweizer Alchemist Paracelsus schon im 16ten Jahrhundert wusste: Die Dosis macht das Gift. Die Nutzung neuer und sozialer Medien, mobil jederzeit zugreifbar, hat dramatische Auswirkungen auf unsere kognitiven Fähigkeiten und die psychische sowie physische Gesundheit. Ein Zusammenhang mit den Corona-Jahren ist dabei unübersehbar. Wenn wir über kognitive Fähigkeiten sprechen, sind insbesondere Einschränkungen bzw. Beeinträchtigungen in den Bereichen Aufmerksamkeit und Konzentration, Arbeitsgedächtnis und Gedächtnisbildung beängstigend. Psychisch werden wir bei übermäßigem Gebrauch sozialer Medien mit einer erhöhten Anfälligkeit für Depressionen, Angstzuständen, Schlaflosigkeit, Suchtverhalten und der oft individuell wahrgenommenen Eintrübung des Selbstwertgefühls durch den permanenten Vergleich mit anderen Personen in der virtuellen Welt konfrontiert. Besonders spürbar sind aber die körperlichen Auswirkungen. Wir sitzen stundenlang vor Bildschirmen, essen Fast Food und trinken zu viel Kaffee, um unsere Energie und Aufmerksamkeit aufrechtzuerhalten. Wir ignorieren Müdigkeit, Schmerzen und andere Symptome, die uns der Körper gibt. Wir sehen immer mehr Menschen mit Übergewicht, Haltungsschäden, Augenproblemen und Burnout-Symptomen, gleichzeitig aber immer weniger im Freien beim Radfahren, Spazieren, Wandern oder sonstigen Aktivitäten. Um die Gesundheit zu erhalten, sollten wir auf die Bedürfnisse des Körpers achten, uns Zeit nehmen ihn zu pflegen und Resilienzen aufzubauen. Dies kann bedeuten, mehr Sport zu treiben, gesünder zu essen, eine äquidistante und bewusstere Haltung zu den sozialen Medien einzunehmen oder den Stresspegel durch regelmäßige Pausen an der frischen Luft zu reduzieren. Insgesamt ist es wichtig, ein gesundes Gleichgewicht zwischen der Nutzung neuer Medien und körperlicher Aktivität zu finden. Wenn wir uns um unsere unsere Gesundheit kümmern, werden wir in der Lage sein, die Herausforderungen (auch online) des Lebens gut zu meistern. Also – Kopf hoch, raus in die Natur mit Freunden und nicht vergessen: Die Dosis macht das Gift. Prof. Dr. MMag. Martin Bauer leitet den Bereich Pädagogik & Budget der VHS Steiermark und ist Professor für Berufsbildung und Wirtschaftspädagogik an der Allensbach Hochschule. 2 d batte Martin Bauer Die Dosis macht das Gift Foto: beigsstellt
Bereich Ærzte Steiermark || 03|2023 7 „Zuerst zur Hausärztin, zum Hausarzt, statt direkt in eine EBA laufen“, dieses Motto haben zuerst die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte ausgerufen. In den Spitälern ist es auf fruchtbaren Boden gefallen. Dort wissen die Ärztinnen und Ärzte nämlich ganz genau, wie belastend es ist, wenn Patientinnen und Patienten, die nicht in einer Notfallaufnahme sein sollten, sich dorthin verirren. Leider kostet auch die fehlallozierte Patientin, der fehlallozierte Patient kostbare Zeit. Darunter leiden alle. Die „nicht so dringenden“ Fälle müssen lange Wartezeiten erdulden. Die Ärztinnen und Ärzte, genauso aber das Pf legepersonal, müssen ihnen letztendlich aber dennoch wertvolle Zeit widmen, nur um festzustellen, dass sie anderswo – vor allem in der Niederlassung – besser aufgehoben wären. Orientierungslosigkeit führt also zu einem Verust für alle. Die fehlallozierten Patientinnen und Patienten leiden. Die Patientinnen und Patienten, die tatsächlich eine EBA brauchen, leiden. Die dort arbeitenden Ärztinnen und Ärzte samt Pf legepersonal leiden. Und letztendlich leidet die Gesundheitspolitik, die sich den Vorwurf gefallen lassen muss, zu wenig für eine intelligente Lenkung der Patientinnen und Patienten zu tun. Wir wollen und können die Patientinnen und Patienten nicht dazu zwingen, das Richtige zu tun. Aber wir können sie informieren und motivieren. Wir können sie ermutigen. Dr. Michael Sacherer ist Präsident der Ärztekammer Steiermark. Der von der Vertretung der öffentlichen Apotheken mit Billigung des Gesetzgebers angestrengte Verdrängungswettbewerb hat eine deutliche Spur hinterlassen: In den letzten zwei Jahrzehnten haben allein die Steirer:innen gut 50 ärztliche Hausapotheken verloren. Dabei gibt es gute Gründe, diese Entwicklung zu stoppen und umzudrehen. Millionen von Kilometern mit privaten Pkw gehen drauf, weil Menschen dringend benötigte Medikamente nicht von ihrer Ärztin bzw. ihrem Arzt bekommen dürfen – so viel zum Klimaschutz. Aber auch wenn jemandem der Klimaschutz nicht so wichtig ist, die Mitmenschen sind es jedenfalls: „Gerade ältere Menschen und Menschen mit eingeschränkter Beweglichkeit sind auf wohnortnahe Hausapotheken angewiesen.“ Dieser Aussage stimmen 98 Prozent der Menschen in Gemeinden mit Hausapotheke und 92 Prozent in Gemeinden ohne Hausapotheke laut einer Umfrage aus dem Jahr 2020 zu. Viel eindeutiger kann ein Ja zu ärztlicher Medikamentenabgabe kaum sein. Nur die Vertretung der öffentlichen Apotheken sieht das – nicht unerwartet – anders. Sie argumentiert mit der umfassenden pharmazeutischen Ausbildung, die nur Apotheker:innen dazu befähige, ihren Kund:innen die von Ärztin oder Arzt mit umfassender medizinischer Universitätsausbildung verschriebenen rezeptpflichtigen Medikamente abzugeben. Gleichzeitig will dieselbe Vertretung, dass Pharmazeut:innen ohne medizinische Ausbildung impfen dürfen. Für die Verabreichung der Impfung – also die Handhabung einer Spritze – mag ja ein handwerklicher Schnellsiedekurs reichen. Aber für die Feststellung der Impftauglichkeit und etwaige Maßnahmen, die notwendig sind, wenn es zu Impfkomplikationen kommt, sind ärztliches Wissen und Können unabdingbar. Das sollten sich jene, die meinen, impfen könne jede:r Apotheker:in, bitte hinter die Ohren schreiben. Impfen ist Medizin, keine Verkaufsförderung. Vizepräsident Prof. Dr. Dietmar Bayer ist Obmann der Kurie Niedergelassene Ärzte. extra Dietmar Bayer Impfen ist keine Verkaufsförderung Standortbestimmung Michael Sacherer Gebot der Stunde: intelligente Patient:innenlenkung d batte Fotos: Ludwig Schedl, Schiffer, Grafik: Konrad Lindner
8 Ærzte Steiermark || 03|2023 Cover tenmanagements gekommen? Gab es Schlüsselerlebnisse? 1990ern an der Med Uni Graz. Ich führte eine vergleichende Studie zu den Effekten mehrerer Plasmaersatzstoffe durch und musste für die Auswertung tausende einzelne Laborwerte erheben und in eine Datenbank überführen – damals war das noch eine rein manuelle Angelegenheit, bei der ich mir beim Abtippen der Zahlen eine leichte Sehnenscheidenentzündung zugezogen hatte. Direkt nach dem Ende des Studiums bin ich in eine IT-Firma eingetreten, die ein Labor informat ionssystem herstellte, mit der man die Einzelwerte aus den Laborgeräten in einen Laborbefund AERZTE Steiermark: Was wollen Sie al s ELGA-Geschäftsführer erreichen? Was ist Ihnen besonders wichtig? Sabutsch: Ich habe die Stelle mit Beginn 2023 gemeinsam mit Frau Dr.in Edith Bulant-Wodak angetreten. Wir sind uns einig, dass der Nutzen von ELGA für die Anwender:innen und die Patientinnen und Patienten im Vordergrund stehen muss. Wir möchten vermitteln, warum es sinnvoll ist, als Ärztin oder Arzt ELGA zu verwenden, und auch neue und bessere Services anbieten. Wie sind Sie als Biologe in den Bereich des medizinischen DaEin Schlüsselerlebnis war meine Dissertation in den „Wir brauchen einen schnellen Überblick“ Stefan Sabutsch ist Technischer Geschäftsführer der ELGA GmbH. Dass ein IT-System wie ELGA 100prozentig verfügbar ist, hält er für unmöglich. Ausfälle im Jahr 2022 habe es aber immer nur punktuell gegeben. „Die Wichtigkeit des Datenschutzes ist aus meiner Sicht nicht in den Hintergrund gerückt. Viel eher wurden die Bedenken gegenüber dem Datenschutz in Relation zu den drängenden Herausforderungen der Pandemie niedriger priorisiert.“
Cover Ærzte Steiermark || 03|2023 9 In den Pandemiejahren 2020 bis 2022 rückte der Datenschutz in den Hintergrund. Jetzt wird der Datenschutz wieder wichtiger. Wie geht die ELGA GmbH mit dieser Veränderung um? Die Wichtigkeit des Datenschutzes ist aus meiner Sicht nicht in den Hintergrund gerückt. Viel eher wurden die Bedenken gegenüber dem Datenschutz in Relation zu den drängenden Herausforderungen der Pandemie niedriger priorisiert. Für die ELGA GmbH ist das Thema Datenschutz seit jeher ein zentrales und grundsätzliches Thema. überführen und elektronisch an die Auftraggeber zurückübermitteln konnte. Dieselben Laborparameter waren bei jedem unserer Kunden unterschiedlich betitelt und jedes Labor hatte eigene Regeln für die Gruppierung und Reihung der Parameter. Der elektronische Austausch vor Labordaten war daher immer mühsam und für jedes Sender-Empfänger-Paar neu zu definieren. Ich war daher Feuer und Flamme, als ich gehört habe, dass mit ELGA Laborbefunde vereinheitlicht werden sollen, und habe mich gleich zu Beginn für ELGA engagiert. Foto: ZTG GmbH Die jüngste Änderung des Gesundheitstelematik-Gesetzes hat die Regeln wieder verschärft. Dass 90 Tage Zugriffsmöglichkeit der Standard sind, macht vielen Ärztinnen und Ärzte Sorge. Sollten die Patientinnen und Patienten nicht intensiver darauf hingewiesen werden, dass sie diese Frist auf ein volles Jahr verlängern können? Mit der Novelle des GTelG im Jahr 2022 wurde die Standard-Zugriffszeit von 28 Tagen auf 90 Tage verlängert – so gesehen hat sich die Situation verbessert. Was sich mit Beginn 2023 geändert hat, ist die Tatsache, dass wieder die e-card gesteckt werden muss. Wenn Sie sich erinnern: Zu Beginn der Pandemie wurde auf das Stecken der e-card in den Ordinationen verzichtet, um die Ansteckungsgefahr zu minimieren. Eine individuel le Verlängerung des Zugriffsrechtes für die Ärztin oder den Arzt des Vertrauens durch die Patientinnen und Patienten ist eine gute Sache und kann auch die „Kundenbindung“ verbessern. Es ist für Nichtfachleute gar nicht so einfach, zwischen eImpfpass, e-Medikation und eRezept zu unterscheiden. Wie erklären Sie es einer Ärztin,
10 Ærzte Steiermark || 03|202 cover einem Arzt ohne IT-Expertise? Das ist sogar für Fachleute nicht ganz einfach zu verstehen. Den Unterschied macht die unterschiedliche gesetzliche Grundlage. Für ELGA-Anwendungen, also e-Medikation und e-Befund, gilt ein „Opt-Out“: Der Teilnahme kann jederzeit widersprochen werden. Der eImpfpass ist ein zentrales Impfregister, das die ärztliche Dokumentationspf licht für Impfungen erfüllt – daher ist eine Abmeldung vom eImpfpass nicht möglich. Das e-Rezept wiederum ist eine rein administrative Anwendung zum Ersatz des PapierKassenrezeptes, die nichts mit ELGA zu tun hat und parallel zur e-Medikation aufgebaut wurde. Das elektronische Rezept muss trotz ELGA-OptOut funktionieren. Die ELGA GmbH ist eine kleine Firma mit einem großen Namen. Sollten Sie nicht mehr techni sche Mögl ichkeiten selbst haben, ohne auf andere angewiesen zu sein? Tatsächlich besteht das Team der ELGA GmbH nur aus 35 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die äußerst motiviert und kompetent sind. Unsere Aufgabe besteht in der Konzeption der IT-Architektur und der Harmonisierung der Standards für den DatenausGrafik: Adobe Stock tausch sowie der Koordination der Umsetzungsmaßnahmen für die elektronische Gesundheitsakte. Zusätzlich tragen wir dafür Sorge, dass die einzelnen technischen Komponenten reibungslos zusammenarbeiten. Der Erfolg der ELGA GmbH beruht auf der integrierenden und vernetzenden Funktion, die sie zwischen dem Bundesministerium, den Ländern, der Sozialversicherung, der Ärzteschaft, den IT-Systemherstellern und vielen anderen ausfüllt. Auch wenn wir uns als Softwareentwicklungsfirma aufstellen würden, wären wir für die erfolgreiche Umsetzung neuer Projekte auf die Mitarbeit aller genannten Stakeholder angewiesen. Gesundheitsminister Rauch meint, dass Gesundheitsdaten vermehrt zur Steuerung verwendet werden sollen. Ist Österreich im Umgang mit persönlichen Gesundheitsdaten zu streng? Persönl iche Gesundheitsdaten sind grundsätzl ich streng zu schützen, und das befürworten wir ganz klar. Auf der anderen Seite stellen pseudonymisierte Gesundheitsdaten einen wertvollen Schatz für Forschung und Public Health dar. Man könnte sogar sagen, dass es unethisch wäre, diese Daten nicht im Sinne der Öffentlichkeit nutzenstiftend zu verwenden. Im ELGA-Nutzerbeirat sind die Gesellschafter der größte Block. Widerspricht das nicht dem Prinzip eines „Nutzer“- Gremiums? Unsere Gesellschafter sind auch Betreiber von Gesundheitseinrichtungen – etwa die Landeskrankenanstalten oder von der Sozialversicherung betriebene Einrichtungen. Darüber hinaus sind im Nutzerbeirat alle Gesundheitsdiensteanbieter sowie Patientenvertretungen und Selbsthilfe-Einrichtungen repräsentiert. Wie hoch war die Anzahl der Betriebsbeeinträchtigungen 2022? Liegt die Verfügbarkeit von ELGA jetzt bei 100 Prozent? Kein IT-System erreicht 100prozentige Verfügbarkeit – schon gar nicht ein vernetztes System wie ELGA, wo viele zentrale und lokale Komponenten zusammenspielen. Erfreulicherweise können wir berichten, dass die zentralen Services im Jahr 2022 zu mehr als 99,9 Prozent ver- „Erfreulicherweise können wir berichten, dass die zentralen Services im Jahr 2022 zu mehr als 99,9 % verfügbar waren. Punktuell gab es aber kurzfristige Ausfälle bei dezentralen Anbindungsstellen.“ Offizielle Erklärung: Die Gesellschafter betreiben auch Einrichtungen. Nur haben die selbst Sitz und Stimme im beratenden Gremium. In einem Nutzerbeirat sind vor allem die Nutzer vertreten. Sollte man meinen. Für den ELGA-Nutzerbeirat scheint das nicht zu gelten: Das ist die einzige Erklärung dafür, warum die Ärzteschaft, die ja die bei weitem wichtigste Gruppe unter den Nutzern ist, dort einer Übermacht an Eigentümervertretern gegenübersitzt. 42 Mitglieder hat das Gremium. Acht Personen gehören der Gruppe der „Kammern und deren Fachverbänden sowie Interes senver t retungen der Nutzer“ an. Tatsächl iche Nutzervertreter sind aber selbst hier die Minderheit. Die bei Weitem größere Gruppen sind die Gesellschafter der ELGA GmbH. Da sind die Krankenkassen (die über den Dachverband der Sozialversicherungsträger auch Gesellschafter sind) und die Krankenhausbetriebsgesellschaften im Eigentum der Bundesländer noch gar nicht mitgezählt. Die Ärztekammer hat das Problem kürzlich thematisiert: „Ein Nutzerbeirat, der zum überwiegenden Teil aus Eigentümer-Vertretern besteht … wird seinem Namen nicht gerecht“, heißt es in einem Schreiben. Sie sieht in dem Ungleichgewicht auch eine „Gefährdung Kaum Nutzer im
Ærzte Steiermark || 03|2023 11 cover über die e-Medikation sind die Zahlen gesunken. Die letzte ELGA-Geschäf tsführung wurde vom Gesundheitsminister wegen ihrer warnenden Worte zur technischen Umsetzung einer Impfpflicht gescholten. Befürchten Sie, durch die Politik ebenfalls in Ihrer Tätigkeit eingeschränkt zu werden? Falls ja, wo könnte es da Reibungsflächen geben? Ich bin davon überzeugt, dass wir, also Frau Dr.in Edith Bulant-Wodak und ich, mit den pol it ischen Entscheidungsträger:innen einen guten Konsens finden werden. Selbstverständlich kann es zu bestimmten Themen unterschiedliche Herangehensweisen geben, was auch gut ist und bilateral diskutiert werden muss. Einschränkungen durch die Politik erwarte ich nicht, da wir gemeinsam mit unseren Eigentümern, zu denen auch der Bund zählt, an Themen und Projekten arbeiten und ein gemeinsames Ziel verfolgen. Notwendige Entscheidungen werden mehrheitlich im Konsens getroffen. Was sind die größten technischen Herausforderungen, vor denen die ELGA gerade fügbar waren. Punktuell gab es aber kurzfristige Ausfälle bei dezentralen Anbindungsstellen. Welche Erkenntnisse haben Sie aus den Ausfällen von ELGA bei Spitzenbelastungen – wie in Tirol 2021 – gezogen? Um eine noch bessere Verfügbarkeit des Gesamtsystems zu gewährleisten, haben wir an einigen Stellschrauben gedreht und auch den Betrieb der zentralen Services optimiert. Wir bleiben nicht stehen und arbeiten permanent an der Verbesserung. Wurden alle 47 Punkte, die zur Erhöhung der Anwenderfreundlichkeit mit den Ärzt:innen vereinbart wurden, bereits erfolgreich umgesetzt? An welcher Nachschärfung arbeiten Sie jetzt – stehen noch große Brocken zur Umsetzung an? Wir haben dazu eine fixe Steuerungsgruppe mit unseren Systempartnern – Bund, Länder, Sozialversicherung – eingerichtet, welche die Bearbeitung der Maßnahmen vorantreibt. Diese Maßnahmenliste umfasst unterschiedlichste Themen wie Technik, Anwenderfreundlichkeit, rechtliche Grundlagen, Informat ion und Schulung etc. Die Verantwortung der Umsetzung liegt bei verschiedenen Organisationen. Manche Themen betreffen laufende Aufgaben, wie Qualitätssicherung. Einige Themen konnten von der ELGA GmbH selbst gelöst werden, etwa Verbesserungen in der Visualisierung von Befunden. Bei anderen Themen sind wir in der Umsetzung auf Arzt-Softwarehersteller oder unsere Systempartner angewiesen. Der nächste große Brocken wird die Anbindung der niedergelassenen Labors und Radiologen sein sowie die Verfügbarmachung der Bilddaten über ELGA. Wie entwickelt sich die Optout-Rate? Wie viele Personen haben aus ELGA hinausoptiert? Wie haben sich die Zahlen im letzten Jahr entwickelt? D i e Op t - Ou t -A n z a h l schwankt seit Inbetr iebnahme von ELGA zwischen 250.000 und 300.000, das entspricht ungefähr 3 Prozent der möglichen teilnehmenden Personen. Derzeit gibt es ca. 283.000 Personen, die sich von ELGA abgemeldet haben. Der Höchststand war kurz vor der Pandemie, durch die kontaktfreie Medikamentenverschreibung und die Abgabe der Selbsttests „ELGA hat durch den e-Impfpass und die e-Medikation in den letzten Jahren hohe Bekanntheit und Akzeptanz in der Bevölkerung erreicht. ELGA ist in der Corona-Zeit deutlich angesprungen …“ der Weiterentwicklung in den funktionalen Applikationen der ELGA und eHealthAnwendungen“. „Unsere Gesel lschaf ter sind auch Betreiber von Gesundheitseinrichtungen“ rechtfertigt Stefan Sabutsch im AERZTE Steiermark-Gespräch die Zusammensetzung des Gremiums. Was dabei unerwähnt bleibt, ist, dass diese Gesundheitseinrichtungen selbst im Nutzerbeirat sitzen und die Eigentümer als Sprachrohr also gar nicht benötigen. „Der ELGA-Nutzerbeirat hat die Aufgabe, die Geschäftsführung der ELGA GmbH in technisch-organisatorischen bzw. in medizinisch-fachlichen Angelegenheiten, die Einführung, Umsetzung und Weiterentwicklung der ELGA betreffen, zu beraten und Empfehlungen zu den von der Geschäftsführung vorgestel lten Maßnahmen abzugeben. Er ist auch berechtigt, von sich aus Themen im Zusammenhang mit ELGA aufzugreifen und seiner Beratungstätigkeit zugrunde zu legen“, definiert die Geschäftsordnung die Aufgaben dieses Beirats. Und betont, dass die Beratungsergebnisse des Nutzerbeirates und deren Beschlüsse Empfehlungscharakter haben: „Sie entfalten weder für die Gesellschafter noch für die Geschäftsführung der ELGA GmbH bindende Wirkung.“ Also nicht nur, dass die „Nutzer“ in der Minderheit sind, deren Wort hat auch nicht allzu viel Gewicht. Nutzerbeirat
12 Ærzte Steiermark || 03|2023 cover die Verordnung von Wohnzimmer-Tests über die ELGAAnwendung e-Medikation. Was könnte noch zur Imagepflege der elektronischen Gesundheitsakte getan werden, um ihr den Anstrich eines „Überwachungsstaates“ zu nehmen? Die Umfragen zeigen, dass ELGA von einer großen Mehrheit nicht so negativ gesehen wird. Vor allem Personen, die das Gesundheitssystem häufiger in Anspruch nehmen oder sich um Prävention und Gesundheitsförderung kümmern, erkennen die Vorteile von ELGA und sind eindeutig Befürworter. Es gibt allerdings eine generelle Tendenz, dass das Vertrauen in die Politik und öffentliche bzw. staatliche Institutionen sinkt. Sie sind international tätig und haben den Vergleich: Sind die Österreicher:innen besonders IT-skeptisch? Haben Sie – falls ja – eine Erklärung dafür? Es geht weniger um die Skepsis gegenüber der IT, sondern gegenüber der elektronischen Verarbeitung der persönlichen Daten durch öffentliche Institutionen. Da sind jetzt steht? Ein großes Thema ist die Möglichkeit, über ELGA auf Bilddaten der Radiologie und anderer bi ldgebender diagnostischer Bereiche zugreifen zu können. Zukünftig möchten wir noch viele weitere nützliche Anwendungen zu ELGA hinzufügen. Dafür muss die technische Grundlage geschaffen werden. Das heißt aber auch, dass wir im Hintergrund die Infrastruktur umbauen müssen. Wir stimmen diese Konzepte gerade mit unseren Eigentümern ab. Die elektronische Gesundheitsakte zählt nicht unbedingt zu den Herzensangelegenheiten der Österreicher:innen. Die EMedikation hingegen hat sich in Zeiten der Pandemie große Sympathien erworben … ELGA hat durch den e-Impfpass und die e-Medikation in den letzten Jahren hohe Bekanntheit und Akzeptanz in der Bevölkerung erreicht. Auch die Verwendung von ELGA ist in der Corona-Zeit deutlich angesprungen, weil es plötzlich Use-Cases gab, die für die Menschen in der Pandemie hilfreich waren wie z. B. Foto: Wilke die Menschen in den nördlichen Staaten wie Finnland, Schweden oder Estland viel entspannter. Wo sehen Sie noch digitale Lücken im österreichischen Gesundheitswesen, insbesondere solche, die die ELGA GmbH füllen sollte? Derzeit sind eher punktuel le Informationen verfügbar – was wir aber brauchen, ist die Möglichkeit, einen schnellen Überblick über alle relevanten Gesundheitsinformationen der Patientinnen und Patienten zu erhalten. ELGA kann sich zu diesem Instrument entwickeln. Dazu müssen die wicht igsten Informationen aus der gesamten Behandlungsket te möglichst einheitlich erfasst und über ELGA verfügbar gemacht werden. Dazu gehört auch der wichtige Bereich der Wahlärzt:innen, Fachärzt : innen, Inst itute, Ambulanzen … Das ist noch ein langer Weg. Ist die Patientenverfügung ein „Vor allem Personen, die das Gesundheitssystem häufiger in Anspruch nehmen oder sich um Prävention und Gesundheitsförderung kümmern, erkennen die Vorteile von ELGA und sind eindeutig Befürworter.“
Ærzte Steiermark || 03|2023 13 cover Thema für ELGA? Falls ja, was ist für wann geplant? Ja, das ist bereits eingetaktet, das sol l ein eigenesw zentrales Service mit einem Register werden, damit es Klarheit und Rechtssicheraktuellem Plan können wir die e-Patientenverfügung ab 2024 anbieten, sofern die recht l ichen Rahmenbedingungen dafür aktualisiert werden können. heit für die Nutzer:innen gibt. Außerdem wollen wir diese Anwendung unabhängig vom Opt-Out-Status einer Person anbieten, denn bei einem Opt-Out werden ja alle Daten in ELGA gelöscht. Nach Die Fragen kamen von Walter Hoch, Martin Novak und Ursula Scholz. „Ein großes Thema ist die Möglichkeit, über ELGA auf Bilddaten der Radiologie und anderer bildgebender diagnostischer Bereiche zugreifen zu können.“ „Nach aktuellem Plan können wir die e-Patientenverfügung ab 2024 anbieten, sofern die rechtlichen Rahmenbedingungen dafür aktualisiert werden können.“ Hausarzt im Europadorf – eine Herzensangelegenheit Nach der Sicherung der Nahversorgung stellt sich die Gemeinde St. Peter im Sulmtal einer weiteren, großen Herausforderung, die sehr wesentlich für die Sicherung der Gesundheitsversorgung in St. Peter ist: OMR Dr. Alfred Lohr wird nach über dreißigjähriger Tätigkeit als praktischer Arzt in St. Peter i.S. mit 31. März 2023 bzw. seinem 70. Geburtstag in Pension gehen. Er kann sich durch seinen höchstpersönlichen Einsatz über eine besonders hohe Beliebtheit in der Bevölkerung der Gemeinde St. Peter i.S., sowie in der gesamten Region Oberes Sulmtal freuen. Die Nachbesetzung wird, nicht nur auf Grund seiner hohen Einsatzbereitschaft und Fachkompetenz, eine große Herausforderung. Bgm. Skazel: „Wir alle wissen um die fehlenden Fachkräfte in vielen Bereichen und leider auch im Hausärztebereich. Der Gemeinderat konnte bereits im Vorjahr die Kassenarztstelle für St. Peter bei der Österreichischen Gesundheitskasse sicherstellen. Somit wurden die Rahmenbedingungen für unseren Ort geschaffen. Nachdem die Pra xisräume von OMR Dr. Lohr nach seiner Pensionierung nicht zur Verfügung stehen werden, hat die Gemeinde bereits eine Übergangslösung bis zur Bereitstellung einer fixen Arztpraxis im Auge: die Räumlichkeiten im Alten Kindergarten können innerhalb kurzer Zeit mit relativ geringem Aufwand umgebaut werden. Die Ausschreibung durch die Ärztekammer Steiermark* erfolgte Mitte Dezember. In unserem schönen und lebenswerten Dorf wird die Stelle für eine Ärztin/einen Arzt frei. Folgen Sie Ihrem Herzen und kommen sie zu uns nach St. Peter!“ *siehe Seite 46
Arzt im besonderen dienst 14 Ærzte Steiermark || 03|2023 ursula scholz „Von allen Seiten und zu jeder Jahreszeit“ den Hochschwab zu besteigen zählt für Bernd Haditsch zu den größten Freuden des Lebens. Da derartige Unternehmungen für einen Vollzeit-Arzt nicht alltäglich machbar sind, absolviert er sein Gehpensum unter der Woche von seiner Haustür in der Ragnitz weg. „Bewegung, also auch Wandern ist das wichtigste Arzneimittel des 21. Jahrhunderts“, ist der Internist, der im Gesundheitszentrum Graz der ÖGK als ärztlicher Leiter der Vorsorgeuntersuchungsstelle arbeitet, überzeugt. Daneben ist er noch in seiner Wahlarztordination „TravelMedCenter“ als Reise- und Expeditionsmediziner tätig. Und als (Mit-)Autor von Wanderbüchern. Das Faible für den Hochschwab hat er geerbt: Haditschs Mutter, eine Sportlehrerin, war dem „Schwåbn“ auch schon sehr zugeneigt. Ihr älterer Bruder Fritz meisterte ebendort schwierigste Klettereien und faszinierte schon den kleinen Buben mit seinen Abenteuergeschichten. Bernd Haditschs älterer Bruder hingegen war der erste Arzt in der Familie, aber nicht ausschlaggebend für die Berufswahl des Jüngeren, der sich noch am Inskriptionsschalter unsicher war, ob Medizin wirklich der passende Beruf ist. Mittlerweile ist er sich sicher. Abseits des Messzwanges Neben der sanften Bewegung machen auch die Naturerlebnisse und vielfältigen Sinneseindrücke vom Gluckern des Baches bis zum Terpenduft der Nadelhölzer das Wandern für Bernd Haditsch zu einer heilenden Tätigkeit. „Die Gebirge sind stumme Meister“, zitiert er Johann Wolfgang von Goethe. Und Haditsch zitiert wirklich gerne. Am liebsten verweist er zu diversen Themen auf sein Vorbild, den berühmten Psychiater Viktor Frankl, der ein ebenso begeisterter Bergsteiger war. Dessen „Lebensberg“ war die Rax. Für Bernd Haditsch, der schon seinerzeit in schulischen und universitären Belangen, aber „Es geht mit mir“ Vorsorgemediziner Bernd Haditsch schreibt nicht nur (für) Wanderbücher, sondern verschreibt das Wandern auch seinen Patient:innen als Arzneimittel. Und nicht zuletzt sich selbst eine tägliche Ration davon. auch später als Marathonläufer und Triathlet immer nach Bestleistungen gestrebt hat und strebt, beinhaltet das Wandern einen weiteren Vorteil: Es spielt sich abseits des Leistungsdenkens ab und entzieht sich weitgehend der Messbarkeit. „Es gibt nur einen Rivalen beim Bergsteigen oder Klettern: Man nimmt es mit sich selbst auf “, um Viktor Frankl zu zitieren ... Mit der Atmung gehen „Es geht mit mir“, beschreibt Haditsch sein nahezu meditatives Gehen, bei dem er sich im Gleichklang mit seiner Atmung rhythmisiert. Die Orientierung am Atem geschah rein intuitiv, meint er rückblickend. Als er dann vor vier Jahren mit Yoga begonnen hat, wurde ihm bewusst, dass er nach diesem Prinzip schon sehr lange lebt. „Im Gehen spiegelt sich auch meine aktuelle Tagesverfassung wider“, betont er. Diese verändert sich dann im besten Fall entlang der Strecke im Sinne zunehmender Entspannung. Ist Haditsch alleine unterwegs, tendiert er aber „Bewegung, also auch Wandern ist das wichtigste Arzneimittel des 21. Jahrhunderts.“ Bernd Haditsch
Arzt im besonderen dienst Ærzte Steiermark || 03|2023 15 Fotos: Opernfoto Hausleitner, beigestellt gnügen die Verha l tens - veränderung vor allem bei den Vätern beobachtet . Diese Wand e r u n g e n z ä h l e n zu seinen Hi gh l i ght s am Berg, neben HochschwabÜbernachtungen, Weitwandern durch Korsika und Steilwand-Abfahrten auf Schitouren durch die Rote Rinne an der Ostseite des Eisenerzer Reichensteins oder vom Gamskögel über die Prinzessinnenrinne. Gerne erinnert er sich auch an seine NepalExpedition, bei der er im Rahmen des alpinmedizinischen Projektes Si lberpyramide 2002 Forschung „auf höchstem Niveau“ in beiderlei Sinn des Wortes betreiben konnte. Zwei, drei Ideen … Haditsch hat aber auch für Erwachsene über das Wandern geschrieben, nämlich den medizinischen Teil von Christian Hlades „Das große Buch vom Wandern“, das 2019 veröffentlicht wurde. Der Gründer von Weltweitwandern gibt darin Tipps für Wanderungen vom Hochschwab bis zum Himalaya – und ebenso so vielfältig sind auch die Sehnsüchte von Haditsch, wenn es um zukünftige Bergtouren geht: „Ich würde gerne einmal Ladakh sehen und über die Pyrenäen weitwandern. Ich kenne auch Südamerika noch gar nicht und eine Wanderung über die auch beim Gehen zu Mammutprojekten: So absolvierte er zum Beispiel die „steirische Überschreitung“ vom Eisenerzer Reichenstein bis zum Admonter Reichenstein in 12 Stunden, nur mit kleinen Trinkpausen. Tochterzeit am Kilimandscharo Haditsch hat aber auch ein Buch über das Wandern mit Kindern geschrieben – und da muss man sich von den Mammutprojekten vorerst einmal verabschieden. „Wenn man mit Kindern wandert, geben sie den Takt vor“, lautet seine Devise. Brauchen sie eine Pause, finden die Kuhherde interessant oder wollen am Bach spielen, dann haben diese Bedürfnisse und Interessen Vorrang. „Hütten und Gipfelkreuze sind nur für Erwachsene echte Ziele.“ Neben dem Ermöglichen von Naturerlebnissen unterhält er wandernde Kinder mit Geschichten zum Berg und Sagen zur Gegend als Motivationsanreiz. Zumindest bei seiner älteren Tochter – Haditsch ist Vater dreier Kinder – muss die Weitergabe der Begeisterung funktioniert haben: Ihr hat er zur Matura eine Tour auf den Kilimandscharo geschenkt. Da geht man nicht eben mal dem Vater zuliebe mit, selbst wenn man die exklusive VaterTochter-Zeit zu schätzen weiß. Auch öffentlich ausgeschriebene Papa-Kind-Wanderungen hat Haditsch schon organisiert und dabei mit VerKordilleren wäre spannend.“ Auch der chinesische Eisriese Mustagh Ata im Ostteil des Pamir-Gebirges würde ihn reizen. Oder den sechsthöchsten Berg der Erde, den Cho oyu, zu meistern, dessen Erstbesteigung durch den Wiener Geologen Herbert Tichy ihn fasziniert. „Ich habe schon noch zwei, drei Ideen …“ Konkrete Pläne für große Expeditionen schmiedet Haditsch derzeit aus familiären Gründen keine. „Für sechs- bis achtwöchige Touren – und so lange braucht man für einen derartigen Berg und um auch die Umgebung zu erkunden – habe ich im Moment keine Zeit. Meinen Urlaub möchte ich ja mit meiner Familie verbringen und solange die Kinder noch so jung sind, reichen uns auch die steirischen Berge.“ Aufräumen im Kopf Die kathartische Wirkung des Gehens spielt sich zu einem wesentlichen Teil ohnehin im Kopf ab. „Beim Wandern räume ich meinen Schreibtisch im Kopf auf “, wie es Haditsch nennt. Auch die Wegzeiten von und zur Arbeit, die er mit dem Fahrrad zurücklegt, dienen einem ähnlichen Zweck. Am Ziel angekommen, geht er gerne demonstrativ mit dem Radhelm durch´s Wartezimmer, um zu zeigen, dass auch der leitende Arzt mit dem Fahrrad kommt. „Ich sehe mich schon auch als Vorbild im Bereich der Gesundheitsvorsorge“, erklärt er, der sich in Ermangelung eines Curriculums für Vorsorgemedizin seine Expertise aus den Bereichen Umweltmedizin, Genetik, Ernährungsmedizin, Global (Public) Health, Behavioral Medicine und Lifestyle Medicine selbst zusammengesucht hat. Seine Rolle als Vorbild legt er jedoch ganz ohne Zeigefinger an: „Ich bin kein Heiliger, ich bin bei den Leuten“, betont er und gesteht: „Meine erste Gesundenuntersuchung hat grottenschlechte Ergebnisse gebracht.“ Die hinzunehmen er nicht bereit war und die er letztlich mit einem durchdachten Bewegungs- und Ernährungsprogramm wieder auf Vordermann gebracht hat. „Nimm dir ein Ziel vor, erreiche dieses und du kommst als neuer Mensch zurück“, zitiert er abermals Viktor Frankl … Bewegung – dazu gehört auch Wandern – ist (nicht nur) für den Internisten Bernd Haditsch als Arznei unübertroffen. Egal, wo gewandert wird, in Afrika (Bild rechts) oder am steirischen Hochschwab.
16 Ærzte Steiermark || 03|2023 2. Österreichischer Krebsreport Tagtägl ich erscheinen in einem onkologischen Fachjournal zwei österreichische Publikationen – statistisch gesehen. Zu diesen 724 Originalarbeiten kamen im Jahr 2021 noch 614 in nicht spezifisch onkologisch gelisteten Fachjournalen. Das Innovationspotential ist also groß. Auch wenn der wissenschaftliche Leiter des Österreichischen Krebsreports, Armin Gerger von der Klinischen Abteilung für Onkologie am Grazer Universitätsklinikum und Assoziierter MUG-Professor, Nachholbedarf bei den Rahmenbedingungen für die akademisch-klinische Forschung ortet (zu wenige Real World Data und Prüfer-initiierte Studien), so stellt der aktuelle Krebsreport auch fest, dass die wissenschaftlichen Erkenntnisse bei den Patient:innen ankommen: Bei manchen Tumorentitäten steigt die durchschnittliche Überlebenszeit nämlich deutlich. „Patient:innen mit einem gastrointestinalen Stromatumor hatten vor 20 Jahren eine Lebenserwartung von unter 12 Monaten, heute haben sie mit einer täglichen Tabletteneinnahme eine fast normale Lebenserwartung“, berichtet der Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Hämatologie & Medizinische Onkologie (OeGHO), Wolfgang Hilbe. „Bei einem metastasierenden Lungenkarzinom war nach zwei Linien Chemotherapie die Lebensperspektive mit 12 Monaten erreicht, heute können in 30 % der Fälle Treibermutationen festgestellt und gezielt therapiert werden, was die Lebenserwartung statt in Monaten in Jahren bemessen lässt.“ Krebsregister ausgewertet Der Österreichische Krebsreport entstand auf Init iative der Österreichischen Gesellschaft für Hämatologie & Medizinische Onkologie und der Österreichischen Krebshi l fe und wurde in Kooperation mit diversen Fachgesellschaften sowie der Statistik Austria, die das Österreichische Nat ionale Krebsregister führt, erstellt. Aus den Daten des Nationalen Krebsregisters wurden im diesjährigen Krebsreport Überlebenswahrscheinl ichkeiten nach einer Krebsdiagnose und ihre Entwicklungen im Laufe der Zeit veröffentlicht: So sieht die Prognose (kumuliertes Überleben drei Jahre nach Diagnose) bei Brustkrebs (90,6 %), Pros t at ak rebs (94 ,7 %), Schilddrüsenkrebs (95,6 %) und Hodenkrebs (96,6 %) positiv aus, wobei es beim Prostatakrebs gegenüber der vorangegangenen v ier jährigen Beobachtungsperiode zu einer signifikanten Verbesserung gekommen ist. Auch bei Tumoren der Niere, von Kopf & Hals sowie beim Magenkrebs konnten signi f ikante Verbesserungen erzielt werden, wenn auch auf niedrigerem Niveau (42 – 82 %). Trotz der Fortschritte beim Lungen- und Leberkrebs müssen Patient:innen mit Lungen-, Speiseröhren-, Leber- oder Bauchspeicheldrüsenkrebs immer noch mit einer schlechten Prognose rechnen: Hier liegt die kumuliert relative Überlebensrate nach drei Jahren zwischen 15 und 30 Prozent. Therapien personalisieren Zu bahnbrechenden Innovationen kam es im Bereich der Diagnostik und der Theranostik: Die Molekularpathologie findet mit Methoden wie Next Generation Sequencing und Liquid Biopsy genetische Veränderungen in Krebszellen, deren Analyse eine „targeted therapy“ ermöglicht. In den vergangenen fünf Jahren wurden mehr als 130 neue Krebsmedikamente von der EMA registriert, die mittels Bewertungssystem der ESMO (Europäischen Gesellschaft für Medizinische Onkologie) „Magnificance of Clinical Benefit Scale“ (MCBS) evaluiert werden. Im Bereich der Nuklearmedizin wurden Verfahren, die Einblick in den Stoffwechsel von Tumoren geben, verfeinert. Sie werden nicht nur zur Diagnose, sondern beispielsweise beim Prostatakarzinom gleichzeitig zur Therapie eingesetzt – woraus das Wort „Theranostik“ entstand. Mit tels PSMA-Diagnost ik konnten neun von zehn (Fern-)Metastasen bei Prostatakrebspatienten geortet werden, wobei bei 64 Prozent durch das Ergebnis der Bildgebung die primäre Therapieentscheidung geändert wurde. Auch bei nichtmetastasierenden Hautkrebsarten, die immerhin rund 30 Prozent aller Krebserkrankungen ausmachen, und bei Schilddrüsenkarzinomen verzeichnete die Nuklearmedizin enorme Erfolge. Die Roboterchirurgie hat mittlerweile in allen österreichischen Bundesländern Einzug gehalten. Gespräche trainieren Trotz al ler Behandlungserfolge stehen onkologisch täInnovation kommt in der Klinik an Der 2. Österreichische Krebsreport berichtet von extrem hoher onkologischer Publikationsdichte, von gesteigerten Überlebensraten bei einigen Tumorentitäten, aber auch von weiterhin bestehenden Herausforderungen. 2022 © DigitalGenetics – stock.adobe.com
Ærzte Steiermark || 03|2023 17 2. Österreichischer Krebsreport tige Ärztinnen und Ärzte in ihrem Alltag häufig vor der Aufgabe, beängstigende Nachrichten zu überbringen. Auch das Thema onkologisches Arzt-PatientenGespräch steht daher im Fokus des Österreichischen Krebsreports. Die Österreichische Plattform Gesundheitskompetenz (oepgk) baut ein Trainer:innen-Netzwerk in ganz Österreich auf, das Ärzt:innen in der Gesprächsführung schult und ein spezielles onkologisches Modul anbietet. Mehr Tempo mahnt der Krebsreport beim angekündigten Ausbau des Hospiz- und Palliativbereiches ein; hier hinkt die Realität den politischen Versprechen nach. Auch die Arbeit des Grazer Comprehensive Cancer Center wird im Krebsreport präsentiert. Dort befinden sich gerade einige Subzentren für bestimmte Tumorentitäten im Aufbau: Jene für Brust, Weichgewebe & Knochen, Haut und Thorax sind bereits installiert; in den Bereichen Bauch, Kopf & Hals/Neuro, Gynäkologie, Uroonkologie, Hämatologie und Pädiatrie laufen die Vorbereitungsarbeiten. Neuerungen bei Prävention Zwei neue Empfehlungen gibt es im Rahmen der Früherkennungsprogramme: einerseits die Ausweitung der GratisHPV-Impfung bis zum vollendeten 21. Lebensjahr und andererseits die geänderte Vorgehensweise bei der Darmkrebsvorsorge: Hier wird nun auf Basis der Evidenz zu Untersuchungen ab 45 (bisher 50) Jahren geraten, mittels Koloskopie oder Immunologischem Blutstuhltest (FIT). Denn wenn sich alle Menschen an die zwölf Empfehlungen des Europäischen Kodex gegen Krebs hielten, wozu auch derartige präventive Maßnahmen zählen, könnte in Europa die Hälfte aller Todesfälle aufgrund von Krebs verhindert werden. Sofortige Kontaktaufnahme bei kritischen Ergebnissen Ergebnisse der Standard-Analysen innerhalb von 24 h ELLA – Elektronische Laboranforderung Befunde online abrufbar Fachärzteteam für Rückfragen Rasch, präzise und kundenorientiert Standard-Analysen Ergebnisse innerhalb von 24 h Spezialanalysen Ergebnisse innerhalb von 48 h Allergiediagnostik Medikamentenspiegel Hormonstatus Tumormarker Vitamine & Spurenelemente (auch Vollblutanalysen) Impftiter-Bestimmungen Hepatitis A/B, Masern, Mumps, Röteln, Varicellen, FSME, SARS-CoV-2 Antikörper Unsere Analysen für Ihre Diagnose Tel.: 0316/671331 www.medlabor.at PROBENABHOLUNG steiermarkwei t GRATIS inkl. kostenfreies Abnahmebesteck und Verbrauchsmaterial www.medlabor.at Med. & Chem. Labordiagnostik Lorenz & Petek GmbH Körösistraße 19, 8010 Graz, Tel.: 0316 671331, Fax: DW-15 institut@medlabor.at www.medlabor.at Laborfachärzte: Dr. Thomas Petek Dr. Berit Petek Dr. Susanne Falk Dr. Manfred Neubauer Dr. Zhivka Mihova-Kardalev Online-Analysen-Verzeichnis: www.medlabor.at Vorsorge und Früherkennung | 27 Empfehlungen, deren Einhaltung krebsbedingte Todesfälle in Europa um fast 50% verringern kann: 1. Rauchen Sie nicht. Verzichten Sie auf jeglichen Tabakkonsum. 2. Sorgen Sie für ein rauchfreies Zuhause. Unterstützen Sie rauchfreie Arbeitsplätze. 3. Legen Sie Wert auf ein gesundes Körpergewicht. 4. Sorgen Sie für regelmäßige Bewegung im Alltag. Verbringen Sie weniger Zeit im Sitzen. 5. Ernähren Sie sich gesund: Essen Sie häufig Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte, Obst und Gemüse. Schränken Sie Ihre Ernährung mit kalorienreichen Nahrungsmitteln ein (hoher Fett- oder Zuckergehalt) und vermeiden Sie zuckerhaltige Getränke. Vermeiden Sie industriell verarbeitetes Fleisch; essen Sie weniger rotes Fleisch und salzreiche Lebensmittel. 6. Reduzieren Sie Ihren Alkoholkonsum. Der völlige Verzicht auf Alkohol ist noch besser für die Verringerung Ihres Krebsrisikos. 7. Vermeiden Sie zu viel Sonnenstrahlung, insbesondere bei Kindern. Achten Sie auf ausreichenden Sonnenschutz. Gehen Sie nicht ins Solarium. 8. Schützen Sie sich am Arbeitsplatz vor krebserregenden Stoffen, indem Sie die Sicherheitsvorschriften befolgen. 9. Finden Sie heraus, ob Sie in Ihrem Zuhause einer erhöhten Strahlenbelastung durch natürlich vorkommendes Radon ausgesetzt sind. Falls ja, ergreifen Sie Maßnahmen zur Senkung dieser hohen Radonwerte. 10. Für Frauen: Stillen senkt das Krebsrisiko bei Müttern. Falls möglich, stillen Sie Ihr Kind. Hormonersatztherapien erhöhen das Risiko für bestimmte Krebserkrankungen. Nehmen Sie Hormonersatztherapien möglichst wenig in Anspruch. 11. Sorgen Sie dafür, dass Ihre Kinder an Impfprogrammen teilnehmen gegen: Hepatitis B (Neugeborene), Humanes Papillomavirus (HPV) (Mädchen). 12. Nehmen Sie an bestehenden Krebsfrüherkennungs- und Screeningprogrammen teil: Darmkrebs (Männer und Frauen), Brustkrebs (Frauen), Gebärmutterhalskrebs (Frauen). 12 © Illustrationen: Martin Lachmair
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