Das Magazin der Ärztekammer Steiermark Mai 2023 Grün. Gynäkologin Sandra Rabenstein ist auch Expertin für Heilpflanzen. Rot. Der Wiener Allgemeinmediziner David Uy half mit Ärzte ohne Grenzen in der Ukraine. Blau. Macht Allgemeinarzt Andreas Erlacher nicht. Er lobt aber das kassenärztliche Leben. Österreichische Post AG MZ 02Z033098 M Ärztekammer für Steiermark, Kaiserfeldgasse 29, 8010 Graz, Retouren an PF555, 1008 Wien STEIERMARK Arztgebühr-Plus. S. 38 Mehr Chancen. S. 43 Karri re und Kinder PVE-Hotline: 8044-144 Foto: Adobe Stock Welche Fortbildung wollt Ihr? Online-Fortbildung legt zu. Fortbildungsveranstaltungen mit persönlicher Teilnahme liegen aber weiter an der Spitze. Die Ärztekammer Steiermark fragt nun, was Ärztinnen und Ärzte wollen.
Masern sind sehr ansteckend. Auch für Healthcareworker. Ohne Impfung erkranken 95 von 100 Menschen. Bei 10 von 100 Masern-Fällen ist mit schweren Folgeerkrankungen zu rechnen. Die Masern-Impfung schützt. Verlässlich. Bitte denken Sie an Ihren Impfschutz – und an den Ihrer MitarbeiterInnen! Gratis für Menschen jeden Alters! Fotolia Masern_inserat_mut_arzt_A4_hoch.indd 1 02.02.2018 09:55:44
Bereich themen Ærzte Steiermark || 05|2023 3 BUCHTIPP KörpersprachlICH. Wirkung ohne Worte Von: Sigrid Tschiedl Verlagshaus der Ärzte 2. Auflage ISBN: 978-3-99052-286-8 EUR 21,90 Noch bevor ein Wort gesprochen wurde, wirken in der Kommunikation die Signale von Mimik, Gestik und Haltung. Die Verfasserin dieses Ratgebers, der nun in zweiter Auflage erschienen ist, vermittelt seit Jahren in Vorträgen und Trainings auf unterhaltsame Weise ihr Wissen über die Korrelation von innerer und äußerer Haltung. Sigrid Tschiedl ist Regisseurin, Keynote-Speakerin, Business-Trainerin und Autorin. Ihr Credo lautet: „Der körperliche Ausdruck ist ein so starker Teil der persönlichen Wirkung, dass kein gesprochenes Wort ihn ersetzen kann.“ Wer ihr Buch gelesen hat, greift danach bewusst auf die Fülle seines ganz persönlichen Körpersprachespektrums zu. DATUM 14.–15. Juni 2023 „Psychische Gesundheit sichtbar machen“ will die 2. Impulstagung der Klin. Abt. f. Psychiatrie & Psychother. Medizin der MUG. Das Programm reicht von Abschlussarbeit-Präsentationen bis zu Vorträgen internationaler Referent:innen. Mehr unter: www.medunigraz.at/events/detail/impulstagung-20 LINK: https://coronacollaterals.podigee.io/ Die 3. Staffel der Podcast-Reihe des Austrian Health Forum hat sich inhaltlich neu justiert und steht unter dem Motto „Zukunft statt Krise – Was bedeutet das für das österreichische Gesundheitssystem?“. Zehn Expert:innen sprechen jeweils rund 30 Minuten über ihre Zukunftsszenarien. Ein steirischer Input kommt von Alexander Rosenkranz, dem Vorstand der Grazer Universitätsklinik für Innere Medizin. Zahl 90 Mehr als 90 % der durch die COVID-19-Pandemie verursachten Todesfälle entfielen auf über 60-Jährige. Über die gesamte EU gerechnet, sank die Lebenserwartung im Jahr 2021 um mehr als ein Jahr. Für die meisten Länder bedeutet das den stärksten Rückgang seit dem 2. Weltkrieg. Foto: Fotolia; Illu: Verlagshaus der Ärzte Fortbildungstipp Ab 22. September 2023 findet der ÖÄKDiplomlehrgang Geriatrie erstmals in Graz statt. In 8 Modulen (jeweils Freitagnachmittag und Samstagvormittag) wird bis 8. Juni 2024 im Steiermarkhof das nötige Wissen für das ÖÄK-Diplom Geriatrie (und Palliativmedizin) vermittelt. Detailinfos und Anmeldung unter: www.med.or.at/ geriatrie So. 4. Juni 2023, Seggau Univ.-Prof. Dr. Peter Schober sch-physiologischer Grundkurs III Theorieseminare, Workshop, t Mo. 11. Dez. 2023, Ramsau Prim.i.R. Dr. Engelbert Wallenböck Traumatolog.-Physk. Grundkurs II Theorieseminare, Ärztesport BILDUNG AKTUELL portrztetage erbildung zum ÖÄKm „Sportmedizin“ 23 22.09.2023 bis 08.06.2024 Leitung: Univ.-Prof. Dr. Gerhard Wirnsberger 8 Modulejeweils FR 13.00-20.30 + SA 08.30-14.30 Uhr 1: FR 22.09. + SA 23.09.23 „Einstieg“ 2: FR 20.10. + SA 21.10.23 „Organe“ 3: FR 17.11. + SA 18.11.23 „Alterspsychiatrie“ 4: FR 19.01. + SA 20.01.24 „Neurogeriatrie“ 5: FR 16.02. + SA 17.02.24 „Von der Diagn. z. Syndrom“ 6: FR 08.03. + SA 09.03.24 „Spezielle Bereiche“ 7: FR 19.04. + SA 20.04.24 „Palliativmedizin“ 8: FR 07.06. + SA 08.06.24 „Abschluss“ Die Absolvierung des ÖÄK-Diplomlehrgangs Geriatrie berechtigt auch zum Ansuchen auf Verleihung des ÖÄK-Diploms Palliativmedizin. FORTBILDUNG AKTUELL Geriatrie Diplom Weiterbildung zum ÖÄKDiplom „Geriatrie“ in Graz NEU Anmeldung & Info: www.med.or.at/geriatrie Auskünfte: Fr. Michaela Hutter Telefon 0316/8044-37 E-Mail: fortbildung@aekstmk.or.at ung & Info: ed.or.at/sport Fr. Michaela Hutter 6/8044-37 bildung@aekstmk.or.at 09.05.23 08:55 IMPRESSUM: Medieninhaber (Verleger): Ärztekammer für Steiermark, Körperschaft öffentlichen Rechts | Redak- tionsadresse: 8010 Graz, Kaiserfeldgasse 29, Tel. 0316 / 8044-0, Fax: 0316 / 81 56 71, E-Mail: presse@aekstmk. or.at | Chefredaktion: Martin Novak | Koordination: Mag. Ursula Scholz | Redaktionelle Betreuung und Produktion: CONCLUSIO PR Beratungs Gesellschaft mbH, Schmiedgasse 38, 8010 Graz | Gestaltung: Konrad Lindner | Anzeigen: Gernot Zerza, Tel.+43 664 2472673, E-Mail: Zerzagernot@gmail.com; Mit „Promotion“ gekennzeichnete Texte sind entgeltliche Veröffentlichungen im Sinne § 26, Mediengesetz. | Druck: Stmk. Landesdruckerei GmbH, 8020 Graz | Abonnements: Eva Gutmann, Ärztekammer Steiermark, Tel. 0316 / 804440, Fax: 0316 / 81 56 71. Jahresabonnement (11 Ausgaben) EUR 25,–. Gedruckt nach der Richtlinie „Druckerzeugnisse“ des Österreichischen Umweltzeichens, Medienfabrik Graz, UW-Nr. 812 Klimakompensierte Produktion www.climate-austria.at Ident-Nr Klimakompensierte Prod www.climate-austria Kennzeichnu für vorbildlic Waldwirtscha HCA-COC-100 Förderung nachhaltiger Waldwirtschaft PEFC/06-39-22 PEFC zertifiziert r ckt nach der Richtlin e „Druckerzeugnisse“ ster eichischen Umweltzeichens, ienfabrik Graz, UW-Nr. 812 Klimakompensierte Produktion www.climate-austria.at Ident-Nr. A Klimakompensierte Produk www.climate-austria.a Kennzeichnung für vorbildliche Waldwirtschaft HCA-COC-10029 Förderung c lti er l i ft - PEFC zertifiziert update im Mai Schlagzeile „Da haben wir als Systempartner innerhalb von drei Monaten das geschafft, was die Politik zuvor 15 Jahre nicht zuwege gebracht hat.“ Mit diesen Worten kommentierte der steirische Ärztekammer-Vizepräsident Dietmar Bayer die Umsetzung des zentralen E-Impfpasses in Kombination mit dem nationalen Impfregister im Zuge der Pandemie. Woche Graz, 12. April 2023
Bereich themen 4 Ærzte Steiermark || 05|2023 Fotos: Adobe Stock, Meduni Graz Themen Cover. Was wollen Sie? 8 Digitalisierungsmotor 10 Grazer Fortbildungstage. In Zahlen 11 Fortbildungspflichten in Österreich 13 Ärztin im besonderen Dienst. Sandra Rabenstein. Zarte Blätter, zäher Stängel 14 Projekt. Primärversorgung im Krieg 16 Fortbildung. Ein Virus, viele Folgen 18 Fokus Impfen. Die Rückkehr der verschwunden Geglaubten 22 Serie. Darum bin ich Arzt: „Die Work-Life-Balance ist gut“ 25 Studie. Schulkinder: Lebenszufriedenheit sinkt mit dem Alter 26 Gesunder Genuss. Was sich rot färbt, schmeckt 28 Substitution. Heldinnen und Helden trotz familienfreundlicher Arbeitszeit 30 Wirtschaft&Erfolg. Unterstützung im Krankheitsfall 31 Wirtschaft&Erfolg. Diese Förderung hole ich mir 33 Rat&Daten.E-Health-Referent Alexander Moussa fragt: Sind Cloud-Lösungen die Zukunft der Arzt-Software? 34 Expertentipp: Kündigungsfrist von Kassenverträgen 35 CIRS. Patientenverwechslung bei Medikamentenausgabe 35 Forschung. Probiotika und Muttermilch als Prophylaxe gegen nekrotisierende Enterokolitis (NEC) 36 Angestellte Ärztinnen und Ärzte Kinderbetreuung mit großen Lücken 38 Seltsame Blaulichtregeln 40 SI-Schema. Es wird endlich verhandelt 41 Gem.Einsam. Die heimlichen Machthaber:innen 42 Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte PVE. Jetzt mit Rahmenvertrag 43 Serie KASSENCHECK. Honorierung von Laboruntersuchungen 44 Serie. Praktisch Täglich. Immerwährende Erreichbarkeit 49 Debatte 6 News 37 Planstellenausschreibungen 49 Magazin 50 Kleinanzeigen 51 Personalia 54 Karikatur 57 Ad Personam 58 Bald. Noch im Mai sollen die SI-Verhandlungen starten. Damit hat die Steiermark die Chance zu den Nachbarbundesländern aufzuschließen. Seite 41 Endlich. Der PVE-Gesamtvertrag ist unter Dach und Fach. Die lange Pilotphase für Zentren ist damit Geschichte. Auch PV-Netzwerke sind jetzt möglich. Seite 43
Ærzte Steiermark || 05|2023 5 Bereich themen Seit April 2023 können (per Telefon oder Video) erbrachte Leistungen regulär mit den Krankenkassen verrechnet werden. Eine große Sache ist das aber offenbar nicht. Nur ein schwaches Viertel erwartet sich laut aktueller Frage des Monats dadurch eine starke Veränderung des ärztlichen Berufsalltages. Und gut 30 Prozent rechnen damit, zumindest gelegentlich telemedizinische Leistungen zu erbringen (und zu verrechnen). Mehr als ein Viertel wollen überhaupt keine Telemedizin anbieten. Man kann also zusammenfassen: Die Telemedizin ist in der Normalität angekommen. Die große Lösung ist sie deswegen noch lange nicht. Das ist ja eigentlich eine imsgesamt gute Nachricht. Ganz normal aber nicht außergewöhnlich zu sein, was kann die Telemedizinmehr wollen? epikrise Kurze Nachrichten aus der Redaktion Soziale Medien: Twitter: www.twitter.com/ AERZTE_NEWS Facebook: www.facebook. com/aerztekammer.stmk/ und Facebook-Gruppe für steirische Ärztinnen und Ärzte Youtube: AERZTE_NEWS Instagram: www.instagram. com/aerztekammerstmk Telemedizin hilft – ein wenig Foto: Ärztekammer Steiermark/Beigestllt bild des monats. Zwei Stunden lang waren große Teile von Graz für die Strecke des Raiffeisen-Businesslaufs blockiert. Wer nicht mitlief, war selber schuld. Auch zwei Teams der Ärztekammer Steiermark mit Christian Hohl, Bernd Niehs und Marco Daniel bzw. Katharina Pichler, Elisabeth Sackl und Anja Möbius (am Bild von links nach rechts) gingen an den Start und kamen ins Ziel. Zwar nicht als Erste, aber auch nicht als Letzte. Das Männer-Team erreichte den 536. Rang in seiner Kategorie, das Frauen-Team erreichte gar Rang 154 in seiner Klasse. Eine Party am Karmeliterplatz gab es zum Abschluss für alle 7.500 Teilnehmenden. n=146 AERZTE Steiermark Frage des Monats: Wie sehr verändert die Telemedizin Ihren beruflichen Alltag? Sehr. Etwas (in Einzelfällen). Gar nicht. Weiß noch nicht. Anderes/Weiß nicht. 30,8 % 8,9 % 24,0 % 27,4 % 8,9 %
6 Ærzte Steiermark || 05|2023 Bereich Gerhard Posch Faire Ärztebezahlung für die Steiermark intra kont a Es gibt nichts Gutes, außer man tut es — Erich Kästner Werden wir alle den Herausforderungen, die der Wandel im Gesundheitssystem mit sich bringt, gerecht? Aktuell wird uns Ärzt:innen gesagt, dass aufgrund von Ressourcenknappheit eine Abwägung zu treffen sei, welche unserer Patient:innen welches Ausmaß an Medizin benötigen würden. Es wird an uns die Forderung herangetragen, jene Patient:innen, die lebensbedrohlich krank sind und eine bessere Prognose hätten, jenen mit schlechterer Prognose vorzuziehen! Haben wir solche Empfehlungen in ihrem vollen Umfang begriffen? Erkennen wir, dass hierzu möglicherweise keine ausreichende Not besteht? Kann ein solches Verhalten in einem friedlichen und wohlhabenden Land für Ärzt:innen rechtfertigbar sein? Zu unser aller Orientierung ein zentraler Satz des Genfer Ärzte-Gelöbnisses: Ich werde nicht zulassen, dass Erwägungen von Alter, Krankheit oder Behinderung, Glaube, ethnischer Herkunft, Geschlecht, Staatsangehörigkeit, politischer Zugehörigkeit, Rasse, sexueller Orientierung, sozialer Stellung oder jeglicher anderer Faktoren zwischen meine Pflichten und meine Patientin oder meinen Patienten treten. Leben wir tatsächlich in einer Notzeit, oder werden die Prioritäten in Österreich nicht richtig erkannt? Scheinbar hat sich die Wegstrecke von einem solidarischen Gesundheitssystem über wirtschaftlich vernünftiges Handeln mit sorgfältigem Umgang der uns zur Verfügung stehenden Ressourcen hin zu einem teilweise gewinnorientierten Medizingeschäft auf eine oft unzureichend wahrnehmbare Strecke verkürzt. Oberstes Ziel unseres ärztlichen Handelns muss bleiben, sich uneingeschränkt für alle Patient:innen in gleicher Weise einzusetzen. Gesundheit und Gemeinwohl sind oberste Priorität einzuräumen. Wir sind keine Gesundheitsarbeiter, sondern Ärztinnen und Ärzte, die heilen und helfen müssen! Ich appelliere an alle Verantwortungsträger im Gesundheitssystem: Helfen Sie uns dabei! Univ.-Prof. Dr. Peter Fickert ist habilitierter Facharzt für Innere Medizin. 2 d batte Peter Fickert Werden die Prioritäten nicht richtig erkannt? Foto: MUG, Schiffer Klar können Ärztinnen und Ärzte, die Rufbereitschaft haben, mit Blaulicht (beantragt von der KAGes) ihren Patientinnen und Patienten zur Hilfe eilen. Sie sollen dabei nur keine Bezirksgrenzen überqueren bzw. nicht mehr als 30 Kilometer fahren müssen. Soweit die offizielle Rechtsansicht der zuständigen Verwaltungsjurist:innen. So viel Wirklichkeitsfremdheit ist schon atemberaubend. Eigentlich dürften dann nur mehr Ärztinnen und Ärzte, die im 30-Kilometer-Umkreis ihres Spitals wohnen, dort arbeiten und Rufbereitschaftsdienste machen. Diese Ansicht zeigt sehr deutlich, dass trotz aller akuten Herausforderungen (Versorgungsengpass, Ärzte- und Pflegemangel, Bettensperren …) mancherorts immer noch „Dienst nach Vorschrift“ gemacht wird. Auch dann, wenn es nicht um Geld, sondern „nur“ um Menschenleben geht. Schon um Geld – aber auch um die Gesundheit und das Leben der Steirerinnen und Steirer – wird es bei den SI-Verhandlungen gehen, die nun im Mai 2023 beginnen. Das Ziel muss es sein, die Benachteiligung der Ärztinnen und Ärzte (und damit der Patient:innen, denen in den steirischen LKH die ärztliche Hilfe fehlt) gegenüber jenen vor allem in Nachbarbundesländern endlich zu beenden. Es geht um eine im Vergleich faire Ärztebezahlung. Es geht darum, Ärztinnen und Ärzte in der Steiermark zu halten, statt an Krankenhäuser im Burgenland, in Niederösterreich oder Oberösterreich zu verlieren. Die hartnäckige und konsequente Überzeugungsarbeit der Kurie hat nun einen wichtigen ersten Erfolg gebracht. Das Land und die KAGes verhandeln gemeinsam mit uns und dem ZBR eine Reform des SI-Schemas. Vizepräsident Dr. Gerhard Posch ist Obmann der Kurie Angestellte Ärzte.
Bereich Ærzte Steiermark || 05|2023 7 Es gibt genug Ärzt:innen, es gibt nur nicht genug ärztliche Arbeitsstunden in der öffentlichen Gesundheitsversorgung. Ein nicht unerheblicher Teil dieses Mangels sind zu viele Ärztinnen und Ärzte, die in Teilzeit arbeiten. In Teilzeit arbeiten müssen, weil es an arbeitszeitkonformer Kinderbetreuung fehlt. Die ist zwar in den letzten zehn Jahren besser geworden, gut ist sie aber deshalb noch lange nicht. An mehreren Standorten beginnt sie immer noch zu spät. Fast überall endet sie so früh, dass Spätdienste nicht abgedeckt sind. Kinderbetreuung während eines Nacht- oder Wochenenddienstes wird hierzulande nirgendwo angeboten, flexible Betreuungszeiten sind weitestgehend ein Fremdwort. Wenn wir wollen – und das wollen wir –, dass die ärztliche Versorgung für die steirische Bevölkerung besser wird, muss auch die Betreuung für die Kinder von Ärztinnen und Ärzten besser werden. Das gilt übrigens genauso für die Kinder von Pflege- und anderem Gesundheitspersonal. Das Problembewusstsein ist da, die Probleme sind es aber leider auch – so lange die einzelnen Verbünde und Standorte mit der praktischen Umsetzung recht alleine sind. Die KAGes als der größte Arbeitgeber des Landes und gleichzeitig Gesellschaft des Landes Steiermark kann hier zum leuchtenden Vorbild und zum Best-Practice-Beispiel werden. Kinder und (ärztlicher) Beruf in Vollzeit müssen für alle ohne großen Aufwand und ohne auf die Hilfe von Oma und Opa oder andere private Hilfen zurückzugreifen überall vereinbar werden. Diese privaten Hilfen haben nämlich nicht alle. Dr. Michael Sacherer ist Präsident der Ärztekammer Steiermark. Die erste offizielle Primärversorgungseinheit in der Steiermark wurde im Jahr 2016 eröffnet. Ein knappes Dutzend weiterer folgten. Sie alle entstanden in der Pilotphase der PVE. Die erste Regel-PVE kann es erst geben, wenn am 1. Juli 2023 der steirische PVE-Gesamtvertrag in Kraft tritt, abgeschlossen zwischen Ärztekammer Steiermark und ÖGK. Eine so lange Pilotphase mag verwundern, sie hat aber auch eine Vielzahl von Vorteilen: Wir konnten vor allem sehr genau beobachten, was gut und was weniger gut funktioniert. Der jetzt abgeschlossene Vertrag basiert also auf umfassenden, realen Erfahrungen. Er ist zeitgemäß. Wir wissen sehr genau, was PVE können und wo ihre Grenzen liegen. Das gibt Sicherheit. Jenen, die keinesfalls Teil eines PVE sein wollen genauso wie jenen, die bereits in einem PVE arbeiten und jenen, die ein PVE in Erwägung ziehen. Einige Punkte sind wichtig: Niemand muss mehr auf eigene Faust einem PVE-Vertrag nachlaufen. PVE sind integrierter Bestandteil der niedergelassenen Versorgung, sie stärken sie, indem sie bestehende Strukturen ergänzen. Sie sind in unterschiedlichen Organisationsformen möglich, als Zentren und als Netzwerke. Jetzt beginnt eine Phase der intensiven Information. Dafür gibt es eine eigene PVE-Hotline (Telefon +43 316 8044 144), es gibt (schriftliche) Informationen, auch über die Website der Ärztekammer Steiermark, und es gibt Veranstaltungen, an denen Sie vor Ort oder online teilnehmen können. Sie sollen ganz genau wissen, warum Sie ein PVE wollen oder warum Sie es ablehnen. Nutzen Sie daher bitte dieses Informationsangebot. Es liefert die Fakten, die Sie brauchen, um eine fundierte Entscheidung zu treffen. Vizepräsident Prof. Dr. Dietmar Bayer ist Obmann der Kurie Niedergelassene Ärzte. extra Dietmar Bayer PVE-Vertrag: Wir liefern Fakten Standortbestimmung Michael Sacherer Kinderbetreuung: Die KAGes kann zum Vorbild werden d batte Fotos: Ludwig Schedl, Schiffer, Grafik: Konrad Lindner
Cover 8 Ærzte Steiermark || 05|2023 Fortbildungsranking Welche Art von Fortbildung hat für Ärztinnen und Ärzte den höchsten Nutzen bzw. die höchste Relevanz? Eine Teilantwort gibt die Leseranalyse Medizinmedien (LA MED) 2022. Befragt wurden dafür 2.416 niedergelassene und leitende Spitalsärzt:innen. Im Mittelpunkt der Befragung standen neue medikamentöse Therapieoptionen. Als für sie wichtigste Informations-Touchpoints nannten die Befragten dabei „klassische“ Fortbildungen, Tagungen und Kongresse. Auf Platz zwei folgte die Lektüre von gedruckten Fachmagazinen, am dritten Platz stand der persönliche, kollegiale Austausch. Erst am vierten Platz folgte laut dieser Studie die Internet-Recherche. Das Fortbildungsreferat der Ärztekammer Steiermark plant nun eine eigene Befragung. Dabei werden wohl auch Ärztinnen und Ärzte für Allgemeinmedizin, Turnusärzt:innen und jüngere Fachärzt:innen verstärkt zu Wort kommen. LA-MED-Befragungsschwerpunkt: Relevanz von „Touchpoints“ bei neuen medikamentösen Theapieoptionen.
Cover Foto: MUG Ærzte Steiermark || 05|2023 9 Die reinen Zahlen können sich sehen lassen: 1.028 Tei lnehmer:innen an Seminaren, Symposien, Vorlesungen … konnten die Grazer For tbi ldungstage 2022 verbuchen. Von den Teilnehmer:innen waren 26 Prozent Fachärzt:innen, siebenProzent Turnusärzt:innen, drei Prozent Studierende und 13 Prozent Mitarbeiter:innen von Ärzt:innen. 47 Prozent waren Ärzt:innen für Allgemeinmedizin. Nur vier Prozent konnten nicht kategorisiert werden. Aber das Ausruhen auf Lorbeeren war noch nie der Sti l des Fortbi ldungsreferats der Ärztekammer Steiermark. Das Ziel ist es, besser und immer wieder ärzt : innenor ient ier ter zu werden. Deshalb soll in Bälde eine kurze Online-Umfrage starten, um die aktuellen Fortbildungsbedürfnisse der Kol leginnen und Kol legen abzufragen und die Erkenntnisse bereits 2024 umzusetzen. „Man muss mit der Zeit gehen“, ist der steirische Fortbi ldungsreferent Gerhard Wirnsberger derselben Überzeugung wie jene, die vor ihm das Referat leiteten. Denn es ist notwendig, immer neue Generationen anzusprechen, um nicht mit den bisherigen Teilnehmer:innen zu altern. Online, aber nicht nur online Ein Trend ist jedenfalls deutlich spürbar: Online-Fortbildung wird immer mehr nachgefragt. Gleichzeitig haben viele den Wunsch, nach den Pandemiejahren wieder mehr persönl iche Fortbi ldungskontakte zu erleben. „Bessere Regeln“ Nur ist Online-Fortbildung nicht ohne Tücken. Wie erfolgt die Überprüfung der Mitwirkung? Wie geht man mit Urheberrechten um? Dafür braucht es „bessere Regeln“, sagt Wirnsberger. An denen muss gearbeitet werden. Was bisher nicht wirklich geschah. Wobei Online ein breites Feld ist: Livestreams in Echtzeit haben andere Regeln als On-demand-Angebote, die Tei lnehmer:innen nach eigenen zeitlichen Wünschen konsumieren können. „Corona hat das Fortbildungsverhalten der Fachärztinnen und Fachärzte grundlegend verändert. Die Anzahl an Online-Fortbi ldungen und Live-Webinaren hat rasant zugelegt“, ist in der Leseranalyse Medizinmedien (LAMED) zu lesen. Tagungen weiter an der Spitze Dennoch haben aus Sicht der befragten Ärzt:innen FortWas wollen Sie? Die Corona-Pandemie hat auch die Erwartungen an die Fortbildung verändert. Aber auch wenn Online wichtiger geworden ist, die Lösung aller Probleme bringt es nicht. „Man muss mit der Zeit gehen.“ Gerhard Wirnsberger, Fortbildungsreferent der Ärztekammer Steiermark
cover Foto: Alexander Schwarzl 10 Ærzte Steiermark || 05|202 „Digitalisierungsmotor“ Der Präsident des wissenschaftlichen Beirats der Österreichischen Akademie der Ärzte, Peter Niedermoser, zu den Veränderungen in der Fortbildung. Wie hat die Corona-Zeit die ärztliche Fortbildung verändert? Die Covid-19-Pandemie hat die ärztliche Bildungslandschaft massiv und nachhaltig verändert. Lockdowns haben Präsenzfortbildung anfangs unmöglich gemacht, aber es war gerade in dieser Zeit notwendig, neues Wissen über diese Krankheit und ihre Auswirkungen zu erlangen. Covid-19 wurde so quasi zu einem Digitalisierungsmotor in der Ärztefortbildung und bewirkte, dass sich die Aktivitäten hin zu OnlineFortbi ldungen verschoben. Obwohl Online-Fortbildung in Österreich schon davor eine lange Tradition hatte, kam durch die Pandemie eine vollkommen neue Dynamik in dieses Thema. Online ist offenbar wichtiger geworden. Welche Rolle spielen „echte“ Fortbildungsveranstaltungen im Jahr 2023 noch? Es stimmt, Online-Formate sind bedeutungsvoller als vor der Pandemie und sie werden einen hohen Stellenwert behalten. Dennoch liefert aktuell Präsenzfortbildung wieder den größten Anteil an gesammelten Punkten und ich sehe nicht, dass sich das ändern wird: Ärztinnen und Ärzte schätzen den persönlichen Austausch mit Expertinnen und Experten, Kolleginnen und Kollegen und anderen Gesundheitsberufen und bei vielen Themen bietet aktive Teilnahme auch einen Qualitätsvorteil. Daher wird Präsenz aus meiner Sicht immer hohe Bedeutung haben! Aber die Zahlen zur Online-Fortbildung sind in den letzten Jahren sehr eindrucksvoll: Gab es vor der Pandemie rund 100 Webinare in Österreich pro Jahr, sind wir mittlerweile bei konstant über 4.000 Webinaren, die in Österreich jährlich DFPapprobiert stattfinden. Alle reden derzeit von künstlicher Intelligenz. Hat die auch Einfluss auf die ärztliche Fortbildung? KI-gestützte Systeme werden in der Medizin eingesetzt und das wirkt sich auf den Bi ldungsbereich aus: In Deutschland gibt es z. B. Möglichkeiten bei der Vorbereitung zur Arztprüfung von KI unterstützt zu werden. Aber auch wir haben ein erstes Projekt in diese Richtung: Die Akademie der Ärzte setzt derzeit in einem Pilotprojekt die Ausbildungsinhalte HNO und Dermatologie für Allgemeinmediziner so um, dass man durch eine gezielte KIUnterstützung schnellere Lernerfolge erzielen kann. Ein weiteres Projekt zum Thema Klima und Medizin ist hier in Vorbereitung. Ich sehe das ähnlich wie bei den OnlineFormaten, aber es wird hier sicherlich noch dauern. KIunterstützte Fortbildung wird eine sinnvolle Ergänzung im breiten Spektrum der Fortbildungslandschaft werden und darauf sind wir vorbereitet. Die Anforderungen an das ärztliche Wissen steigen ständig. Wird sich die berühmte Halbwertszeit ärztlichen Wissens weiter verkürzen? Diese Zeitspanne ist in der Medizin im Vergleich zu anderen Bereichen sicherlich wesentlich dynamischer. Wichtig ist, dass die gesetzlichen Vorgaben zur kontinuierlichen Fortbildung eine gute Basis für den notwendigen Wissenserwerb darstellen und ich weiß aufgrund unserer Daten, dass Ärztinnen und Ärzte diese Anforderungen sehr ernst nehmen und ihr Wissen am Puls der Zeit halten. Es gibt zwei Phänomene: Spezialwissen wird immer notwendiger. Gleichzeitig gibt es den zunehmenden Wunsch nach der Gesamtsicht auf den Menschen. Was kann Fortbildung dazu beitragen, die beiden Phänomene unter einen Hut zu bringen? In Fortbildung sind beide Themen abgebildet – sowohl hochspezialisierte Fachfortbildung als auch die breite Gesamtsicht, die Sie ansprechen. Mir ist wichtig, dass wir es den einzelnen Ärztinnen und Ärzte überlassen, hier entsprechend ihrer individuellen Fortbildungsbedürfnisse die Schwerpunkte selbst zu wählen. Daher bieten die recht lichen Rahmenbedingungen, das Diplom-Fortbildungs-Programm der Österreichischen Ärztekammer, genau diese Möglichkeit sich eigenverantwort l ich jenen Kompetenzen zu widmen, die das eigene Fach oder spezielle Themen der Tätigkeit erfordern. Ärztinnen und Ärzte bilden sich besonders intensiv fort – mehr als andere Berufsgruppen. Gibt es dafür genug Wertschätzung? In erster Linie ist es unser Selbstverständnis für die Patientinnen und Patienten gut fortgebildet zu sein, da spielt die Wertschätzung von außen keine große Rolle. Es stimmt aber, dass wir hier aus meiner Sicht einen außerordentlich Peter Niedermoser, Präsident des wissenschaftlichen Beirats der Österreichischen Akademie der Ärzte und der Oberösterreichischen Ärztekammer „Ein Fortbildungsdiplom für Gesundheitsökonomen, Gesundheitsmanager und auch Vorstände der ÖGK et al. würde keine schlechte Idee sein, wobei ich das nicht negativ meine.“
cover Ærzte Steiermark || 05|2023 11 36% 36% 33% 34% 29% 27% 26% 21% 21% 23% 25% 29% 29% 29% 37% 36% 38% 35% 34% 33% 34% 6% 7% 6% 6% 8% 11% 11% 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% 2015 2016 2017 2018 2019 2021 2022 Alter der Teilnehmer Grazer Fortbildungstage bis 40 Jahre 41 bis 50 Jahre 51 bis 65 Jahre 66 Jahre und älter Allgemeinmediziner*innen 47% Fachärzte*innen 26% Ärzte*innen in Ausbildung 10% andere Gesundheitsberufe 13% keine Angaben 4% Fachrichtung Besucher Grazer Fortbildungstage 2022 68% 70% 71% 74% 72% 75% 77% 32% 30% 29% 26% 28% 25% 23% 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% 2015 2016 2017 2018 2019 2021 2022 Herkunft Teilnehmer Grazer Fortbildungstage Steiermark Bundesländer 0 200 400 600 800 1.000 1.200 1.400 1.600 1.800 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2021 2022 255 162 338 506 780 905 972 950 984 1.160 1.298 1.435 1.462 1.593 1.621 1.785 1.631 1.429 1.315 1.355 1.404 1.603 1.467 1.439 1.537 1.549 1.610 1.703 1.741 1.525 1.481 1.515 1.404 970 1.028 Anzahl Teilnehmer Grazer Fortbildungstage Grazer Fortbildungstage in Zahlen Die Grazer Fortbildungstage haben den Ruf, vor allem nicht ganz junge steirische Allgemeinmediziner:innen anzusprechen. Auch wenn das Image nicht ganz der Wirklichkeit entspricht, ist es auch nicht völlig falsch. Nun gibt es das Ziel, (wieder) jünger und offener zu werden. Ohne allerdings das Asset der hohen Praxisrelevanz zu verlieren. Mit einer Umfrage, die bald startet, soll vorweg der Bedarf abgefragt werden. Vor fast vier Jahrzehnten haben die Fortbildungstage mit 255 Teilnehmerinnen und Teilnehmern begonnen. 2002 (und mit wenigen Abstrichen 2015) haben sie ihre Höchstmarken erreicht. Selbst in den Pandemiejahren waren es jeweils um die tausend Besucherinnen und Besucher – trotz gestiegener Konkurrenz. Jetzt sind neue quantitative Höhenflüge geplant. Die Qualität und die Vielfalt des Fortbildungskongresses in Graz waren ja immer beeindruckend hoch. Das Ziel ist es, in Hinkunft noch stärker auf die Bedürfnisse der Besucherinnen und Besucher einzugehen und auch neue Gruppen zu erschließen bzw. neue Gäste stärker anzusprechen.
cover großen Beitrag für das Gesundheitswesen leisten und auch andere Gesundheitsberufe haben hier bereits Vorgaben. Manchmal würde ichmir dennoch wünschen, dass der Stellenwert von Fortbildung auch in anderen Bereichen des Gesundheitswesens wichtiger genommen wird und man sich ein Vorbild an den Ärztinnen und Ärzten nimmt. Ein Fortbildungsdiplom für Gesundheitsökonomen, Gesundheitsmanager und auch die Vorstände der ÖGK et al. würde keine schlechte Idee sein, wobei ich das nicht negativ meine. Am Ende des Tages ist Fortbildung ein enorm wichtiger Bestandteil qualitätsvoller Weiterentwicklung auf vielen unterschiedlichen Ebenen. Es gibt Kritik an komplementären medizinischen Angeboten. Sind Auswirkungen auf die diesbezüglichen Diplome zu erwarten? Ich kenne die Kritik an diesen Angeboten. Wir haben aber in Österreich schon vor Jahrzehnten den Weg beschritten, zwischen komplementären und alternativen Angeboten zu unterscheiden und die Komplementärmedizin innerhalb der Ärztefortbildung mitzuberücksichtigen. Das macht für mich auch Sinn, denn die Alternative, dass man diese unterstützenden Leistungen vollkommen ungeregelt dem freien Markt überlässt, wie es derzeit in Deutschland der Fall ist, birgt wesentliche Risiken für die Patientinnen und Patienten. Bei den DFP-Punkten gibt es deshalb auch die Unterscheidung zwischen medizinischer und sonstiger Fortbildung und komplementärmedizinische Themen werden im DFP als sonstige Fortbildung kategorisiert. Wie läuft das DFP-Programm? Für mich ist dieses Programm eine österreichweite Erfolgsgeschichte und ein Vorzeigeprojekt, weil wir es damit ausgezeichnet schaffen, ein national einheitliches Programm unter Berücksichtigung der verschiedenen Anforderungen aus den Bundesländern erfolgreich zu gestalten – und das bestätigen auch unsere Zahlen: Zuletzt konnten wir darstellen, dass 97 Prozent aller Ärztinnen und Ärzte ihrer Fortbildungsverpf lichtung nachkommen. Bei den offenen 3 Prozent handelte sich oftmals um Situationen mit längeren Ausfallszeiten der betroffenen Ärztinnen und Ärzte – oder es fehlten einzelne Punkte oder Punkte einer bestimmten Kategorie. Weiters deckt das DFP auch die Angebotsseite umfassend ab: Über 30.000 approbierte Fortbildungen pro Jahr und über 3.000 verschiedene Anbieter bestätigen die breit Akzeptanz aller Systempartner. Das alles funktioniert, weil wir gemeinsam – Fortbi ldungsreferate und Akademie der Ärzte – stetig darauf achten, das System sinnvoll weiterzuentwickeln. Wird es neue Spezialdiplome geben? Ich denke, dass es weiterhin neue Diplome, Zertif ikate oder CPDs geben wird, sofern sie für die unmittelbare medizinische Versorgung von Patientinnen und Patienten relevant sind. In den vergangenen Jahren gab es immer wieder wertvolle Initiativen zu neuen Weiterbildungen. Wir sollten offen sein, diese Themen im Rahmen strukturierter Weiterbildungen abzudecken, wie z. B. zuletzt das ÖÄK-CPD Ausbildungskompetenz für den klinischen Alltag, das ausbildungsverantwortlichen Oberärztinnen und Oberärzten das notwendige Rüstzeug vermitteln soll, um sich ihrer Aufgabe, sich um die „Jungen“ zu kümmern, kompetent zu widmen. www.arztakademie.at „Online ist nicht ohne Tücken. Wie erfolgt die Überprüfung der Mitwirkung? Wie geht man mit Urheberrechten um?“ bi ldungen, Tagungen und Kongresse die bei Weitem höchste Relevanz. Mit einigem Abstand folgen PrintFachzeitschrif ten und Gespräche mit Kol leg:innen. Online-Angebote liegen dahinter – aber ihre Bedeutung wächst. Die auf den erstenBlick ideale Lösung wären dann wohl Hy b r i d - F o r t b i l d u n g e n . Veranstalter:innen sind jedoch von dieser Mischform aus Präsenz- und OnlineDurchführung nicht so begeistert. Erstens ist der technische Aufwand beträchtlich. Was natürlich die Frage nach der Finanzierbarkeit aufwirf t. Darüber hinaus gibt es aber auch inhaltliche Fragen. Wirnsberger, der hybride Fortbildungen nicht grundsätzlich ablehnt, sieht darin das Risiko einer „Zwei-Klassen-Gesel lschaf t“ mit notgedrungen unterschiedlichen Spielregeln für die praktische Überprüfung der Teilnahme. 12 Ærzte Steiermark || 05|2023
Ærzte Steiermark || 05|2023 13 cover Breiter – und unübersichtlicher Faktum ist jedenfalls, dass auch das Spekt rum der Fortbi ldungsangebote breiter – aber auch unübersichtlicher – geworden ist. Zu den klassischen Anbietern von Kongressen, die viel Raum und Personal erfordern, bringen die neuen technischen Möglichkeiten raum-, personal- und damit kostensparende Formen der Fortbildung, deren Qualität jedoch hinterfragenswürdig ist. Stärken stärker betonen „Wir müssen uns auf unsere Stärken konzentrieren“, ist Wirnsbergers Credo in diesem Kontext. Diese Stärken sind qualitätsgesicherte Diplom- und Zertifikatsangebote. Und starke Marken wie etwa die Grazer Fortbildungstage. Infos zu den Grazer Fortbildungstagen: www.med.or.at Fortbildungspflichten in Österreich Nicht nur Ärzt:innen sind gesetzlich dazu verpflichtet, sich laufend fortzubilden. Auch andere Berufsgruppen haben Vorgaben. Eine Auswahl. Viele Berufsgruppen – vor allem, aber nicht nur so genannte „Freiberufler“ – haben gesetzlich verankerte Fortbildungsverpflichtungen, die praktisch aber erhebliche Unterschiede aufweisen. Die Durchrechnungszeiträume unterscheiden sich, manchmal wird von Fortbildungspunkten, manchmal von Bildungsstunden gesprochen. Die Fortbildungsverpflichtung der Apotheker:innen ist quantitativ gar nicht festgelegt, während andere Gesundheitsberufe sehr wohl Festlegungen kennen: Bei Tierärzt:innen (andere Regeln gelten für Tierfachärzt:innen) sind es 20 Einheiten pro Jahr, beim diplomierten Pf legepersonal 12 Stunden. „Norma le“ Wi r tschaf tstreuhänder müssen sich nur 10 Stunden pro Jahr fortbilden, so genannte „Abschlussprüfer“ aus derselben Berufsgruppe aber 40 Stunden. Also sind Vergleiche nur bedingt möglich. Eines zeigt er aber: Ärzt:innen sind bei der Fortbildung am „fleißigsten“. … es ist notwendig, immer neue Generationen anzusprechen, um nicht mit den bisherigen … zu altern.
Ärztin im besonderen dienst 14 Ærzte Steiermark || 05|2023 ursula scholz „Die Schafgarbe.“ Ohne zu zögern nennt Sandra Rabenstein ihr Lieblings-Heilkraut. „Sie ist einfach wunderschön mit ihren fein gefiederten Blättern und den vielen kleinen Blüten, die zusammen eine große Blüte bilden. Und sie vereinbart mir ihren zarten Blättern und dem ungemein zähen Stängel zwei sehr gegensätzliche Eigenschaften.“ Auch in Sandra Rabensteins Charakter vereint sich die Feinfühligkeit mit der Zähigkeit, Ziele zu verwirklichen. Und so zog das Arbeiterkind nach der Matura aus dem kleinen Heimatort Esternberg, 15 Minuten von Passau entfernt im Bezirk Schärding, nach Wien, um Medizin zu studieren. „Das hatten meine Freundin und ich auf der Wienwoche so beschlossen.“ Flair des Südens Mit 23 Jahren zog es sie weiter, weg von der Großstadt, mehr in Richtung Natur. „Ich brauche immer wieder eine Veränderung, am schlimmsten ist für mich der Stillstand“, bekennt sie. „Und in mir hat sich die Sehnsucht nach der Natur wieder breitgemacht. Ich war als Kind gewohnt, barfuß aus der Haustür direkt auf die Wiese zu rennen.“ Da sie ihr Medizinstudium unbedingt beenden wollte, blieben ihr als neuer Wohnort Innsbruck und Graz zur Auswahl. Sie entschied sich für Graz: „Mir hat das Flair des Südens gefallen und die Leichtigkeit … Und es bietet die richtige Mischung zwischen Stadt und Land, man ist so schnell draußen im Grünen.“ Von einem Kräutergarten war sie da noch meilenweit entfernt. Im Anschluss an das StuZarte Blätter, zäher Stängel Die Gynäkologin Sandra Rabenstein ist naturverbunden aufgewachsen, aber erst mit 40 Jahren hat ihr Garten sie gefunden. Dort sammelt sie Wildkräuter statt sie wegzumähen, und was noch fehlt, setzt sie dazu. Zurzeit bereitet sie sich auf ihre Prüfung zur Kräuterexpertin vor. dium startete sie mit in einer allgemeinmedizinischen Lehrpraxis und landete nach einem kurzen Abstecher nach Gmunden als Turnusärztin im LKH Feldbach, um auf der dortigen Abteilung für Frauenhei lkunde und Geburtshilfe schließlich ihre medizinische Leidenschaft zu entdecken: die Arbeit mit und für Frauen. Heute arbeitet sie dort als Oberärztin mit Schwerpunkt Urogynäkologie. Daneben betreibt sie seit kurzem eine Wahlarztpraxis in Graz, in die sie auch ihre Leidenschaft für die Kräuterheilkunde einbringt. Die Gynäkologin Sandra Rabenstein hat auch eine starke Beziehug zur Natur, konkret zu Heilpflanzen Ihr Liebling ist die Schafgarbe, weil sie mit zarten Blüten und Blättern, aber zähem Stängel zwei gegensätzliche Eigenschaften verbindet.
Ärztin im besonderen dienst Foto: beigestellt Seriöses Wissen sammeln Der wilde Garten hat in ihrem Leben den Wunsch keimen lassen, eine seriöse Ausbildung in Kräuterkunde zu absolvieren. Auch hier war der Zufall ein verlässlicher Wegweiser: Bei ihrer Internetrecherche stieß sie auf den Volkshei lkundlichen Kräuterkurs nach Ignaz Schlifni des Vereins „Freunde naturgemäßer Lebensweise“. Der Kurs fand mittwochs statt, bis zur Ordinationseröffnung Rabensteins freier Tag. Die Ausbildung zur FNL-Kräuterexper t in umfasst mindestens 200 Unterrichtseinheiten und rund 300 Heimstunden und nach deren Absolvierung kann man eine Prüfung ablegen. Sandra Rabenstein möchte im August antreten. Von botanischen Grundkenntnissen über die Bestimmung und Hei lwirkung von mindestens 400 Kräutern muss sie dazu auch über das Wissen verfügen, wie man die Kräuter korrekt sammelt, trocknet oder zu Seife, Salben und Tinkturen verarbeitet. Vom Frühling bis in den Herbst findet der Kurs im Freien statt, im Winter schon auch einmal in einer Schulküche – um die Kräuter zu verwerten. Besonders gerne bereitet Rabenstein verschiedene Oxymele zu, also Varianten des tradit ionel len, wieder in Mode gekommenen Sauerhonigs. Da hat es sich gut gefügt, dass ihr Vater sich in der Pension den Traum der Naturbelassene Oase pflegen Der Wunsch nach einem großen Garten schlummerte über die Jahre hinweg tief in ihr. „Ich bin schon als Kind lieber auf Bäume geklettert als mit Puppen zu spielen.“ Vor fünf Jahren nahm ihr Leben eine unerwartete Wende, als mit ihrem Partner auch ein weitläufiger naturbelassener Garten, eine Oase in Semriach, in ihr Leben einzog. Nicht nur Sandra Rabenstein darf sich dort ungehindert entfalten, auch die wilden Blumen und Kräuter, die neben den Gemüsebeeten wachsen, dürfen hier ungemäht groß werden. Neben der favorisierten Schafgarbe gedeihen auch andere typische „Frauenkräuter“ – ohne dass der Garten gewusst hat, dass er einmal in die Hände einer Frauenheilkundlerin fallen würde: Rotklee, Frauenmantel, Taubnessel, Gänsefingerkraut und Stinkender Storchschnabel. Kräuter, die nicht von selbst aufgehen, setzt Rabenstein einfach dazu. Natürlich unter Berücksichtigung ihrer bevorzugten Lebensbedingungen: den Frauenmantel an das feuchte Ufer des Biotops, das Hirtentäschel an trockenere Stellen. „In der Gynäkologie gibt es viele Einsatzgebiete für heilende Kräuter, die noch vor einer klassischen ärztlichen Intervention eingesetzt werden können“, erklärt Rabenstein. „Mir war es aber auch immer wichtig, über eine fundierte schulmedizinische Ausbildung zu verfügen.“ eigenen Bio-Imkerei erfüllt hat. Neben demHonig für das Oxymel bezieht die Tochter auch das Wachs für Cremes gleich von der Familie. In der Familie und im Freundeskreis bleiben auch ihre Produkte, an eine wirtschaftliche Verwertung denkt sie nicht. Lebensfreude als Tee trinken Woraus würde Sandra Rabenstein einen Tee für mehr Lebensfreude zubereiten? „Auf jeden Fall gehört Ringelblume dazu, weil sie die Sonne speichert. Entspannender Hopfen, stärkende Brennnessel, Rosenblüten – und Minze für den Geschmack.“ Sie selbst kultiviert die mildere Apfelminze; manchmal baut sie auch einfach an, was ihr beim Pflanzentausch mit Gleichgesinnten in die Hände fällt, wie ein Stück Beinwell-Wurzel. Trotz der gemeinsamen Naturverbundenheit sind die angehenden Kräuterexpert:innen sehr verschieden: Rabensteins Kurs leitet ein IT-Experte („Sehr strukturiert!“), die Tei lnehmenden sind Student:innen ebenso wie Pensionist:innen und Berufstätige aller Branchen. „Für uns alle ist der Aufenthalt im Wald eine Wohltat“, so Rabenstein. Neben Wi ldkräutern sind nämlich auch die heimischen Baumarten Teil des Curriculums. „Mir war zuvor nicht bewusst, dass man beispielsweise die jungen Blätter der Linde roh essen kann oder die Spitzen der Hopfenranke gleich wie Spargel zubereiten …“ Ærzte Steiermark || 05|2023 15 Kräuter, die nicht im eigenen Garten gedeihen, sammelt Sandra Rabenstein an den verschiedensten Orten, wo sie auf Ausflügen gerade hinkommt. „Um eine Vielfalt an Nährstoffen aufzunehmen, sollte man nicht nur die Erzeugnisse aus einem einzigen Garten essen. Andere Böden enthalten wieder andere Mineralien – und es lohnt sich auch, in verschiedenen Seehöhen zu ernten.“ Wie gut, dass zu ihrer Kräuter-Ausbildung auch eine zweitägige Exkursion auf die Tauplitz gehört hat. Kopf und Bauch ausbalancieren Und während die Saison für Rabensteins zweitliebste Heilpflanze, den Holler, gerade beginnt, blickt sie bereits auf einen produktiven Frühling zurück: Selbst zubereitetes Schafgarben-Oxymel, Beinwel l-Salbe, WeidenrindenTinktur und Vogelmierensalbe stehen schon fertig in der Hausapotheke. Während im Glas der Hollerblütenessig reift, reift auch ein großer Plan in Sandra Rabenstein: „Ich würde gerne irgendwann einmal aus der alten Tischlerei, die im Garten in Semriach steht, einen Kunst- und Kulturhof machen, wo zwischen den Kräutern und Kunstobjekten aus Ton eine Band spielt oder eine Lesung stattfindet. Für mich wäre das als Ergänzung zu meiner Arbeit die optimale Balance zwischen Kopf und Bauch.“ Wie gesagt: Nichts fürchtet sie mehr als den Stillstand.
16 Ærzte Steiermark || 05|2023 Projekt „Lebensrettende Hilfe an entlegenen Orten“ leisten die Teams jener Mobi len Kliniken, die Ärzte ohne Grenzen in der Ukraine, wie schon zuvor auf anderen Kontinenten, eingerichtet haben. Um in umkämpften Gebieten der Ukraine wieder eine ärztliche Basisversorgung auf die Beine zu stellen, riskieren die nationalen wie internationalen Hilfskräfte ihr eigenes Leben, wenn sie auf verminten Straßen abgelegene Dörfer anfahren oder wenn sie ihre Patient:innen untersuchen, während über ihren Köpfen im Schwarzen Meer abgeschossene Raketen ihr Ziel in der Nordukraine anfliegen. Der Wiener Al lgemeinmediziner Daniel Uy, einer der ersten Ärzt:innen, die in der Südukraine Hilfe geleistet haben, berichtete nur drei Wochen nach seiner Rückkehr von seinem Einsatz. 9 Monate unversorgt „Eine Mobile Klinik ist ein k leines Krankenhaus auf vier Rädern“, erklärt Uy. Besetzt ist es mit einem Arzt, einer Pf legeperson, einem Health Promotor (der eine Art Bestandsaufnahme der Gesundheitsversorgung vor Ort macht, um Hi lfsmöglichkeiten auszuloten) und dem Fahrer. Bestückt sind die Fahrzeuge mit Medikamentenboxen, einer Gerätebox für die einfache Diagnostik (Blutdruckmesser, Pulsoximeter, Stethoskop etc.) sowie einer Emergency Box, falls ein kleiner chirurgischer Eingriff nötig sein sollte. Nur eine Woche nachdem die russische Armee das Gebiet zwischen Mykolaiv und Cherson geräumt hatte, war Ärzte ohne Grenzen vor Ort. „Während der russischen Offensive hatten die Menschen dort bis zu neun Monate lang keinerlei medizinische Versorgung“, erzählt Uy. In den Dörfern geblieben sind zumeist die Alten und die Armen. „Für uns zu behandeln waren vorwiegend chronische Krankheiten wie Hypertonie, Diabetes, Asthma … Aber auch Schr apne l l -Ver l e t zungen, psychische Erkrankungen wie PTBS, Angststörungen, Schlafstörungen und psychosomatische Erkrankungen waren häuf ig.“ Kamen anfangs nur 15 bis 20 Menschen pro Tag in die Mobile Klinik, waren es im Spätwinter dann oft schon 50. Sie alle mussten vor Einbruch der Dunkelheit versorgt werden, um die noch verminten Straßenabschnitte bei Licht passieren zu können. Nur 10 Kilometer Bis zehn Kilometer an die Frontlinie heran fahren die Helfer:innen in die Dörfer – so, dass sie zumindest von der Artillerie nicht erreicht werden können. Aus medizinischer Sicht nahm der Versorgung im Krieg Eine Woche nach Abzug der Russen aus dem Gebiet zwischen Mykolaiv und Cherson begann ein Team von Ärzte ohne Grenzen mit dem Wiederaufbau der Primärversorgung in der Südukraine durch Mobile Kliniken. Die Interdisziplinäre Kontakt- und Anlaufstelle I.K.A. in Graz sucht ab sofort eine/n Arzt/Ärztin für Allgemeinmedizin Teil- oder Vollzeit Die Arbeitsfelder der I.K.A. • Substitutionsbehandlung • Allgemeinmedizinische & Suchtmedizinische Behandlung • Pflegerische Betreuung & Gesundheitsvorsorge • Klinisch-psychologische Diagnostik & Behandlung • Sozialarbeiterische Beratung & Betreuung • Case- und Care-Management Wir suchen Ärzt:innen mit ... • Jus Practicandi & Substitutionsdiplom • Engagement und Interesse, suchtkranke Menschen zu behandeln • Berufserfahrung in der Arbeit mit suchtkranken Menschen von Vorteil • Interesse an interdisziplinärer Teamarbeit (Medizin, Pflege, Psychologie, Sozialarbeit) • Interesse an der inhaltlichen Weiterentwicklung der Einrichtung und ihrer Qualitätsstandards Wir bieten ... • Teil- oder Vollzeit (= 37 Wochenstunden) • Familienfreundlich geregelte Arbeitszeiten, OHNE Journal- und Nachtdienste • Mindesteinstufung € 6.585,81/Monat brutto bei Vollzeit = 37 Wochenstunden (lt. SWÖ-KV, Stufe 9/1 inkl. Überzahlung), Einstufung je nach anrechenbarer Vordienstzeit • Verantwortungsvolle, sinnstiftende Aufgabe • Externe Supervision, Fortbildung Bewerbungen bitte an: margit.pufitsch-weber@ika.or.at necesse est! IKA-Personal-Inserat-Aerzte-Steiermark.indd 1 26.04.2023 11:53:47
Ærzte Steiermark || 05|2023 17 Projekt 32-jährige Arzt, der im Alltag in einer al lgemeinmedizinischen Praxis und einem Plasmaspendezentrum tätig ist, neben der Gefahr durch den Krieg manchmal auch die hohe Patient:innenzahl und die eingeschränkten diagnostischen wie therapeutischen Mögl ichkeiten als Herausforderung wahr. In einigen Fällen hätte er sich noch einen HemoCue und ein Gerät für ein kleines Blutbild gewünscht. Nicht zuletzt kämpfen die Helfenden mit der Kälte: Die Druckwelle der Raketen hat die meisten Fenster und Türen zerstört; Heizung gibt es keine und auch die Strom- und Wasserversorgung funktioniert nur punktuell. Primärer Anfahrtsort für die Mobilen Kliniken sind jene Kleinambulatorien, in denen vor dem Krieg die Primärversorgung stattgefunden hat. „Waren diese zerstört, sind wir in Schulen oder Rathäuser ausgewichen, haben aber auch in privaten Garagen und Küchen Patienten versorgt.“ Hilfe zur Selbsthilfe In den Dörfern hilft Ärzte ohne Grenzen auch beim Wiederauf bau beschädigter Gebäude von Ambulatorien und sucht den Kontakt zu den gef lohenen Ärzt:innen, um deren eventuel l geplante Rückkehr abzuklären. Schließlich sollen die Mobilen Kliniken nur temporär zum Einsatz kommen. Auch in anderen ukrainischen Regionen sind Mobile Kliniken im Einsatz, werden Medikamenten- und Gerätespenden an Krankenhäuser übergeben und Psycholog:innen zur Unterstützung der heimischen Fachkräfte eingesetzt. Physiotherapeutische Angebote für Kriegsverletzte – durch Spezialist:innen aus dem Nahen Osten – ergänzen das Portfolio. Im Aufbau befindet sich zudem ein Projekt zur Aufarbeitung der sexuellen Gewalterfahrungen im Zuge des Krieges. Und nicht zuletzt betreibt Ärzte ohne Grenzen einen Zug für den Transport Schwerverletzter in sicherere Regionen. Kein Mensch, der in die Mobile Klinik kommt, wird unversorgt zurückgelassen. „Für onkologische Patienten beispielsweise konnten wir medizinisch nichts tun, aber wir haben ihren Transport in ein Krankenhaus organisiert“, erzählt Uy. Und das in einem Land, in dem die Infrastruktur zusammengebrochen ist. Hilfe auch für die Helfer Kei n unwicht iges Thema ist die Sicherheit der Helfer:innen: „Jedes Auto von Ärzte ohne Grenzen ist mit GPS ausgestattet und wenn man unterwegs ist, meldet man sich immer, sobald man einen Checkpoint passiert hat“, berichtet Uy. „Im Dorf selbst sendet der Teamleader jede Stunde ein Lebenszeichen an den Logistiker. Bleibt dieses aus, beginnt spätestens nach einer Stunde die Suche nach dem Team.“ Für alle Mitarbeitenden von Ärzte ohne Grenzen wird vor Ort psychologische Betreuung in ihrer Muttersprache angeboten und nach ihrer Rückkehr aus dem Einsatz f indet ein Gespräch mit einem/r Psycholog:in statt. Neben den unbestrittenen Strapazen erleben die Helfenden eine spezielle Art von Zufriedenheit: „Es ist schön zu sehen, wie man mit dem Wenigen, das man hat, so wahnsinnig viel erreichen kann“, betont Daniel Uy. Foto: Laurel Chor/Ärzte ohne Grenzen
18 Ærzte Steiermark || 05|2023 Fortbildung Ein Virus, viele Folgen Die Kinder schützen – und dadurch die Alten schützen. Mit diesem ehrbaren Vorsatz wurde das Leben von Kindern und Jugendlichen in der COVID-19-Pandemie völlig umorganisiert. Das Virus selbst verursachte letztlich gar nicht so schwerwiegende Folgeschäden wie die übrigen Disruptionen im Al ltag der Kinder, berichtete Isabel Böge, Primaria der Kinder- und Jugendpsychiatrischen Abteilung am Grazer LKH II, Standort Süd. Negativ ausgewirkt hat sich insbesondere die Dauer der Einschränkungen, die mit der Zeit die kindliche Resilienz überfordert hat. Kopfweh, Depression, Essstörung Vom Beginn der Pandemie bis in den Herbst 2021 war bei über 66.000 österreichischen Kindern eine COVID-19-Infektion festgestellt worden, mit Hauptdiagnose COVID kamen in dieser ersten Phase aber gerade einmal 218 davon ins Spital. Während im Frühsommer 2020 rund 40 Prozent der im Rahmen der COPSY-Studie befragten 11- bis 17-Jährigen eine durch die Pandemie geminderte Lebensqualität empfanden, waren es in einer Folgebefragung um den Jahreswechsel 2020/21 bereits 70 Prozent. Im Herbst 2022 dominierten bei Kindern und Jugendlichen vor allem die psychosomatischen Beschwerden. Das Risiko für psychiatrische Auffälligkeiten stieg im Laufe der Pandemie von 18 auf 30 Prozent. In einer Befragung aus dem Jahr 2021 gaben neun Prozent der Jugendlichen und jungen Erwachsenen an, täglich an Suizid zu denken. Zeigten vor der Pandemie elf Prozent der österreichischen Jugendlichen und jungen Erwachsenen depressive Symptome, stieg der Anteil im Jahr 2021 auf 55 Prozent. Seelenschmerz, Adipositas und Übersterblichkeit – im Rahmen der Seminare im März zogen steirische Ärzt:innen verschiedener Disziplinen eine erste Schadensbilanz nach Abebben der COVID-19-Pandemie. 22.09.2023 bis 08.06.2024 Leitung: Univ.-Prof. Dr. Gerhard Wirnsberger 8 Modulejeweils FR 13.00-20.30 + SA 08.30-14.30 Uhr 1: FR 22.09. + SA 23.09.23 „Einstieg“ 2: FR 20.10. + SA 21.10.23 „Organe“ 3: FR 17.11. + SA 18.11.23 „Alterspsychiatrie“ 4: FR 19.01. + SA 20.01.24 „Neurogeriatrie“ 5: FR 16.02. + SA 17.02.24 „Von der Diagn. z. Syndrom“ 6: FR 08.03. + SA 09.03.24 „Spezielle Bereiche“ 7: FR 19.04. + SA 20.04.24 „Palliativmedizin“ 8: FR 07.06. + SA 08.06.24 „Abschluss“ Die Absolvierung des ÖÄK-Diplomlehrgangs Geriatrie berechtigt auch zum Ansuchen auf Verleihung des ÖÄK-Diploms Palliativmedizin. FORTBILDUNG AKTUELL Anmeldung & Info: www.med.or.at/geriatrie Auskünfte: Fr. Michaela Hutter Telefon 0316/8044-37 E-Mail: fortbildung@aekstmk.or.at Geriatrie Diplom Ausbildung zum ÖÄKDiplom Geriatrie in Graz NEU © AdobeStock © Erich Westendar / pixelio.de
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