AERZTE Steiermark | März 2023

Bereich Ærzte Steiermark || 03|2023 7 „Zuerst zur Hausärztin, zum Hausarzt, statt direkt in eine EBA laufen“, dieses Motto haben zuerst die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte ausgerufen. In den Spitälern ist es auf fruchtbaren Boden gefallen. Dort wissen die Ärztinnen und Ärzte nämlich ganz genau, wie belastend es ist, wenn Patientinnen und Patienten, die nicht in einer Notfallaufnahme sein sollten, sich dorthin verirren. Leider kostet auch die fehlallozierte Patientin, der fehlallozierte Patient kostbare Zeit. Darunter leiden alle. Die „nicht so dringenden“ Fälle müssen lange Wartezeiten erdulden. Die Ärztinnen und Ärzte, genauso aber das Pf legepersonal, müssen ihnen letztendlich aber dennoch wertvolle Zeit widmen, nur um festzustellen, dass sie anderswo – vor allem in der Niederlassung – besser aufgehoben wären. Orientierungslosigkeit führt also zu einem Verust für alle. Die fehlallozierten Patientinnen und Patienten leiden. Die Patientinnen und Patienten, die tatsächlich eine EBA brauchen, leiden. Die dort arbeitenden Ärztinnen und Ärzte samt Pf legepersonal leiden. Und letztendlich leidet die Gesundheitspolitik, die sich den Vorwurf gefallen lassen muss, zu wenig für eine intelligente Lenkung der Patientinnen und Patienten zu tun. Wir wollen und können die Patientinnen und Patienten nicht dazu zwingen, das Richtige zu tun. Aber wir können sie informieren und motivieren. Wir können sie ermutigen. Dr. Michael Sacherer ist Präsident der Ärztekammer Steiermark. Der von der Vertretung der öffentlichen Apotheken mit Billigung des Gesetzgebers angestrengte Verdrängungswettbewerb hat eine deutliche Spur hinterlassen: In den letzten zwei Jahrzehnten haben allein die Steirer:innen gut 50 ärztliche Hausapotheken verloren. Dabei gibt es gute Gründe, diese Entwicklung zu stoppen und umzudrehen. Millionen von Kilometern mit privaten Pkw gehen drauf, weil Menschen dringend benötigte Medikamente nicht von ihrer Ärztin bzw. ihrem Arzt bekommen dürfen – so viel zum Klimaschutz. Aber auch wenn jemandem der Klimaschutz nicht so wichtig ist, die Mitmenschen sind es jedenfalls: „Gerade ältere Menschen und Menschen mit eingeschränkter Beweglichkeit sind auf wohnortnahe Hausapotheken angewiesen.“ Dieser Aussage stimmen 98 Prozent der Menschen in Gemeinden mit Hausapotheke und 92 Prozent in Gemeinden ohne Hausapotheke laut einer Umfrage aus dem Jahr 2020 zu. Viel eindeutiger kann ein Ja zu ärztlicher Medikamentenabgabe kaum sein. Nur die Vertretung der öffentlichen Apotheken sieht das – nicht unerwartet – anders. Sie argumentiert mit der umfassenden pharmazeutischen Ausbildung, die nur Apotheker:innen dazu befähige, ihren Kund:innen die von Ärztin oder Arzt mit umfassender medizinischer Universitätsausbildung verschriebenen rezeptpflichtigen Medikamente abzugeben. Gleichzeitig will dieselbe Vertretung, dass Pharmazeut:innen ohne medizinische Ausbildung impfen dürfen. Für die Verabreichung der Impfung – also die Handhabung einer Spritze – mag ja ein handwerklicher Schnellsiedekurs reichen. Aber für die Feststellung der Impftauglichkeit und etwaige Maßnahmen, die notwendig sind, wenn es zu Impfkomplikationen kommt, sind ärztliches Wissen und Können unabdingbar. Das sollten sich jene, die meinen, impfen könne jede:r Apotheker:in, bitte hinter die Ohren schreiben. Impfen ist Medizin, keine Verkaufsförderung. Vizepräsident Prof. Dr. Dietmar Bayer ist Obmann der Kurie Niedergelassene Ärzte. extra Dietmar Bayer Impfen ist keine Verkaufsförderung Standortbestimmung Michael Sacherer Gebot der Stunde: intelligente Patient:innenlenkung d batte Fotos: Ludwig Schedl, Schiffer, Grafik: Konrad Lindner

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