AERZTE Steiermark | März 2023

16 Ærzte Steiermark || 03|2023 2. Österreichischer Krebsreport Tagtägl ich erscheinen in einem onkologischen Fachjournal zwei österreichische Publikationen – statistisch gesehen. Zu diesen 724 Originalarbeiten kamen im Jahr 2021 noch 614 in nicht spezifisch onkologisch gelisteten Fachjournalen. Das Innovationspotential ist also groß. Auch wenn der wissenschaftliche Leiter des Österreichischen Krebsreports, Armin Gerger von der Klinischen Abteilung für Onkologie am Grazer Universitätsklinikum und Assoziierter MUG-Professor, Nachholbedarf bei den Rahmenbedingungen für die akademisch-klinische Forschung ortet (zu wenige Real World Data und Prüfer-initiierte Studien), so stellt der aktuelle Krebsreport auch fest, dass die wissenschaftlichen Erkenntnisse bei den Patient:innen ankommen: Bei manchen Tumorentitäten steigt die durchschnittliche Überlebenszeit nämlich deutlich. „Patient:innen mit einem gastrointestinalen Stromatumor hatten vor 20 Jahren eine Lebenserwartung von unter 12 Monaten, heute haben sie mit einer täglichen Tabletteneinnahme eine fast normale Lebenserwartung“, berichtet der Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Hämatologie & Medizinische Onkologie (OeGHO), Wolfgang Hilbe. „Bei einem metastasierenden Lungenkarzinom war nach zwei Linien Chemotherapie die Lebensperspektive mit 12 Monaten erreicht, heute können in 30 % der Fälle Treibermutationen festgestellt und gezielt therapiert werden, was die Lebenserwartung statt in Monaten in Jahren bemessen lässt.“ Krebsregister ausgewertet Der Österreichische Krebsreport entstand auf Init iative der Österreichischen Gesellschaft für Hämatologie & Medizinische Onkologie und der Österreichischen Krebshi l fe und wurde in Kooperation mit diversen Fachgesellschaften sowie der Statistik Austria, die das Österreichische Nat ionale Krebsregister führt, erstellt. Aus den Daten des Nationalen Krebsregisters wurden im diesjährigen Krebsreport Überlebenswahrscheinl ichkeiten nach einer Krebsdiagnose und ihre Entwicklungen im Laufe der Zeit veröffentlicht: So sieht die Prognose (kumuliertes Überleben drei Jahre nach Diagnose) bei Brustkrebs (90,6 %), Pros t at ak rebs (94 ,7 %), Schilddrüsenkrebs (95,6 %) und Hodenkrebs (96,6 %) positiv aus, wobei es beim Prostatakrebs gegenüber der vorangegangenen v ier jährigen Beobachtungsperiode zu einer signifikanten Verbesserung gekommen ist. Auch bei Tumoren der Niere, von Kopf & Hals sowie beim Magenkrebs konnten signi f ikante Verbesserungen erzielt werden, wenn auch auf niedrigerem Niveau (42 – 82 %). Trotz der Fortschritte beim Lungen- und Leberkrebs müssen Patient:innen mit Lungen-, Speiseröhren-, Leber- oder Bauchspeicheldrüsenkrebs immer noch mit einer schlechten Prognose rechnen: Hier liegt die kumuliert relative Überlebensrate nach drei Jahren zwischen 15 und 30 Prozent. Therapien personalisieren Zu bahnbrechenden Innovationen kam es im Bereich der Diagnostik und der Theranostik: Die Molekularpathologie findet mit Methoden wie Next Generation Sequencing und Liquid Biopsy genetische Veränderungen in Krebszellen, deren Analyse eine „targeted therapy“ ermöglicht. In den vergangenen fünf Jahren wurden mehr als 130 neue Krebsmedikamente von der EMA registriert, die mittels Bewertungssystem der ESMO (Europäischen Gesellschaft für Medizinische Onkologie) „Magnificance of Clinical Benefit Scale“ (MCBS) evaluiert werden. Im Bereich der Nuklearmedizin wurden Verfahren, die Einblick in den Stoffwechsel von Tumoren geben, verfeinert. Sie werden nicht nur zur Diagnose, sondern beispielsweise beim Prostatakarzinom gleichzeitig zur Therapie eingesetzt – woraus das Wort „Theranostik“ entstand. Mit tels PSMA-Diagnost ik konnten neun von zehn (Fern-)Metastasen bei Prostatakrebspatienten geortet werden, wobei bei 64 Prozent durch das Ergebnis der Bildgebung die primäre Therapieentscheidung geändert wurde. Auch bei nichtmetastasierenden Hautkrebsarten, die immerhin rund 30 Prozent aller Krebserkrankungen ausmachen, und bei Schilddrüsenkarzinomen verzeichnete die Nuklearmedizin enorme Erfolge. Die Roboterchirurgie hat mittlerweile in allen österreichischen Bundesländern Einzug gehalten. Gespräche trainieren Trotz al ler Behandlungserfolge stehen onkologisch täInnovation kommt in der Klinik an Der 2. Österreichische Krebsreport berichtet von extrem hoher onkologischer Publikationsdichte, von gesteigerten Überlebensraten bei einigen Tumorentitäten, aber auch von weiterhin bestehenden Herausforderungen. 2022 © DigitalGenetics – stock.adobe.com

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